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31DEZ2023
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Was machen Sie heute an Silvester? Eine Umfrage hat gezeigt:  56 % der Leute stoßen um Mitternacht mit Sekt an; 25 % böllern; 35 % haben vorher „Dinner for One“ geguckt und 17 % machen Bleigießen.[1] Hab ich auch mal gemacht: zum Spaß. Damit kann man doch nicht ernsthaft die Zukunft vorhersagen. Genauso wenig wie mit einem Jahreshoroskop. Trotzdem will man es wissen: Was bringt die Zukunft?

Das war zu biblischen Zeiten nicht anders. Da hat König Saul Probleme. Es läuft nicht gut mit den Regierungsgeschäften. Er will wissen, was er tun soll. Darum geht er heimlich zu einer Wahrsagerin, zur sogenannten Totenbeschwörerin von EnDor. Sie soll ihm den toten Priester Samuel rufen, damit der Saul die Zukunft vorhersagt. Und das passiert auch. Allerdings erfährt Saul schlimme Dinge. So schlimm, dass er in Ohnmacht fällt. Dazu kommt noch, dass Saul sowieso schon geschwächt ist, weil er den ganzen Tag noch nichts gegessen hatte. Darum rät die Wahrsagerin Saul, endlich was zu essen. Damit er wieder zu Kräften kommt. Aber sie muss ihn regelrecht zum Essen drängen. Sie kocht ihm was. Und Saul isst. Die Wahrsagerei ist plötzlich nicht mehr wichtig.

Ich finde: Das ist eine gute Pointe. Es hilft mir nicht, wenn ich etwas über die Zukunft erfahre, aber dabei das Lebensnotwendige vergesse. Es hilft mir nicht, wenn ich weiß, was in der Zukunft auf mich zukommt, aber ich dafür keine Kraft habe.

Apropos essen: laut Umfrage vom Anfang gehört es für 30 % der Befragten zu Silvester, Raclette zu essen; bei 18 % gibt es Fondue und 20 % verputzen noch einen Kreppl. Es sieht also so aus, als würden die meisten das Lebensnotwendige doch nicht vergessen. Gut so.

Ach ja, in der Umfrage kam auch raus: 39 % geben sich zu zum Jahreswechsel einen Kuss. Auch irgendwie lebensnotwendig.

Ich wünsche ihnen einen guten Rutsch!

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[1] Cf. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1281449/umfrage/beliebte-traditionen-an-silvester-in-deutschland/ (abgerufen am 8.12.2023).

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26DEZ2023
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Der Stall in Bethlehem gehört für mich zur Grundausstattung von Weihnachten. Vor meinem inneren Auge sehe ich das Christkind in der Mitte zwischen Maria und Josef. Im Hintergrund stehen Ochs und Esel. Vielleicht in der näheren Umgebung noch ein paar Hirten.

Weihnachten und der Stall – diese Kombination finde ich schon immer seltsam. Hier das rauschende Fest des Friedens, dort ein armseliger Stall. Mit einem Fest des Friedens – damit kann ich etwas anfragen. Aber mit einem Stall? Was hat ein Viehstall mit meinem Leben und mit dem Frieden zu tun?

Als ich darüber nachdenke, stoße ich auf einen faszinierenden Gedanken:

Gott hat jeden Menschen als liebevollen und friedfertigen Menschen geschaffen, also auch mich. Im Lauf meines Lebens sammle ich aber ziemlich viele Dinge an, die alles andere als friedfertig und liebevoll sind. Ich kann mich zu einem Menschen entwickeln, der manchmal neidisch, arrogant, gierig, oder sogar gewaltbereit ist. Das alles sind Dinge, die mich von Gott wegführen und unglücklich machen. Und genau diese unschönen Dinge in mir – dass ist mein armseliger innerer Stall.

Der Stall in mir kann sogar ein ganz schöner Saustall sein. Als Bild für das, was mich ungenießbar macht und was die Menschen um mich herum nicht an mir mögen. Weihnachten sagt mir nun: Gott will auch in meinem ganz persönlichen Stall zur Welt kommen. Für mich ist das ein wunderbarer Gedanke.

Wenn ich ihn hineinlasse kann ich lernen, mit meinem ungeliebten Stall Frieden zu schließen.   Dadurch, dass ich weniger gierig bin. Dass ich nicht auf andere Menschen herabschaue. Dass ich teile, statt alles für mich haben zu wollen. Dass ich mich entschuldige, wenn ich etwas Verletzendes gesagt habe. Und: Dass ich mir selbst vergebe für den armseligen Stall in mir.

Meinen Mitmenschen wird das guttun, und mir auch. Und so ergibt die Kombination aus Stall und dem Fest des Friedens für mich plötzlich einen Sinn. Der Friede beginnt in mir selbst, wenn ich Gott in meinen inneren Stall hineinlasse.

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25DEZ2023
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An Weihnachten feiern Christen, dass Gott in Jesus von Nazareth Mensch geworden ist. Aber was heißt das eigentlich? Oder anders gefragt: was bedeutet das jetzt für mich? Auch ich stelle mir mindestens einmal im Jahr diese Frage.

Mir hilft die Vorstellung, dass Jesus ja am Anfang ziemlich klein war, also ein Baby. Gott ist also zuerst ein Baby gewesen. Und Babys sind hilfsbedürftig und können ohne viel Zuwendung und Liebe kein eigenes Leben führen.

Das Bild vom hilfsbedürftigen Baby macht mir deutlich, wie sich Gott mir anbietet. Er kommt nicht in einer Donnerwolke und spricht mich mit ohrenbetäubender Stimme an. Es kommt auch nicht zu einem gigantischen Wunder, was mich vor lauter Staunen an Gott glauben lässt. Nein, der liebe Gott kommt als Baby in die Welt. Er will, dass ich ihn so zärtlich und liebevoll entdecke, wie ich ein Baby annehme, damit es erwachsen werden kann.  - Du brauchst keine Angst zu haben vor mir, du kannst mich einfach annehmen und lieben, wie Menschen ihre Kinder annehmen und lieben. - Das heißt aber auch, dass Gott mich nie gewaltsam überzeugen will.

Ich finde, dass Gott zum Baby geworden ist, ist ein ziemlich kluger Schachzug von ihm. Er bietet sich mir als Baby, als süßer kleiner Knopf an, dem ich kaum widerstehen kann. Das Gottesbaby braucht meine Wärme, Zuwendung und Zärtlichkeit. Ich muss es annehmen, pflegen und behüten. Ohne mich würde das Baby verkümmern. Wenn ich den lieben Gott so annehme wie ein Baby, dann kann er wachsen – in mir und in anderen. Das heißt für mich Weihnachten.

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24DEZ2023
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Als Kind durfte ich mir vor Weihnachten immer einen Wunschzettel schreiben. Ich habe ihn danach zusammengefaltet auf das Balkonbrett unter einen Blumentopf gelegt. Die Aufregung, die ich dabei spürte, kann ich sogar jetzt noch fühlen. Vor allem, wenn ich morgens dann zum Balkon geeilt bin, um nachzusehen, ob das Christkind den Wunschzettel abgeholt hat. Wenn ja, war mein ganzer Tag wie verzaubert. Etwas Wunderhaftes hatte sich für mich ereignet, das Christkind war gekommen. Zu mir! Dass es am Ende nie alle Wünsche erfüllt hat, war für mich kein Problem. Denn wie sollte das möglich sein - bei so vielen Kindern, dachte ich mir.

Später wurde mir klar, dass meine Eltern hinter der Sache steckten. Irgendwie hat das den Zauber aber nicht zerstören können. Er funktioniert sogar jetzt noch, obwohl ich längst erwachsen bin.

Heute als Familienvater frage ich mich trotzdem, ob ich die Geschichte vom Christkind, das den Wunschzettel abholt, noch erzählen kann. Immerhin ist es eine kleine Flunkergeschichte. Natürlich meine ich nicht, dass das Christkind eine Lüge ist, ganz im Gegenteil. Aber die Sache, dass es den Wunschzettel persönlich abholt, das schon! Und ich möchte eigentlich keine Flunkergeschichten erzählen.

Aber dann denke ich mir: was wäre unsere Welt eigentlich ohne solche wunderbaren Flunkergeschichten? Denn solche Geschichten machen es mir warm ums Herz.

Und meine Gefühle haben großen Einfluss darauf, wie ich die Welt sehe und wahrnehme. Wenn ich fröhlich bin, ist die ganze Welt irgendwie auch ein bisschen fröhlicher. Wenn ich traurig bin, ist auch die Welt trauriger. Die kleine wunderbare Flunkergeschichte vom Christkind sagt mir: die Welt ist nicht nur nüchtern und kalt, sie ist auch warm, wunderbar und zauberhaft. Ich bin fest davon überzeugt, dass der Zauber dieser Geschichte meine Welt hat wärmer werden lassen. Deshalb werde ich auch als Familienvater diese wunderbare Flunkergeschichte erzählen.

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17DEZ2023
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Nur 18 Jahre alt ist sie geworden: Selma Merbaum, eine weniger bekannte deutschsprachige Dichterin aus Rumänien. Nächstes Jahr würde sie hundert werden, doch gestern hat sich ihr Todestag zum 81. Mal gejährt. In ihren wenigen Jahren erlebte sie den Verlust ihres Vaters, das Leben im Ghetto und KZ. Schon als Schülerin dichtet sie. Nur durch zwei Freundinnen ist sie heute noch bekannt, denn die haben die fast 60 Gedichte gerettet. Wie viele mehr wären es geworden, hätte nicht der unfassbar brutale Hass so früh ihr Leben vernichtet.

Menschen sind zu den schlimmsten Dingen fähig. Menschen sind aber auch zu guten Dingen fähig. Es gibt Zeitzeugen des Holocaust, die sich alten Wunden aussetzen und davon erzählen, damit Andere aus der Geschichte lernen. Es gibt in allen Weltanschauungen und Religionen Menschen, die für Versöhnung und Menschenwürde eintreten. Und es gibt Kunst, die selbst Schlimmstes überdauert und zeitlose, auch traurige Wahrheit in bestechende Worte fasst.

Selma Merbaum ist für mich eine Künstlerin, die im Holocaust zugrunde ging, aber nie sterben wird. Das Lager, in dem sie gestorben ist, lag in der heutigen Ukraine. Dort ist heute Krieg. Sie hatte ihre Hoffnung auf Israel gerichtet, wo sie nie hingekommen ist– auch dort ist kein Frieden. So gelten Selma Merbaums Worte uns, die wir heute leben. In einem ihrer Gedichte beschreibt sie den Tanz Gilu mit den Worten: „Für uns ist es das Symbol unseres Lebens, unserer Wünsche: Freiheit auf allen Gebieten!“ -Frieden und Freiheit für alle Menschen. Wann wird das wahr? Vielleicht nie. Aber die Hoffnung, dass wir dem näherkommen, haben viele. Wir können mit wirken an einer Welt, in der niemand mehr ein so etwas erleiden muss, indem wir den Traum von Frieden und Freiheit immer mehr verwirklichen. Dann bleibt Frieden kein Traum und kein frommer Weihnachtswunsch, sondern der Wille Gottes auf Erden, zu dem wir berufen sind. Selma Merbaum ist am 16. Dezember 1942 mit 18 Jahren gestorben– aber unverwüstlich ist die Sehnsucht, die sie mit so vielen verbindet: Frieden und Freiheit. Endlich!

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10DEZ2023
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Zweite Kerze an. Zweiter Advent. Halbzeit. Noch zwei Wochen bis Weihnachten. Da passt der Name Advent ziemlich gut. Der alte Begriff heißt übersetzt „Ankunft“. Weil da was ankommt. Und was kommt? Geschenke, die liebe Verwandtschaft, gutes Essen, Urlaubstage, Staus auf der Autobahn und vieles mehr. Alles richtig. Aber allzu oft geht dabei unter, woher dieser Hype vor Weihnachten eigentlich kommt.

Im Kern geht es doch darum, dass auf ein Kind gewartet wird. Advent ist die Wartezeit bis zur Geburt eines Kindes. Eines besonderen Kindes.

Ich selber durfte schon einmal bei einer Geburt dabei sein. Und hab erlebt: Geburt, das ist mehr als der Zeitpunkt, wo ein Mensch tatsächlich auf die Welt kommt. Geburt betrifft auch die Zeit davor. Die Zeit der Erwartung. Und die ist ganz schön gefüllt: Namen auswählen, Untersuchungstermine, erste Klamotten finden, Wiege besorgen, ganz viele Ratgeber wälzen. Und viel mehr. Und dann endlich kommt dieses Kind auf die Welt.

Warten darauf, dass etwas ankommt, das bestimmt meine Adventszeit in diesem Jahr aber noch auf andere Weise. Ich warte darauf, dass sich die Krisen dieser Welt wenden. Dass Wege gefunden werden, um den Krieg in der Ukraine zu beenden. Dass sich Israelis und Palästinenser aufeinander zubewegen. Dass Menschen nicht mehr fliehen müssen. Dass wir uns hier in Deutschland darauf besinnen, wie reich unser Land ist.

Ich weiß, es ist naiv, bei diesen Problemen auf weihnachtliche Lösungen zu hoffen. Aber der Advent erinnert mich auch daran, dass vieles im Leben länger braucht. Dass es oft langen Atem braucht. Für Frieden, für Liebe, für Versöhnung. So wie eine bevorstehende Geburt, auf die ich warte. Daran erinnere ich mich heute, wenn ich die zweite Kerze anzünde.

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03DEZ2023
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Einen schönen ersten Advent wünsche ich Ihnen! Ab heute bereiten wir uns ganz offiziell auf Weihnachten vor. Und damit auch auf die Weihnachtsgeschichte, die uns die Bibel dazu erzählt. Sie ist eine der ehrlichsten Geschichten, die ich kenne. Sie macht uns nichts vor. Sie lullt uns nicht ein. Sie verklärt nichts. Sie gibt keine falschen Versprechen.

Sie erzählt in einfachen Sätzen von Mächtigen, die Menschen umherschubsen und für eine Steuerschätzung quer durch das Land reisen lassen. Und fast beiläufig wird dann von einer Geburt ohne Dach überm Kopf in der Fremde erzählt. Es sind bescheidenste Umstände, unter denen Jesus auf die Welt kommt. Nur ganz wenige andere Menschen kommen vor: Hirten, die im Auftrag ihres Arbeitgebers im Freien übernachten müssen. Und nur diesen Armen singen die Engel etwas vor, niemandem sonst. Das Zeichen des Friedens und der Hoffnung, das ihnen angekündigt wird, ist nur ein Baby im Futtertrog.

Merkwürdig, dass mich diese Geschichte so sehr anrührt. Und ich hoffe, nicht nur weil ich Pfarrer bin, kann ich sie auswendig: Sie ist eine der wichtigsten Geschichten in meinem Leben.

Manchmal denke ich, die Geschichte wartet seit fast zweitausend Jahren immer wieder darauf, dass wir sie wirklich brauchen. Sie erzählt von Bedürftigkeit und Verletzlichkeit. Sie erinnert uns mit ihren alten Worten daran, worauf wir heute konkret miteinander angewiesen sind: Herzenswärme und bezahlbare Energie für alle, Zusammenhalt und Freude an der Demokratie, ein Ende des Kriegs in der Ukraine, in Israel sowie all den anderen Ländern und einen gerechten Frieden.

In der Weihnachtsgeschichte lebt die Hoffnung, dass aus ganz bescheidenen Anfängen und ganz bescheidenen Worten doch unsere Würde als Menschen hervorleuchtet. Und dass wir in unserem Leben etwas widerspiegeln vom Glanz Gottes. Kein Winkel dieser Erde, sei es selbst Bethlehem im Nirgendwo, ist gottverlassen. Für jeden Menschen hat Gott eine Botschaft. Nachzulesen in der Weihnachtsgeschichte.

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26NOV2023
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„Christkönig“. So heißt das Fest, das die katholische Kirche heute feiert. Seit fast hundert Jahren gibt es das. Bloß scheint es inzwischen ziemlich aus der Zeit gefallen, selbst für fromme Katholiken. Viel präsenter dürfte sowieso der Totensonntag sein, den die evangelischen Christinnen und Christen heute feiern. Erstaunlich ist das nicht. Mit dem Tod bekommt schließlich jede und jeder von uns zu tun. Weil ein geliebter Mensch plötzlich nicht mehr das ist. Oder weil ich selbst merke, dass auch meine Zeit begrenzt ist. Die Idee von einem König Christus erscheint dagegen doch ziemlich abstrakt und weit weg.

Und trotzdem, finde ich, passt beides zusammen. Weil ich als Christ auch darauf hoffe, dass da noch was kommt nach dem Tod. Natürlich weiß ich, dass mein Leben hier irgendwann zu Ende ist. Aber ich vertraue eben darauf, dass danach nicht einfach Nichts ist. Dass etwas von mir weiterlebt. Wie genau das sein wird, das weiß ich nicht. Aber ich hoffe darauf. Und Hoffen hat ganz viel mit dem Glauben zu tun.

Und noch etwas erhoffe ich mir als Christ: Dass es Gerechtigkeit gibt über den Tod hinaus. Dass all die Diktatoren und Tyrannen, die sich für ihre Taten nie verantworten mussten, doch noch Rechenschaft ablegen müssen. Und dass ihre Opfer eine späte Gerechtigkeit erfahren, wenigstens nach ihrem Tod. Auf so eine umfassende Gerechtigkeit haben schon die Menschen der Bibel gehofft. Sie haben sich das wie eine Art Gerichtsprozess vorgestellt. Mit einem König Christus als Richter. Es ist ein ziemlich menschliches Bild für diese Hoffnung. Aber es bleibt eben ein Bild.

Ich selbst brauche diese Bilder nicht. Das Bild dieses Gerichts nicht und auch nicht das eines Königs auf einem Thron. Ich finde sogar, dass sie Gott, der doch unbegreiflich ist, allzu menschlich machen. Aber dass da noch etwas kommt nach dem Tod, wie auch immer es sein wird. Und dass Unrecht nicht einfach ungesühnt bleiben darf, das ist trotzdem meine große Hoffnung. Und die gehört zu meinem Glauben untrennbar dazu.

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19NOV2023
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„Immer wieder Sonntags, kommt die Erinnerung…“ So heißt ein alter Schlager von Cindy und Bert aus den 70er Jahren. Der Sonntag ist der Tag, an dem wir aneinander denken können.

Er unterbricht die Werktagsroutine für einen Moment, schenkt uns freie Zeit und lädt uns ein, uns aneinander zu erinnern, einander zu schreiben, uns anzurufen oder sogar persönlich zu besuchen. Damit wir einander nicht ganz vergessen. Wir sind nämlich allesamt Beziehungsmenschen. Wir brauchen einander. Das hat sich Gott so ausgedacht für uns. Die Lebensweise, die er uns wünscht ist eine Beziehungsweise.

Schon ganz am Anfang  der Schöpfung sagt er darum über uns Menschen. „Es ist nicht gut für den Menschen ganz allein zu sein. Ich will ihm ein Gegenüber schenken, das ihn ergänzt!“ Wir spüren uns erst dann richtig, wenn wir uns hinziehen lassen zueinander, wenn wir denken und leben und handeln – und zwar immer mit einem Bezug auf andere. Und am Sonntag ist die beste Zeit, sich daran zu erinnern. Wie wärs also heute mit einem Nachmittagsbesuch bei Kaffee und Kuchen. Vielleicht laden Sie spontan jemanden zu sich ein. Oder Sie bekommen eine Einladung und nehmen sie an. Oder Sie statten jemandem ganz spontan einen Besuch ab. Und dann sitzen sie zusammen am Tisch und beziehen sich ein in das Leben, wie es sich gerade anfühlt. Vielleicht gibt es dann noch ein Glas Wein. Und sie stoßen miteinander an. Mein Freund Gernot sagt dann immer, wenn wir das Glas erheben: „Vertragen wir uns wieder!“ Und schon geht es heiter weiter. Das ist nämlich das ganze Geheimnis von Beziehungspflege überhaupt: Dass wir uns wieder und wieder vertragen. Also Nachsicht üben, vergeben und verzeihn.

In Beziehungen zieht es nämlich auch oft und zerrt womöglich. Weil wir uns nur dann auf die Füße treten können,  wenn wir uns auch nahestehen. Und da brauchen wir immer wieder einen Neuanfang. Jesus wurde mal gefragt, wie oft man sich in einer Beziehung verzeihen soll, ob es reicht, wenn wir das 7 mal machen. Da hat er den Kopf geschüttelt und gesagt: Nicht nur 7 mal, sondern 7x70 mal sollt ihr das machen. Mit anderen Worten: Immer wieder, immer öfter, immer wieder Sonntags….

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12NOV2023
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„Jodeldiplom“, „Kosakenzipfel“, „Herrenboutique“, „Steinlaus“

„Ihnen kein Begriff? Ach, was“, dann sind Sie mutmaßlich unter 50.

Die Älteren unter uns wissen sofort Bescheid. Es geht um Loriot!

Heute wäre sein 100. Geburtstag. Als Vicco von Bülow kam er in Brandenburg an der Havel zur Welt. Wer die malerische Stadt besucht, stolpert überall über die gehörnten Waldmöpse mit den Ringelschwänzchen. Loriot liebte Hunde. „Ein Leben ohne Mops ist möglich, aber sinnlos.“ Auch so ein Satz, der ins kollektive Gedächtnis eingegangen ist. Genauso wie „Früher war mehr Lametta!“ oder „Das Bild hängt schief!“

Loriot war ein Meister der feinen Ironie. In seinen Cartoons und Sketchen

nimmt er die kleinen menschlichen Schwächen aufs Korn. Dabei entwickeln sich aus ganz alltäglichen Situationen groteske Dramen. Ob am Frühstücktisch, beim Bettenkauf oder in der Badewanne.

„Ich glaube, dass der liebe Gott lachen kann“. So sagte Loriot einmal.

Er war überzeugt: Der Humor ist eine Gabe Gottes. Vor allem dann, wenn man auch über seine eigenen Unzulänglichkeiten schmunzeln kann. Und denen begegnet man in seinen Figuren immer wieder.

Niemand war eigentlich sicher vor Loriots spitzer Feder und scharfer Zunge. Nur über Glaube und Kirche spottete er nicht.

In seiner Geburtsstadt förderte Loriot die Restaurierung der historischen Gotthardtkirche. Dort war er getauft worden. 2009, zwei Jahre vor seinem Tod, hielt er hier seinen letzten Vortrag. Es war, wie er selbst sagte, einer der bewegendsten Momente seines Lebens.

Der letzte Satz, den Brandenburgs Ehrenbürger damals ins Gästebuch schrieb: „Die Ente bleibt draußen!“ Typisch Loriot eben.

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