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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW
Vor ein paar Wochen habe ich angefangen, zu laufen. Zwei unserer Kinder machen Leichtathletik im Sportverein. Ich erlebe sie regelmäßig im Training und immer wieder auch bei Wettkämpfen. Beide mögen vor allem längere Laufstrecken. Und mit der Zeit hat es mich da irgendwie auch gepackt. Für dieses Jahr habe ich mich selbst zu drei Laufveranstaltungen angemeldet. Bei einer macht auch meine Tochter mit – nebenbei ist es also auch ein schönes gemeinsames Familienprojekt.
Einen Unterschied gab es allerdings: Meine Tochter war schon im Training – ich nicht. Also musste ich ran. Alle zwei Tage bin ich losgejoggt und habe Zeit und Strecke nach und nach gesteigert.
Eine gewisse Grundfitness habe ich – ich spiele Badminton, zur Arbeit nehme ich meistens das Fahrrad, und immer wieder mal ist auch ein Sprint zur S-Bahn nötig. Aber diese ersten abendlichen Läufe waren nochmal was ganz anderes. Ich habe völlig neue Muskeln gespürt. Und wenn ich an der Belastungsgrenze war, habe ich eindrücklich gemerkt: Ich habe nicht nur einen Körper. Ich bin dieser Körper. Leib und Seele gehören untrennbar zusammen. In diesen Momenten gab es daran gar keinen Zweifel.
Und deshalb gilt auch: So sehr ich mich mit meinen ebenfalls laufenden Kindern verbunden fühle: Durch so eine Anstrengung muss ich ganz alleine durch. Im Training – und demnächst auch im Wettkampf. Andere können mich ermutigen, begleiten, anfeuern – aber ich kann mich nicht vertreten lassen. Ich selbst bin gefragt, mit Haut und Haaren.
Das ist im Leben mit manchen anderen Dingen auch so. Auch da gerate ich manchmal an Grenzen, und ich muss einen Weg komplett alleine gehen. Wenn ein Konflikt zu klären ist etwa. Wenn eine Lebensentscheidung zu treffen ist. Oder wenn es ans Abschiednehmen geht. Dann ist es meine Aufgabe und auch meine Würde als Mensch, das selbst zu tun. Als Christ glaube ich: Gott hat mir das Leben geschenkt – und traut mir dieses eine persönliche Leben auch zu. Ich bin ganz und gar gefragt und habe Bedeutung.
Demnächst spüre ich das wieder leibhaftig beim Trainieren. Und nächsten Freitag dann beim Laufwettbewerb.
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Welche Rolle nimmt man im Leben ein – hilft man ständig? Oder wird einem geholfen? Ich habe das vor kurzem mit Mitarbeitenden eines diakonischen Unternehmens versucht zu erkunden. Anhand einer kleinen Geschichte aus der Bibel:
Ein Mensch ist zu Fuß unterwegs von Jerusalem nach Jericho – eine Strecke bergab, knapp 30 Kilometer lang. Auf dem Weg wird er von Räubern überfallen. Sie plündern ihn aus, schlagen ihn zusammen, lassen ihn halbtot in der Hitze liegen. Ein Mann kommt vorbei – und geht weiter. Ein zweiter Mann kommt vorbei – und geht weiter. Erst ein Dritter hält an und hilft dem Verletzten. Er bringt ihn in ein Gasthaus, wo der Wirt sich weiter um ihn kümmert.
So weit die Geschichte, die Jesus mal erzählt hat [vgl. Lukas 10,29-37]. Wir haben dann überlegt: Was kann uns diese Geschichte zeigen? Und wo tauchen wir darin auf?
Eine Antwort kam ganz rasch: Wir sollen so handeln wie der dritte Mann, der angehalten und dem Verletzten geholfen hat. Auch Jesus hat das so gesehen und seinen Zuhörern anschließend gesagt: „Geh[t] und mach[t] es ebenso.“ [Lukas 10,37b; BasisBibel]. Unsere Welt braucht solche Menschen, die andere sehen und ihnen zur Seite stehen.
Aber der Mensch, der erste Hilfe leistet, ist ja nicht der Einzige. Am Ende der Geschichte gibt es noch den Wirt. Der hat ein Gasthaus und kann dort Leute aufnehmen. Auch das ist wichtig – dass Menschen soziale Unterstützung zu ihrer beruflichen Aufgabe machen, zum Beispiel in Caritas und Diakonie. Es ist nicht verwerflich, wenn man fürs Hilfe-Leisten bezahlt wird.
Die Geschichte kennt noch eine weitere Möglichkeit: Manchmal geht es uns so wie dem überfallenen Wanderer am Boden – und wir sind selbst auf Unterstützung angewiesen.
Mit diesen drei Rollen aus der Geschichte sind wir fertig, dachte ich damals beim gemeinsamen Austausch. Aber dann hatte eine Mitarbeiterin noch eine Idee: Manchmal im Leben sind wir auch diejenigen, die vorübergehen – weil wir zu beschäftigt sind, keine Zeit übrig haben. Und vielleicht sind wir manchmal sogar wie die Räuber – wir machen andere Menschen klein und fertig. Ja, habe ich gedacht, – so habe ich tatsächlich auch schon gehandelt. Hoffentlich nicht für immer. Denn natürlich wäre ich lieber derjenige, der hilft und für andere da ist. Geht aber nicht immer. Gut, wenn es dann andere gibt, die helfen. Dann hält unser Miteinander alle Rollen aus. Es ist eben eine echte ehrliche Lebens-Geschichte, die Jesus da erzählt hat.
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Noch vier Wochen, dann sind in Baden-Württemberg Sommerferien. In den Schulen hier ist deshalb Endspurt angesagt. Unsere Kinder schreiben jetzt nochmal jede Menge Klassenarbeiten, auch Referate werden ausgearbeitet, mündliche Noten gemacht … Und bald stehen die Gesamtergebnisse dann schwarz auf weiß in den Jahreszeugnissen.
Wie stressig und anstrengend das für die Kinder und Jugendlichen ist, bekomme ich ja ein bisschen mit. Ich weiß auch noch gut, welchen großen Stellenwert Noten für mich als Schüler früher hatten. Heute schreibe ich selbst keine Klassenarbeiten mehr. Aber ich finde die Frage herausfordernd: Wie gehen wir als Eltern gut um mit den schulischen Leistungen unserer Kinder? Wie reagiere ich als Vater auf die 1- in Musik oder die 4-5 in Mathe?
Ein Hinweis hat mir dabei geholfen: Wenn ich unsere Kinder für gute Noten lobe und bei schlechten Leistungen zur Rede stelle, dann bewerte ich sie damit. Auf diese Weise mache ich sie klein oder groß – aber auf jeden Fall abhängig von meiner Meinung. Und – diese Bewertungen brauchen unsere Kinder auch gar nicht. Über eine 1- freuen sie sich nämlich auch selbst schon. Und über eine 4-5 ärgern sie sich auch ohne mich, und in aller Regel wollen sie auch selbst was daran ändern.
Stattdessen will ich versuchen, die Emotionen und Gefühle meiner Kinder mit ihnen auszuhalten und mitzufühlen. Ich freue mich mit ihnen, wenn eine Klassenarbeit gelungen ist. Also statt: „Das hast du gut gemacht!“ sage ich: „Ich freu‘ mich mit dir!“ und strahle mit. Und wenn es nicht so gut läuft, bin ich gemeinsam mit ihnen sauer und grummle mit über die doofen Aufgaben. Ich glaube, dann merken meine Kinder: Da sieht mich jemand. Und ich bin ernst genommen mit dem, was einen großen Teil meines Alltags ausmacht.
Gleichzeitig finde ich es auch wichtig, ernst zu nehmen, dass meine Gefühle nochmal anders sind als die meiner Kinder. Ich habe mehr Abstand, weil es ja nicht meine Noten sind. Auch mehr Lebenserfahrung, was den Umgang mit Emotionen angeht. Und als Elternteil ist es natürlich auch meine Aufgabe, mit zu überlegen, was sich vielleicht wie verändern lässt. Also auch mal den Finger in die Wunde zu legen und einzufordern, dass die Vokabeln vernünftig gelernt werden. Aber auch das geht ja leichter, wenn ich die Gefühlslagen meiner Kinder an mich herangelassen habe.
Und genauso will ich meinen Kindern mitgeben, dass Noten und Leistungen längst nicht alles sind. Das Leben ist noch so viel mehr Gott sei Dank. Auch jetzt im Zeugnis-Endspurt.
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„Ah, Sie sind der Klinikseelsorger. Was genau machen Sie da eigentlich, was ist Ihre Aufgabe?“
Im Krankenhaus, wo ich arbeite, fragen mich das immer wieder Leute – Patienten, Angehörige oder auch mal Mitarbeitende. Von außen ist es gar nicht so einfach einzuordnen, was ich tue. Und tatsächlich bin ich auch ein Spezialfall im Krankenhaussystem. Ich bin auf den Stationen unterwegs und in den Krankenzimmern, so wie viele andere auch. Ich bringe mich in die Behandlungs- und Heilungsprozesse mit ein. Aber ich gehöre nicht zum medizinischen Team der Ärztinnen oder Pfleger oder Physiotherapeutinnen. Klinikseelsorge, das ist nochmal etwas anderes.
Beim Versuch, das noch genauer zu beschreiben, bin ich auf Momo gestoßen. Momo ist das Mädchen aus Michael Endes gleichnamigem Roman. Sie hat einen dunklen Lockenkopf, pechschwarze Augen, läuft meistens barfuß und trägt alte Kleidung. Vor allem aber heißt es von ihr: „Was die kleine Momo konnte wie kein anderer, das war: Zuhören. […] [S]ie saß nur da und hörte einfach zu, mit aller Aufmerksamkeit und aller Anteilnahme. […] Sie konnte so zuhören, daß ratlose oder unentschlossene Leute auf einmal ganz genau wußten, was sie wollten. Oder daß Schüchterne sich plötzlich frei und mutig fühlten. Oder daß Unglückliche und Bedrückte zuversichtlich und froh wurden.“ [Ende, Michael, Momo. Die seltsame Geschichte von den Zeit-Dieben und von dem Kind, das den Menschen die gestohlene Zeit zurückbrachte, Stuttgart 1973, 15f.]
Weil Momo Zeit hat und zuhört, finden Menschen einen neuen persönlichen Weg. Für mich ist das ein gutes Bild, wie ich versuche, meine Arbeit als Klinikseelsorger zu machen. Ich bin sicher, dass Menschen dort, wo ihnen jemand wirklich zuhört und sie zu verstehen versucht, weiterkommen. Menschen spüren ganz gut, was sie gerade brauchen und wie sie den nächsten Schritt gehen können – wenn jemand anderes sich für sie Zeit nimmt, ganz da ist und zuhört. Und da ist die kleine Momo aus dem Buch ein eindrückliches Vorbild für mich.
„Was genau machen Sie als Klinikseelsorger?“ Wenn Leute mich das fragen, antworte ich jetzt manchmal: „Ich habe Zeit – und bin ganz Ohr.“ Und hoffentlich gelingt mir das auch immer wieder. Damit Menschen weiterkommen und ihren persönlichen Weg finden. Im Krankenhaus – und überhaupt.
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Willkommen in der zweiten Halbzeit! Heute, am 1. Juli, geht das Kalenderjahr in seine zweite Hälfte. Sicher, erst mal ist das nur ein äußerlicher Übergang, der an sich nicht viel verändert. Aber innerlich ist es für mich die Möglichkeit, kurz innezuhalten und über meinen Weg nachzudenken.
Ein bisschen ist das wie zum Jahresbeginn. Aber nur ein bisschen. Zum Jahresbeginn schaue ich meistens nur nach vorne. Und wenn ich mir dann Dinge vornehme, sind die oft arg hochgegriffen und unrealistisch. Entsprechend lang oder kurz halten diese Vorsätze dann auch nur.
In der Jahresmitte ist es anders. Da kann ich gut auch zurückschauen, überlegen, wie die erste Hälfte so lief. Und davon ausgehend kann ich dann realistisch die zweite Hälfte in den Blick nehmen. So wie ein Fußballteam in der Halbzeitpause vielleicht. Da wird ja meistens auch nicht das gesamte Konzept über den Haufen geworfen, eine völlig neue Taktik abgesprochen, sondern eben gezielt nachjustiert.
Was genau ist überhaupt nochmal passiert im letzten halben Jahr? So präsent habe ich das gar nicht mehr, merke ich. Da hilft es mir, schlicht in den Kalender zu schauen. Schnell ist dann einiges wieder da. Der chaotische Januar, die kaputte Waschmaschine das gesamte Frühjahr über, unsere erste kleine Städtetour mit den Kindern nach Ostern. Manches davon habe ich auch in einem Tagebuch aufgeschrieben, zusammen mit meinen Gedanken und Gefühlen dazu. Auch da gucke ich nochmal rein. Mit was ging es mir gut? Was soll gerne so weitergehen? Und wo sind Dinge an die Wand gefahren? Was hat mir gefehlt? Was möchte ich ändern? Diese Fragen helfen mir bei meinen Zielen für die zweite Jahreshälfte. Und ich versuche, mir möglichst konkret etwas vorzunehmen. Zum Beispiel bin ich beim Rückblick auf alte Freundinnen und Freunde gestoßen, mit denen ich gerne und lange telefoniere alle paar Monate. Diese Gespräche tun mir gut, und trotz der großen Entfernungen spüre ich dann viel Verbundenheit. Es gibt Menschen, mit denen ich das schon länger nicht mehr gemacht habe. Die habe ich mir jetzt aufgeschrieben – und ich verabrede mich mit ihnen.
Das war’s auch schon mit der Kabinenpredigt in der Halbzeitpause. Raus geht’s in den Juli, die zweite Halbzeit steht an. Viel Erfolg Ihnen dafür – und Gottes Segen.
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Work-Life-Balance – ich halte das für Unsinn. Nicht, weil ich wie mancher Politiker derzeit der Meinung bin, wir arbeiten zu wenig. Oder gar, dass die jungen Leute völlig verweichlicht sind und nicht mehr wissen, was Arbeit heißt. Im Gegenteil. Ich habe selbst eine Zeit erlebt, wo mein Leben und Arbeiten nicht im Gleichgewicht waren. Da hat die Arbeit fast alles umfasst, es gab kaum noch einen Bereich ohne sie. Und damit ging es mir schlecht. Ich bin froh, dass es sich heute wieder anders anfühlt.
Und trotzdem: „Work-Life-Balance” – an diesem Wort stört mich etwas. Ich glaube, die Vorstellung, dass das Verhältnis von Leben und Arbeit ausgewogen sein muss, ist nicht die Lösung. Diese Vorstellung ist ein Teil des Problems. Denn – da werden ja Arbeit und Leben als Gegensätze verstanden. Also: Die Arbeit ist stressig, anstrengend, Pflicht. Und das Leben bedeutet demgegenüber: Entspannen, frei sein, Seele baumeln lassen.
Das ist eine sehr negative Sicht auf die Arbeit, finde ich. Natürlich erfordert Arbeit meinen Einsatz. Aber das ist doch auch sonst im Leben so. Und – zum Leben gehört ja auch ganz viel nicht bezahlte Arbeit. Menschen, die Kinder großziehen, Geschwister unterstützen oder Eltern pflegen, arbeiten ganz genauso. Und an den Stellen ist die Arbeit ganz eng und selbstverständlich verbunden mit dem Leben.
Ganz vorne in der Bibel wird erzählt, wie Gott die Welt erschafft und dem Menschen das Leben schenkt. Und interessanterweise bekommt der Mensch dann gleich … Arbeit. Er hat die Aufgabe, Gottes Garten zu bearbeiten [vgl. 1. Mose 2,15]. Die Arbeit gehört hier also ganz selbstverständlich zum Leben mit dazu, ohne jede Trennung. Sie macht den Menschen mit aus und hat Bedeutung für das Leben.
Vielleicht liegt darin ja auch ein Schlüssel für meinen Umgang mit meiner Arbeit heute: Entscheidend ist, dass ich Sinn sehe in dem, was ich tue, – ob für Geld oder unbezahlt. Dass meine Arbeit mir einen guten Platz gibt im Leben, meine Interessen und Fähigkeiten zur Geltung kommen lässt. Dann darf die Arbeit auch mal anstrengend sein, ohne dass sie mich damit vom Leben trennt. Weil sie Teil vom Leben ist. Und umgekehrt geht das Leben auch dann weiter, wenn die Arbeit mal ein Ende hat.
Arbeit und Leben gehören zusammen. Vielleicht ist das ja echte Work-Life-Balance.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=42436SWR1 Anstöße sonn- und feiertags
Heute beginnt bei uns im Ort die Konfirmandenzeit 2025/2026. In einem Gottesdienst mit anschließendem Gemeindefest stellen sich gut 30 Jugendliche vor, die dann fast ein Jahr lang gemeinsam unterwegs sind und dem christlichen Glauben näher auf die Spur kommen. Nächsten Donnerstag gleich geht es zum Start für vier Tage aufs KonfiCamp mit insgesamt 200 Jugendlichen aus dem gesamten Kirchenbezirk. Und nach den Sommerferien ist immer mittwochnachmittags anderthalb Stunden lang Konfi-Kurs.
Auch unsere älteste Tochter ist diesmal mit dabei. Dass sie teilnimmt und Konfirmandin wird, war nicht selbstverständlich. Aus ihrer Schulklasse haben sich nur ein paar Jugendliche dazu entschlossen. Viele sind nicht getauft oder haben keinen Kontakt zu einer Kirchengemeinde – und sich dann mit 13 oder 14 Jahren noch aktiv dafür zu entscheiden, diese Hürde ist ziemlich hoch. Und auch wenn unsere Tochter schon getauft ist – und als Eltern war wichtig, dass sie die Konfirmandenzeit freiwillig angeht. Also nicht nur einfach so mitmacht, weil das halt dazugehört. Oder gar aus Pflichtgefühl gegenüber uns Eltern oder den Großeltern. Sie sollte selbst überlegen: Ist mir das wichtig? Lasse ich mich ein auf dieses besondere Jahr, investiere ich Zeit dafür? Als dann klar wurde, dass sich auch ein paar gute Freundinnen zur Konfirmandenzeit anmelden, hatte sie Lust darauf.
Das sind gute Voraussetzungen, finde ich. Ich bin gespannt, was unsere Tochter erlebt und erfährt als Konfirmandin. Und wie das für uns als Eltern so wird. Früher war ich Gemeindepfarrer – und in dieser Rolle einige Jahre lang hauptverantwortlich für die Konfirmandenzeit. Jetzt bin ich als Vater mit dabei, als indirekter Teilnehmer sozusagen. Und ich bin gespannt auf die Fragen, die in dieser Zeit auftauchen können. Die will ich mir auch selbst stellen: Was bedeutet mir meine Taufe? Wie wird Glaube spürbar für mich, im ganz normalen Leben? Welche Rolle spielt Gott für unsere Familie, für unser Miteinander? Und welchen Platz haben wir in der Kirchengemeinde?
In der Konfirmandenzeit haben solche Lebens- und Glaubensfragen Raum. Vor allem für die Konfis, aber auch für alle, die sie begleiten. Dass wir diesen Raum auch nutzen und persönlich weiterkommen, das wünsche ich uns – und allen anderen, die diesen Sommer in die Konfi-Zeit starten.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=42435Anstöße SWR1 RP / Morgengedanken SWR4 RP
„Ich bin kein Kirchgänger, aber ich habe trotzdem meinen Glauben.“ Wenn Menschen mich kennenlernen und mitbekommen, dass ich Pfarrer bin, dann sagen sie mir das oft. Einfach so, von sich aus. „Ich bin kein Kirchgänger, aber ich habe trotzdem meinen Glauben.“
Ehrlich gesagt: Ich frage mich dann immer, woher diese Vorstellung überhaupt kommt. Also die Vorstellung, dass sich der persönliche Glaube am Gottesdienstbesuch ablesen lässt. Oder die Befürchtung, dass Pfarrer das wissen wollen und Menschen dann danach beurteilen.
Vermutlich hat das mit unserer geschichtlichen Prägung zu tun. Jahrhundertelang waren die christlichen Kirchen sozusagen der einzige denkbare Weg, Glauben und Spiritualität zu leben. Und fester Programmpunkt für die Kirchenmitglieder war der sonntägliche Gottesdienst. Natürlich sind da auch Menschen ausgeschert. Aber die sind aufgefallen – und wurden nicht selten deutlich zurechtgewiesen.
Diese lange Zeit steckt vermutlich vielen nach wie vor in den Köpfen und in den Knochen, auch Generationen später noch.
Ich finde es gut, dass Menschen heute frei sind, ob und wie sie glauben möchten. Und dass Menschen auf ihre persönliche Weise spirituell sein können. Dann und wann einen christlichen Gottesdienst zu besuchen, das ist für viele hilfreich. Weil dieses Ritual Struktur bietet und Gemeinschaft untereinander. Oder auch Raum, Glaubensinhalte zu bedenken und weiterzuentwickeln. Andere haben Alternativen gefunden. Und finden trotzdem Wege, ihren Glauben zu leben.
Glaubens-Gewohnheiten können sich auch ändern im Lauf des Lebens. Als ich als Gemeindepfarrer gearbeitet habe, war ich sonntags fast immer im Gottesdienst. Ich habe ihn geleitet, und er war mir auch innerlich wichtig. Inzwischen sehen meine Sonntage meistens anders aus. Und trotzdem geben sie mir Kraft. Das erzähle ich manchmal in meiner Antwort, wenn Menschen mir gleich beim Kennenlernen erklären, keine Kirchgänger zu sein.
„… aber ich habe trotzdem meinen Glauben.“ Wie dieser persönliche Glaube konkret aussieht – das ist ja die eigentlich spannende Frage, finde ich. Also – was Menschen mit Gott verbinden, wie sie beten, wofür sie sich einsetzen, Zeit und Geld investieren, … Diese Frage geht nochmal tiefer als nur das äußere Thema Gottesdienst. Da frage ich dann gerne nach – und bin gespannt auf die Antworten.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=41643Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW
„Ich bin kein Kirchgänger, aber ich habe trotzdem meinen Glauben.“ Wenn Menschen mich kennenlernen und mitbekommen, dass ich Pfarrer bin, dann sagen sie mir das oft. Einfach so, von sich aus. „Ich bin kein Kirchgänger, aber ich habe trotzdem meinen Glauben.“
Ehrlich gesagt: Ich frage mich dann immer, woher diese Vorstellung überhaupt kommt. Also die Vorstellung, dass sich der persönliche Glaube am Gottesdienstbesuch ablesen lässt. Oder die Befürchtung, dass Pfarrer das wissen wollen und Menschen dann danach beurteilen.
Vermutlich hat das mit unserer geschichtlichen Prägung zu tun. Jahrhundertelang waren die christlichen Kirchen sozusagen der einzige denkbare Weg, Glauben und Spiritualität zu leben. Und fester Programmpunkt für die Kirchenmitglieder war der sonntägliche Gottesdienst. Natürlich sind da auch Menschen ausgeschert. Aber die sind aufgefallen – und wurden nicht selten deutlich zurechtgewiesen.
Diese lange Zeit steckt vermutlich vielen nach wie vor in den Köpfen und in den Knochen, auch Generationen später noch.
Ich finde es gut, dass Menschen heute frei sind, ob und wie sie glauben möchten. Und dass Menschen auf ihre persönliche Weise spirituell sein können. Dann und wann einen christlichen Gottesdienst zu besuchen, das ist für viele hilfreich. Weil dieses Ritual Struktur bietet und Gemeinschaft untereinander. Oder auch Raum, Glaubensinhalte zu bedenken und weiterzuentwickeln. Andere haben Alternativen gefunden. Und finden trotzdem Wege, ihren Glauben zu leben.
Glaubens-Gewohnheiten können sich auch ändern im Lauf des Lebens. Als ich als Gemeindepfarrer gearbeitet habe, war ich sonntags fast immer im Gottesdienst. Ich habe ihn geleitet, und er war mir auch innerlich wichtig. Inzwischen sehen meine Sonntage meistens anders aus. Und trotzdem geben sie mir Kraft. Das erzähle ich manchmal in meiner Antwort, wenn Menschen mir gleich beim Kennenlernen erklären, keine Kirchgänger zu sein.
„… aber ich habe trotzdem meinen Glauben.“ Wie dieser persönliche Glaube konkret aussieht – das ist ja die eigentlich spannende Frage, finde ich. Also – was Menschen mit Gott verbinden, wie sie beten, wofür sie sich einsetzen, Zeit und Geld investieren, … Diese Frage geht nochmal tiefer als nur das äußere Thema Gottesdienst. Da frage ich dann gerne nach – und bin gespannt auf die Antworten.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=41640Anstöße SWR1 RP / Morgengedanken SWR4 RP
Leben und Tod können ganz nah beieinander liegen. Wie soll man damit umgehen?
Bei mir auf der Arbeit war das neulich Thema. Und das kam so: Ein Kollege hatte etwas zu feiern. Für die Teambesprechung am Nachmittag hatte er deshalb was Kleines zu essen und zu trinken bestellt. Alle haben sich schon gefreut auf diese gemeinsame Zeit. Es war auch noch Freitag, kurz vor Feierabend und Wochenende also.
Doch dann kam wenige Stunden vorher plötzlich eine schlimme Nachricht: Ein anderer Kollege war gestorben. Völlig unerwartet, mitten aus dem Leben gerissen – im Urlaub bei einem Unfall.
Alle waren natürlich völlig geschockt. Und als wieder jemand einen ersten klaren Gedanken fassen konnte, kam sofort die Frage: Was machen wir jetzt heute Nachmittag? Findet die Besprechung statt? Sitzen wir beieinander? Und sollen wir da gemütlich was essen und trinken? Nach Feiern ist uns ja nicht mehr zu Mute jetzt – und wäre das vielleicht auch unpassend, respektlos in dieser Situation?
Die Kollegen haben miteinander beraten, hin- und herüberlegt. Und haben dann entschieden: Wir machen es wie ursprünglich geplant. Wir sitzen zusammen. Weil es gerade jetzt wichtig ist, dass wir uns gegenseitig haben. Und das Unfassbare miteinander aushalten.
Natürlich ist es keine unbeschwerte Feier geworden. Jeder hat auch schweigend seinen Gedanken nachgehangen. Und klar wäre es auch in Ordnung gewesen, die Besprechung abzusagen. Aber am Schluss haben viele gesagt: Es war richtig, wie wir das jetzt gemacht haben. Irgendwie haben wir das jetzt auch gemeinsam durchgestanden.
Gut, dass nicht einfach alles abgesagt wurde – weil es den perfekten Zeitpunkt fürs Zusammensitzen nun mal nicht gibt. Weil man das Leben nicht planen kann. Schönes und Schweres liegen im Leben immer nah beieinander. Manchmal auch Tod und Leben. Und beides hat gleichzeitig seinen Platz. Mit allen Gefühlen drumherum.
Manchmal gibt mir das Schöne auch Kraft, mit dem Schweren umzugehen. Manchmal auch nicht. In jedem Fall ist es gut, Menschen an meiner Seite zu wissen. Als Christ glaube ich, dass ich gerade so auch Gott begegne. Und dass ich im Leben und im Tod gut aufgehoben bin.
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