Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

24MAI2024
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Wohngeld. Kinderzuschlag. Leistungen für Bildung und Teilhabe. So heißen Gelder für armutsbetroffene Menschen und Familien. Man kann sie beantragen, wenn das eigene Einkommen unter bestimmten Grenzen bleibt.

Für mich war das lange Zeit nur Theorie. Ab und zu habe ich die Begriffe in den Nachrichten oder so gehört, aber direkt zu tun hatte ich damit nichts. Meine Frau und ich haben immer ausreichend verdient; das Geld hat problemlos gereicht.

Aber dann gab es vor anderthalb Jahren einen beruflichen Einschnitt bei mir, eine Zeitlang habe ich deutlich weniger verdient. Und mit einem Mal hatten wir Anspruch auf diese Hilfen. Zwei Monate lang haben wir Wohngeld bekommen, etwas länger noch Kinderzuschlag und Leistungen für Bildung und Teilhabe. Dafür bin ich sehr dankbar. Und ich habe gemerkt: Es gibt hilfreiche finanzielle Unterstützung in unserem Staat. Menschen in vielen anderen Ländern weltweit können davon nur träumen.

Was mir aber zu denken gegeben hat: Bis wir diese Zuschüsse wirklich bekommen haben, war es ein beschwerlicher Weg. Zuerst mussten wir ja überhaupt von der Möglichkeit erfahren. Das war reiner Zufall – plötzlich tauchte da eine Zeitungsmeldung auf. Dann war herauszufinden, welcher Topf von welcher Stelle genau verwaltet wird. Überall gab es andere Anleitungen – und andere Antragsformulare. Manche konnten wir online einreichen, manche nur klassisch in Papierform. Und dann waren da noch viele Wochen Wartezeit bis zu den Bewilligungsbescheiden.

Wer sich mit Zahlen, Texten oder auch der deutschen Sprache schwertut, wer nicht so gut vernetzt ist und um Rat fragen kann, für den liegt die Hürde noch höher. Für viele zu hoch, befürchte ich. Deshalb finde ich es gut, wenn bürokratische Hürden nach und nach abgebaut werden sollen. Und dass es die Idee gibt, verschiedene Geldleistungen zusammenzuführen, wenn sie sowieso denselben Personengruppen zu Gute kommen.

Inzwischen ist mein Einkommen wieder höher, wir können unseren Lebensunterhalt wie früher komplett selbst bestreiten. Eine Zeitlang Unterstützung gebraucht und bekommen zu haben, das war eine wichtige Erfahrung für mich. Ich fühle mich verbunden mit allen, die diese Hilfe ebenfalls bekommen oder brauchen. Und ich bezahle gerne Steuern dafür.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39929
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