Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

25MAI2024
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Manchmal fühlt sich das Leben toll an, finde ich. Unbeschwert die Sonne genießen, Freunde treffen, zusammen lachen, … Aber es gibt auch Tage, da greifen andere Gefühle nach mir: Trauer. Schmerz. Angst. Solche negativen Gefühle können das Leben sehr schwer machen. Sollte man sie also möglichst rasch wieder loswerden? *

Natürlich kann man versuchen, die negativen Gefühle zu verdrängen. An was anderes, Schönes zu denken. Den schwierigen Themen auszuweichen. Von Zeit zu Zeit ist das sicher auch vernünftig, um sich nicht komplett runterziehen zu lassen. Aber ich erlebe immer wieder, dass das nicht auf Dauer hilft. Trauer, Schmerz, Angst kommen wieder hoch, wenn ich sie einfach nur wegschiebe. Manchmal ganz unvermittelt oder noch stärker als vorher.

Schon zu biblischen Zeiten hat man diese Erfahrung vermutlich gekannt. Jesus hat mal von einem bösen Geist gesprochen, der einen Menschen für kurze Zeit verlässt, dann aber bald noch stärker zurückkommt. „Am Ende geht es diesem Menschen noch schlechter als am Anfang“ [Lukas 11,26b; BasisBibel], sagt Jesus dazu.

Wenn ich diesen „bösen Geist“ mit dem „bösen Geist“ negativer Gefühle vergleiche, dann heißt das für mich: Es geht nicht darum, negative Gefühle komplett loszuwerden. Aber ich kann lernen, mit ihnen zu leben und sie dabei ein Stückweit innerlich loszulassen. So dass sie mich nicht dauerhaft beherrschen. Ich habe dann immer noch zum Beispiel Angst. Aber die Angst hat nicht mehr mich. Sie gehört zu meinem Leben, aber sie bestimmt es nicht.

Negative Gefühle dürfen also sein. Es ist nicht falsch, dass sie zu meinem Leben gehören. Und schon gar nicht bin ich falsch, wenn ich traurig bin oder Schmerz empfinde oder Angst habe. Das zu wissen, finde ich wichtig. Es hilft mir, negative Gefühle zu benennen, sie auszudrücken. In der Bibel passiert das ganz oft. Zum Beispiel in den Psalmen. Da beschreiben Menschen anschaulich ihre Trauer, ihren Schmerz, ihre Angst. Und sagen das alles sogar Gott im Gebet.

Und: Wenn ich negative Gefühle als Teil meines Lebens akzeptiere, – dann können sie mir mit der Zeit vielleicht auch Wichtiges verraten. Über mich selbst, mein Innerstes, meine Lebensziele. Und dann haben Trauer, Schmerz oder Angst sogar noch etwas Gutes.

*? [Vgl. im Folgenden „barfuß + wild“, „Die Kunst des Loslassens: Wie Vergebung (wirklich) funktioniert, https://seelenfutter.barfuss-und-wild.de/kleineweisheit/1850]

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39930
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