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SWR4 Abendgedanken

03OKT2023
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Tag der Deutschen Einheit – Das heißt für viele heute: Feiertag. Einheit was für ein großes Wort. Und auch ein schönes Wort. Es signalisiert: „Wir halten zusammen“. „Wir sind gemeinsam auf dem Weg“. Und vielleicht: „Wir sind uns einig“.

Allerdings finde ich, dass das, vor allem in den letzten Wochen und Monaten – vielleicht sogar Jahren – so gar nicht der Fall war. Dabei meine ich weniger die Diskussionen über Ost und West. Sondern ich erlebe beinahe täglich, dass das nicht so ist:

Wer darf denn alles nach Deutschland kommen und wer nicht? Kaum ein Thema in der Politik, um das nicht gestritten wird. Der Klimaschutz erhitzt die Gemüter. Wir haben einen Krieg auf unserem Kontinent. Und Nachbarn streiten sich um das Laub von Bäumen.

Mir ist klar, dass das auch die ganz großen Themen unserer Zeit sind. Und, dass es schwierig oder unvorstellbar wäre, dass wir zu jedem Thema eine einheitliche Meinung haben.

Jesus war immer mit ganz unterschiedlichen Leuten unterwegs. Mit seinen Freundinnen und Freunden und ganz fremden Leute. Kurz vor seinem Tod, hat er sich von seinen engsten Freunden verabschiedet und zu ihnen gesagt: Ich gebe euch ein neues Gebot: Liebt einander! Genauso wie ich euch geliebt habe, sollt ihr einander lieb haben. 

Ich bin mir eigentlich ziemlich sicher, dass sich auch in dieser kleinen Gruppe nicht immer alle einig waren. Auch da gab es Diskussionen, welchen Weg man nehmen soll. Wie man am besten die Leute erreichen kann. Und überhaupt, wie das alles werden wird. Mit diesem Jesus …

Es fanden sich auch sicher nicht alle gleich sympathisch. Ich glaube nicht, dass das Jesus so gemeint hat, dass sich alle nur in die Arme fallen sollen.

Ich glaube eher, dass es ihm um eine gewisse Grundhaltung gegangen ist. Dass man sich miteinander leidenschaftlich streiten kann – aber wohl immer weiß, dass das Gegenüber kein schlechter Mensch ist. Vielleicht eine gewisse Einigkeit darüber, dass wir uns gegenseitig als Menschen wahrnehmen und auch schätzen. Und mit dieser Grundhaltung auch diskutieren und unsere Konflikte austragen.

Ich glaube, das ist es, was ich mir im Moment in unserer Gesellschaft am meisten wünsche. Diese Wertschätzung von anderen – trotz aller Unterschiede.

Ich finde, dass so etwas von der Einheit spürbar werden könnte. Und das nicht nur am Tag der Deutschen Einheit.

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SWR4 Abendgedanken

02OKT2023
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Stellen Sie sich Mal vor, jemand sagt zu Ihnen: Lass Dein ganzes Leben hinter Dir und fang ganz neu an. Wo, verrate ich Dir noch nicht. Aber ich will Dich segnen und Du sollst ein Segen sein. 

Also ich glaube, dass ich vermutlich nur mit dem Kopf schütteln würde. Abraham, in der Bibel, hat aber genau das gemacht.

Er hat es gemacht, weil Gott ihm versprochen hatte, dass er ihn begleiten wird. Dass er ihn segnen wird und er so auch wieder zu einem Segen werden kann. Darauf hat Abraham sich verlassen. Das hat ihm Mut gemacht und ihm Kraft gegeben.

Wahrscheinlich ist dieser Satz deshalb ein so beliebter Taufspruch. Auch unser Sohn hat diesen Segensvers als Lebensmotto in der Taufe mit auf den Weg bekommen. Ich will Dich segnen und Du sollst ein Segen sein.

Ich will dich segnen: Das klingt gut. Gott wird mich nicht allein lassen und dafür sorgen, dass mein Leben gut wird – das ist zumindest der Wunsch, der da dahintersteckt.

Ich will dich segnen. Das verstehe ich. Aber das „… und du sollst ein Segen sein?" Wie kann ein Mensch ein Segen sein für andere?

Nun – zunächst sind ja Kinder an sich ein Segen. Sie sind für mich wie der Segen ein Geschenk. Einfach deshalb, weil sie da sind. Egal, ob sie lachen oder weinen. Sich freuen oder gerade ein bisschen bockig sind. Dadurch bereichern sie das Leben. Sie machen mich dankbar. Ihre Fragen machen mich weise, wenn ich über die Antworten nachdenken muss. Ihr Staunen zeigt mir, wie schön unsere Welt ist. Oder wie schrecklich.

Sie sind aber auch ein Segen, weil sie mich Zeit kosten. Ja sie haben mich richtig verstanden. Meine Kinder beispielsweise kosten mich Zeit. Und das ist gut so. Denn Zeit füreinander ist etwas sehr Wertvolles und kann zum Segen werden. Wenn ich mir Zeit für einen anderen Menschen nehme, dann reißt mich das raus aus meinem Alltagstrott. Es kostet mich Zeit und gleichzeitig teilen wir ein Stück Leben miteinander. Die kurze Begegnung bei der Kaffeemaschine im Büro. Das lange schon überfällige Eis mit der besten Freundin. Oder bei den leidlichen Hausaufgaben. „Was für ein Segen“ oder: „Dass du für mich in diesem Moment da warst, war ein echter Segen …", sind Aussagen, die genau das beschreiben. Und so bleibt für mich: Auch, wenn „Segen für andere“ sein, Zeit kostet, möchte ich sie mir gerne genau dafür nehmen.

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SWR4 Abendgedanken

19MAI2023
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„Ach wissen Sie, das größte Wunder sehe ich, wenn ich aus dem Fenster schaue …“ hat neulich ein älterer Herr zu mir gesagt, den ich im Pflegeheim besucht habe. Und er hat mir erklärt:  Für ihn ist es einfach ein Wunder, dass es jeden Frühling überall wieder anfängt zu wachsen. Dass die Bäume wieder blühen und Blätter bekommen. Dass die Blumen wieder anfangen zu wachsen. Das Gras, Die Büsche. Ja selbst das Unkraut.

Das hat mich beeindruckt. Sicher: Der Frühling ist auch meine Lieblingsjahreszeit. Aber irgendwie ist er für mich doch auch normal geworden. Das ist halt so, dass es im Frühling wieder losgeht. Und er ist nicht nur normal geworden. Manches am Frühling kann mich sogar nerven: Jetzt muss ich wieder Rasenmähnen und was am allerbesten wächst ist das Unkraut zwischen meinen Erdbeeren.

Frühling ist schön, aber eben auch normal. Und es lässt sich alles daran auch ganz problemlos wissenschaftlich erklären. Jahreszeiten, Lebenszyklus, Pflanzenwachstum und so weiter. Aber als ich so mit dem älteren Herrn am Fenster seines Zimmers im Pflegeheim saß, habe ich begriffen: Der Mann hat völlig Recht. Trotz allem ist und bleibt der Frühling ein Wunder. Das erzählen auch schon die Menschen, die die alten Gebete in der Bibel geschrieben haben. In einem heißt es: Gott, Du tränkst die Berge von oben her, du machst das Land voll Früchte, die du schaffest. Du lässt Gras wachsen für das Vieh und Saat zu Nutz den Menschen, dass du Brot aus der Erde hervorbringst, dass der Wein erfreue des Menschen Herz und sein Antlitz glänze vom Öl und das Brot des Menschen Herz stärke.

Die Menschen zur Zeit der Bibel haben alles ganz direkt mit Gott in Verbindung gebracht. Deshalb war für sie auch alles, was ihnen die Natur gegeben hat, ein direktes Geschenk von Gott an die Menschen. Ein Wunder eben.

Irgendwie finde ich das eine schöne Vorstellung. Und ich meine: die letzten Jahre haben uns deutlich gezeigt, dass Frühling, Sommer, Herbst und Winter gar nicht so selbstverständlich sind, und wie zerbrechlich unser Leben doch ist. Wie schlimm es ist, wenn das Klima sich verändert, und wenn Kriege alles zerstören, was Menschen auf ihren Feldern und in ihren Gärten anbauen.

Mir hat es gutgetan, mit dem älteren Herrn aus seinem Fenster im Pflegeheim zu schauen, und den Frühlingsanfang wieder ein bisschen mehr als ein Wunder anzusehen.  Ja, ich mag Rasenmähen nicht besonders und das Unkraut ärgert mich jeden Tag. Und trotzdem ist es eigentlich doch wunderbar, dass alles wieder wächst und blüht. Gott sei Dank.

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SWR4 Abendgedanken

17MAI2023
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„Jetzt ist er wirklich weg. Dieses Mal kommt er nicht wieder – zumindest nicht so.“ Morgen ist Christi Himmelfahrt – und natürlich auch Vatertag. Aber den gibt es noch gar nicht so lange. Ungefähr seit 120 Jahren. Was die Bibel über diesen Tag erzählt, ist viel, viel älter – und was damals passiert ist, muss für die Freunde von Jesus ganz schön heftig gewesen sein.

Ich meine, was hatten sie für ein auf und ab erlebt : Erst waren sie fasziniert von Jesus und sind ihm gefolgt. Dann war Jesus irgendwie ein bisschen komisch geworden. Hatte von Abschied und Ende gesprochen. Und er wurde dann auch wirklich verhaftet und zum Tode verurteilt. Gekreuzigt hatten sie ihn. Da dachten sie schon, dass jetzt alles vorbei wäre. Schluss und Ende. Aber nein.

Jesus ist von den Toten wieder auferstanden. Nach drei Tagen. Was für ein Osterfest. Das konnten sie erst gar nicht glauben. Aber immer wieder ist er ihnen erschienen. Hat mit ihnen gegessen und es war fast wie vorher. Also alles wieder gut. Aber nur bis zu diesem besonderen Tag – Christi Himmelfahrt: Eben waren die Freunde noch froh, Jesus wieder in ihrer Mitte zu haben. Und plötzlich war er weg. Wie in eine Wolke gehüllt. Und dann im Himmel verschwunden. Verschwunden in der Ewigkeit.

Was für ein Auf und Ab.

Die Freunde hatten so viele unvorstellbare Sachen mit diesem Jesus erlebt. Wie er Menschen geheilt hat. Wie er selbst Tote wieder ins Leben zurückgeholt hat. Seine ganze Art zu reden, Hoffnung zu verbreiten, Sicherheit zu geben…

Tja und jetzt? Jetzt, wo er wirklich weg ist, und nicht wiederkommt?

Jesus hatte ihnen vor seiner Himmelfahrt einen Auftrag gegeben: Sie sollten von jetzt an genau da weitermachen, wo er selbst aufgehört hatte. Ab jetzt selbst für andere da sein, heilen und helfen. Vom Leben erzählen, Hoffnung verbreiten und auch Sicherheit. Und sie sollten weitererzählen, was sie mit Jesus erlebt haben. Vom ganzen auf und ab. Und auch von seiner Himmelfahrt, und dass Jesus nun wirklich weg ist, und auch nicht wiederkommt – zumindest nicht so, wie bisher. Denn das hat er seinen Freunden fest versprochen, dass er immer bei ihnen sein wird. Nicht mehr so, wie es früher war. Anders. Wie durch eine unsichtbare Verbindung zum Himmel.

Jesus hält seine Versprechen. Und mir tut es gut zu wissen, dass er da ist. Besonders, wenn ich versuche, da weiterzumachen, wo er aufgehört hat. Wenn ich versuche, ihm nachzufolgen. Himmelfahrt bedeutet, dass Jesus wieder zu seinem Vater zurückgekehrt ist. Von daher passt das mit dem Vatertag morgen ja doch auch ganz gut.

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SWR4 Abendgedanken

16MAI2023
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„Und? Wie geht’s Dir?“ Eine typische Frage, wenn zwei sich begegnen – meist gefolgt von der typischen Antwort: „Ganz gut, danke.“ Smalltalk eben. Aber neulich hat mich eine Freundin genau das gefragt. Ich habe ihr erzählt, was mich gerade alles so beschäftigt. Und dann habe ich sie natürlich auch gefragt, wie es ihr geht. Und ihr geht es im Moment gar nicht gut.

Davon hatte ich keine Ahnung und das hat mich ziemlich nachdenklich gemacht. Denn eigentlich sehen wir uns ziemlich oft. Nur sind wir eben über den Smalltalk nie rausgekommen, weil wir uns zu wenig Zeit genommen haben. Schade eigentlich.

Klar. Dass ich es jetzt weiß, dass es ihr nicht gut geht, macht ihre Situation nicht wirklich besser. Und trotzdem glaube ich, dass es guttut, das Schwere im Leben mit jemandem zu teilen – und die schönen Dinge genauso. Und ich denke, Jesus hat deshalb seinen Freunden genau das mitgegeben: Ich gebe euch ein neues Gebot: Liebt einander! Genauso wie ich euch geliebt habe, sollt ihr einander liebhaben.

Das hat Jesus seinen Freunden auch vorgelebt. Er ist zu denen gegangen, zu denen sonst niemand gegangen ist. Er hat mit Leuten gegessen, mit denen sonst niemand was zu tun haben wollte. Und er hat keinen Unterschied gemacht, was für einen Stand jemand hatte, oder wo jemand herkommt oder was jemand glaubt. Das Leben miteinander teilen: das Schwere genauso wie das Schöne. Es ist eben nicht egal, wie wir Menschen miteinander umgehen. Und es tut uns nicht gut, wenn wir über Smalltalk nicht hinauskommen.

Ich habe immer mehr das Gefühl, dass wir Menschen nur noch nebeneinanderher leben. Jeder auf seine Weise. Viele denken vielleicht: Was andere machen, geht mich nichts an. Andere denken nur an sich selbst. Oder wollen niemandem zur Last fallen.

Jesus gibt uns eine andere Haltung mit, ein neues Gebot: Liebt einander. Nehmt Anteil am Leben eurer Mitmenschen. Das soll euer Erkennungszeichen sein. Und genau das möchte ich wieder ernster nehmen. Denn ich möchte gerne in einer Welt leben, in der wir Menschen füreinander da sind. In der wir miteinander leben und nicht nebeneinanderher. Deshalb habe ich mir vorgenommen: Weniger Smalltalk. Stattdessen das Gebot von Jesus ernst nehmen. Und wenn ich dann jemanden frage: „Wie geht’s?“ Dann möchte ich das wirklich wissen.

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SWR4 Abendgedanken

15MAI2023
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Gott sagt „Ja“ zu mir – einfach „Ja“. Was das bedeutet, haben wir in unserer Kirchengemeinde ein dreiviertel Jahr versucht 42 jungen Menschen zu zeigen. Gestern war unsere letzte Konfirmation. Die meisten der Jugendlichen wurden schon als kleine Babies getauft. Das haben natürlich ihre Eltern so entschieden. Mit 14 Jahren wird man in Deutschland aber religionsmündig – also sowas wie volljährig in Glaubensfragen. Deshalb ist das bei der Konfirmation anders. Da können sich die Jugendlichen dann selber dafür entscheiden. Und damit auch selber Ja zu ihrer Taufe sagen.

Deshalb haben sie in den letzten Wochen und Monaten viel über den Glauben und die Kirche gelernt: Über den Gottesdienst, über biblische Geschichten, über die Taufe. Und eine Sache finde ich bei allem Lernen und Erklären immer ganz besonders wichtig: Glaube kann sich verändern – immer. Mein Glaube heute ist sicher ein ganz anderer als mit 14. Und vermutlich auch ein anderer als mit Mitte 20. Ich habe heute andere Fragen an Gott als früher. Manchmal geht mir das Vertrauen verloren, das ich gekannt habe – und dann entdecke ich es neu an einem ganz anderen Ort.

Aber egal, wie ich im Moment selber zum Glauben stehe: Gott sagt schon mein ganzes Leben Ja zu mir. Mit allem, was ich gut kann. Und mit allem, was ich gar nicht kann. Und wo ich auch unzufrieden mit mir bin. Gott schätzt mich. Er hilft, begleitet, und er vergibt.

Diese Jugendlichen sind gerade in einer ganz besonderen Phase. Sie sind keine Kinder mehr, aber erwachsen sind sie auch noch nicht. Sie verändern sich selbst. Andere Themen sind plötzlich unglaublich wichtig. Wie nehmen mich die anderen wahr. Wie stelle ich mich selbst auf Instagram dar. Gerade in dieser Zeit finde ich das total wichtig, dass sie spüren, dass Gott auf ihrer Seite ist.  Dass sie sich da nicht mal anstrengen müssen. Um ein besonders gutes Bild abzugeben. Für Gott braucht es keinen besonderen Filter oder Weichzeichner.

Und das gilt eigentlich auch nicht nur für junge Menschen. Ich muss als Erwachsener in so viele Rollen schlüpfen und in so vielen Sachen gut sein. Bei Gott muss ich nichts leisten. Nichts beweisen. Mich nicht verstellen oder besonders stark und männlich sein. Gott sagt mein ganzes Leben schon Ja zu mir.

Für die Jugendlichen war das eine intensive Zeit. Jetzt ist sie zu Ende und sie gehen wieder ihre eigenen Wege. Manche sieht man hin und wieder. Manche eher nicht. Das finde ich aber auch nicht schlimm. Sie sollen ja ihre eigenen Erfahrungen machen. Ihre eigenen Wege gehen. Aber in dem Wissen, dass Gott sie immer und überall begleitet. Und für uns da ist.

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SWR4 Abendgedanken

10FEB2023
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Komme, was Wolle, ich Schaf das. Das steht auf meinem neuen Pulli drauf. Natürlich ist da ein kleines Schaf drauf. Deshalb ist das Wort Wolle großgeschrieben und aus dem schaffen mit zwei f wird das schaf mit einem f. Komme, was Wolle ich Schaf das. Ich mag solche Wortspiele. Und ich finde diesen Satz einfach klasse. Ich schaff das. Egal was kommt.

Nein, ich bin mir ziemlich sicher, dass ich kein Schaf bin. Und trotzdem werden wir Menschen in der Bibel immer mal wieder mit Schafen verglichen. Das vermutlich bekannteste Gebet in der Bibel beginnt genau mit dieser Vorstellung: „Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.“ Das ist ein Satz, der so gar nicht mehr in unsere Zeit zu passen scheint. Ich bin es doch gewohnt, dass ich für mein Leben selber verantwortlich bin. Ich will ja schließlich meine eigenen Entscheidungen treffen. Und ich weiß – glaub ich – auch ganz gut, was gut für mich ist und was nicht. Ich will doch nicht irgendeinem Hirten einfach so hinterherlaufen.

Ich glaube aber, dass das so gar nicht gemeint ist. Es geht nicht darum, einfach jemandem blind hinterherzulaufen. Sondern vielmehr darum: wie kann ich wirklich mein Leben so leben, dass ich sagen kann: Komme, was wolle ich schaff das. Und muss ich das wirklich alles ganz allein schaffen. Die Frage ist deshalb vielleicht eher: Wem kann ich in meinem Leben so vertrauen, dass ich mir auch was sagen lasse. Ich glaube: Wenn ich mein Leben nur so für mich lebe. Und immer nur das tue, was ich will und was mir in dem Moment guttut, dann macht mich das auch einsam. Außerdem tut es – zumindest mir – gut, wenn ich alles, was mich beschäftigt, auch mit jemandem teilen kann. Mit meiner Familie, meinen Freunden und auch mit Gott.

So kann ich viel besser mit dem leben, was mir in meinem Alltag so unterkommt. Wenn ich mich freue, kann ich das teilen. Wenn ich mir Sorgen mache, dann kann ich das auch teilen. Ich glaube genau das hilft mir: zu wissen, dass da immer jemand für mich da ist. Der mir nicht immer nur sagt, was ich alles falsch mache, oder, dass ich es doch lieber ganz anders machen soll. Es hilft mir, dass ich mein Leben selber in die Hand nehmen kann. Es gestalten kann und was draus machen kann. Und immer wieder sagen kann: Komme, was Wolle, ich Schaf das.

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SWR4 Abendgedanken

09FEB2023
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Jetzt ist das Jahr gerade Mal sechs Wochen alt. Da kann man schon noch fragen, was man von dem Jahr so erwartet, finde ich. Jedenfalls habe ich das in der Schule meine Klassen gefragt. Sie sollten sich im Raum aufstellen. In die eine Ecke, wenn sie die Zukunft ganz entspannt sehen. Und in die andere Ecke, wenn sie sich eher Sorgen machen, was dieses Jahr noch alles auf uns zukommen könnte. Was mich dabei echt zum Nachdenken gebracht hat, war: je älter die Kinder waren, desto mehr von ihnen standen in der „Sorgen-Ecke“.

Bei dem, was gerade so auf unserer Welt los ist, würde ich vermutlich auch eher in der „Sorgen-Ecke“ stehen. Andererseits möchte ich mir eigentlich gar nicht immer nur Sorgen machen. Schon allein deshalb, damit meine Kinder trotzdem mit Freude aufwachsen können. Mir hilft da ein Satz von Jesus, den er mal gesagt hat: „In der Welt habt ihr Angst. Aber fasst Mut, ich habe die Welt besiegt!“ Ich finde es gut, dass Jesus nicht gesagt hat: „Macht Euch keine Sorgen.“ Oder: „Ihr braucht keine Angst zu haben.“ Nein. Ich glaube, dass er gewusst hat, dass es einfach Sachen auf unserer Welt und in unserem Alltag gibt, die uns Angst machen. Damals, wie heute. Damals waren es vielleicht die Angst vor den Römern – der Besatzungsmacht. Oder die Angst vor Krankheiten. Heute ist es die Angst vor einem Krieg, der sich ausbreitet. Oder die Angst, die Strom- oder Gasrechnung nicht mehr bezahlen zu können. Und auch die Angst vor manchen Krankheiten ist noch geblieben.

Deshalb geht der Satz von Jesus ja auch noch weiter. Fasst Mut, sagt er, ich habe die Welt besiegt. Ich verstehe das so: Dass nicht alles, was uns Angst macht und uns Sorgen bereitet, plötzlich weg ist. Nein. Aber Jesus hat uns durch sein Leben immer wieder gezeigt, dass es mehr als das gibt. Eine Welt, wie Gott sie sich für uns gewünscht hat. Ohne, dass sich Nationen angreifen. Ohne, dass jemand krank wird. Und genau dieses Mehr ist es, das mir eigentlich Mut macht. Denn ein bisschen was von dieser anderen Welt, wird sichtbar, wenn ich was dafür tue. Mich zum Beispiel gerade in der Schule dafür einsetze, wie Kinder und Jugendliche miteinander und mit mir umgehen.

Ich habe mich am Ende dann auch in keine der Ecken gestellt. Eher in die Mitte. Aber doch mehr Richtung entspannte Zukunft. Genau deshalb. Weil ich ein Stück weit, in meinem Alltag, was dafür tun kann, dass wir nicht nur voller Sorgen in die Zukunft schauen.

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SWR4 Abendgedanken

08FEB2023
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Endstation – so muss es sich für die Frau anfühlen. Sie ist Mitte 70. Ihr Mann im Pflegeheim und schwer dement. Ich begleite die Familie gerade in meiner Gemeinde.

Jetzt hat sie das Haus verkauft und zieht in eine kleinere Wohnung. Eigentlich wollte sie das noch mit ihm zusammen. Aber zu Hause ging es einfach nicht mehr. Jetzt der Umzug. Aber Endstation?

Ich meine, die Situation an sich ist schon bitter. Er hat bis 70 gearbeitet. War selbstständig. Ist dann krank geworden. Demenz. Was für eine Diagnose. Und es ist so schnell so viel schlimmer geworden, dass er jetzt ins Pflegeheim musste. Für die Familie war das ein Abschied auf Raten und doch auch eigentlich keiner. Er ist ja noch da.

Dass das Leben und alles, was dazugehört irgendwann einmal zu Ende ist, scheint die Menschen schon früher beschäftigt zu haben. In einem Gebet in der Bibel heißt es: „Der Mensch ist so vergänglich wie das Gras, er blüht wie eine Blume auf dem Feld. Wenn der Wind über sie hinwegfegt, ist sie dahin. Wo sie gestanden hat, bleibt keine Spur von ihr.“

Es stimmt: Unser Leben kann sehr zerbrechlich sein. Für diese Familie bricht da buchstäblich ganz vieles von heute auf morgen weg. Und trotzdem: Jeder Mensch hinterlässt Spuren im Leben, auch, wenn der Mann sich nicht mehr daran erinnern kann. Gemeinsame Erinnerungen, Urlaube, Planungen, vielleicht eine Familie. Deshalb ordnet dieses Gebet auch das Leben in ein großes Ganzes ein. Und erinnert daran, dass das Leben ein großes Geschenk von Gott an uns Menschen ist. Und, dass es gut ist, das nicht zu vergessen. „[…] und vergiss nicht, was er Dir Gutes getan hat“, so heißt es auch in diesem Gebet.  

Ja, die Situation der Frau ist bitter. So hat sie sich das sicher nicht vorgestellt, und ich hätte es ihnen auch anders gewünscht. Und trotzdem ist es alles andere als eine Endstation. Es ist eine weitere Station auf dem Weg des Lebens. An der jetzt eben vielleicht dran ist, das nicht zu vergessen, was alles gut war in diesem Leben. Dankbar dafür zu sein, was sie alles gemeinsam geschafft und erlebt haben.

Schmerzvoll ja, aber nicht hoffnungslos. Der Weg hat sich verändert, ist anders verlaufen als gedacht. Das ist sicher nicht einfach. Aber wer weiß, vielleicht kann so auch dieser Abschnitt noch was ganz Besonderes werden.

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SWR4 Abendgedanken

07FEB2023
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Immer, wenn ich ein Eichhörnchen sehe, muss ich daran denken, dass Gott jetzt lächelt. Doch wirklich. Warum? Na ja: Ich war bei einem Seminar und das hat mit so einer Entspannungsübung angefangen. Wir sollten die Augen schließen, ruhig atmen und dann an etwas denken, was an dem Tag schön war. An dem Tag habe ich morgens bei uns auf dem Balkon ein Eichhörnchen gesehen. Deshalb habe ich an dieses Eichhörnchen gedacht. Und dann kam die nächste Aufgabe. Dass wir uns eben vorstellen sollten, dass uns in diesem Augenblick Gott angelächelt hat.

Dieses Bild kriege ich jetzt nicht mehr aus dem Kopf. Weil ich das in dem Moment so toll fand. Gott lächelt mich an. Durch dieses kleine rotbraune Pelzknäuel. Irgendwie dachte ich in dem Moment: Ja, eigentlich stimmt das. In der Bibel gibt es viele alte Gebete, die genau das beschreiben. Dass Gott auch in den ganz kleinen und alltäglichen Sachen uns Menschen begegnet ist.

Die Frage ist dabei vielleicht: Will und kann ich das so sehen. Oder nicht. Ich meine, dass da an dem Morgen gerade ein Eichhörnchen vor meinem Fenster war. Dass kann ja auch einfach Zufall gewesen sein. Oder es hatte Hunger und hat sich bei den Sonnenblumenkernen im Vogelhäuschen bedient – wenn Eichhörnchen denn Sonnenblumenkerne fressen. Aber ja: Ich glaube, dass mir Gott jeden Tag auf ganz unterschiedliche Weisen begegnen kann. Wenn ich mich mit anderen Leute treffe und unterhalte. Wenn ich morgens mit meinem Hund unterwegs bin und es langsam hell wird. Wenn mich jemand in der Fußgängerzone einfach so anlächelt.

Ich glaube, ich bin aufmerksamer geworden, seitdem ich da ein bisschen mehr drauf achte. Aufmerksamer, dankbarer und vielleicht ein bisschen besser gelaunt. Es gibt so viele Sachen, die mir meinen Alltag manchmal echt schwer machen. Und ich mache mir manchmal so viele Sorgen über die Zukunft. Wo sich unsere Welt gerade hin entwickelt. Dass sich die Leute – zumindest gefühlt – immer mehr streiten. Und dann noch jeden Tag in den Nachrichten Krieg, Inflation und Klimawandel. Ich merke, dass es mir guttut, nach den schönen Sachen zu suchen. Das in meinem Alltag zu finden, worin mich Gott anlächelt. Mich nicht nur runterziehen zu lassen. Sondern mich an den vielen kleinen Sachen zu freuen, die es – Gott sei Dank – auch gibt. Und sei es eben in einem kleinen Eichhörnchen. Ich glaube, ich nenne es ab jetzt Smiley. Und hoffe, dass es noch oft zu Besuch kommt.

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