SWR4 Abendgedanken

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24MRZ2022
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„Das ist doch voll ungerecht!“ Den Satz hätte ein junger Mann seinem Vater wahrscheinlich am liebsten an den Kopf geworfen. Das ist eine Geschichte aus der Bibel : Dieser junge Mann war es, der jahrelang den Betrieb des Vaters am Laufen gehalten hat. Er war für seinen Vater immer da. Nicht so, wie der Bruder, der sich seinen Erbanteil hat vorzeitig auszahlen lassen. Das Geld dann mit vollen Händen zum Fenster rausgeschmissen hat. Und dann am Ende wieder ohne einen Cent in der Tasche nach Hause gekommen ist – wenn auch ein bisschen kleinlaut. Und der Vater hat nichts Besseres zu tun als eine Riesenparty für seinen „verlorenen Sohn“ zu schmeißen.

Das ist doch voll ungerecht!? Und was jetzt? Soll der junge Mann einfach vergessen, dass er täglich gearbeitet und nie eine Party bekommen hat? Oder doch lieber beleidigt sein und sein eigenes Ding machen?

Ich glaube, ich kann mir ganz gut vorstellen, wie der junge Mann aus der Geschichte sich gefühlt hat. Mir ist es schon ähnlich gegangen: Da engagiert man sich für was und bringt sich voll ein. Ist immer mit dabei, wenn es was zu tun gibt. Im Verein, bei der Feuerwehr, in der Kirchengemeinde, im Gemeinderat. Es ist schon ganz normal, dass immer Du das machst. Und dann kommt jemand anderes daher und macht ein einziges Mal bei was mit und alle freuen sich riesig darüber. Das ist schon irgendwie ungerecht. Was also tun?

Ich wünschte, die Geschichte von dem jungen Mann würde mir da weiterhelfen. Aber In der Bibel hört sie einfach auf. Jesus hat diese Geschichte erzählt und ich glaube, dass er ganz bewusst das Ende nicht verraten hat. Das war seine Art, den Leuten etwas klarzumachen:

Der Bruder, der in der Geschichte daheim geblieben war, fühlt sich ungerecht behandelt. Aber eigentlich hat er dazu gar keinen Grund. Bei ihm war doch alles in Ordnung. Er hat gearbeitet, hat seinem Vater geholfen und hat zur Familie dazugehört. Sein Bruder dagegen war verloren gegangen. Zum Glück hat er heimgefunden und gehört jetzt wieder zur Familie. Deshalb die Party. Deshalb feiert der Vater. Letztlich ist der Bruder also eifersüchtig auf etwas, was er schon ganz lange hat. Er gehört schon lange dazu.
Ich denke, ganz ähnlich ist das auch im Verein oder in einer Kirchengemeinde.

Für Gott sind alle Menschen wichtig. Das ist vielleicht wie bei einem Puzzle. Manche Teile liegen einfach schon richtig und manche Teile müssen noch gefunden werden. Nur mit allen Teilen, gibt es am Ende ein großes, ganzes Bild. Und das ist einfach schön.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=35081
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