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SWR3 Worte

24APR2024
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Die Nonne Sr. Birgit postet bei Social Media, was sie gleichzeitig erschüttert und antreibt:


„Der Rechtsextremismus. Das ist für mich erschütternd, dass das wieder so anfängt. Ich bin 81 Jahre, im Krieg geboren, ich habe all diese ganz schlimmen Sachen mitangesehen und habe miterlebt, ganz, ganz tief, als Kind, wie so vielen Menschen bitteres Unrecht geschah. Und es ist mir ein Leben lang nahe gegangen, dass auch die Christen mitgemacht haben bei all diesen Verbrechen. Also ich stehe immer auf gegen Rechtsextremismus: Das brauchen wir nun wirklich nicht.“

Aus: „Rechtsextremismus: Das brauchen wir nun wirklich nicht!" - Vatican News

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

24APR2024
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Es gehört zu den kürzesten Worten und wird heute in vielen Standesämtern, auch in Kirchen gesprochen: Ja. Zwei Buchstaben, ein Versprechen.

Heute ist der 24.04.2024 und der Tag wird wie andere dieser Art von Vielen zum Ja-Sagen gewählt. Es gibt mehr Buchungen bei Standesämtern als an anderen Mittwochen und in vielen evangelischen Kirchen finden heute Trauungen statt. Pfarrerinnen und Pfarrer laden heute bewusst Menschen ein, die ohne die ganz große Feier, ohne viel Drumherum einfach Ja sagen möchten. Sie öffnen dafür ihre Kirchen und Kirchgärten und tun, was wir immer tun: Wir sprechen ein „Amen“ auf das „Ja“ von zwei Menschen. An einem Mittwoch, dem 24.04.24.

Eva, sie ist Mitte 60, wird heute Nachmittag zusammen mit Thomas in eine Kirche kommen. Es war geplant, dass sie jeweils selbst ein Versprechen formulieren und sprechen. Ein paar Tage vorher hat Eva dann der Pfarrerin, die sie trauen wird, gemailt:

Wir finden keine Worte. Ach, wir finden zu viele Worte. Wir verlieren uns, uns fällt immer noch was Wichtigeres ein, was wir dem anderen sagen möchten. Und wissen doch beide, nach all diesem Leben, dass es nicht die Menge an Worten ist. Eigentlich ist’s für uns schon viel, dass wir uns überhaupt trauen, uns dieses Versprechen zu geben, dass wir füreinander gut sein wollen. Obwohl wir ganz genau wissen, dass wir uns auch wehtun werden.

Können wir’s so machen“, so endet die Mail, „dass Sie einfach fragen und wir antworten: Ja?“

Manchmal, wenn es sehr wichtig ist im Leben, dann ist es gut, wenn wir einfach gefragt werden. Und nur antworten müssen. Nicht selbst Worte finden. Nicht an Worten verzweifeln, die nicht ausreichen. Nicht eitel werden an Worten, die mir allzu gut gefallen.

Heute Nachmittag werden die beiden – so wie viele andere – antworten: Ja.
Und bei Trauungen in den Kirchen und Kirchgärten werden die Menschen antworten: Ja, mit Gottes Hilfe. Weil wir für die wirklich großen Versprechen noch mehr brauchen als das, was Menschen versprechen können.

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SWR2 Wort zum Tag

23APR2024
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Wilden Tieren in freier Wildbahn begegnen – das habe ich bei einer Safari erlebt. Da sind mir die massigen Körper der Elefanten und Nashörner sehr nahegekommen. Beeindruckend! Und als eine friedlich grasende Herde von Zebras blitzschnell davongerannt ist, weil ein Löwe aufgetaucht ist, hat mir das schon eine Gänsehaut gemacht.

Die ungezähmte Lebenskraft von wilden Tieren fasziniert mich, aber sie macht mir auch Angst. Sie ist mir fremd. In der zivilisierten Welt, in der ich lebe, muss ich nicht befürchten, von einem Tier angegriffen zu werden. Mein Leben ist sicher und bequem, und das weiß ich auch zu schätzen. Aber es ist auch etwas verloren gegangen, nämlich dass ich Leben und Lebendigkeit so ganz direkt und kraftvoll erfahren kann.

Das gilt auch für meinen Glauben. Für mich ist Gott „zivilisiert“.

Wenn ich allerdings in der Bibel lese, finde ich einen Gott, von dem so eine unmittelbare und ganz starke, fast schon wilde Kraft ausgeht. Wenn er etwa dem Mose im brennenden Dornbusch erscheint und ihm den Auftrag erteilt, sein Volk zu befreien. Das ist kein gezähmter Gott. Auch Jesus muss Gott so erfahren haben. Nach seiner Taufe geht er in die Wüste. Er setzt sich 40 Tage lang dem Hunger und dem Durst aus, der Einsamkeit, den wilden Tieren. Und am Ende dienten ihm die Engel. Jesus kommt also wohl in einen tiefen Kontakt zum Göttlichen, weil er sich auf diese fremde, wilde Welt eingelassen hat. Er wird Gott seinen Vater nennen – und zugleich wird ihn dieser Gott herausfordern bis zum Letzten.

Ich gebe zu: mir wird bei diesen Gedanken durchaus ungemütlich. Ich habe mich mit meinem zivilisierten Leben und meinem zivilisierten Gott ganz gut eingerichtet. Da gibt es keine unzumutbaren Herausforderungen.  Aber da ist auch nur wenig, was mich unmittelbar packt und fasziniert.

Ich beginne zu ahnen, dass Gott nicht nur ein transzendentes, geistiges Wesen ist, sondern dass auch die ungebändigte Kraft zu ihm gehört. Wie sonst kann ich mir vorstellen, dass alles vom Einzeller bis zum Elefanten, Giraffen, Zebras, Krokodile und Flusspferde, dass sie alle aus seiner göttlichen Kreativität kommen?

Jetzt bin ich nicht mehr auf Safari. Aber ich ziehe meine Schuhe aus und spüre die Erde unter meinen nackten Füssen und ich schaue nach oben, in den weiten Himmel. Er ist voll von den unfassbaren Energien von Sonne und Wind. Es ist und bleibt wohl ein Geheimnis: wie ungezähmt und wild mein Gott sein kann! 

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SWR3 Gedanken

23APR2024
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Die Jünger von Jesus kommen in der Bibel gar nicht so gut weg, wie man denken könnte. Heute ist jeder von ihnen ein Promi unter den Heiligen, aber damals waren sie ja noch einfache Fischer.

Die Enttäuschung über Jesu Tod steckt den Jüngern noch in den Knochen. Sie wissen zwar, dass er auferstanden ist, aber so richtig trauen sie dem Braten noch nicht. Jesus ist ihnen zwar schon ein paar Mal wie aus dem Nichts erschienen, aber genauso schnell war er auch wieder weg.

Eines Nachts fahren sie zum Fischen auf den See hinaus. Doch der Erfolg ist ebenso verhalten wie ihre Stimmung: null, nada, kein einziger Fisch hängt im Netz - und es wird schon langsam hell. Da taucht am Ufer ein seltsamer Typ auf und ruft ihnen zu, sie sollten mal das Netz auf der anderen Seite des Bootes auswerfen. „Besserwisser“, knurrt Petrus, aber versuchen kann man´s ja mal. Und was soll ich sagen? Das ganze Netz übervoll mit Fischen. Und dann macht´s klick: „Leute, es ist der Herr!“ Als sie das Boot an Land ziehen, brennt schon ein Kohlenfeuer am Strand, und der Fremde sagt zu ihnen: „Kommt her und esst.“ Und spätestens jetzt sind sie sich sicher, denn Essen teilen war schon immer das Markenzeichen von Jesus.

Das ist eine typische Umdenk-Geschichte: Verlass die ausgetretenen Pfade, fisch´ mal auf der anderen Seite, auf zu neuen Ufern, Strandgrillen statt Abendmahl. Probier was Neues und löse dich von Gewohnheiten. Man kann ja mal klein anfangen: die Stammplätze am Küchentisch durchwechseln, sich im Café mittenrein setzen und im Kino in die erste Reihe. Das verändert den Blickwinkel und das Denken. Die Jünger hat es beseelt, und mich kann es verändern.

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

23APR2024
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Ein Freund von mir, Jonas, hat angefangen, Spenden zu sammeln für Menschen im Gaza-Streifen. Jonas hat da Bekannte. Mit ihren Augen sieht Jonas, wie die Situation für seinen Bekannten, seine Frau und seine Kinder seit dem Überfall der Hamas auf Israel immer schlechter wird. Sie leben inzwischen in Zelten. Und die Situation ist so schlimm, dass sie ihre Heimat verlassen wollen. Um über die Grenze zu kommen, brauchen sie aber viel Geld – für die notwendigen Dokumente und Genehmigungen. Selbst wenn genug Geld zusammenkommt – geholfen wäre dann nur einer Familie von vielen. Es darf doch nicht sein, dass so viele Menschen dort leiden.

Was wirklich helfen würde, das wäre ein Ende des Krieges oder wenigstens ein Waffenstillstand. Welche Seite muss sich da zuerst bewegen? Die Hamas-Terroristen, die ihre Geiseln nicht frei lassen wollen, solange keine Hilfsgüter nach Gaza durchkommen? Oder die israelische Regierung, die keine Hilfsgüter durchlassen möchte, solange die Hamas noch Geiseln gefangen hält? Ich weiß, dass die Lage in Wirklichkeit noch viel komplizierter ist. Aber für mich war es ein erster kleiner Schritt: Zu erkennen, dass Krieg kein Fußballspiel ist, wo ich ohne große Konsequenzen für eine Seite sein kann.

Und dann habe ich vor einigen Tagen ich einen jüdischen Rabbiner kennengelernt. Er lebt in Deutschland und erzählt mir und meinen Kolleginnen davon, wie der Hass gegen Juden bei uns die letzten Jahre zugenommen hat.  Besonders seit dem 7. Oktober. Dass die Hassbriefe, die er bekommen hat, früher wenigstens noch anonym gewesen seien. Jetzt scheuen Menschen nicht mal mehr davon zurück, ihm die furchtbarsten Sachen unter Klarnamen zu wünschen. Es ist selbstverständlich, dass die Synagogen in Deutschland rund um die Uhr von der Polizei bewacht werden. Was für eine absurde Selbstverständlichkeit! Es darf nicht sein, dass Menschen beim Beten von der Polizei beschützt werden müssen.

Es sind so viele, die unter dem Konflikt in Israel und Palästina leiden. Dort und auch bei uns, mitten in unserem Land.  Und ich sehe nicht, wer jemals davon profitieren soll. Für die israelischen Geiseln und ihre Angehörigen, für die Freunde von Jonas im Gazastreifen, für den Rabbi in Deutschland und all die anderen, die unter diesem sinnlosen Krieg leiden, bete ich und bitte Gott um das, wovon die Bibel voll ist: Hoffnung auf Frieden und Versöhnung.

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SWR4 Abendgedanken

23APR2024
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„Das interessiert mich die Bohne!“ – das war das Motto der diesjährigen Fastenzeit. Misereor – das katholische Hilfswerk – hatte dazu eingeladen.  Dazu gab es eine schöne Geschichte.*

„Es war einmal ein Bauer, der steckte jeden Morgen eine Handvoll Bohnen in seine linke Hosentasche. Immer, wenn er während des Tages etwas Schönes erlebte, wenn ihm etwas Freude bereitete oder er einen Glücksmoment empfunden hatte, nahm er eine Bohne aus seiner linken Hosentasche und gab sie in seine rechte. Am Anfang kam das nicht so oft vor. Aber von Tag zu Tag wurden es mehr Bohnen, die von der linken in die rechte Hosentasche wanderten. Der Duft der frischen Morgenluft, der Gesang der Amsel auf dem Dachfirst, das Lachen seiner Kinder, das nette Gespräch mit einem Nachbarn – immer wanderte eine Bohne von der linken in die rechte Tasche. Bevor er am Abend zu Bett ging, zählte er die Bohnen in seiner rechten Hosentasche. Und bei jeder Bohne konnte er sich an das positive Erlebnis erinnern. Zufrieden und glücklich schlief er ein – auch wenn er nur eine Bohne in seiner rechten Hosentasche hatte.“

Ich habe die Geschichte mit einigen Freunden und Freundinnen geteilt und wir haben uns Bohnen – dicke weiße Bohnen – gekauft und in die Tasche gesteckt.

Und tatsächlich: das Experiment funktionierte. Die Bohnen stärkten meine Aufmerksamkeit für die kleinen Alltäglichkeiten, die mich freuten: ein unerwartetes Lächeln von der Kassiererin im Supermarkt, die Freude, Zeit für einen Spaziergang zu finden, die Entdeckung der ersten Blüten im Garten, all das war auf einmal viel stärker in meinem Bewusstsein.

Den Freunden und Freundinnen ging es ebenso. Wir tauschten uns eine Zeit lang am Abend aus und jeder konnte von einer frohen oder glücklichen „Bohnenerfahrung“ erzählen.

Ich kenne diese Erfahrung auch aus dem „Gebet der liebenden Aufmerksamkeit“. Mit diesem Gebet schaue ich am Abend auf den Tag zurück. Ich nehme wahr, was mich berührt hat: Frohes und Trauriges, Ärgerliches oder Erstaunliches. All diese Gefühle und Erfahrungen darf ich vor Gott tragen und sie ihm anvertrauen. Und ich tue es so, wie ich es einer Freundin erzählen würde: mit einem liebevollen Blick darauf und ohne Selbstanklage. So war mein Tag – so bin ich heute Abend.                    

Ich habe erlebt, dass die Bohnen in meiner Tasche mich noch einmal motiviert haben, besonders aufmerksam zu sein.  

Das hilft mir auch, wenn ich den Eindruck habe, dass es eher ein schlechter Tag war. Aber jeder schlechte Tag hat auch mindestens eine „Bohnenerfahrung“ und wenn mir die eingefallen ist, kann ich den Tag im inneren Frieden beenden.  

 

*https://www.misereor.de/presse/pressemeldungen-misereor/interessiert-mich-die-bohne

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39749
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SWR3 Worte

23APR2024
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Giora Feidman ist jüdischer Klezmer-Musiker. Er ist gefragt worden, ob man Menschen irgendwie zurückholen kann, die sich radikalisiert haben. Feidman sagt:

„Das zeigt die Entwicklung nach dem Zweiten Weltkrieg. Mithilfe der Musik lässt sich alles überwinden. Davon bin ich überzeugt. Aus Metall kann man Waffen bauen, aber auch Musikinstrumente. Jeder von uns hat die Wahl.“

Aus: kna-Newsletter vom 15.02.2024 per Email.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39742
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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

23APR2024
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Es ist schon ein paar Jahre her, da wurde das schönste deutsche Wort gesucht. Es gab viele Einsendungen mit ganz normalen und ganz besonderen Worten. Viele Vorschläge sind von Leuten gekommen, für die Deutsch nicht ihre Muttersprache ist. Teresa aus Spanien sagt zum Beispiel: „Fernweh ist für mich das schönste deutsche Wort, denn es erklärt den Schmerz, den man manchmal fühlt und für den es kein spanisches Wort gibt.“

„Fernweh“ kennen nur wenige Sprachen, trotzdem ist es vielen Menschen bekannt. Und es überkommt uns, wenn wir an einem Bahnsteig stehen – ganz unvermittelt, selbst wenn an der Anzeigetafel nur Koblenz-Hauptbahnhof steht. Erst recht in der Abflughalle eines Flughafens, besonders dann, wenn wir nur dort sind, um jemand abzuholen.

Fernweh haben vielleicht nur Menschen, die ein Zuhause haben. Und wir sollten es auf keinen Fall verwechseln mit dem inneren und äußeren Druck, den Menschen empfinden, die ihre Heimat unter widrigen Bedingungen verlassen.

Wenn ich die Vorschläge für das „schönste deutsche Wort“ all derjenigen lese, die Deutsch als Fremdsprache gelernt haben, dann werde ich klüger und muss auch schmunzeln: Doppelhaushälfte ist auch dabei. So ein Wort muss einem erstmal einfallen! Da wird ein Haus verdoppelt, um dann einen korrekten Begriff für das halbe Haus zu finden…

Sprache, Worte, sie sorgen dafür, dass wir uns verstehen, dass wir uns von dem erzählen können, was uns wirklich wichtig ist. Sogar diese komischen Empfindungen in Worte fassen, wenn wir Flugzeuge starten sehen.

Als Menschen angefangen haben aufzuschreiben, wie die Welt und die Menschen entstanden sind, da haben sie sich vorgestellt, dass Gott den Menschen bittet, allen Pflanzen und Tieren ihren Namen, besser: ihr Wort, zu geben. Sie zu bezeichnen.

„Fernweh“ hat übrigens diesen Wettbewerb um das schönste deutsche Wort nicht gewonnen. Doppelhaushälfte auch nicht. Sondern „Habseligkeiten“. Auch eins von diesen wunderbaren Worten, die die wir uns ausgedacht haben, um uns die Welt zu erschließen.

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SWR2 Wort zum Tag

22APR2024
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Wo habe ich es nur hingelegt – das Handykabel?  Solange die Batterie genug Energie hat, ist das noch kein Problem. Aber spätestens, wenn sie leer ist, fange ich fieberhaft zu suchen an. Denn ohne Verbindung zur digitalen Außenwelt bin ich von Vielem abgeschnitten, was für mich zum Leben dazugehört.

Manchmal geht es mir mit meiner Lebensenergie so ähnlich. Wenn ich nicht rechtzeitig auflade, leert sich mein innerer Akku, manchmal ohne, dass ich es merke - und auf einmal fühle ich mich ausgelaugt. Wie abgeschnitten vom Leben. Es ist nicht so sehr eine körperliche Erschöpfung, sondern eher eine seelische. Ich bin antriebslos, und alles wird mir egal.

Dann hilft mir oft, wenn ich rausgehe und laufe oder etwas Praktisches tue wie Gartenarbeit oder Kochen. Aber das reicht nicht immer. Ich bleibe leer und mir fehlt – bildlich gesprochen – ein Aufladekabel, mit dem ich mich an eine größere Energiequelle anschließen kann. Denn aus mir selber kann ich mich nicht aufladen.

Für mich ist Gott eine solche Energiequelle. Er ist Ursprung und Schöpfer des Lebens, die Urkraft, aus der alles kommt. Ich möchte mit dieser Energie, mit dem göttlichen Spirit, der alles Leben durchströmt, in Verbindung kommen. Natürlich kenne ich die klassischen Wege – Gebet und Gottesdienst…  aber nicht immer finde ich dadurch einen Zugang. Ich bleibe irgendwie außen vor, wie abgeschnitten.

Dann muss ich mich eben - wie bei meinem Handykabel – auf die Suche machen. Wo soll ich anfangen? Bei anderen religiösen Traditionen oder mit fremden Ritualen? Mir hilft es, wenn ich erst mal bei mir selber bleibe und mit meinem Innern Kontakt aufnehme. Wonach sehne ich mich eigentlich? Was fehlt mir? Die Suche führt mich zu meiner Seele, zu diesem inneren Raum, in dem ich zu Hause bin. Aber wenn ich nur um mich selber kreise und in mir gefangen bleibe, dann leidet meine Seele. Sie möchte sich mitteilen und angesprochen sein. Sie sehnt sich nach einem Gegenüber, nach einem Du. Sie sehnt sich danach, verbunden zu sein.

So wird gerade die schmerzliche Leere zur Kontaktstelle zu Gott.

Wenn ich mir diese Sehnsucht eingestehe, dann werde ich durchlässiger. Meine Seele öffnet sich für Gott. Oft ereignet sich das in der Stille. Auf einmal ändert sich mein Lebensgefühl. Ich fühle mich verbunden mit mir selbst, mit dem Leben und mit Gott. Und die Lebensenergie beginnt wieder zu fließen.

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SWR3 Gedanken

22APR2024
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„O mein Gott!“, sagt der Realitystar, als er von der kniffligen Mutprobe erfährt. „O mein Gott!“ sagt die Influencerin, als sie den Gürtel mit der Glitzerschnalle auf dem Tablet entdeckt. Und „O mein Gott!“ sagen auch meine Söhne, wenn sie einen krassen Zaubertrick bei Youtube sehen.

Jetzt könnte ich als Theologe natürlich anfangen zu schimpfen auf die ganze „O mein Gott!“-Sagerei. Tu ich aber nicht. Es heißt zwar, du sollst den Namen Gottes nicht gedankenlos benutzen, aber „O mein Gott!“ ist für mich ein Gebet. Und wem sollte ich das Beten verbieten!

Klar, je mehr es von Herzen kommt und je ehrlicher es gemeint ist, desto eher kann man auch von Gebet sprechen: „O mein Gott, wie viel Leid muss Tante Gisela noch ertragen?“ Oder: „O mein Gott, wie reißt mich diese Band mit!“ Oder: „O mein Gott, wie bunt blüht diese Blumenwiese!“

Der Ausruf „O“ steht dafür, dass etwas aus mir rausbricht, ich muss es einfach loswerden, was mich bedrückt, freut oder staunen lässt. Und das „mein“ steht dafür, dass Gott auch mir gehört, oder zumindest zu mir gehört. Dass er mein ist. Und das ist der beste Hinweis darauf, wo ich ihn suchen kann: Wohl weniger in der Realityshow, im Schaufenster oder bei Youtube. Sondern tief in mir, in meinem Herzen. O mein Gott!

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