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SWR3 Worte

24JUL2024
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Maria Kleist ist fast 70. Trotz ihres Alters hat sie sich dazu entschlossen, ihren Bauernhof künftig ökologisch zu bewirtschaften, anstatt das Land gewinnbringend zu verkaufen. Sie sagt:

Es war mein Gewissen, das mich zu dieser Entscheidung getrieben hat, und das starke Bedürfnis, dass ich diesen Boden auch für die nächste Generation bewahren möchte. Mit politischen Absichten hat das nichts zu tun. Ich bin Christin, die Bewahrung der Schöpfung gehört für mich zu meinem Glauben.

Chrismon 07/24

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SWR4 Abendgedanken

24JUL2024
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Heute hat es in Baden-Württemberg Zeugnisse gegeben. Alle Schülerinnen und Schüler von Wertheim bis zum Bodensee haben zum Abschluss des Schuljahres ihre Noten bekommen.

Und ganz viele sind sicher nach Hause gekommen und haben ihr gutes Zeugnis stolz ihren Eltern präsentiert. Aber ich denke jetzt an die anderen. Es gibt ja auch viele Kinder und Jugendliche, die haben kein gutes Zeugnis erhalten. Und so manche müssen jetzt die Klasse im nächsten Schuljahr noch einmal wiederholen. Das ist schlimm für sie. Manche haben Angst davor, darüber zu reden und schämen sich. Manche fürchten sich davor, das Zeugnis ihren Eltern zu zeigen. Und dann gibt es ja auch immer Klassenkameraden, die haben das mitbekommen und lachen jetzt über sie. Im nächsten Schuljahr ist der Sitzenbleiber dann vielleicht der einzig neue Schüler in der fremden Klasse und alle anderen wissen, warum.

Manchmal fallen dann auch schlimme Worte: „Du bist ein Versager, du bist dumm. Aus dir wird nie etwas.“ Wie viele Kinder haben auch heute wieder solche Worte hören müssen oder haben sie sogar über sich selbst ausgesprochen? Das ist schlimm, weil solche Worte sich im Herzen festsetzen. Wenn man so etwas als Kind hört, dann denkt man, dass das wirklich stimmt: Ich bin dumm, blöd, ein Versager, aus dem Nichts wird.

Aber jedes Zeugnis ist eben doch nur eine Momentaufnahme. Es sagt nur etwas darüber aus, in welchem Schulfach es gerade besser oder schlechter läuft. Viele Menschen waren in der Schule gar nicht gut, aber deswegen noch lange keine Versager. Mark Twain brach im Alter von 12 Jahren die Schule ab und wurde später ein berühmter Schriftsteller. Thomas Edison war der schlechteste Schüler seiner Klasse und sein Lehrer sagte über ihn, er sei ein Idiot. Später hat er das elektrische Licht erfunden. Und Abraham Lincoln besuchte nur sehr selten eine Schule. Er wurde einer der berühmtesten Präsidenten Amerikas. Wir sind so viel mehr, als Noten und Zeugnisse über uns aussagen. Wir sind von Gott geliebte und begabte Menschen. Auch wenn es in der Schule nicht gut läuft. Mit jedem hat Gott einen Weg. Darum hoffe ich, dass heute viele Kinder, die keine guten Noten nach Hause gebracht haben, trotzdem umarmt und getröstet und ermutigt worden sind. Und so trotz allem fröhlich in die Ferien starten konnten.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

24JUL2024
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Wir hatten Glück gehabt bei unserem Kurzurlaub am Bodensee über Pfingsten. Bevor der große Regen und das Hochwasser kamen. Ein Programmpunkt: Besuch des Museums in Konstanz. Sonderausstellung berühmter alter Handschriften aus den Werkstätten der Klosterinsel Reichenau. Zugegeben, etwas speziell, deshalb ging meine Frau in der Zeit auch lieber shoppen. Ich jedenfalls schaute mir uralte Bücher an. Unter anderem ein Buch, über 1000 Jahre alt, mit Texten aus der Bibel  und berühmt wegen seiner vielen tollen Bilder aus dem Leben Jesu. Eines der Bilder zeigt ein kleines Boot, es erinnert wirklich an die sprichwörtliche Nussschale. Darin sitzen die Jünger Jesu. Die Wellen schlagen hoch. Die Lage ist verzweifelt. Doch Jesus geht übers Wasser, greift den Petrus an der Hand und rettet die gesamte Mannschaft. Ein Wunder. Und jeder weiß: alles ist gut! Wenn man nur seine Hand nach dem Herrn ausstreckt. Er wird sie ergreifen, egal wo dir das Wasser steht. Ganz schön naiv, mag man da heute denken. Und das ist ja auch so. Was mögen die Leute sagen, denen aktuell wirklich die Brühe im Haus steht und die nicht wissen, wie es weiter gehen soll. Da hilft keine Wundergeschichte aus der Bibel. Da muss man erbarmungslos selbst anpacken, ist auf die konkrete Hilfe von Feuerwehr, THW und die Solidarität der Nachbarn und Freunde angewiesen. Und oft genug wirken die ja auch kleine Wunder, mitten im stürmischen Alltag. Was das Bild aus der Bibel betrifft: vielleicht kann es trotzdem eine Hilfe sein. Ich stelle mir das so vor: die Freunde Jesu damals waren verzweifelt und fühlten sich allein gelassen.  Ohne ihren Anführer, Jesus, der nicht mehr bei ihnen war. Und dann hören sie irgendwie tief in ihrem Innern seine Stimme. „Habt ihr noch immer keinen Glauben? Ich bin doch trotzdem bei euch.“ Und mit neuer Kraft greifen sie in die Ruder und erreichen das rettende Ufer.  Ich finde, das hat etwas sehr Tröstliches. Ich glaube jedenfalls, dass Gott seine Hand nach mir ausstreckt, so wie Jesus auf dem Bild aus der alten Handschrift. Und mit diesem Gedanken fällt mir –um im Bild zu bleiben- das alltägliche mühsame Rudern etwas leichter.

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

23JUL2024
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Im letzten Vers von Psalm 137 verflucht der Beter die Zwingherren von Babylon, die Israel niedergemacht, den Tempel zerstört und das Volk ins Exil verschleppt haben. Und preist dann den Menschen selig, der zur Strafe die Kinder Babylons „am Felsen zerschmettert“. Geht’s noch? Da stockt mir das Blut in den Adern.

Genauso wie jüngst, als in Kiew 50 schwerkranke Kinder unter den Trümmern einer Klinik verschüttet wurden. Kranke Gehirne, die einen so mörderischen Angriff befohlen und ausgeführt haben. Ich fürchte: Wer Kinder mordet, scheut vor nichts mehr zurück. Die ziehen das durch, denen traue ich zu, dass sie am Ende auch ganze Völker vernichten und der Planet in einem gigantischen Atompilz verglüht.

John F. Kennedy, der damalige Präsident der USA, konnte im Jahr 1962 in letzter Sekunde ein solches Inferno noch einmal abwenden, und stellt ernüchtert fest: „Entweder schafft die Menschheit den Krieg ab, oder der Krieg schafft die Menschheit ab“. Da sind wir grade auf dem besten Weg, wenn es nicht endlich gelingt, die tödliche Spirale Gewalt-Gegengewalt zu unterbrechen und in Verhandlungen einzutreten.

Was diese verdammten Kriege anrichten, ist einfach nur entsetzlich: Hunderttausende von Toten, Verwundeten, Verstümmelten. Abgrundtiefer Hass und Feindschaft auf Jahrzehnte hinaus. Wir rauben unseren Kindern die Zukunft, verpulvern den Reichtum der Schöpfung, zerstören das Klima – wie sollen die auf einem solchen Trümmerhaufen weiterleben?

Und darum muss Schluss sein – an allen Fronten, und zwar sofort! Im Gebrüll von Kanonen und Raketen kann man nicht miteinander reden. Über Massengräbern gleich gar nicht, da kann man nur noch weinen.

Einer muss anfangen, aufzuhören – so verstehe ich das Gebot der Feindesliebe Jesu: Aufeinander zugehen, miteinander reden, nach Kompromissen suchen. Einer wollte mit der Bergpredigt Politik machen. Aber er lebt nicht mehr, der ehemalige russische Präsident Michail Gorbatschow. Er sagte, die Bergpredigt Jesu wäre „das wirksamste Überlebensprogramm der Menschheit“. Das glaube ich auch.

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SWR3 Gedanken

23JUL2024
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Ich weiß nicht, warum, aber das mit dem Glücklichsein beschäftigt mich. Warum sind wir es so oft nicht? Warum fühlen wir uns allzu oft nicht glücklich? Klar, bei manchen liegt es daran, dass es ihnen psychisch nicht gut geht. Aber auch bei allen anderen: Warum sind wir nicht öfter richtig glücklich?

Denn eigentlich wissen wir doch genau, was uns und unser Leben glücklich macht. Auch Wissenschaft und Forschung sagen es uns immer wieder, was es ist, dass uns Menschen glücklich macht.

Klar, manche Aspekte können wir nicht - oder nur zum Teil - beeinflussen. Zum Beispiel unsere wirtschaftliche Situation: Es gibt viele Menschen, die hart arbeiten und trotzdem knapp an der Armutsgrenze leben. Armut macht definitiv nicht glücklich. Oder unsere Gesundheit: Manches können wir dafür tun, anderes nicht.

Das Wichtigste überhaupt sind unsere Beziehungen zu anderen Menschen. Und da sind sowohl enge, lange Beziehungen und Freundschaften wichtig, als auch lockere mit den Kollegen oder mit der Frau an der Supermarktkasse.

Aber – und jetzt kommt das große Aber: Man muss sich wie um seine körperliche Fitness auch um seine soziale Fitness kümmern: Freundschaften pflegen, sich um seine Beziehung kümmern, dem Mann von der Stadtreinigung auch mal Danke sagen, der alten Nachbarin die Einkaufstüten hochtragen.

Pures Glück, das liegt nicht immer in unserer Hand – aber ein bisschen glücklicher sein, das können wir schon auch beeinflussen.

Denn glücklich ist, wer gute Beziehungen zu anderen hat, sie findet und pflegt.

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SWR Kultur Wort zum Tag

23JUL2024
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Der Apostel Paulus hat von sich einige Male mit Worten eines Sportlers gesprochen, der einem himmlischen Siegespreis entgegensprintet. Den hat er als Lohn angesehen für seine Arbeit als Wanderprediger und christlicher Gemeindegründer (vgl. Philipper 3, 13-14). Paulus ist dabei konsequent und fokussiert durch sein Leben gesprintet. So hat er es selbst beschrieben.

Das Problem nur: Paulus ist in seinem Leben kein Sprinter gewesen, sondern eher ein Langstreckenläufer. Im übertragenen Sinn ist er Marathons gelaufen. Seine Missionsreisen kreuz und quer durch Kleinasien und Südeuropa haben ihn über viele Jahre an ganz verschiedene Orte rund um das Mittelmeer und jenseits davon geführt. Paulus erzählt von Jesus, schlichtet Konflikte in den Gemeinden und lädt Menschen ein, miteinander zu essen, zu beten, zu feiern und sich gegenseitig so zu akzeptieren, wie sie sind.

Paulus hat viele vom Christentum überzeugt, ist aber auch als angeblich „falscher Prophet“ gedemütigt und verfolgt worden. Mehrfach ist er im Gefängnis gelandet. Aber er ist seiner Mission treu geblieben. Dabei hat er wohl manchmal vergessen, dass ein Langstreckenlauf eine ganz andere Kondition und ein anderes Haushalten mit Energien braucht als ein Sprint.

Ich weiß, wovon ich rede: In meinem Leben bin ich schon mehrere Marathons gelaufen. Ich weiß aus eigener Erfahrung: Ich muss mir meine Kräfte einteilen, ich darf nicht los spurten, dann halte ich es nicht lange durch. Es ist beim Laufen außerdem wichtig, immer wieder nach links und rechts zu schauen und rücksichtsvoll zu sein, mit sich und anderen. Denn es sind viele unterwegs. Ich brauche einen ruhigen regelmäßigen Rhythmus bei meinen Schritten. Und dafür habe ich Kondition aufgebaut. Ich brauche Verpflegung auf dem Weg und liebe Menschen, die da sind, um mich zu unterstützen und anzufeuern.

Sprinten ist also nicht das Mittel der Wahl, wenn jemand wie Paulus als hauptberuflicher Wanderprediger, Gemeindegründer und Konfliktmoderator unterwegs ist. Sprinten ist auch nicht immer das Mittel der Wahl fürs Leben.

Die achtsame Haltung bei Langstreckenläufen ist zum Durchhalten eher geeignet: Der Weg ist das Ziel, besonnen und dankbar und mit Pausen durchs Leben gehen. Mit den Menschen, die mir begegnen und die mir wichtig sind, reden, zuhören, mit ihnen essen, trinken, lachen, weinen, lieben und feiern. Das zählt. Nicht die Siegestrophäe irgendwann am Ende des Lebens ist entscheidend, sondern jeder Moment, jede liebevolle Begegnung im Lauf des Lebens. Und sie gibt gleichzeitig neue Kraft und neuen Lebensmut auf dem Weg.

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SWR3 Worte

23JUL2024
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Freunde sind wichtig, aber richtige, gute Freunde selten. Die Journalistin Gabriele Bärtels ist deshalb sehr froh um ihre vielen Bekanntschaften, die geben auch Halt und sie sagt:

(Ich) könnte bedenkenlos bei meiner Bäckersfrau ohne Geld einkaufen, sie weiß ja, dass ich morgen sicher wiederkomme.
Seit ich das begriffen habe, kultiviere ich solche Begegnungen, nehme Pakete für Nachbarn an, mache hier ein kleines Kompliment, höre mir dort ein Seufzen an, bedanke mich für vermeintlich Selbstverständliches und genieße jedes unverbindliche Schwätzchen. Zu guter Letzt wollen wir nicht vergessen: Die Vorstufe aller Freundschaften dieser Welt ist eine Bekanntschaft gewesen.

Chrismon 07/24

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SWR4 Abendgedanken

23JUL2024
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Herzlichen Glückwunsch, Julian Nagelsmann. Der Bundestrainer wird heute nämlich 37 Jahre alt. Ich finde, er hat sich mit der Euromeisterschaft, die vor einer Woche zu Ende gegangen ist, selbst das schönste Geschenk gemacht - und uns allen auch. Selbst wenn es nicht zum Titel gereicht hat. Selbst wenn der Bundestrainer am Ende Tränen in den Augen hatte. Aber noch vor einigen Monaten hätte niemand gedacht, dass die deutsche Fußballnationalmannschaft so gut und begeisternd Fußball spielen würde. Und jetzt ist sie erst in einem packenden Spiel gegen Spanien unglücklich ausgeschieden. Also herzlichen Glückwunsch, Julian Nagelsmann, und danke für eine tolle Leistung bei der EM. Auch wenn du dir einen noch größeren Erfolg gewünscht hättest.

Julian Nagelsmann hat aber nicht nur den Erfolg im Blick, er hat auch die im Blick, die es im Leben schwerer haben als er und die oft auf der Verliererseite stehen. Was ich selbst nicht gewusst habe: Julian Nagelsmann unterstützt mit einem Teil seines Gehalts die Initiative „Common Goal“. Zu dieser Organisation gehören viele Sportler aus der ganzen Welt. Und sie alle haben es sich zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2030 hundert Millionen Jugendlichen und Kindern aus der Armut heraus zu helfen. Dafür finanzieren sie soziale Projekte in den ärmsten Gegenden der Welt und sie unterstützen dort vor allem Straßenkinder und Jugendliche ohne Elternhaus.

Ich weiß nicht, ob Julian Nagelsmann an Gott glaubt, aber mit dem, was er tut, erfüllt er das Gebot Jesu: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“. Und Jesus hat auch gesagt, wer unser Nächster ist: Der, der unsere Hilfe braucht. Vielleicht ist es der Mensch im Nachbarhaus. Vielleicht aber auch ein Kind in einem Slum in Afrika. Ganz bestimmt sind es die Kinder, die weltweit unter Bedingungen von Hunger, Armut und Gewalt leben müssen. Darum finde ich, dass es viel mehr Menschen wie Julian Nagelsmann braucht, die nicht nur den eigenen Erfolg oder die eigene Karriere im Blick haben, sondern die auch bereit sind im Rahmen ihrer Möglichkeiten zu helfen, damit Kinder überall auf der Welt eine Zukunft haben. Also: herzlichen Glückwunsch Julian Nagelsmann, danke für die EM und danke, dass Du mit deiner Hilfsbereitschaft ein Vorbild bist.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

23JUL2024
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Ein Bekannter hat mir ein Erlebnis aus seiner Jugend erzählt. Als junger Student Anfang der 50er Jahre ist er mit einem Freund zu Fuß unterwegs in Frankreich. Sie wollen nach Paris. Damals nicht ohne. Denn seit dem 2. Weltkrieg sind noch nicht viele Jahre vergangen. Auf der Landstraße fährt ein großer PKW an ihnen vorbei. Einige Meter vor ihnen bremst er, bleibt stehen und ein  Chauffeur mit Mütze steigt aus.  Wo sie denn hin wollten und ob sie ein Stück mitfahren wollten. Gerne steigen die beiden ein. Im Fond sitzt ein älterer Herr mit Brille. Um ihn herum liegen Akten. Die räumt er beiseite. Er grüßt  freundlich, fragt die beiden nach ihren Namen und wo sie herkommen.  Er interessiert sich für die Lage in Deutschland, wie junge Menschen dort leben und denken. Irgendwann fällt bei den beiden Jungs der Groschen. Sie sitzen zusammen mit dem französischen Außenminister im Auto, Robert Schuman. Der ist bis heute einer der ganz großen Europäer der Nachkriegsgeschichte. Und ein tief gläubiger Christ. Von ihm kam die Idee, Frankreich und Deutschland wirtschaftlich so zu verzahnen, dass ein Krieg zwischen diesen beiden Nationen praktisch unmöglich werden sollte. Dazu gehörte auch die Bereitschaft, Deutschland nach dem Krieg nicht mit eiserner Faust zu beherrschen sondern sich mit dem neuen deutschen  Staat zu versöhnen.  Was daraus wurde, hat Geschichte geschrieben. Die Europäische Union. Die hat es geschafft, 77 Jahre lang, bis 2022 Frieden in Europa zu bewahren. Das hat es nie vorher gegeben. Daran kann man nicht oft genug erinnern. Was hätte Schuman wohl gesagt zum Krieg gegen die Ukraine?  Wie würde er über die aktuellen französischen Parlamentswahlen denken? Gäbe es heute überall auf der Welt Politiker wie ihn, dann  sähe es ganz sicher friedlicher aus. Dann würden Hände ausgestreckt und nicht mit der Faust gedroht. Dann würde ernsthaft zugehört statt populistische Parolen gegrölt.  Als Robert Schuman 1950 seinen Plan einer wirtschaftlichen Union mit Deutschland auf Augenhöhe öffentlich macht, fragt ein Journalist: „Herr Minister, ist das nicht ein Sprung ins Ungewisse?“. Und Schuman antwortet: „ Ja, schon. Aber den müssen wir machen“.  Solche Politiker wünsche ich mir heute. Menschen, die die Hand ausstrecken und nicht die Faust ballen.

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

22JUL2024
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Eine starke Frau, an die sich die Kirche heute erinnert: Maria aus Magdala, die Begleiterin Jesu – gebildet, gut betucht und ihm in Liebe verbunden. Heilige oder Hure? Mit den Männern in der Gefolgschaft Jesu muss es damals schon ordentlich gerappelt haben. Ein späterer Papst verwechselte dann Maria – vermutlich absichtlich – mit einem  stadtbekannten Strichmädchen aus Jerusalem, einer „Sünderin“, heißt es im Lukas-Evangelium (7.36-50).

Inzwischen längst rehabilitiert, wird Maria aus Magdala als „Apostelin“ verehrt und als eine der ersten und wichtigsten Zeuginnen der Auferstehung Jesu gefeiert. Die Erzählung vom Ostermorgen (Johannesevangelium (20,11-18) geht mir immer unter die Haut: Unterwegs um Jesus den letzten Liebesdienst zu erweisen und seinen Leichnam zu salben – erschrickt Magdalene zu Tode: Das Grab ist leer. Nun hat sie nicht einmal mehr einen Ort für ihre Trauer. Weinend spricht sie den Mann an, den sie für den Friedhofsgärtner hält: Wo hast du den Leichnam hingelegt, ich will ihn holen. Der schaut ihr in die Augen und nennt plötzlich ihren Namen: „Maria“. „Rabbuni“, geliebter Meister, bricht es da aus ihr heraus. Gar kein Zweifel - er ist es, er lebt, er nennt sie beim Namen. In diesem Moment müssen wohl alle Saiten ihrer verwundeten Seele ins Schwingen geraten sein. Wie auf einem Resonanzboden klingt wieder, was die beiden miteinander verbunden hat.

Auferstehung, sagt mir diese Geschichte, ist mit dem Verstand nicht zu erfassen, sie ist un-begreiflich. „Rühr mich nicht an“, mahnt Jesus. Ich bin nicht mehr der Alte im Kleid der Vergänglichkeit. - Aber man kann Auferstehung erahnen, und zwar im Widerhall der Liebe, wenn in mir nachklingt, was mich mit einem lieben Verstorbenen im Leben verband.

Damit mache ich Trauernden Mut. Der Mutter, die weinend und voll inniger Liebe das Foto ihres so früh verstorbenen Jungen küsst. Dem alten Mann, der täglich das Grab seiner Frau besucht und es liebevoll pflegt. Dem Kind, das um seine verstorbene Mutter weint. Hört ihr? Trauer ist der Nachhall der Liebe. Und Liebe ist stärker als der Tod.

Das lässt mich hoffen: Gott ist die Liebe, glauben wir. Dann verbindet uns die Liebe mit ihm, und wir werden leben – über den Tod hinaus. 

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