Zeige Beiträge 1 bis 10 von 274 »
SWR4 Abendgedanken
Es gibt in meinem Alltag immer wieder Begegnungen und Gespräche, die mich ganz schön nachdenkliche machen. Neulich hat mich eine Frau gefragt: „Was bleibt denn noch, wenn einem nichts mehr bleibt?“ Sie ist Mitte sechzig und schwer an Krebs erkrankt – das zweite Mal schon. Am Anfang habe ich die Frage nicht richtig verstanden. Dann hat sie mir erklärt, was sie gemeint hat. Sie kann kaum noch was essen, nicht mehr richtig laufen. Alles ist mühsam geworden. Sätze wie „genieß die Zeit, die Du noch hast“ klingen in ihren Ohren wie Hohn.
„Was bleibt denn noch, wenn einem nichts mehr bleibt?“ Das hat mich wirklich zum Nachdenken gebracht.
In der Bibel gibt es die Geschichte von Hiob. Ihm ist auch nichts mehr geblieben. Er hat die berüchtigten „Hiobs-Botschaften“ erhalten und alles verloren. Sein Haus, seinen Reichtum, seine Kinder und am Ende wurde er auch noch schwer krank. Hiob war ein frommer Mann. Am Anfang hat er sogar noch versucht, einen Sinn in seinem Schicksal zu erkennen. Aber dann war irgendwann der Punkt erreicht, wo ihm wirklich nichts mehr geblieben ist. Da ist ihm der Kragen geplatzt. Und er hat Gott sogar die Schuld dafür gegeben. Und er hat ihm nicht nur sein Leid geklagt – Nein er hat ihm die Ungerechtigkeit entgegengeschrien.
Das kommt in der Bibel immer wieder vor, dass Menschen Gott anklagen, wenn ihnen nichts mehr bleibt. Und vielleicht ist das auch wirklich das Einzige, was man tun kann, wenn einem nichts mehr bleibt. Gott anzuklagen. Ihm, wie dieser Hiob, alles an den Kopf zu werfen, was einem in so einer Situation in den Sinn kommt. Ihm zu sagen, dass es ungerecht ist. Dass ich das nicht verdient habe. Dass ich doch noch so viel vorhatte.
Deshalb war ich dann ein paar Tage später noch einmal bei der Frau und wir haben das gemeinsam probiert. Sie hat Gott alles an den Kopf geworfen, was ihr in dem Moment eingefallen ist. Ich hatte das Gefühl, dass es ihr danach ein bisschen besser gegangen ist. Nicht, weil sie plötzlich nicht mehr krank war, oder ihre Lage weniger trostlos. Auch nicht, weil sie Antworten auf ihre Fragen bekommen hätte. Sondern weil sie ihre Wut wenigstens jemand sagen konnte. Gott schimpfen konnte. Anstatt mit dem Gefühl allein zu bleiben, dass ihr Schicksal Gott und der Welt egal wären.
Auch wenn man das Gefühl hat, dass einem nichts mehr bleibt. Gott bleibt. Immer.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=41302SWR4 Abendgedanken
Wo wohnt eigentlich Gott? Klar, ich bin überzeugt davon, dass Gott überall zu finden ist. Für ihn gibt es keine Grenzen. Aber in der Bibel steht trotzdem auch immer wieder etwas von den „Wohnungen bei Gott“ oder vom „Haus Gottes“. Auch in dem vermutlich bekanntesten Gebet in der Bibel. Dem Psalm 23. „Der Herr ist mein Hirte …“ so fängt der an. Und am Ende heißt es da: „Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang und ich werde bleiben im Haus des Herrn immerdar.“ Wo ist das denn jetzt? Vielleicht auch: Wo ist Gott zu Hause?
Kirchen werden ja oft als Gotteshäuser bezeichnet. Und tatsächlich fühle ich mich Gott in einer Kirche besonders nahe. Vor allem dann, wenn ich zusammen mit anderen z.B. Gottesdienst feiere. Aber als der Psalm 23 geschrieben worden ist, da gab es unsere Kirchen noch gar nicht. Wo also wohnt Gott denn nun?
Ich denke, das alte Gebet selbst bringt mich auf die richtige Spur. Denn darin heißt es „Gott, der Herr ist mein Hirte“ – also bin ich wie ein Schaf in seiner Herde. Gott und ich, wir sind gemeinsam unterwegs. Wir leben zusammen, egal, wo wir gerade sind – um einen konkreten Ort oder ein bestimmtes Haus geht es also gar nicht.
Im Gebet beschreibt das Schaf, wie gut sich der Hirte um es kümmert. Nur die besten Weiden zeigt. Schaut, dass immer frisches Wasser in der Nähe ist. Aufpasst, dass keine Gefahren drohen. Der es nicht alleine lässt, wenn es irgendwo dunkel und unheimlich ist. Der einfach in allem nur das Beste für die Schafe möchte.
Das Bild vom Schaf ist heute vielleicht ein bisschen aus der Zeit gefallen. Es klingt, als sollte man alles wie ein Schaf über sich ergehen lassen. Aber ich bin mir sicher, so ist es nicht gemeint. Es geht darum, dass Gott mich begleitet, und mir hilft, meinen eigenen Weg im Leben zu finden. Bei ihm habe ich ein sicheres „zu Hause“. Und das ist nicht an einem bestimmten Ort oder in einem bestimmten Raum.
Mit „zu Hause“ verbinde ich auch Geborgenheit. Das ist da, wo ich mich wohlfühle. Da, wo ich so sein kann, wie ich bin. Und das ist da, wo Gott ist. Überall. Und das finde ich toll. Weil Gott für mich damit zu einem zu Hause to go wird.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=41301SWR4 Abendgedanken
Unsere Welt macht mir gerade manchmal echt Sorgen. Da geht’s mir sicher wie vielen, und ich frage mich: Was ist denn gerade eigentlich los?
Die Nachrichten sind voller Krieg und Gewalt, Despoten kleben an der Macht, Millionen sind auf der Flucht. Viele versuchen zu helfen, aber viele ducken sich auch lieber weg, sind einfach überfordert. Das macht vielen Menschen Angst. Mir manchmal auch.
Auf der anderen Seite geht es immer nur ums Geld – darum, dass die Wirtschaft angekurbelt werden muss. Und das bald um jeden Preis. Ich frage mich schon manchmal, wo das alles hinführt.
Nein – ich bin kein Zukunftspessimist. Und trotzdem mache ich mir manchmal Sorgen. Jesus hat das mal auf den Punkt gebracht. Er hat zu seinen Freunden gesagt: „In der Welt habt Ihr Angst – aber seid getrost ich habe sie längst überwunden.“
Ich glaube, dass Jesus dieses sorgenvolle Gefühl damals auch ziemlich gut gekannt hat. Die politische Situation zu seiner Zeit war auch alles andere als stabil. Die Römer hatten das Land besetzt. Und die Angst vor der Zukunft war ganz alltäglich. Kranke Menschen mussten betteln gehen. Witwen und Waisen hatten alleine kaum eine Chance zu überleben.
Riesige Sorgen um die Zukunft – damals schon und heute auch. Und ich denke, das Gefühl ist dasselbe: Unsere Welt ist nicht perfekt. Überhaupt nicht.
Aber gerade deshalb macht Jesus deutlich. Es gibt mehr. Es kommt noch was. Es gibt Hoffnung. „In der Welt habt Ihr Angst – aber seid getrost ich habe sie längst überwunden.“
Jesus sieht, was mir in der Welt alles Angst macht. Und dann sagt er: „Ich habe die Welt überwunden.“ Ich habe mir schon oft überlegt, was das eigentlich für mich heißt. Denn er meint sicher nicht: „Alles wird gut“. Das wäre mir zu wenig. Auch, dass vielleicht nach dieser Welt, irgendwann im Himmel, alles besser werden wird, ist mir zu wenig.
Ich glaube, dass Jesus mir einen anderen Blick auf die Welt eröffnen wollte. Es gibt mehr als das, was ich um mich herum sehe. Eine Zukunft, trotz der übergroßen Sorgen, mit denen ich lebe. Mit diesem neuen Blick über die Grenzen „dieser“ Welt hinaus hilft mir Jesus, dass ich mich nicht verkrieche. Sondern mein Leben gestalte. Verantwortung übernehme.
Ja. Manchmal mache ich mir Sorgen. Aber sie lähmen mich nicht, weil ich weiß: da gibt es noch mehr.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=41300SWR4 Abendgedanken
„Danke für diesen guten Morgen, danke für jeden neuen Tag. Danke, dass ich all meine Sorgen auf dich werfen mag …“ . Diese Liedzeile hängt jetzt seit genau drei Wochen ausgedruckt neben meinem Bett. Damit ist sie so ziemlich das Erste, was ich morgens sehe, wenn ich aufstehe. Wie es dazu gekommen ist?
Ich war eben vor drei Wochen bei einem Seminar, wo es um Musik und ums Singen ging. Und, wie sich das auf meinen Alltag auswirken kann.
Um ins Thema reinzukommen haben wir uns in der Seminarrunde gefragt: Wie starten wir eigentlich in unseren Tag? Es hat sich schnell rausgestellt, dass das bei den meisten relativ ähnlich ist: Aufstehen, Toilette, Badezimmer und mit der Zahnbürste in der Hand auf dem Handy Nachrichten lesen und einen ersten Blick in die Mails werfen.
Lustigerweise ging es da auch den meisten ganz ähnlich, dass man eigentlich am liebsten direkt wieder ins Bett gehen würde. Schlechte Nachrichten aus der Welt. Und zu viele Mails. Alle wollen was von mir.
Der Tipp unseres Seminarleiters, um besser in den Tag zu starten: Sucht Euch ein Lied, das Euch gute Laune macht. Lasst Euch davon wecken oder hängt es Euch nebens Bett. Nehmt diesen Ohrwurm mit zur Kaffeemaschine. Und dann holt erst das Handy raus.
Genau das habe ich probiert. Und, was soll ich sagen, ich finde es ganz erstaunlich, was das mit mir macht.
Mein Tag startet seitdem mit diesem Lied. „Danke für diesen guten Morgen, danke für jeden neuen Tag. Danke, dass ich all meine Sorgen auf dich werfen mag …“.
Das wirklich zu singen, das wäre mir dann vermutlich doch zu früh. Aber ich kann es lesen. Und es ist ein kleines Gebet. Ein Danke an Gott. Dazu kommt dann noch eine Tasse Kaffee. Und dann erst greife ich zum Handy.
Das ist ja wirklich nur was ganz Kleines. Aber irgendwie fühlt es sich morgens so besser an. Und es macht meine Laune definitiv besser. Weil ich mir von Anfang an klarmache. Dass es auch an diesem Morgen schon ganz viel gibt, für das ich Danke sagen kann. Und auch dass alles, was danach kommt, ich nicht alleine schaffen muss. Mein Tag ist manchmal so vollgestopft, dass es mir eben guttut, zu wissen, dass ich dabei nicht alleine bin.
Probieren Sie es doch mal aus. Die Liedauswahl ist natürlich ganz Ihnen überlassen.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=41299SWR4 Abendgedanken
Rassel, Fläschchen und ein Schnuller … wären das nicht die viel passenderen Geschenke für ein Neugeborenes gewesen? Also passender als Gold, Weihrauch und Myrrhe – heute ist der 6. Januar – Dreikönigstag.“
Ob es nun Könige waren oder so etwas wie gelehrte Leute – Sterndeuter aus dem „Morgenland“. In der Bibel steht, dass sie aus fernen Ländern gekommen sind, um das neugeborene Jesuskind zu finden. Ein Stern, ein himmlisches Zeichen hatte sie geführt bis nach Bethlehem.
Dort haben Sie das Neugeborene in einem Stall gefunden und haben genau diesem Kind ihre drei Geschenke mitgebracht: Gold, Weihrauch und Myrrhe. Drei Geschenke, die zu der damaligen Zeit sehr symbolisch waren. Und für die es auch im Laufe der Zeit ganz verschiedene Deutungen gegeben hat: Gold, das Geschenk für einen von Gott geschickten König. Myrrhe – eine Heilpflanze, ein Geschenk für einen Arzt. Und Weihrauch, das Geschenk für einen Priester.
Auf jeden Fall königliche Geschenke für einen besonderen König. Andere hätten vielleicht wirklich Rassel, Fläschchen und Schnuller mitgebracht, aber diese drei wussten es besser.
Sie haben es irgendwie verstanden, dass dieses kleine Kind, etwas ganz Besonderes war. Und ich kann mir vorstellen, dass sie froh waren, dass sie es überhaupt bis zum Jesuskind geschafft haben. Denn das war sicher nicht selbstverständlich. Sie waren ja „Ausländer“ aus fernen und fremden Ländern. Aber sie durften kommen.
Genauso wie die einfachen Hirten, die vor ihnen beim Jesuskind gewesen sind. Das waren die ärmsten der Armen zur damaligen Zeit. Ihnen sind die Engel erschienen und haben sie zu dem Stall geschickt. Für mich bedeutet der Dreikönigstag, dass Gott für alle Menschen Mensch geworden ist. Dass er nicht nur für die reichen, weißen Mitteleuropäer Mensch geworden ist, sondern für alle Menschen. Nicht nur für die, die es sich leisten können, sondern für alle Menschen. Egal, was jemand beruflich macht. Egal, was für eine Hautfarbe jemand hat. Egal, wo jemand herkommt. Egal, was jemand bisher gemacht hat.
Gott ist Mensch geworden, um uns allen nahe zu sein.
Deshalb freue ich mich, wenn ich gerade irgendwo die Sternsinger laufen sehe, weil das da ein bisschen spürbar wird. Sie laufen von Haus zu Haus. Erzählen die Geschichte und lassen ihren Segen da. Christus segne dieses Haus. Auch in diesem noch jungen Jahr 2025.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=41298SWR4 Abendgedanken
Noch vier Tage lang haben wir 2024. Ok vier Tage und ein paar Stunden. Schon wieder ist ein Jahr fast vorbei. Und? Gehören Sie vielleicht zu denen, die sagen: „Gott sei Dank“, „das nächste wird wieder besser“? Oder fühlt es sich eher an nach: „Schon wieder“? Das geht immer so rasend schnell …
In meiner Familie machen wir es so, dass wir uns über die Weihnachtsfeiertage die Zeit nehmen. Und uns überlegen: Was haben wir in diesem Jahr denn alles erlebt? Was war schön? Was nicht so? Was hat uns Kraft gekostet und was hat uns gefreut? Hab ich was Neues erlebt oder gelernt? Und worauf hätte ich auch verzichten können?
Nach dieser Runde sind wir meistens selber erstaunt, was wir in diesem Jahr alles erlebt haben.
Und dann überlegen wir uns natürlich auch, was wir uns für das nächste Jahr vornehmen. Was wir uns wünschen.
Ich muss in dieser Zeit immer wieder an eine Zeile aus einem Lied denken. Da heißt es: „wir gehn dahin und wandern, von einem Jahr zum andern, …“
Paul Gerhardt hat das Lied geschrieben und er beschreibt, was er im 17. Jahrhundert so alltäglich erlebt hat. Krieg, Krankheiten, Einsamkeit – irgendwie alles Sachen, die es auch 2024 noch gibt. Er beschreibt es aber nicht einfach nur. Eigentlich ist es ein großes und langes Gebet. Er bringt das alles vor Gott. Und dann bittet er. Um Frieden und Freude. Um eine Familie für Einsame. Um Ratschläge für alle, die falsch liegen. Dass Menschen gesund werden und dass jemand Trauriges wieder lachen kann.
Gott hat versprochen, dass er immer bei uns sein wird. Genau das haben wir gerade an Weihnachten gefeiert: Gott ist Mensch geworden. Er steht an unserer Seite, lebt unser menschliches Leben. Und er erlebt, wie es ist, wenn man verfolgt wird. Wie Menschen ausgegrenzt werden, wenn sie krank sind. Wie einsam und verzweifelt Menschen sein können. Und auch wie grausam. Aber auch, wie liebevoll wir sein können und wie fröhlich. Gott weiß, wie es ist, zu lachen und zu weinen, zu hoffen und zu bangen.
Deshalb: Ja, wir gehn dahin und wandern von einem Jahr zum andern. Aber Gott hat uns bisher begleitet und er wird uns auch 2025 begleiten. Und: Auch, wenn es im Moment draußen kalt und kahl und manchmal ein bisschen trostlos ist. Irgendwann wird es Frühling werden. Das Leben kehrt wieder zurück in unsere Gärten und unsere Herzen. Und Gott ist mittendrin.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=41257SWR4 Abendgedanken
Morgen ist Heiligabend – und dann: Weihnachten. Jedes Jahr erinnern wir uns an die Geschichte von Maria und Josef. Jedes Jahr sagt irgendein Wirt, dass es keinen Platz in der Herberge mehr gibt. Jedes Jahr überraschen die Engel ein paar Hirten. Und jedes Jahr erscheint der Weihnachtsstern aufs Neue. Entweder mit LED´s oder als Topfpflanze.
Und ich frage mich: Was hat dieses Fest – über 2000 Jahre nach dem ersten Weihnachten – für mich denn noch für eine Bedeutung? Was bedeutet das für mich ganz persönlich? Gott wird Mensch. Gott selbst kommt als kleines Kind auf unsere Welt. Mitten hinein in einen Stall irgendwo im nirgendwo.
Ich glaube, dass es für mich bedeutet, dass ich Gott in meinem Alltag immer mitdenken muss. Immer mit ihm rechnen muss:
Wenn ich im Krippenspiel sehe, wie Maria und Josef auf ihr Kind aufpassen. Wie sie versuchen mit all den Problemen, die sie hatten, irgendwie klarzukommen. Dann heißt das: Gott hat angefangen wie ich. Er wird das Leben kennenlernen, das auch ich lebe. Dann heißt das auch: Ich bin Gott nicht egal. Wir sind Gott nicht egal. Er wollte es selber erleben, wie es ist, Mensch zu sein. Mit allem, was dazugehört.
Genau deshalb ist es das für mich: Gott mitdenken. Egal, was ich mache, was ich sage, oder wo ich auch bin. Gott ist da. Mit dabei. Ich kann mit ihm rechnen.
Für mich ist das fast so, wie wenn ich meine Brille aufsetze. Ohne meine Brille gehe ich nicht aus dem Haus. Morgens, wenn ich aufwache, nehme ich als erstes meine Brille. Selbst, wenn ich nachts mal aufwache, setze ich sie auf. Und genau so stelle ich mir das mit Gott vor. Er gehört zu mir und meinem Leben einfach dazu. Ist ein Teil von mir. Und das ist dann auch wie mit meiner Brille: Ich sehe die Welt anders. Viel klarer und deutlicher. Und vor allem scharf.
Also das ändert meinen Blick auf die Welt. Das macht mich geduldiger mit mir und meinen Kindern. Gnädiger mit den Menschen, die mir so in meinem Alltag begegnen. Vorsichtiger in dem, was ich sage. Dann ist es mir nicht egal, was mit den Menschen um mich herum passiert. Auch, wenn ich manches nicht verstehe.
Und auch für die Hirten und die Könige im Krippenspiel ist es, als würden sie eine Brille aufgesetzt kriegen: sie merken: Gott ist in meinem Leben dabei. Immer.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen Frohe Weihnachten.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=41256SWR4 Abendgedanken
Bis Sonntag ist die Welt noch im Olympia-Fieber. Vor allem natürlich Paris. Davor war es die Fußball-Europameisterschaft. Und ab dem 28. August sind es dann die Paralympics. Eigentlich bin ich jetzt nicht so der riesige Sport-Fan. Aber die Bilder beeindrucken mich doch immer wieder. Wie sich so viele Nationen sportlich begegnen können. So viele Emotionen und jubelnde Menschen. Das fasziniert mich: Dass es Sachen auf unserer Welt gibt, die so viele unterschiedliche Menschen zusammenbringen.
Überall ist die Begeisterung groß – bei Olympia oder auch der EM: Plötzlich gibt es etwas, das uns Menschen verbindet. Christen, Muslime und alle, die an irgendwas oder nichts glauben. Eben alle. Etwas, das alle gemeinsam fröhlich, traurig, hoffnungsvoll und glücklich macht, egal, wo jemand herkommt. Da werden die Probleme, die wir sonst haben, plötzlich ein bisschen kleiner. Zumindest gefühlt.
Wenn ich so darüber nachdenke, dann erinnert mich das an ein Bild aus der Bibel. Eine Zukunftsvision, von der schon Jesus geschwärmt hat – von einer Welt, in der alle Menschen friedlich miteinander auskommen. Friedlich miteinander leben. Das passt wirklich gut zu Olympia, denn Jesus hat damals auch große Begeisterung ausgelöst. Bei ihm ist es natürlich nicht um Kugelstoßen oder Gewichtheben gegangen. Aber darum: Wie unterschiedlichste Menschen friedlich miteinander leben können. Wenn sie sich gegenseitig als das akzeptieren, was sie sind: Alles Menschen. Dass dann alle im Leben weiterkommen können. Wenn man sich traut, über seine eigenen Grenzen hinaus mit Menschen zusammen zu sein, die man sonst vielleicht gemieden hätte.
Jesus hat mit vielen Menschen gefeiert, die „angeblich“ anders waren als er oder seine Freunde. Und im Nachhinein hat sich dann herausgestellt: es sind auch Menschen. Menschen, die viele gemeinsame Gedanken und Wünsche haben. Mir ist klar, dass die Begeisterung oft auch schnell wieder weg ist. Sobald die eigene Mannschaft nicht mehr dabei ist. Oder Olympia dann wieder vorbei ist. Und trotzdem zeigt mir das: Es geht. Mir macht das Mut. Und ich wünsche mir, dass das auch außerhalb von einem sportlichen Großereignis gelingen würde. Dass wir mit vielen fremden Menschen zusammenkommen und dann feststellen: So unterschiedlich sind wir doch eigentlich gar nicht. Irgendwie träumen wir doch alle. Vielleicht von einem sicheren Leben und einem sicheren Arbeitsplatz. Oder davon, einfach zufrieden zu sein. Wenn ein bisschen was von diesem Geist auch nach Olympia noch spürbar bleibt, dann könnten wir wirklich sagen: Dabei sein ist einfach alles.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=40423SWR4 Abendgedanken
Ich liebe es im Sommer abends auf der Terrasse zu sitzen und in den Himmel zu schauen und dabei den Tag Revue passieren zu lassen. Wenn es dann langsam dunkel wird und so nach und nach die ersten Lichtpunkte am Himmel erscheinen und der Mond aufgeht. Mal sieht man ihn fast gar nicht, wie jetzt und mal richtig rund und schön.
„Der Mond ist aufgegangen, die goldnen Sternlein prangen, am Himmel hell und klar …“ . Viele Jahre haben wir dieses Lied unseren Kindern jeden Abend vorgesungen. Irgendwann konnten sie auch fast alle Strophen auswendig. Ich mag dieses Lied einfach.
Geschrieben hat es Matthias Claudius, und für ihn ist die Nacht wie ein Zimmer. Ein Raum der wirklichen Ruhe. Alles, was mich den Tag über beschäftigt oder geärgert hat, hat hier keinen Platz. Ich soll es einfach verschlafen und vergessen.
Das ist allerdings nicht immer so einfach, finde ich. Wie oft liege ich manchmal im Bett und finde keine Ruhe, weil mich an dem Tag irgendwas so beschäftigt hat.
In dem Lied geht es weiter: Seht ihr den Mond dort stehen? Er ist nur halb zu sehen und ist doch rund und schön…“ Genau wie jetzt gerade: Der Mond nimmt zu und ist trotzdem eigentlich immer ganz da. Rund und schön. Und so ist es auch mit anderen Sachen heißt es in dem Lied. Und ich finde, dass da echt was dran ist: Wenn ich abends nur meine Sorgen anschaue, dann sehe ich auch nicht alles von meinem Tag. Dass ich es z.B. endlich mal geschafft habe einen Freund anzurufen, was ich eigentlich schon ewig machen wollte. Oder dass es einfach ein wunderschön sonniger Tag war.
Deshalb habe ich mir das jetzt vorgenommen: Wenn ich abends so über meinen Tag nachdenke, dann will ich es probieren, mit den Dingen anzufangen, die mir gelungen sind. Vielleicht auch einfach mit den Sachen, die mich an dem Tag gefreut haben. Und mich so vorarbeiten Schritt für Schritt.
„So legt euch denn ihr Brüder, in Gottes Namen nieder“ So geht das Lied zu Ende. „In Gottes Namen“ – das soll wohl heißen: Von Gott getragen. Daran denken, dass er da ist. Vielleicht beten und im Gebet irgendwie loslassen, was einem Sorgen macht. Vielleicht einfach beides in einem Gebet Gott erzählen. Das, was schön war und das, was mich beschäftigt. Beides gehört zu einem Tag dazu – auch, wenn vielleicht nicht jeden Tag alles zu sehen ist. Eben wie beim Mond.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=40422SWR4 Abendgedanken
Manchmal kann ich im Moment nur mit dem Kopf schütteln. Als wären die vielen Krisen auf der Welt nicht schon genug. Jetzt habe ich in der Nachbarschaft auch noch mitbekommen, wer alles mit einer schweren Krankheit zu kämpfen hat. Dann muss ich den Partner eines Gemeindeglieds beerdigen, der viel zu früh gestorben ist. Was für ein Schicksalsschlag für die Familie, die Freunde. Und dann noch der Blick auf mein Handy. Wenn ich auf Facebook oder Instagramm wieder einmal über die Hasskommentare stolpere: Über Ausländer oder Inländer, Politiker oder Promis, über Eltern, die ihre Kinder nicht richtig erziehen.
Das alles zusammen lässt mich sprachlos zurück – ohne Sprache, ohne Worte. In diesen Momenten bin ich dann froh, dass ich die Worte nicht immer selber finden muss. Denn, wenn ich sprachlos bin, kann ich mir eine Sprache leihen. Wörter leihen, die dann vielleicht trösten können. Oder zumindest zeigen können, dass es weitergeht.
Diese Sprache finde ich dann in den Gebeten und Liedern der Bibel. Zum Beispiel im „Vater unser“. Es ist ein Gebet, in dem ganz viel Vertrauen steckt. Es ist das Gebet eines Kindes zu seinem Vater. Zu einem Vater im allerbesten Sinn. Der für seine Kinder alles tun würde.
Ich finde, dass in diesen Worten eigentlich alles drinsteckt. Das, was mich sprachlos macht und das, was mir trotzdem Hoffnung gibt. „Erlöse uns von dem Bösen“ heißt es da z.B. Das wünsche ich mir wirklich. Dass Kriege, Gewalt und der Terror irgendwann aufhören. Vor allem, dass es nicht immer schlimmer und schlimmer wird. Das wünsche ich allen kranken Menschen. Dass sie nicht leiden müssen und Hoffnung haben.
Da heißt es aber auch: „vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern…“. Da steckt Hoffnung drin und Neuanfang. Die Möglichkeit aufeinander zuzugehen und all die unschönen Dinge auf unserer Welt zu überwinden.
Und in dem Gebet heißt es auch: „Dein Reich komme, dein Wille geschehe …“.
Das heißt für mich: Ich kann auf Gott vertrauen. Ich bin nicht allein, denn Gott möchte uns heil machen. Er will es gut machen. Und so können wir gemeinsam dazu beitragen, dass sein Wille geschehe.
Ich bin noch nicht bereit aufzugeben. Ich glaube, dass es auch bessere Zeiten geben kann. Gott ist da und er meint es gut mit mir und den Menschen. Das macht mir Mut und leiht mir Worte der Hoffnung, wenn ich selber keine habe.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=40421Zeige Beiträge 1 bis 10 von 274 »