SWR4 Abendgedanken

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08FEB2024
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Ich sage nur Kinderfasching. Ich war heute, am Schmotzigen Do’schtig, in der Schule. Und da sind lauter Piraten, Feuerwehrleute, Superhelden, Prinzessinnen und jede Menge Einhörner um mich rumgewuselt. An Unterricht war natürlich kaum zu denken.

Normalerweise bin ich für solche Verkleidungen ja nicht so zu haben. Aber sogar ich hatte heute eine pinkfarbenene Piranha-Mütze auf dem Kopf. Heute verwandle ich mich vom Reli-Lehrer zum Piranha.

Wenn ich so darüber nachdenke – fällt mir auf, dass ich das ja eigentlich jeden Tag mache. Also nicht mit der Piranha-Mütze auf dem Kopf.

Aber: in meinem Alltag verwandle ich mich auch ständig in jemand anderen. Ich verwandle mich vom Ehemann, der morgens aus dem Haus geht zum Lehrer für meine Schüler. Dann bin ich Kollege in der Schule, dann Pfarrer, Organisator, Freund, Sohn und dann wieder Ehemann und Papa. Und selbst als Papa: Als unsere Kinder noch kleiner waren, war ich natürlich auch Feuerwehrmann, Piratenkapitän oder ein furchteinflößendes Krokodil. Heute bin ich für meine Kinder eher Nachhilfelehrer, Chauffeur und vor allem dann wichtig, wenn man mehr Handyzeit braucht.

Ob ich das gerade wirklich will, oder nicht, kann ich mir nicht immer aussuchen. Manchmal lächle ich, auch wenn mir gar nicht danach zu Mute ist.

Und natürlich hole ich meine Kinder von der Schule ab, wenn ich da bin und sie den Bus verpasst haben. Das gehört einfach irgendwie dazu. Das schöne dabei ist – und das muss ich mir selber immer wieder klarmachen: Egal wer ich gerade bin – ich bin doch immer ich.

In einem Lied, das ich auch in der Schule gerne singe, heißt es: „Du bist gewollt, kein Kind des Zufalls. Keine Laune der Natur. Du bist ein Gedanke Gottes – ein genialer noch dazu. Du bist Du“.

Mir gefällt dieses Lied, weil es mich nicht festlegt. Kein anderer füllt alle meine Rollen genau so aus, wie ich. Mit allem, was ich dabei gerne mache. Und mit allem, was ich vielleicht auch zähneknirschend mache.

Und das, was ich sonst nicht bin – das kann ich mir ja dann als Faschingskostüm aussuchen. Da kann ich dann ein Superheld sein – oder cool und lässig wie James Bond.

So kann ich das auch genießen, mal für ein paar Stunden jemand anderes zu sein. Und trotzdem freue ich mich, wenn ich das Kostüm wieder ausziehen kann. Um dann vielleicht neu festzustellen: Ich bin auch einfach gut so, wie ich bin. So wie mich Gott gedacht hat.

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