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SWR4 Abendgedanken

16MAI2025
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Manchmal fahre ich mit dem Fahrrad in die Stadt. Bei uns gibt es einen schönen Weg, auf dem auch viele zu Fuß unterwegs sind. Und es gibt auf diesem Weg ganz viele Bänke. Und da ist eigentlich immer was los. An manchen Bänken wird gelacht und getratscht. An manchen schauen sich zwei Menschen romantisch in die Augen – küssen sich vielleicht. An manchen wird heftig diskutiert oder sogar gestritten. An manchen Bänken wir auch geweint oder jemand getröstet. Und manche sitzen ganz allein da und genießen oder grübeln.

In der Bibel heißt es einmal: „Schenke mir, Herr, ein hörendes Herz.“  Und wenn ich da so an dieser ganzen „Gefühlsbandbreite“ vorbeiradle, dann ist das so ein Moment, wo ich denke: Jetzt gerade ist mir ein hörendes Herz geschenkt. Weil ich sehe und spüre, wie es den Menschen auf ihrer Bank gerade geht.  „Schenke mir, Herr, ein hörendes Herz“. König Salomo hat das in der Bibel gesagt. Damit er ein guter und gerechter König sein kann.

Ich glaube, dass ich gerade an diesen Satz denken muss, weil mir da auf dem Fahrrad bewusst wird: Hoffentlich schenkt mir Gott auch dann ein hörendes Herz, wenn ich nicht auf dem Rad unterwegs bin. Sondern Menschen ganz direkt begegne. Denn sicher kriege ich das nicht immer mit, dass es ihnen gerade nicht so gut geht. Dass sie traurig sind. Liebeskummer haben oder gerade frisch verliebt sind. Klar, das erzählt man ja auch nicht direkt jedem, dem man begegnet. Und schon gar nicht, wenn man sich überhaupt nicht kennt.

„Schenke mir, Herr, ein hörendes Herz.“ Ich denke, mit dem Gebet aus der Bibel auf den Lippen werde ich ein bisschen aufmerksamer. Höre ich besser hin. Und nehme mir vielleicht auch mehr Zeit für die Menschen, die mir so in meinem Alltag begegnen. zu helfen, wo ich gebraucht werde. Den Mund aufzumachen, wo ich einfach was sagen muss. Mich für die stark zu machen, die sonst niemanden haben.

Ich glaube, was ich auf diesem Fahrradweg gelernt habe, ist, dass es vermutlich keinen Menschen auf unserer Welt gibt, den nicht irgendwas beschäftigt. Es gibt so viele Dinge über die man sich Sorgen machen kann. Über die man sich aber auch freuen kann. Von daher ist es gut, wenn auch das Herz immer Mal wieder ein bisschen mithört.

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SWR4 Abendgedanken

15MAI2025
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Neulich stand ich auf dem Heimweg an der Ampel und musste warten. Dabei habe ich ein paar Kinder gesehen, die versucht haben – vor allem LKWs – im Vorbeifahren zum Hupen zu bewegen. Die einen haben gewunken und die anderen haben wie wild auf die Hupe eines nicht vorhandenen Lenkrads gedrückt. Und ein LKW hat dann tatsächlich auch gehupt. Die Kinder haben gejubelt vor Freude. Das hat auch mich gefreut.

Beim Weiterfahren musste ich an einen Satz aus einem Buch denken, das ich gerade gelesen habe. Man kann Gott „in allen Dingen suchen, im Sprechen, im Gehen, Sehen, Schmecken, Hören, Denken, überhaupt in allem, was wir tun“. Das ist das Motto eines Klosterordens – der heutigen Jesuiten. Diese Haltung, dass man Gott in allen Dingen suchen und finden kann. Finde ich mega spannend: Wo kann ich in meinem Alltag Gott finden? Und ich glaube: als dieser LKW gehupt hat – genau in diesem Moment habe ich Gott gefunden.

In dem Lachen und der Freude der Kinder war Gott. Ich vermute Mal, dass sich auch der LKW-Fahrer irgendwie gefreut hat. Auch darin war Gott.

Die Menschen, die in der Bibel die Psalmen geschrieben haben. Die konnten sich das vermutlich gar nicht anders vorstellen. Sie waren sich sicher, dass alles im Leben mit Gott zu tun hat. Deshalb haben sie auch alles in diese Lieder gelegt, was sie beschäftigt hat. Ihren Dank, die Angst, die Freude. Einfach alles.

„Ich danke dir dafür, dass ich wunderbar gemacht bin; wunderbar sind deine Werke; das erkennt meine Seele.“  Das ist so ein Gedanke. Wenn ich das auch ernst nehmen würde, dann würde ich Gott im Prinzip schon bei jedem Blick in den Spiegel finden.

Bei schönen Dingen ist das natürlich auch einfacher. Aber gilt das auch dann, wenn im Leben alles schiefgeht? Wenn ich mich einsam fühle? Angst habe oder die Hoffnung verloren habe? Ich denke auch da kann ich Gott finden. Aber es ist eben schwieriger. Weil mein Blick verstellt ist, von Tränen, von Angst, von Wut. Dann brauch ich manchmal auch Hilfe Gott darin zu finden. Dann brauch ich jemanden, der mich aufmerksam macht und mir zeigt: Gott lässt mich nicht allein.

Ich glaube, wenn ich versuche in allem, was mir jeden Tag so begegnet, Gott zu suchen. Dann macht mich das aufmerksamer. Weil ich viel mehr auf alles achte. Mit welchen Menschen ich es jeden Tag zu tun habe. Wie schön gerade alles blüht und alles grün ist. Oder, wenn die Hupe eines Lastwagens Kindern eine Freude bereitet.

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SWR4 Abendgedanken

14MAI2025
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Wenn ich mir gerade so unsere Welt anschaue, dann macht mich das schon immer wieder sehr nachdenklich. Wie gehen wir eigentlich miteinander um? Irgendwie regiert doch immer noch Macht und Geld die Welt. Und auch so habe ich das Gefühl, dass unser Umgangston rauer wird. Dabei könnte es doch eigentlich so einfach sein …

Was Du nicht willst, was man Dir tu … – richtig: das füg´ auch keinem andern zu. Dieses Sprichwort kennen wir vermutlich alle. Es ist die „Goldene Regel“ – wie Menschen miteinander umgehen sollten.

Und es leuchtet ja auch ein: Wenn ich nicht will, dass ich eine Ohrfeige bekomme, dann ohrfeige ich auch niemanden. Und, wenn ich nicht will, dass man mir was klaut, dann klaue ich auch nichts. Eigentlich ganz einfach.

Ja eigentlich. Und trotzdem funktioniert es nicht – jedenfalls nicht immer. Vielleicht, weil diese einfache Regel was mit Angst zu tun hat: Ich habe Angst, dass mich jemand schlägt – also schlage ich auch niemanden. Ich finde, das klingt sehr negativ. Und: Angst ist in meinen Augen keine gute Ratgeberin, wenn es darum geht, wie ich mich richtig verhalten soll.

Diese einfache Regel gibt es auch in der Bibel – nur genau andersrum, mit einer anderen Perspektive: Genau so, wie ihr behandelt werden wollt, behandelt auch die anderen!  Jesus hat das gesagt. In einer ganzen Reihe von anderen Regeln, die er wichtig findet, damit Menschen gut miteinander leben können.

Und mit dieser veränderten Perspektive gefällt mir diese Regel viel besser. Genauso, wie ihr behandelt werden wollt, behandelt auch die anderen! Das ist positiv. Ich kann mir überlegen, was ich gerne möchte – und das kann und soll ich dann auch für meine Mitmenschen tun.

Dass ich z.B. bei ganz alltäglichen Sachen freundlich bleibe. Oder bei einem Stau an einer Kreuzung ein anderes Auto ganz bewusst reinfahren lasse. Oder vielleicht, wie ich jemandem sage, dass er einen Fehler gemacht hat. Nicht zur Schnecke machen. Sondern ruhig und sachlich gemeinsam nach einer Lösung suchen.

In der goldenen Regel geht es um mich und wie ich mich verhalten soll. Aber: in der ersten Fassung geht es um meine Angst und das zweite Mal darum, was mir und den anderen guttut. Ich kann wirklich was dafür tun. Ich kann positiv aktiv werden. Und vor allem: Ich denke damit nicht nur an mich selbst. Sondern habe auch die Menschen um mich herum im Blick. Und davon kann es in unserer Welt im Moment nicht genug geben.

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SWR4 Abendgedanken

13MAI2025
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Ostern ist jetzt gerade so ziemlich genau einen Monat her. Und in zwei Wochen feiern wir dann Himmelfahrt: Jesus, der an Ostern von den Toten auferstanden ist, fährt auf zu seinem Vater in sein himmlisches Reich.  Deshalb hat mich neulich bei einem Besuch jemand gefragt:

„Was hat Jesus eigentlich zwischen Ostern und Himmelfahrt gemacht?“ Gute Frage, oder? Die Bibel beantwortet sie so: „40 Tage lang erschien er seinen Freunden und sprach zu ihnen über das Reich Gottes.“

Seine Freunde haben ihn gesehen und gehört. Also auch noch Wochen nach seinem Tod am Karfreitag. Und nachdem sie an Ostern erlebt haben, dass er wieder lebt. Immer wieder war er dabei, wenn sie sich getroffen haben. Er ist auferstanden, haben sie deshalb gesagt. Er lebt.

Wie das möglich war? Ich weiß es nicht. Ich weiß nur: Sie hatten ein ganz enges Verhältnis, Jesus und seine Freunde. Und das konnten sie nochmal ganz besonders erleben in ihrem Alltag nach Ostern.

Immerhin waren sie drei Jahre lang mit Jesus unterwegs gewesen. Für ihn hatten sie alles stehen und liegen lassen.  Er hatte ihnen von Gott erzählt. Bei ihm haben sie Wunder gesehen – Er hat Menschen geheilt, einen Sturm gestillt, hat mit dem bisschen, was sie hatten, ganz viele Menschen sattbekommen. Das muss für seine Freunde doch ein Höhenflug gewesen sein.

Aber dann, dieses Ende. Ihr Lehrer und Freund gekreuzigt. Gestorben und begraben. Alles plötzlich vorbei. Nach diesem Höhenflug der tiefe Fall. Plötzlich waren seine Freunde unsicher. Hatten Angst um ihr eigenes Leben.

Und dann kam Ostern. Und die Freunde haben noch einmal eine intensive gemeinsame Zeit erleben dürfen. Sie konnten noch einmal verdauen, was alles geschehen war. Und sie haben erlebt: Er ist noch immer bei uns. Wo wir auch sind, was wir auch tun – er ist dabei. Vor allem, wenn wir zusammen sind und zusammenhalten – dann ist er mit dabei. Sie haben damals erlebt: Ja tatsächlich. Jesus lebt.

Jetzt hatten sie wieder Hoffnung. Jetzt war doch wieder alles gut für sie.
„40 Tage lang erschien er ihnen und sprach mit ihnen über das Reich Gottes.“ So ist deutlich geworden: Es ist kein Gerücht. Jesus ist auferstanden. Und man kann seine Nähe spüren. Und ich glaube, das gilt bis heute.

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SWR4 Abendgedanken

12MAI2025
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Wenn man mit dem Hund unterwegs ist, dann findet man immer mal wieder ganz unterschiedliche Dinge:

Einen unglaublich spannenden Ameisenhaufen. Eine weggeworfene Fastfood-Tüte, in der dann fast der halbe Hund verschwindet. Verlorenes Spielzeug von anderen Hunden. Und manchmal auch Steine.

Kurz nach Ostern haben wir tatsächlich einen ganz besonderen Stein gefunden: Der war bemalt und es stand darauf geschrieben: Der Herr ist wahrhaftig auferstanden.

Keine Ahnung, wer den da hingelegt hat. Oder, wer ihn bemalt hat – vielleicht irgendeine Aktion mit Kindern bei einem Ostergottesdienst. Aber da lag er: am Rand des Waldwegs, auf dem wir gerade unterwegs waren. Er war plötzlich mittendrin in meinem Alltag. War einfach da auf meinem Weg von A nach B.

Wir laufen eigentlich ziemlich oft auf diesem Weg. Aber plötzlich war da dieser Stein – und genauso plötzlich hat sich meine Stimmung geändert. Einen Monat nach Ostern war ich mittlerweile wieder völlig in meinen Alltag gerutscht: Morgens mit dem Hund raus, dann die Kinder zur Schule schicken oder selber in die Schule gehen für die nächste Reli-Stunde. Derselbe Trott eben wie immer. Und den hat der schöne Stein auf meinem Weg durchbrochen. Das Gefühl von Ostern war wieder da: die Leichtigkeit – die Freude – die Zuversicht: Der Herr ist wahrhaftig auferstanden…

Vielleicht hat mich deshalb dieser Stein so angesprochen. Weil mir da mitten in meinem Alltag so ganz ohne Vorwarnung, diese Osterbotschaft begegnet ist. Und das hat mich in diesem Moment ein Stück weit verändert.

Und vielleicht ist es genau das für mich: Ostern verändert meinen Blick auf die Welt.

Dabei geht es gar nicht um so große Wundergeschichten, wie sie in der Bibel stehen. Es braucht auch keine Himmelsleiter, auf denen die Engel auf- und abklettern.

Nein das ist: wenn ich mit diesem Osterblick ganz alltägliche Begegnungen anschaue. Wenn ein Mensch ganz selbstverständlich einem anderen hilft. Ohne einander zu kennen – einfach so. Wo sich zwei Menschen nach einem Streit die Hände geben. Oder man sich an der Natur erfreuen kann. Ich glaube, das kann ganz vieles sein. Auch in Ihrem Alltag. Wenn ich das mit meinem Osterblick sehe, dann fängt darin an etwas zu strahlen und zu leuchten.

Denn Ostern ist immer dann, wenn irgendwie Hoffnung entsteht. Sich eine Tür auftut oder was Neues beginnt. Und das aber nicht nur einmal im Jahr.

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SWR4 Abendgedanken

10JAN2025
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Es gibt in meinem Alltag immer wieder Begegnungen und Gespräche, die mich ganz schön nachdenkliche machen. Neulich hat mich eine Frau gefragt: „Was bleibt denn noch, wenn einem nichts mehr bleibt?“ Sie ist Mitte sechzig und schwer an Krebs erkrankt – das zweite Mal schon. Am Anfang habe ich die Frage nicht richtig verstanden. Dann hat sie mir erklärt, was sie gemeint hat. Sie kann kaum noch was essen, nicht mehr richtig laufen. Alles ist mühsam geworden. Sätze wie „genieß die Zeit, die Du noch hast“ klingen in ihren Ohren wie Hohn.

„Was bleibt denn noch, wenn einem nichts mehr bleibt?“ Das hat mich wirklich zum Nachdenken gebracht.

In der Bibel gibt es die Geschichte von Hiob.  Ihm ist auch nichts mehr geblieben. Er hat die berüchtigten „Hiobs-Botschaften“ erhalten und alles verloren. Sein Haus, seinen Reichtum, seine Kinder und am Ende wurde er auch noch schwer krank. Hiob war ein frommer Mann. Am Anfang hat er sogar noch versucht, einen Sinn in seinem Schicksal zu erkennen. Aber dann war irgendwann der Punkt erreicht, wo ihm wirklich nichts mehr geblieben ist. Da ist ihm der Kragen geplatzt. Und er hat Gott sogar die Schuld dafür gegeben. Und er hat ihm nicht nur sein Leid geklagt – Nein er hat ihm die Ungerechtigkeit entgegengeschrien.

Das kommt in der Bibel immer wieder vor, dass Menschen Gott anklagen, wenn ihnen nichts mehr bleibt. Und vielleicht ist das auch wirklich das Einzige, was man tun kann, wenn einem nichts mehr bleibt. Gott anzuklagen. Ihm, wie dieser Hiob, alles an den Kopf zu werfen, was einem in so einer Situation in den Sinn kommt. Ihm zu sagen, dass es ungerecht ist. Dass ich das nicht verdient habe. Dass ich doch noch so viel vorhatte.

Deshalb war ich dann ein paar Tage später noch einmal bei der Frau und wir haben das gemeinsam probiert. Sie hat Gott alles an den Kopf geworfen, was ihr in dem Moment eingefallen ist. Ich hatte das Gefühl, dass es ihr danach ein bisschen besser gegangen ist. Nicht, weil sie plötzlich nicht mehr krank war, oder ihre Lage weniger trostlos. Auch nicht, weil sie Antworten auf ihre Fragen bekommen hätte. Sondern weil sie ihre Wut wenigstens jemand sagen konnte. Gott schimpfen konnte. Anstatt mit dem Gefühl allein zu bleiben, dass ihr Schicksal Gott und der Welt egal wären.

Auch wenn man das Gefühl hat, dass einem nichts mehr bleibt. Gott bleibt. Immer.

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SWR4 Abendgedanken

09JAN2025
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Wo wohnt eigentlich Gott? Klar, ich bin überzeugt davon, dass Gott überall zu finden ist. Für ihn gibt es keine Grenzen. Aber in der Bibel steht trotzdem auch immer wieder etwas von den „Wohnungen bei Gott“ oder vom „Haus Gottes“. Auch in dem vermutlich bekanntesten Gebet in der Bibel. Dem Psalm 23. „Der Herr ist mein Hirte …“ so fängt der an. Und am Ende heißt es da: „Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang und ich werde bleiben im Haus des Herrn immerdar.“ Wo ist das denn jetzt? Vielleicht auch: Wo ist Gott zu Hause?

Kirchen werden ja oft als Gotteshäuser bezeichnet. Und tatsächlich fühle ich mich Gott in einer Kirche besonders nahe. Vor allem dann, wenn ich zusammen mit anderen z.B. Gottesdienst feiere. Aber als der Psalm 23 geschrieben worden ist, da gab es unsere Kirchen noch gar nicht. Wo also wohnt Gott denn nun?

Ich denke, das alte Gebet selbst bringt mich auf die richtige Spur. Denn darin heißt es „Gott, der Herr ist mein Hirte“ – also bin ich wie ein Schaf in seiner Herde. Gott und ich, wir sind gemeinsam unterwegs. Wir leben zusammen, egal, wo wir gerade sind – um einen konkreten Ort oder ein bestimmtes Haus geht es also gar nicht.

Im Gebet beschreibt das Schaf, wie gut sich der Hirte um es kümmert. Nur die besten Weiden zeigt. Schaut, dass immer frisches Wasser in der Nähe ist. Aufpasst, dass keine Gefahren drohen. Der es nicht alleine lässt, wenn es irgendwo dunkel und unheimlich ist. Der einfach in allem nur das Beste für die Schafe möchte.

Das Bild vom Schaf ist heute vielleicht ein bisschen aus der Zeit gefallen. Es klingt, als sollte man alles wie ein Schaf über sich ergehen lassen. Aber ich bin mir sicher, so ist es nicht gemeint. Es geht darum, dass Gott mich begleitet, und mir hilft, meinen eigenen Weg im Leben zu finden. Bei ihm habe ich ein sicheres „zu Hause“. Und das ist nicht an einem bestimmten Ort oder in einem bestimmten Raum.

Mit „zu Hause“ verbinde ich auch Geborgenheit. Das ist da, wo ich mich wohlfühle. Da, wo ich so sein kann, wie ich bin. Und das ist da, wo Gott ist. Überall. Und das finde ich toll. Weil Gott für mich damit zu einem zu Hause to go wird. 

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SWR4 Abendgedanken

08JAN2025
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Unsere Welt macht mir gerade manchmal echt Sorgen. Da geht’s mir sicher wie vielen, und ich frage mich: Was ist denn gerade eigentlich los?

Die Nachrichten sind voller Krieg und Gewalt, Despoten kleben an der Macht, Millionen sind auf der Flucht. Viele versuchen zu helfen, aber viele ducken sich auch lieber weg, sind einfach überfordert. Das macht vielen Menschen Angst. Mir manchmal auch.

Auf der anderen Seite geht es immer nur ums Geld – darum, dass die Wirtschaft angekurbelt werden muss. Und das bald um jeden Preis. Ich frage mich schon manchmal, wo das alles hinführt.

Nein – ich bin kein Zukunftspessimist. Und trotzdem mache ich mir manchmal Sorgen. Jesus hat das mal auf den Punkt gebracht. Er hat zu seinen Freunden gesagt: „In der Welt habt Ihr Angst – aber seid getrost ich habe sie längst überwunden.“

Ich glaube, dass Jesus dieses sorgenvolle Gefühl damals auch ziemlich gut gekannt hat. Die politische Situation zu seiner Zeit war auch alles andere als stabil. Die Römer hatten das Land besetzt. Und die Angst vor der Zukunft war ganz alltäglich. Kranke Menschen mussten betteln gehen. Witwen und Waisen hatten alleine kaum eine Chance zu überleben.

Riesige Sorgen um die Zukunft – damals schon und heute auch. Und ich denke, das Gefühl ist dasselbe: Unsere Welt ist nicht perfekt. Überhaupt nicht.

Aber gerade deshalb macht Jesus deutlich. Es gibt mehr. Es kommt noch was. Es gibt Hoffnung. „In der Welt habt Ihr Angst – aber seid getrost ich habe sie längst überwunden.“

Jesus sieht, was mir in der Welt alles Angst macht. Und dann sagt er: „Ich habe die Welt überwunden.“ Ich habe mir schon oft überlegt, was das eigentlich für mich heißt. Denn er meint sicher nicht: „Alles wird gut“. Das wäre mir zu wenig. Auch, dass vielleicht nach dieser Welt, irgendwann im Himmel, alles besser werden wird, ist mir zu wenig.

Ich glaube, dass Jesus mir einen anderen Blick auf die Welt eröffnen wollte. Es gibt mehr als das, was ich um mich herum sehe. Eine Zukunft, trotz der übergroßen Sorgen, mit denen ich lebe. Mit diesem neuen Blick über die Grenzen „dieser“ Welt hinaus hilft mir Jesus, dass ich mich nicht verkrieche. Sondern mein Leben gestalte. Verantwortung übernehme.

Ja. Manchmal mache ich mir Sorgen. Aber sie lähmen mich nicht, weil ich weiß: da gibt es noch mehr.

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SWR4 Abendgedanken

07JAN2025
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„Danke für diesen guten Morgen, danke für jeden neuen Tag. Danke, dass ich all meine Sorgen auf dich werfen mag …“ . Diese Liedzeile hängt jetzt seit genau drei Wochen ausgedruckt neben meinem Bett. Damit ist sie so ziemlich das Erste, was ich morgens sehe, wenn ich aufstehe. Wie es dazu gekommen ist?

Ich war eben vor drei Wochen bei einem Seminar, wo es um Musik und ums Singen ging. Und, wie sich das auf meinen Alltag auswirken kann.

Um ins Thema reinzukommen haben wir uns in der Seminarrunde gefragt: Wie starten wir eigentlich in unseren Tag? Es hat sich schnell rausgestellt, dass das bei den meisten relativ ähnlich ist: Aufstehen, Toilette, Badezimmer und mit der Zahnbürste in der Hand auf dem Handy Nachrichten lesen und einen ersten Blick in die Mails werfen.

Lustigerweise ging es da auch den meisten ganz ähnlich, dass man eigentlich am liebsten direkt wieder ins Bett gehen würde. Schlechte Nachrichten aus der Welt. Und zu viele Mails. Alle wollen was von mir.

Der Tipp unseres Seminarleiters, um besser in den Tag zu starten:  Sucht Euch ein Lied, das Euch gute Laune macht. Lasst Euch davon wecken oder hängt es Euch nebens Bett. Nehmt diesen Ohrwurm mit zur Kaffeemaschine. Und dann holt erst das Handy raus.

Genau das habe ich probiert. Und, was soll ich sagen, ich finde es ganz erstaunlich, was das mit mir macht.

Mein Tag startet seitdem mit diesem Lied. „Danke für diesen guten Morgen, danke für jeden neuen Tag. Danke, dass ich all meine Sorgen auf dich werfen mag …“.

Das wirklich zu singen, das wäre mir dann vermutlich doch zu früh. Aber ich kann es lesen. Und es ist ein kleines Gebet. Ein Danke an Gott. Dazu kommt dann noch eine Tasse Kaffee. Und dann erst greife ich zum Handy.

Das ist ja wirklich nur was ganz Kleines. Aber irgendwie fühlt es sich morgens so besser an. Und es macht meine Laune definitiv besser. Weil ich mir von Anfang an klarmache. Dass es auch an diesem Morgen schon ganz viel gibt, für das ich Danke sagen kann. Und auch dass alles, was danach kommt, ich nicht alleine schaffen muss. Mein Tag ist manchmal so vollgestopft, dass es mir eben guttut, zu wissen, dass ich dabei nicht alleine bin.

Probieren Sie es doch mal aus. Die Liedauswahl ist natürlich ganz Ihnen überlassen.

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SWR4 Abendgedanken

06JAN2025
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Rassel, Fläschchen und ein Schnuller … wären das nicht die viel passenderen Geschenke für ein Neugeborenes gewesen? Also passender als Gold, Weihrauch und Myrrhe – heute ist der 6. Januar – Dreikönigstag.“

Ob es nun Könige waren oder so etwas wie gelehrte Leute – Sterndeuter aus dem „Morgenland“. In der Bibel steht, dass sie aus fernen Ländern gekommen sind, um das neugeborene Jesuskind zu finden. Ein Stern, ein himmlisches Zeichen hatte sie geführt bis nach Bethlehem.

Dort haben Sie das Neugeborene in einem Stall gefunden und haben genau diesem Kind ihre drei Geschenke mitgebracht: Gold, Weihrauch und Myrrhe. Drei Geschenke, die zu der damaligen Zeit sehr symbolisch waren. Und für die es auch im Laufe der Zeit ganz verschiedene Deutungen gegeben hat: Gold, das Geschenk für einen von Gott geschickten König. Myrrhe – eine Heilpflanze, ein Geschenk für einen Arzt. Und Weihrauch, das Geschenk für einen Priester.

Auf jeden Fall königliche Geschenke für einen besonderen König. Andere hätten vielleicht wirklich Rassel, Fläschchen und Schnuller mitgebracht, aber diese drei wussten es besser.

Sie haben es irgendwie verstanden, dass dieses kleine Kind, etwas ganz Besonderes war. Und ich kann mir vorstellen, dass sie froh waren, dass sie es überhaupt bis zum Jesuskind geschafft haben. Denn das war sicher nicht selbstverständlich. Sie waren ja „Ausländer“ aus fernen und fremden Ländern. Aber sie durften kommen.

Genauso wie die einfachen Hirten, die vor ihnen beim Jesuskind gewesen sind. Das waren die ärmsten der Armen zur damaligen Zeit. Ihnen sind die Engel erschienen und haben sie zu dem Stall geschickt. Für mich bedeutet der Dreikönigstag, dass Gott für alle Menschen Mensch geworden ist. Dass er nicht nur für die reichen, weißen Mitteleuropäer Mensch geworden ist, sondern für alle Menschen. Nicht nur für die, die es sich leisten können, sondern für alle Menschen. Egal, was jemand beruflich macht. Egal, was für eine Hautfarbe jemand hat. Egal, wo jemand herkommt. Egal, was jemand bisher gemacht hat.

Gott ist Mensch geworden, um uns allen nahe zu sein.

Deshalb freue ich mich, wenn ich gerade irgendwo die Sternsinger laufen sehe, weil das da ein bisschen spürbar wird. Sie laufen von Haus zu Haus. Erzählen die Geschichte und lassen ihren Segen da. Christus segne dieses Haus. Auch in diesem noch jungen Jahr 2025.

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