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05JAN2025
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War er nun eher ein Dichter oder ein Musiker? Diese Frage hat Peter Cornelius ein Leben lang begleitet.
Mit dem Lied „Drei Könige wandern aus Morgenland“ hat Cornelius aber bewiesen, dass er beides beherrschte: das Dichten und das Komponieren.
Im Lied berührt mich seine im Pietismus beheimatete Herzensfrömmigkeit. Und besonders, wie sich Cornelius selbst in die biblische Geschichte von den heiligen drei Königen hineinbegibt. So als geschähe sie heute.

Drei Könige wandern aus Morgenland,
Ein Sternlein führt sie zum Jordanstrand,
In Juda fragen und forschen die drei,
Wo der neugeborene König sei.
Sie wollen Weihrauch, Myrrhen und Gold
Zum Opfer weihen dem Kindlein hold.

Kunstvoll ist das Lied mit einem viel älteren Choral verwoben. Während uns die Männerstimme die Geschichte von den Königen erzählt, singt der Chor dazu den Choral „Wie schön leuchtet der Morgenstern“ von Philipp Nicolai aus dem Jahr 1597.

Und hell erglänzt des Sternes Schein,
Zum Stalle gehen die Könige ein,
Das Knäblein schauen sie wonniglich,
Anbetend neigen die Könige sich,
Sie bringen Weihrauch, Myrrhen und Gold
Zum Opfer dar dem Knäblein hold.

Wir heute sind auch unterwegs - zu unterschiedlichsten Zielen. Und manchmal weiß ich dabei nicht so recht, wohin es gehen soll. Und ob die Richtung stimmt.
Dann bietet mir die Geschichte und das Lied von den heiligen drei Königen eine hilfreiche Erinnerung. Dass es wichtig ist, Schritt zu halten mit ihnen. Und mit dem, was sie auszeichnet: ihrer Suche nach Frieden, ihrer Sehnsucht nach Erlösung.
Und auch wenn wir heute andere Dinge als Weihrauch, Myrrhen und Gold in den Händen halten – worauf es ankommt, ist: „Schenke dem Kind dein Herz!“, wie es in der letzten Strophe heißt:

O Menschenkind! halte treulich Schritt!
Die Kön′ge wandern, o wand're mit!
Der Stern des Friedens, der Gnade Stern
Erhelle dein Ziel, wenn du suchest den Herrn:
Und fehlen Weihrauch, Myrrhen und Gold,
Schenke dein Herz dem Knäblein hold!

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CD: O magnum mysterium, Weihnachten mit dem Dresdner Kreuzchor, „Die Könige wandern aus Morgenland“

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29DEZ2024
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Nur noch zwei Tage, dann ist das Jahr auch schon wieder vorbei. Und schließt mit einem besonderen Tag: Silvester. In den Stunden vor dem Jahreswechsel ziehen viele Bilanz, lassen das alte Jahr Revue passieren. Auch der Entertainer Max Raabe mit seinem Lied Mit dir möcht' ich immer Silvester feiern.

 

Also eins ist mal klar, das war ein tolles Jahr. / Manches lief anders als gedacht. / Das kümmert mich nicht heute Nacht. / Wir sind immer noch schön. / Was morgen ist, wird man sehen. / Ein Stern fällt am Fenster vorbei. / Einen Wunsch hab' ich jetzt frei.

 

In der ersten Strophe finde ich mich wieder. Auch bei mir lief manches anders, als gedacht. Wie Raabe damit umgeht, finde ich stark. Der sieht mehr als das, was danebenging. Sieht: Menschen sind schön, sieht: einen wunderbaren Stern. Hält fest: Was morgen ist, das liegt nicht in meiner Hand. Ganz ähnlich formuliert die Bibel: Warum sich sorgen und dann den Tag heute und den Moment jetzt verpassen? Raabe macht damit ernst. Sieht den Augenblick, der wichtig ist und der jetzt glücklich macht: Der eine Wunsch, der hier und jetzt zählt.

 

Mit dir möcht' ich immer Silvester feiern. / Mit dir fängt alles gut an. / Mit dir könnt ich glatt den Vatikan erneuern. / Mit dir ruf ich meine Mama an. / Mit dir bekomm‘ ich noch mal einen Preis verliehen. / Mit dir krieg' ich alles hin.

 

Viele feiern Silvester mit Familie, Freunden oder Bekannten. Max Raabe „mit Dir“. Da denke ich an eine Freundin, einen Freund, einen Menschen, der für mich da ist. Mich unterstützt. Mich tröstet. Mich aufrichtet. So „Mit dir“ zu sagen, das klingt für mich auch nach einem Gebet. „Du Gott, mit dir,“ fängt das an. Mit dir kann ich die Dinge anpacken, die mir auf der Seele brennen. Die Großen und Kleinen. Wie: die eigene Mutter anrufen. Vielleicht gabs Streit. Oder schon lange keinen Kontakt. Silvester: auch ein guter Startpunkt für einen Neuanfang.

 

Oft merkt man erst am Ziel: / Das ist es nicht, was ich will. / Und manchmal, wenn man nicht dran denkt, / bekommt man es geschenkt. / Fehler sind zu verzeih‘n, sonst bleibt man allein. / Ein Stern fällt am Fenster vorbei. […]

 

Raabe packt in sein Lied viele kleine Alltagsweisheiten. Die mögen banal klingen. Und sind trotzdem so viel mehr. Überleg dir, was du eigentlich willst. Sei offen für das Unerwartete. Lass dich beschenken, von anderen, dem Moment. Mach aus einer Mücke keinen Elefanten. Wunderbare kleine Silvestergedanken, von denen der Entertainer so leicht singt. Raabe fordert mich auf: Guck auf die alltäglichen Sternstunden. Und geh mit Menschen durchs Leben, die dich größer, mutiger, freundlicher machen.

 

Mit dir möcht' ich immer Silvester feiern. / Mit dir fängt alles gut an. / Mit dir könnt ich glatt den Vatikan erneuern. / Mit dir ruf ich meine Mama an. / Mit dir bekomm‘ ich noch mal einen Preis verliehen. / Mit dir krieg' ich alles hin.

 

Ich wünsche Ihnen allen diesen wachen Blick auf die wunderbaren Momente, die das Leben immer wieder bereithält. Heute, morgen und im neuen Jahr.

 

Mit dir möcht' ich immer Silvester feiern

Text: Max Raabe, Annette Humpe

Musik: Annette Humpe, Max Raabe, Christoph Israel

Decca 275 539-5

Auf: Max Raabe, Küssen kann man nicht alleine, 2011, Track 10

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22DEZ2024
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„Jetzt freu‘ dich doch mal!“ Auch mir ist diese Bemerkung schon rausgerutscht. Obwohl ich ja weiß: Das ist keine sinnvolle Aufforderung. Sich freuen – das funktioniert definitiv nicht auf Kommando. Auch nicht – oder vielleicht gerade nicht – zu Weihnachten. Allerdings: Das einprägsame Adventslied „Wir sagen euch an den lieben Advent“ wird nicht müde, genau diese Aufforderung zu wiederholen: „Freut euch, ihr Christen! Freuet euch sehr!“

Musik 

Die österreichische Lehrerin Maria Ferschl, die den Text 1954 geschrieben hat, zitiert damit die Botschaft des Apostels Paulus an die Gemeinde in Philippi. Paulus ist sich sicher: Jesus, der auferstanden ist, wird wiederkommen. Und zwar sehr bald. Und dann bricht die Zeit des Friedens an, für alle und für immer. Der Herr ist nahe – Grund genug, sich zu freuen.

Im Adventslied wird diese Botschaft auf Weihnachten übertragen, darauf, dass Gott im Jesuskind zur Welt kommt. Aber passt das? Kehren denn an Weihnachten auch automatisch Frieden und Freude ein? Im eigenen Leben – oder gar für die ganze Welt?

Musik

Ich finde: Der Dichterin Maria Ferschl ist es mit ihrem einfachen Text gelungen, eine Art Adventsweg hin zur Weihnachtsfreude zu zeigen. Strophe für Strophe, Kerze für Kerze, wird es darin Woche für Woche ein Stück heller. Es geht gar nicht darum, sich auf Kommando zu freuen, sondern darum, der Freude einen Weg zu bereiten. Die zweite und dritte Strophe erzählen, wie das gehen kann:

Wir sagen euch an den lieben Advent
Sehet, die zweite Kerze brennt
So nehmet euch eins um das andere an,
Wie auch der Herr an uns getan!

Wir sagen euch an den lieben Advent
Sehet, die dritte Kerze brennt
Nun tragt eurer Güte hellen Schein
Weit in die dunkle Welt hinein
Freut euch, ihr Christen! Freuet euch sehr!
Schon ist nahe der Herr.

Die anderen annehmen mit ihren Eigenarten. Auch die, mit denen das gemeinsame Feiern vielleicht schwerfällt. Das Herz weit machen, Konflikte aushalten, Versöhnung suchen. Damit fängt es an.

Und dann: Das, was ich zu geben habe an Liebe, an Talenten, an gutem Willen in die Welt tragen und anderen zur Verfügung stellen. So wird es heller in der Welt.

Auch hier folgt die Dichterin wieder der Spur des Apostels Paulus. Auch ihm war klar: Noch ist eben nicht alles gut. Aber wir halten die Hoffnung auf die kommende große Freude wach, indem wir heute schon Spuren dahin legen.

Der Adventsweg zum Licht, zur Freude – mit Grübeln komme ich auf ihm nur schwer voran. Aber beim Singen geht es leichter. Strophe für Strophe wird es heller. Und langsam geht auch im eigenen Herz ein Licht auf:

Musik

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15DEZ2024
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O holy night

O holy night, the stars are brightly shining;

It is the night of the dear Savior's birth.

Long lay the world in sin and error pining,

Till He appeared and the soul felt its worth.

A thrill of hope, the weary world rejoices,

For yonder breaks a new and glorious morn!

Fall on your knees! O hear the angel voices!

O night divine, O night when Christ was born!

O night divine! O night, O night divine!



Led by the light of faith serenely beaming,

With glowing hearts by His cradle we stand.

So led by light of a star sweetly gleaming,

Here came the wise men from the orient land.

The King of kings lay thus in lowly manger,

In all our trials born to be our friend.

He knows our need, to our weakness no stranger.

Behold your King, before Him lowly bend!

Behold your King, your King, before Him lowly bend!



Truly He taught us to love one another;

His law is love and His gospel is peace.

Chains shall He break, for the slave is our brother;

And in His name all oppression shall cease.

Sweet hymns of joy in grateful chorus raise we;

Let all within us praise His holy name.

Christ is the Lord! Then ever, ever praise we!

His power and glory evermore proclaim!

His power and glory evermore proclaim!


Kerzen und Sterne, ein Mistelzweig an der Haustür und eine Lichterkette, die man von der Straße aus sieht. Das und noch mehr gehört für mich zur Zeit vor Weihnachten. Gerne auch ein bisschen kitschig, weil mich das innerlich wärmt, und für eine Weile das Dunkle und Schwere vergessen lässt. Vor allem aber gehört für mich Musik zu dieser Jahreszeit. Besondere Lieder, so wie jenes, das ich Ihnen heute vorstelle. Es heißt ursprünglich Cantique de Noël, also schlicht übersetzt Weihnachtslied und stammt von Adolphe Adam. Ich mag ganz besonders die englische Version, die Sie hier hören: O holy night. Oh, heilige Nacht.

Traditionell hat das Lied seinen Platz in der Vigil von Weihnachten, also in der Christmette. Dort habe ich es vor Jahren zum ersten Mal gehört, als es von einer Sopranistin und einem Bariton als Duett vorgetragen wurde. Für mich am Altar war’s der heiligste Moment der ganzen Feier. Es war dann ein großes Glück, als ich die Chorversion entdeckt habe. Sie wird im King’s College, einer berühmten Universität von Cambridge, am Heiligen Abend gesungen. Als eine der Nine Lessons and Carols. So heißt die Feier mit weihnachtlichen Bibeltexten und dazu passenden Gesängen.
Bis Heiligabend sind es noch ein paar Tage. Ich weiß. Aber ich kann mich schon jetzt nicht satthören an diesen wunderbaren Klängen, die mich an die Krippe mitnehmen. Es ist, als ob ich die Hirten und die drei Weisen aus dem Orient begleiten würde, die im Lied aufgerufen werden. Sie und ich sind gemeint, wenn es heißt: Fall on your knees! O hear the angel voices!
O night divine, O night when Christ was born!

Fallt nieder und hört die Stimme des Engels. O göttliche Nacht, in der Christus geboren wird.

John Rutter hat das Lied von Adam so arrangiert, dass die Knaben und jungen Männer von King’s College ihre sängerischen Qualitäten voll entfalten können. Zuerst die hohen Stimmen allein mit dem Text und die tiefen mit einer begleitenden Melodie, dann umgekehrt, und in der dritten Strophe schließlich alle miteinander. Dazu ein kräftiges Orgelfundament. Das ist ganz großes romantisches Kino! Und passt so gut zum Text. Er erzählt, wodurch das neugeborene Christkind künftig die Welt verändern wird. Jesus zeigt uns, wie wir einander lieben können. Wie wir es schaffen, Unterdrückung und Unfreiheit zu bekämpfen. His law ist love and his gospel ist peace. Liebe und Frieden. Nach so einer heilen Welt sehne ich mich. Wie viele in diesen Tagen. Mit dem heutigen Lied gebe ich die Hoffnung nicht auf.
Da bleibt dann am Ende nur überschwängliche Freude, so etwas wie absolutes Glück. Christ is the Lord, Christus ist der Herr, dessen Macht und Ruhm wir auf immer preisen.

 

100 Years of Nine Lessons and Carols
The Choir of King’s College, Cambridge
KGS0033
BBC Music

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08DEZ2024
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Musik 1
„Tröstet, tröstet mein Volk!, spricht euer Gott. Redet mit Jerusalem freundlich und predigt ihr, dass ihre Knechtschaft ein Ende hat.“

Mit diesen Worten werden im Buch des Propheten Jesaja Menschen in der Verbannung angesprochen. Aus dem kleinen Land Juda waren sie ins weit entfernte Babylon verschleppt worden. Nun soll sich ihr Schicksal drehen. Das mächtige Babylon wird selbst besiegt.

Aus den Versen der Bibel dichtete der Hamburger Pfarrer Waldemar Rode im Advent 1937 ein Lied. Er lernte den Kirchenmusiker Hans Friedrich Micheelsen kennen, der dazu ein paar Monate später die Melodie schrieb:

Musik 2:
1. „Tröstet, tröstet“, spricht der Herr, „mein Volk, dass es nicht zage mehr.“
Der Sünde Last, des Todes Fron nimmt von euch Christus, Gottes Sohn.

Ein Volk soll getröstet werden. Dabei ist es schon nicht leicht, einen einzelnen Menschen zu trösten. Wenn ich das versuchen will, muss ich dem Leid, dem Kummer, der Trauer standhalten – ohne mich selbst davon herunterziehen zu lassen. Das ist schon nicht einfach. Aber gleich ein ganzes Volk?

Der Prophet kann das, weil er die richtigen Worte findet. Er verschweigt nicht, was falsch gelaufen ist. Waldemar Rode nimmt das auf und bezieht es auf Christus, der die Last der Sünde wegnimmt. So werden die Worte des Propheten zum Adventslied. Damit konnte Rode im Jahr 1937 Hoffnung ausdrücken, kurz bevor Gewalt und Unrecht sich himmelhoch auftürmten und entsetzliche Abgründe aufrissen.

Musik 2:
3. Ebnet, ebnet Gott die Bahn, bei Tal und Hügel fanget an. Die Stimme ruft: „Tut Buße gleich, denn nah ist euch das Himmelreich.“

Der Weg zum Himmel führt über die Buße. Die getröstet werden sollen, die sitzen auf den Trümmern ihres Scheiterns und ihrer Schuld. Waldemar Rode lässt hier Jesus selbst predigen: „Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen!“ Dadurch, dass der Himmel so nahe ist, wird die Buße möglich. Gott selbst schenkt die Zukunft. Nicht irgendwann vielleicht – jetzt. Der Himmel ist Gottes Licht mitten in dieser Welt, mitten in der Not und Schuld, dem Leid und dem Scheitern, mitten in alledem, was im Großen oder in meinem kleinen persönlichen Leben schrecklich schiefgehen kann. Gott kommt – ebnet ihm die Bahn!

Musik 2:
4. Sehet, sehet, alle Welt die Herrlichkeit des Herrn erhellt. Die Zeit ist hier, es schlägt die Stund, geredet hat es Gottes Mund.

„Geredet hat es Gottes Mund.“ Gottes Wort bleibt. Das ist der Trost, der sich nicht darauf beschränkt, die Wunden zu pflegen, sondern der einen Weg nach vorne bahnt. Die Getrösteten dürfen den Blick heben und dorthin schauen: wo Gott selbst ihnen entgegenkommt. Wo es hell wird, mitten in der Finsternis.
Das Adventslied spricht von Hoffnung – in einer Zeit, die wenig Grund zur Hoffnung gibt. Den Grund gibt Gott uns. Immer.

Musik 2:
6. Hebe deine Stimme, sprich mit Macht, dass niemand fürchte sich. Es kommt der Herr, eu’r Gott ist da und herrscht gewaltig fern und nah.

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Musik
„Tröstet, tröstet, spricht der Herr“ (EG 15)

Komponist
T: Waldemar Rode 1938
'M: Hans-Friedrich Micheelsen 1938

Musikquellen

Musik 1: [BR] 66039030Z00 01-001 / Tröstet, tröstet, spricht der Herr. Choral mit Orgelvorspiel / Tröstet, tröstet, spricht der Herr. Choral mit Orgelvorspiel / Micheelsen, Hans Friedrich; Schneidt, Hanns-Martin; ... Schneidt, Hanns-Martin; Chor der Himmelfahrtsk

Musik 2: [BR] 88055530Z00 01-002 / Tröstet, tröstet, spricht der Herr. Choral, EG 15 (EKG 13) / 3 Choräle aus dem Evangelischen Kirchengesangbuch (EKG) / Micheelsen, Hans Friedrich; Metzger, Hans-Arnold; ...       Vokalensemble München

https://www.kirche-im-swr.de/?m=41138
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01DEZ2024
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Es ist erster Advent, aber überall sind schon lange Weihnachtslieder zu hören. In Geschäften, auf Marktplätzen und auch im Radio. Da kann man leicht überhören, was da besungen wird – vor allem, wenn es ein Lied in einer fremden Sprache ist. In dem polnisches Weihnachtslied Lulajże, Jezuniu, einem Wiegenlied für Jesus, wird die Sehnsucht nach einer friedvollen Zeit besungen.

 

  1. Lulajże, Jezuniu, moja perełko, lulaj, ulubione me pieścidelko.

 

Lulajże, Jezuniu entstand wohl im 17. Jahrhundert. Übersetzt heißt es: „Sei in den Schlaf gewiegt, Jesulein“. Also ein weihnachtliches Schlaflied für das neugeborene Kind. Solche Wiegenlieder gibt’s in so gut wie allen Sprachen. Oft waren sie mit einem Brauch verknüpft: Dem Kindleinwiegen. Bevor es Weihnachtskrippen gab, stand in vielen Haushalten eine Wiege mit einer Jesuspuppe drin. Die wurde sanft geschaukelt. So, als wäre das Kind echt und müsste in den Schlaf gewiegt werden.

 

  1. Lulajże, Jezuniu, moja perełko, lulaj, ulubione me pieścidelko.

 

Wie in einem Spiel greifen die Bräuche rund um das Jesuskind die biblischen Geschichten auf. So erzählt das Lukasevangelium, dass Maria ihr Neugeborenes in Windeln wickelt. Daraus entsteht im Mittelalter das „Fatschenkind“. Fatschen kommt aus dem lateinischen und meint die Windel, mit denen ein Baby gewickelt wird. Das machten die Menschen auch mit der Jesuspuppe. Und diesem Fatschenkind wurden dann auch Schlaflieder gesungen. Für viele Menschen eine ganz konkrete Möglichkeit, die weihnachtliche Geschichte in ihre Welt zu übertragen.

Richtig bekannt wurde das polnische Weihnachtslied in Deutschland übrigens durch Mark Forster. Der Popmusiker, Sohn einer polnischen Mutter und eines deutschen Vaters, stimmte Lulajże, Jezuniu vor einigen Jahren in einer Fernsehsendung an.

 

  1. Lulajże piekniuchny mój aniołeczku, lulajże wdzieczniuchny świata kwiateczku.

|: Lulajże, Jezuniu, lulajże, lulaj! A ty go, Matulu, w płaczu utulaj.:|

 

Forsters Version ist romantisch und sehnsüchtig aufgeladen. Das Schlaflied erzählt von Weihnachten als einer Zeit voll Wärme und Licht. Gepackt hat mich allerdings noch mehr eine Version des Jazz-Gitarristen Pat Metheny zusammen mit der Sängerin Anna Maria Jopek. Sanfter kann man kaum in den Schlaf gesungen werden.

 

  1. Lulajże, Jezuniu, moja perełko, lulaj, ulubione me pieścidelko.

 

Lulajże, Jezuniu ist ein Lied für jeden musikalischen Stil – von Chormusik über Jazz bis Pop. Aber auch in der Klassik zu finden. So zitiert der polnische Komponist Frédéric Chopin das Lied in seinem Scherzo Nr. 1 in h-Moll.

Chopin entfaltet in seiner zarten Variation die Sehnsucht, die Lulajże, Jezuniu auszeichnet. Eine Sehnsucht, die sich mit einem Kind verbindet: Das sanft einschläft, liebevoll behütet, friedlich gewiegt wird. Gerade in unfriedlichen Zeiten ein zu Herzen gehendes Bild für die Sehnsucht nach Frieden.

 

Musik 1

Lulajże Jezuniu

Sing meinen Song - Das Weihnachtskonzert, Vol. 4

Forster, Mark

 

Musik 2

Lulajze, Jezuniu. Für gemischten Chor a cappella

Strålande jul

MDR Rundfunkchor; Ahmann, Philipp

 

Musik 3

Lulajze jezuniu

Upojenie

Metheny, Pat; Jopek, Anna Maria

 

Musik 4

Lulajze Jezuniu

A Ceremony of Carols

Boni Pueri; Musica Bohemica Praha; Martinec, Jakub

 

Musik 5

Scherzo für Klavier Nr. 1 h-Moll, op. 20

Chopin, Frédéric

Lisitsa, Valentina

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24NOV2024
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„Warum sollte ich mich denn mutlos fühlen?“, fragt sich die Sängerin zu Beginn des heutigen Liedes zum Sonntag, „warum sollte ich mich vor dunklen Schatten fürchten?“ Wir hören die große Jazz- und Gospelsängerin Mahalia Jackson. Mit ihrem Lied „His Eye Is On the Sparrow“ gibt sie sich selbst die Antwort.

Why should I feel discouraged?
Why should the shadows come?
Why should my heart feel lonely
And long for heaven and home?

Nicht nur die Sängerin dieses Liedes ist eine Frau, sondern auch die Dichterin des Textes: Civilla Martin. Sie war Lehrerin und mit einem Pfarrer verheiratet. Durch ihre Tätigkeit kam sie oft mit anderen Menschen zusammen. Besonders eindrücklich war für sie die Begegnung mit einem Ehepaar. Beide, der Mann und die Frau, waren durch Krankheiten stark eingeschränkt. Trotzdem muss von dieser Frau eine strahlende Zuversicht ausgegangen sein. „Gott sieht selbst den kleinsten Spatz“, hat sie gesagt, „darum bin ich mir sicher, dass Gott auch mich sieht.“

Die Zuversicht und der Lebensmut dieser Frau haben Civilla Martin zu ihrem Lied inspiriert. Ihr berührendes Lebensmotto hat sie dabei kurzerhand zum Titel gemacht: „His eye is on the sparrow“: Gott gibt auch auf den Sperling acht.

When Jesus is my portion
A constant friend is he
His eye is on the little sparrow
And I know he cares for you and me

Der Text ist ein Zitat aus einer Rede Jesu. Wenn Gott sich schon um die Spatzen kümmert, sagt Jesus, um wie viel mehr hat er uns Menschen im Blick?

Ein großes Vertrauen zum Leben liegt darin. Ein Vertrauen, das nicht bei sich selbst bleibt, sondern andere ansteckt: „Ich singe, weil ich glücklich bin, ich singe, weil ich mich frei fühle“, heißt es am Schluss. 

I sing because my soul is happy
I sing because I'm free
His eye is on the little sparrow
And I know he is watching over you and me

CD: The Best of Mahalia Jackson, Sony Music Entertainment, 1995

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17NOV2024
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Musik 1: Ouvertüre – Jörg Josef Schwab, Klavier

 

Noch gut zwei Stunden, dann ist es soweit. Dann wird im Freiburger Münster ein Mann seliggesprochen, dessen Wirken mich tief beeindruckt. Er heißt Max Josef Metzger und stammt aus dem südbadischen Schopfheim, wo er 1887 geboren wurde. Er hat genau das Gegenteil von dem getan, was der frühere Bundeskanzler Helmut Schmidt einmal empfohlen haben soll: „Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen.“ Max Josef Metzger ist nicht zum Arzt gegangen, sondern zunächst zum Studieren. Und dann ist er katholischer Priester geworden. Er hat seinen Visionen vertraut, die nicht gerade bescheiden waren, das stimmt. Der neue Selige wollte, dass die Kriege aufhören, und dass die Christen nicht mehr in Konfessionen getrennt sind. Er hatte auch viele kreative Ideen, wie man das Singen der gesamten Gemeinde in den Gottesdiensten verbessern könnte. Deshalb hat er Lieder gedichtet und komponiert. Zur heutigen Seligsprechung habe ich versucht, die Botschaft dieses neuen Seligen textlich in ein Lied zu fassen. Die Melodie stammt von Max Josef Metzger selbst.

 

Musik 2: „Seliger Max Josef Metzger” (Strophe 1)

 

Seliger Max Josef Metzger, froh in der Erlösten Schar

bringst du, selig mit den Selgen, deinem Heiland Hymnen dar.

Hör, wie Herz und Mund dich preisen hier im Klang der Erdenzeit:

Deinem Vorbild hilf uns folgen, wachen Herzens und bereit.

 

An Max Josef Metzger imponiert mir, dass er zielstrebig war und keine falschen Kompromisse eingegangen ist. Er hat gespürt, ab wann es kein „Sowohl – als auch“ mehr geben kann, sondern nur noch ein „Entweder – oder“. Dabei hat ihm sein Glaube geholfen. Selbst als die Gestapo ihn ins Gefängnis wirft, komponiert er noch Lieder. Die Melodie, die wir heute von ihm hören, schreibt er kurz bevor er ermordet wird, mit gefesselten Händen. Max Josef Metzger hat sich einen „Künstlernamen“ zugelegt und sich „Bruder Paulus“ genannt. Damit will er an den biblischen Apostel Paulus erinnern,  und deshalb kommt auch im Lied zum Sonntag der spirituelle „Dreiklang“ von Paulus vor: Glaube, Liebe und Hoffnung.

 

Musik 3: Strophe 2

 

Seit dich Jesu Ruf getroffen, stehst du fest zu deinem Ja.

Glaubensfreudig, liebend, hoffend gibst du Antwort: „Ich bin da,

Tag für Tag, damit der Friede, den der Herr verheißen hat,

nicht von Hass und Krieg erstickt wird.“ Dank für deine Lebenstat!

 

Max Josef Metzger war ein musischer Mensch. Vor allem ein Bild geht mir nicht mehr aus dem Kopf: wie er als Todeskandidat in der Gefängniszelle immer noch Lieder komponiert und von der österlichen Hoffnung singt. Besonders aktuell bleibt die Vision des Friedens, für die er gelebt hat. Dafür hat er wirklich alles gegeben.

 

Musik 4: Strophe 4

 

Glaubenszeuge, zwar in Fesseln, doch im Herzen schon befreit,

schreibst du Lieder in der Zelle, bist zum Opfer selbst bereit:

„Wir sind eins mit allen Christen, macht ein Ende eurem Streit!“

rufst du deiner Zeit entgegen, mahnst du aus der Ewigkeit.

 

Textdichter und Komponist:

T: Meinrad Walter (2024)

M: Max Josef Metzger (1944)

 

Musikquellen:

SWR-Produktion im Studio Freiburg am 13.11.24 mit Jörg Josef Schwab (Klavier)

und Eduard Wagner (Gesang); Technik: Roland Schneider

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10NOV2024
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Meistens geschieht es in der Nacht. Bei mir, wenn ich lange nicht einschlafen kann. Bei anderen, wenn sie nachts um drei wach werden und bis zum Morgen keinen Schlaf mehr finden: Dann fangen die Gedanken an zu kreisen. Gründe, sich Sorgen zu machen, gibt es ja immer – ungelöste Konflikte, berufliche Schwierigkeiten, die Probleme der Kinder, von Eltern, guten Freuden…. Und wenn das nicht reicht, dann findet sich in der weiten Welt genug beängstigender Stoff, um das Gedankenkarussell anzukurbeln.

Mon âme se repose

Was hilft, um wieder zur Ruhe zu finden? In einem Gebet aus der Bibel gibt jemand eine persönliche Antwort auf diese Frage: Bei Gott allein kommt meine Seele zur Ruhe, von ihm kommt mir Hilfe, heißt es in Psalm 62.
Diese Ruhe, diesen Frieden – man kann ihn spüren in der fließenden Melodie des Gesangs aus der Gemeinschaft von Taizé.

Bei Gott bin ich geborgen

Bei Gott allein kommt meine Seele zur Ruhe – das hat der Mensch am eigenen Leib erfahren, dessen Gebet in der Bibel überliefert ist.
Ja, das wäre gut, so zur Ruhe zu kommen, wenn die Gedanken kreisen… wenn es denn so einfach wäre. Die Sorgen sind ja wirklich da – auch wenn sie in der Nacht oft größer erscheinen als sie wirklich sind.
Aber auch die Psalmbeterin, der Psalmbeter hat sehr konkrete Probleme. Und erzählt davon ungeschönt: Wie es ist, wenn alle gegen einen sind, wenn sie nicht lockerlassen, auch wenn einer schon am Zusammenbrechen ist. Wie es ist, wenn Leute lügen, heucheln und dadurch Gewalt anwenden: Sie segnen mit ihrem Mund, aber in ihrem Herzen fluchen sie, so heißt es im Psalm.
Und doch, wie ein Kehrvers wird immer wieder die Erfahrung wiederholt: Bei Gott allein kommt meine Seele zur Ruhe, von ihm kommt mir Hilfe.

Bei Gott bin ich geborgen, Chor

Wie kommt jemand unter widrigen Umständen zu so einem inneren Frieden? Sicher ist: Wer betet, bleibt nicht allein mit seinen Verletzungen und Enttäuschungen. Sie auszusprechen, sich beklagen zu können, jemanden haben, zu dem man kommen kann mit seinem Kummer, seinen Sorgen – das ist schon viel wert. Und manchmal – das habe ich auch schon erlebt – kehrt dadurch wieder Frieden ein.
Die Person, die im Psalm zu Wort kommt, begnügt sich aber nicht mit innerem Seelenfrieden. In der Ruhe liegt die Kraft: Mutig geworden, wendet sie sich am Ende direkt an die Menschen, die Unrecht tun: Vertraut nicht auf Gewalt, verlasst euch nicht auf Raub – ruft sie ihnen zu. Wenn der Reichtum auch wächst, so verliert doch nicht euer Herz an ihn! Ruhe und Frieden findet ihr nur woanders:

Bei Gott bin ich geborgen, Chor mit Flöte

Das Herz ausschütten bei Gott – und das Unrecht beim Namen nennen. Das hilft der Seele, zur Ruhe zu finden. Und auch: Mit mir selbst, mit meinen Versäumnissen und meiner Begrenztheit Frieden zu schließen. Weil Gott mit mir auch Frieden geschlossen hat – und meine Seele bei ihm in Frieden ruhen darf. In der Nacht – und auch am Tag.

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03NOV2024
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Novemberstimmung.

Regenschwere Tage in grau, fallende Blätter und zum Nachmittagskaffee fängt es bereits an dunkel zu werden.

Der November ist ein Monat, in dem alles ein bisschen stiller wird, ein bisschen ernster und ein bisschen weniger bunt, ein Monat in Molltönen. Diese Stimmung greift auch das heutige Lied zum Sonntag auf. Es wirkt fast schon wehmütig und melancholisch, schmerzlich und schön zugleich.

 

  1. Strophe

Noch ehe die Sonne am Himmel stand,
die Nacht ein Ende fand,
noch ehe sich ein Berg erhob,
zu scheiden Meer und Land,
bist du Gott, unser Gott,
die Zuflucht für und für.
Dir leben wir, dir sterben wir,
wir gehen von dir zu dir.

 

Ja, es gibt sie die Regentage des Lebens voller undurchsichtigem Nebel und matschigem Laub unter den Füßen.

Tage an denen ich einfach scheitere und mich ungenügend fühle. Oder an denen ich mich frage, warum vieles in der Welt so ist, wie es ist?

Eugen Eckert, Stadionpfarrer in Frankfurt, hat 1991 den Text des Liedes verfasst. Als Grundlage dient ihm Psalm 90 aus der Bibel. Dieser Psalm ist ein Klagepsalm. Mir macht das deutlich, dass Zeiten der Krise und des Fragens dazu gehören und sein dürfen. Und der Mensch, damals wie heute, Gott seine Klage vor die Füße werfen darf.

 

  1. Strophe

Der du allem Leben den Atem schenkst,
hab mit uns noch Geduld;
wo wir versagen, irre gehn,
vergib uns unsre Schuld.
Du bist Gott, unser Gott, …

 

Der November ist auch ein Monat, der mich daran erinnert, dass ich endlich bin. Das Lied lässt mich spüren, dass dies kein Grund ist zu verzweifeln.

Im Psalm 90 heißt es:

Unsere Tage zu zählen, lehre uns! Dann gewinnen wir ein weises Herz.

Ich verstehe das so, dass jeder Tag zählt. Und zwar nicht als Aufforderung nach dem Motto, also mach jetzt gefälligst was draus, verschwende dein Leben nicht, denn morgen könnte es vielleicht zu spät sein. Nein, es ist vielmehr ein tröstendes Versprechen. Dass Gott da ist. Am Anfang und am Ende und zwischendrin. Wie ein Ort, an dem man sich zu Hause fühlen darf. Von dem man kommt und wo man jederzeit wieder hin kann.

Jeder Tag zählt, heißt: dein Leben zählt - auch an grauen Novembertagen.

 

  1. Strophe

Der du deine Kinder sterben lässt,
gib Weisheit, unserer Zeit
in Lob und Klage zu bestehn,
und sei im Tod nicht weit.
Du bist Gott, unser Gott,

die Zuflucht für und für.

Dir leben wir, dir sterben wir,

wir gehen von dir zu dir.

Komponist

Text: Eugen Eckert 1991 nach Ps 90

Musik: Sergej Andrewitsch Bazuk (1910-1973)

https://www.kirche-im-swr.de/?m=40903
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