Alle Beiträge

Die Texte unserer Sendungen in den SWR-Programmen können Sie nachlesen und für private Zwecke nutzen.
Klicken Sie unten die gewünschte Sendung an.

Filter
zurücksetzen

Filter

Datum

SWR1

  

SWR4

  

Autor*in

 

Archiv

SWR4 Abendgedanken

21JUN2024
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

„Mami, Mama – die Mama soll wiederkommen“ schluchzt meine fünfjährige Enkelin. Seit Tagen geht das so, jeden Abend. Jeden Abend, an dem nur die Oma sie zu Bett bringt. Die Eltern sind leider beide beruflich unterwegs. Den ganzen Tag ist das Kind fröhlich, spielt, malt, turnt herum. Aber am Abend überkommt sie der große Jammer. Jeden Abend. „Die Mama soll kommen.“

Für mich sind diese Heimwehanfälle anstrengend. Gleichzeitig sind sie völlig normal. Die Mama fehlt. Das tut weh.  Auch wenn es mit der Oma noch so schön ist. Mama ist was Anderes. So kann ich nur bei ihr bleiben, sie ein wenig streicheln, gut zureden, manchmal lässt sie sich in den Arm nehmen, manchmal hilft auch ablenken. Manchmal aber hilft gar nichts. Dann drückt sie den Teddy an sich und weint sich in den Schlaf.

Heimweh ist schlimm. Vermutlich wissen das alle, auch die Großen. Heimweh hat viele Gesichter. Ich erinnere mich an Heimweh nach einem Familienumzug. Da war ich schon fast fünfzehn. Es war zwar toll, in einer neuen Stadt langsam wieder anzukommen. Aber der Ort meiner Kindheit hat mir trotzdem lange schmerzlich gefehlt. Eine alte Tante sagte, sie habe Heimweh nach ihrem vor kurzem verstorbenen Mann. Damit hat sie ihre Trauer benannt. Heimweh, das ist so eine Sehnsucht nach vertrauten Menschen und Orten, nach Geborgensein. Diese Sehnsucht kann sehr heftig sein.

Und dann gibt es ja noch so ein Lebensheimweh, das vielleicht gar keinen aktuellen Grund hat. Ich spüre nur, dass irgendwas fehlt, weiß aber nicht, was es ist. „Unruhig ist unser Herz, bis es ruht in Dir, Gott“. So hat vor Hunderten von Jahren schon der gelehrte Augustinus es ausgedrückt. Dieser Satz wird sehr oft zitiert. Weil das Gefühl einfach zeitlos ist und immer neu bewältigt werden möchte. Weil nichts in dieser Welt diese tiefe Sehnsucht nach einem wirklichen Zuhause-sein erfüllen kann. Davon weiß meine kleine Enkelin zum Glück noch nichts. Wenn ihre Mama sie wieder in die Arme schließt, ist bei ihr alles wieder gut. Wir Erwachsenen haben es da nicht so einfach.

Aber es gibt gute Strategien. Wenn mich mein Lebensheimweh überkommt, gehe ich spazieren und bete eine Weile. Andere hören Musik. Oder rufen einen lieben Menschen an. Putzen und Aufräumen kann auch helfen. Oder ich nehme dieses Lebensheimweh ganz bewusst wahr und atme einfach weiter. Denn es kommt - und geht wieder - und wird irgendwann wieder kommen - aber auch wieder gehen …

https://www.kirche-im-swr.de/?m=40137
weiterlesen...

SWR4 Abendgedanken

20JUN2024
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Die Kirchen sollen sich auf ihre „Kernkompetenz“ beschränken, lese ich in letzter Zeit häufiger. Aha, da wissen einige anscheinend, was die Kernkompetenz sein soll: Die Kirchen mögen sich doch bitte nur um die Frömmigkeit ihrer Mitglieder kümmern. Nicht um Politisches und Soziales. Also Kirchenraum statt Welt - so sehen das manche Kritiker. Ich sehe das nicht so. Es verkürzt das, was Christinnen und Christen aufgetragen ist. Und das empört mich. Denn: In der Bibel steht es deutlich anders!

Klar, für Frömmigkeit sorgen und von Gott sprechen ist die erste Aufgabe der christlichen Kirchen. Glauben ist für viele Menschen ein großer persönlicher Gewinn. Für mich auch. Ich kann mit meinem Glauben mein Leben besser meistern. Finde darin Mut und Lebenshoffnung. Aus dem Kontakt mit Gott entsteht eine Menge Energie. Und ich habe darin viele Lebensmöglichkeiten entdecken dürfen, die mein Leben reich machen.

Aber Glaube ist mehr als nur eine persönliche Entfaltung. Glauben muss über den Kirchturm hinausgehen. Raus in die Welt, nah oder fern. Fordert Engagement für die Menschen und ihre Nöte. Jesus hat gesagt: Selig, die Frieden stiften ... Selig, die barmherzig sind ... Selig, die hungern und dürsten nach Gerechtigkeit. Manchmal hat er es auch so ausgedrückt: Ihr sollt Frucht bringen.

Eine Bekannte, die gerne weite Reisen gemacht hat, sagte: „Ich mache keine Flugreisen mehr. Unverantwortlicher Ausstoß von CO² und anderes mehr. Ich will darauf verzichten. Auch wenn es mir gar nicht leichtfällt. Aber ich tue das auch wegen meiner Enkelkinder. Ich kann doch nicht Christin sein und es ist mir egal, in welche kaputte Welt meine Enkelkinder hineinwachsen.“  Ich weiß, dass sie nicht nur hier verzichtet hat. Sie hat ihren Glauben ernst genommen und will Gottes Schöpfung nicht noch mehr belasten. Auch das gehört zur Kernkompetenz im Glauben. Christsein als Verantwortung - über den Kirchturm hinaus.

Das Ringen darum, die Schöpfung zu bewahren, ist kein Alleinstellungsmerkmal von Christinnen und Christen. Aber auch das gehört, neben anderen sozialen und politischen Themen, zur christlichen Kernkompetenz.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=40136
weiterlesen...

SWR4 Abendgedanken

19JUN2024
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Die Enkelkinder sind müde und drehen noch mal so richtig auf. Springen herum, toben wild, sind laut. Großes Vergnügen! Erfahrungsgemäß gibt es da oft ein böses Ende. Weil irgendwas passiert. Aber bitte nicht jetzt am Abend! Deshalb ist es höchste Zeit, einzugreifen. Sie sollen sich beruhigen und runterkommen. Also läute ich die Zeit für Schlafanzug und Zähneputzen ein. Jetzt ist Ruhe dran. Geschichten vorlesen, kuscheln, vielleicht ein wenig über den Tag sprechen oder über die Angst vor der Nacht. Sie sollen sich beruhigen und entspannen. Damit sie dann auch bald schlafen. Denn morgen ist wieder ein Tag – und die Oma ziemlich müde.

Und was mache ich, wenn es ruhig ist? Ich setze mich und lese die Zeitung. Endlich! Ich lese gerne solche Zeitungen, die meine Gedanken in Schwung bringen. Wo ich was zum Nachdenken habe. Meistens fange ich hinten an. Da geht es um Theaterstücke, Bücher, Filme. Um gesellschaftliche Fragen. Langsam taste ich mich zu den politischen Seiten vor. Die stehen ganz vorne, ich lese sie aber immer zuletzt. Weil sie mich am meisten aufwühlen.

Und da ist mir was aufgefallen. Es tut mir nicht gut, wenn ich am Abend noch schwierige politische Themen studiere. Die verfolgen mich sonst in die Nacht. Da geht es mir wie den Kindern. Am Abend brauche ich Ruhe. Nein, die Probleme der Welt sind mir deshalb nicht egal. Ich will wissen, was los ist. Es geht ja um mein Leben, und um das Leben der nächsten Generationen. Aber sie sind keine gute Lektüre auf dem Weg in die Nacht.

In der Nacht sind wir Menschen dünnhäutiger und empfindlicher. Sorgen plagen uns in der Nacht viel mehr als am Tag. Schmerzen fühlen sich stärker an. Deshalb lege ich die Zeitung bewusst zur Seite. Die komplizierten Themen können warten auf den hellen Tag. 

Ich muss genauso runterkommen wie die Kinder. Auch meine Gedanken sollen abends nicht noch wild herumtoben, meine Sorgen nicht noch vermehrt werden. Also helfe ich mir selbst. Lege die Zeitung auf die Seite. Sage mir: Das lese ich morgen! Und noch etwas tue ich: ganz bewusst lege ich diesen Tag und Abend Gott in die Hände. Das hilft!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=40135
weiterlesen...

SWR4 Abendgedanken

18JUN2024
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

In einer Doku sehe ich, wie Nachwuchssängerinnen und -sänger für einen Wettbewerb trainiert werden. Gefühlt in jedem dritten Satz sagt einer der Coaches: „Am Ende des Tages“. Am Ende des Tages steht halt der Wettbewerb. Am Ende des Tages zählt, wer die beste Show abliefert. Am Ende des Tages zeigt sich, ob deine harte Arbeit sich ausgezahlt hat. Gemeint ist natürlich nicht das Ende dieses konkreten Tages, sondern das Ende eines Wettbewerbs. Ein Finale. Jedenfalls ein Zeitpunkt, an dem so etwas wie eine Abrechnung stattfindet. Daumen hoch oder Daumen runter.

Seither erst fällt mir auf, wie oft die Redewendung „am Ende des Tages“ gesagt wird. Sie scheint momentan ein bisschen Mode geworden zu sein. Ein paar Tage lang ging sie mir fast wie ein Ohrwurm im Kopf herum. Und momentan fällt sie mir immer ein, wenn ich wirklich am Ende des Tages angekommen bin. Aber ich nehme diese Redewendung dann wörtlich. Und frage mich: Was mache ich am Ende des Tages, also am Ende dieses Tages?

Da nehme ich mir ein paar Minuten Zeit für einen Rückblick auf diesen Tag. Das tut mir gut. Handy und PC sind ausgeschaltet, ich gucke so vor mich hin, atme einige Male ruhig ein und aus und überlege dann: Was war eigentlich heute? Was habe ich erlebt, vom Aufstehen bis zum Abend? Und ich gehe die Stunden noch mal in Ruhe durch. Was war heute los, was fällt mir noch ein, was ist mir begegnet?

Fast jeden Abend denke ich: Heute war aber viel los! Obwohl ich gar nicht so viel unternommen habe. Aber wenn ich mal genau überlege, staune ich: Ich konnte aufstehen. Bin satt geworden. Habe ein Dach über dem Kopf. Eine Waschmaschine, die mir schwere Arbeit erspart. Ein lieber Mensch hat angerufen. Vielleicht habe ich auch eine Arbeit fertigbekommen. Ein schwieriges Gespräch erledigt. Und dann sind da noch die besonderen Pluspunkte: Beim Einkaufen freundliche Worte gehört und gesprochen. Oder diese wunderschöne Rose in meinem Vorgärtchen. Wie sie jetzt blüht und duftet. Ohne diesen kleinen Rückblick „am Ende meines Tages“ hätte ich das meiste schon vergessen. Und gar nicht wirklich beachtet.

Ich glaube, dass Gott mir dabei von morgens bis abends begegnet ist. Wenn ich gestaunt habe über meine schöne Rose, oder beim Essen; in der Langeweile und im Arbeiten; auch durch die Menschen, die mir heute begegnet sind. In jeder Sekunde, in der ich ein- und ausatme. Da war Gott.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=40134
weiterlesen...

SWR4 Abendgedanken

17JUN2024
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Bagger, Planierraupe, Kran – Als Oma muss ich mich damit oft beschäftigen. Die Kleinen wissen schon die richtigen Namen der Maschinen. Denn in einem bestimmten Alter sind vermutlich die meisten Kinder völlig begeistert von Baumaschinen und den Menschen, die sie bedienen. Und zwar Mädchen wie Jungs. Tagsüber stehe ich derzeit öfter mit dem Jüngsten an einer sehr großen Baustelle. Sie ist sein Traum! Bagger, Raupenfahrzeuge, Tieflader. Riesige Kräne, die wir sogar vom Wohnzimmer aus sehen. Aber das höchste Glück ist natürlich, direkt an der Baustelle zu sein. Alleine würde ich da - ehrlich gesagt – nicht stehenbleiben. Aber jetzt stehen wir halt da, und während das Kind dem Bagger zuschaut, gucke ich nach oben und beobachte das Ballett der Kräne. Fast lautlos drehen sie sich hin und her. Wie präzise die Kräne die Last aufnehmen und an einem anderen Platz wieder absetzen. Wie genau die Baggerführer arbeiten. Ein Handgriff passt auf den anderen. Ich bin begeistert, das gebe ich zu.

Der Kleine an meiner Hand steht da und guckt und staunt. Wir bewundern die großen Maschinen. Dann sagt er im Brustton der Überzeugung: „Die Bauarbeiter sind aber ganz stark!“ Ja, das habe ich tatsächlich auch gedacht. Das ist schwere, körperliche Arbeit. Riesenmaschinen helfen ihnen zwar. Aber es geht eben nicht ohne diese Menschen. Und vermutlich geht ihnen ihre Arbeit im Lauf der Zeit ziemlich auf die Knochen.

Das Kind hat dann irgendwann genug. Auf einem kleinen Spielplatz nebenan schaukelt er und singt und ist ganz in sich gekehrt. Sein kleiner Kopf muss ja die Erlebnisse verarbeiten. Und seine Seele auch.

Aber ich stehe dabei und gucke weiter abwechselnd auf das Kind und auf die Kräne. Die bewegen sich hoch über uns. Hier sieht mich ja keiner, denke ich. Hier kann ich ungestört Baumaschinen gucken. Die haben etwas sehr Urtümliches, was mich fasziniert. „Danke“ schießt mir durch Kopf und Herz. Danke für alle, die an so einer Bau-Arbeit beteiligt sind. Die mit ihren Maschinen, aber auch mit dem Einsatz von Körperkraft Häuser bauen. Und Schulen, Kindergärten, Krankenhäuser und alles andere. Sie machen so eine wichtige Arbeit für uns alle. Dafür Danke!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=40133
weiterlesen...

Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

21DEZ2019
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Wenn die Enkelkinder meine Stimme hören, sind sie immer ganz aufgedreht. Leider können wir uns selten sehen, die meiste Zeit können wir nur am Computer miteinander skypen. „Oma-Oma-Oma“ ruft die Kleine dann und winkt mir über den Bildschirm zu und strahlt - und der Große rennt und holt die Spielsachen, die er gebaut hat, und die ich unbedingt bewundern muss. Ach, das sind schöne Momente, und auch betrübliche. Wie gerne würde ich die Kinder in die Arme nehmen. Wie gerne wäre ich näher bei ihnen. Sie fehlen mir. Aber wir sind wenigstens über den Bildschirm in Kontakt. Dann freue ich mich und sie freuen sich, und ein schönes warmes Gefühl zwischen uns fließt hin und her.

An diese schönen Momente denke ich bei den Bibelworten, die heute in der katholischen Kirche gelesen werden. Da heißt es im Buch des Propheten Zefanja: Der Herr, dein Gott, ist in deiner Mitte, ein Held, der Rettung bringt. Er freut sich über dich und jubelt über dich, er schweigt in seiner Liebe, er jubelt über dich und frohlockt, wie man frohlockt an einem Festtag. (Zef 3,17)

Und ich stelle mir das einmal genauso vor wie mit den Kindern – ich stelle mir vor, soweit ich mir das vorstellen kann: wie Gott sich freut und seine Menschen anschaut und die Arme ausbreitet. Wie die Liebe zwischen ihnen hin und her fließt. Gott freut sich über die Menschen, er jubelt und frohlockt, wie man frohlockt an einem Festtag – sagt der Prophet. Gott interessiert sich für die Menschen und möchte jeden in seine Arme schließen. Jeden einzelnen! Das ist eine riesige Zusage! Es ist kaum zu fassen, so groß ist das. Es ist ja auch kaum zu fassen, dass Gott sich über mich freut. Ich weiß doch selbst, wie wenig vollkommen ich bin. Aber bei Zefanja sieht es so aus, als spiele das keine Rolle. Für Gott ist das nicht wichtig. Er scheint keine perfekten Menschen zu suchen, sondern liebt einfach jeden und jede, so wie er oder sie sind.

Wenn ich es genau überlege: bei meinen Enkelkindern geht es mir ja auch so. Sie dürfen sein, wie sie sind. Ich habe sie lieb! Wie viel mehr ist das bei Gott – der uns kennt und genau deshalb liebhat. Ja, das Wort gilt für jeden: Gott freut sich und jubelt über dich…wie man frohlockt an einem Festtag!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=29955
weiterlesen...

Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

20DEZ2019
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

An Gott glauben, das ist für manche ganz normal. Für mich ist es so wichtig wie atmen und essen. Es gehört dazu, ich kann gar nicht anders. Andere sehen das anders. Sie glauben nicht an Gott und finden das ganz normal. Sie vermissen nichts. Und das sagen sie auch laut. Bin ich froh, in einem Land leben zu dürfen, in dem Glauben Privatsache ist! Niemand kann hier mit Gewalt gezwungen werden, einen anderen Glauben anzunehmen oder überhaupt glauben zu müssen. Das Grundgesetz ist da eindeutig und klar.

Der englische Schriftsteller Julian Barnes hat ein erstaunliches Wort zum Glauben geschrieben: „Ich glaube nicht an Gott, aber ich vermisse ihn.“ Das ist ein starkes Wort. Und irgendwie schwierig. Wenn er nicht glaubt, kann er doch gar nichts vermissen. Oder was vermisst er? Vielleicht würde er gerne glauben, kann es aber nicht? Weil er eine leise Idee davon hat, dass Glauben hilfreich sein könnte?  Weil ein glaubender Mensch bei Gott ein Ohr für seine Klagen und Fragen findet? Vielleicht ist es doch nicht so egal, ob ein Mensch an Gott glaubt oder nicht? Ich weiß es nicht wirklich, kann nur das beschreiben, was ich höre, sehe, selbst erlebe. Und da sehe ich oft einen Unterschied zwischen Menschen, die an Gott glauben, und denen, die nicht glauben. Der Unterschied hat mit Hoffnung zu tun. Glauben bedeutet, zu hoffen, dass das Leben sich lohnt. Dass Gott dem Leben Sinn gibt. Ich höre oft den Satz: „Ohne meinen Glauben hätte ich diese Situation gar nicht bestehen können.“ Dann beschreiben sie mir, dass sie sich getragen fühlen.  Auch wenn es gerade mal nicht so gut läuft. Auch wenn die Nachrichten bedrückend sind. Durch den Glauben können irdische Dinge an Wichtigkeit verlieren. Dadurch wird manches leichter.  

Und noch etwas ist mir wichtig: Mit Gott kann ich auch streiten. Kann ihn verantwortlich machen. Er hält meine Fragen und meine Klagen aus. Und ich kann ihm auch sagen, dass ich manchmal an ihm zweifle. Mir gibt das enorme Kraft. Und deshalb möchte ich Gott in meinem Leben nicht vermissen!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=29954
weiterlesen...

Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

19DEZ2019
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Also ich freue mich auf Weihnachten! Und bin, wie jedes Jahr, wieder nicht ganz fertig mit den Vorbereitungen. In diesen letzten Adventstagen fällt mir immer noch was ein: Was sollte ich noch einkaufen? Ist an alles gedacht? Und wo werde ich die Gottesdienste besuchen? So werde ich doch noch ein wenig aufgeregt. Aber ein bisschen Aufregung gehört für mich zu jedem Fest. Ich nenne das „Vorfreude“.

Allerdings beschreiben viele diese letzten Adventstage bis zum Heiligen Abend und den Weihnachtstagen eher als mega-stressig. „Ich wollte, der ganze Spuk wäre schon vorbei“ habe ich nicht nur einmal gehört. „Der ganze Spuk“ – dieses Wort tut mir fast weh. Für mich ist das ganz anders, ich erlebe Advent und Weihnachten als einen Weg in die Tiefe: Weil Gott die Welt retten möchte, wird Jesus als Mensch geboren. Damit wir Menschen von Jesus lernen, friedlicher und menschlicher zu werden. „Wo die Güte und die Liebe wohnt, da ist Gott“ formuliert dies ein altes Lied. Deshalb feiern die Christen Weihnachten, und deshalb haben sich in unseren Breiten eine Menge Rituale entwickelt, um Güte und Liebe zu erfahren: Geschenke machen, miteinander etwas Besonderes essen, sich besuchen. Diese Rituale gehören zu den Traditionen, denen sich viele Menschen kaum entziehen können. Den einen gefällt das, andere leiden darunter. Denn viele der Traditionen rund um Weihnachten sind aufgeladen mit Sehnsucht. Oft ist es die Sehnsucht nach einem heilen Familienleben, wie es möglicherweise früher einmal war, oder endlich werden sollte. Aber Traditionen allein können diese Sehnsucht nicht stillen. Und so gibt es in manchen Familien doch eher Frust, Streit und Enttäuschungen -  ausgerechnet an Weihnachten.

Deshalb habe ich in diesen letzten Tagen vor Weihnachten tatsächlich einen Weihnachtswunsch: ganz persönlich wünsche ich mir und meinen Lieben, dass wir Gott nicht aus den Augen verlieren, dass wir Maß halten bei allem. Dass wir so gut es geht in Güte und Liebe zusammen sein können. Das wünsche ich auch allen anderen Menschen. Ob mit oder ohne Gott: in Güte und Liebe zusammen sein, das ist das Beste, was geschehen kann! Ich weiß, das bleibt für manche ein Traum. Und doch wünsche ich es allen!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=29953
weiterlesen...

Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

06JUL2019
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Glauben ist in! Wer das nicht glaubt, muss nur mal in den Buchhandlungen gucken. Die Regale mit spirituellen Büchern sind voll. Denn Spirituelles ist hochaktuell.

Anscheinend sucht das menschliche Herz etwas, an das es glauben kann. Etwas, was größer ist als der Mensch selbst. Eine Welt, die sich vor allem um Ansehen, Geld und immer neue Erlebnisse dreht, ist nicht genug. Und das spüren auch heute viele Menschen. Für diese Sehnsucht waren allerdings über Jahrhunderte die großen Religionen zuständig. Aber das scheint vorbei zu sein. Die beiden christlichen Kirchen hierzulande verlieren schon lange immer mehr Mitglieder. Auf Seiten der Kirchen haben vor allem Macht und Missbrauch massiven Schaden angerichtet. Die große frohe Botschaft ist dabei nicht selten unter die Räder gekommen. Die Kirche, die doch den Menschen von Gottes heilender Kraft künden soll, hat viel von ihrer Glaubwürdigkeit eingebüßt.

Eine Frau, die gerne Mitglied der katholischen Kirche ist, sagte dazu sehr unglücklich: Wir haben doch so viel zu bieten mit unserem Glauben. Warum hören das nur noch wenige?

Ja, das ist eine berechtigte Frage. Ich habe darauf keine einfache Antwort. Ich bin ja genauso betrübt darüber, dass die frohe Botschaft Gottes so wenig attraktiv geworden ist. Und überlege: Was hat Jesus gemacht – wie hat er seine Nachfolger gefunden? Er hat den Zuhörern von der Hoffnung gesprochen, die von Gott ausgeht. Deshalb halte ich mich an das Bibel-Wort: „Seid stets bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der von euch Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die Euch erfüllt“ (1 Petr 3,15).

Darauf kommt es an. Ob ich etwas davon sagen kann, wie sich mein Leben durch den Glauben verändert. Ob ich durch meinen Glauben zuversichtlicher bin. Und mutiger. Ob ich dem Leben mehr trauen kann. Davon sollten Christen erzählen – das sollten andere bei uns erfahren. So sage ich es dieser Frau und ermutige sie: „Sprechen sie von Ihrem Glauben. Sprechen Sie davon, wie der Glaube ihr Leben bereichert. Und was er Ihnen gibt.“

Dann können andere für sich entscheiden, ob sie das hören möchten. Ob sie es vielleicht sogar kennenlernen möchten. Und ob die frohe Botschaft Gottes auch für sie wichtig sein könnte.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=28919
weiterlesen...

Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

05JUL2019
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Oh je! Das neue Baby in der Familie weint verzweifelt. Der Hunger ist so groß! Und die Mama scheint Lichtjahre entfernt – jedenfalls für ein kleines hungriges Baby. Aber jetzt: Mit einem letzten Aufschluchzen schmiegt es sich an die Brust seiner Mutter und darf endlich trinken. Alles ist wieder gut! Aber jeder weiß: das hält nicht lange. Dann ist das Baby wieder hungrig. Und alles geht von vorne los.

Gerührt sehe ich zu. Ach, diese winzigen Kinder! Bei uns Erwachsenen ist es allerdings nicht viel anders. Vernünftige Menschen schreien nur nicht so laut. Wir werden hungrig und satt und wieder hungrig. Und jeder weiß: nicht nur der Magen, auch die menschliche Seele hungert und dürstet: nach mehr, nach Liebe, nach Anerkennung, nach Sinn. Wir Menschen tragen unendlich viele Wünsche in uns. Glaubende verstehen dies als Sehnsucht nach Gott. Das Irdische ist oft sehr schön – aber es sättigt nicht genug. Erst bei Gott findet die Seele Ruhe. „Meine Seele dürstet nach Gott wie dürres, lechzendes Land ohne Wasser“, so sagt es der Psalm 143.

Entscheidend ist, ob ich mich der Frage stelle: Was brauche ich wirklich? Was erfüllt mich? Es ist ja kein Geheimnis: da wird uns viel angeboten und vorgeschwärmt, was erfüllend sein soll. Eine neue Beziehung, Reisen, immer noch mehr gutes Essen – alles schön und gut, aber nichts davon stillt den tiefen Hunger nach Sinn in meinem Leben. Persönlich finde ich diesen Sinn in meinem Glauben an Gott, und vor allem in der Beziehung zu Gott. Darin werde ich von Gott genährt. Ich hoffe und glaube, dass er mich im Blick hat, mich liebt und begleitet.   

Einen Haken gibt es aber doch: Auch die Gottesbeziehung ist nichts, was man ein für allemal erreichen kann. Manchmal kann ich Gott lieben mit heißem Herzen und ihm ganz nah zu sein, zu anderen Zeiten suche ich ihn scheinbar vergeblich. Da heißt es dranbleiben und üben: Bibel lesen, Beten, Gottesdienste besuchen. Am besten zusammen mit anderen, die auf einem ähnlichen Weg sind. Die auch mit Gott leben wollen. Gemeinsam geht es besonders gut. Denn der Hunger nach Leben hat eine gemeinsame Richtung. Das verbindet! Und nährt auch.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=28918
weiterlesen...