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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

17JUL2024
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Im Sommer bin ich immer gerne am Wasser. Ob am Meer oder an einem klaren Fluss, ob im Freibad oder einfach am kleinen Planschbecken im Garten oder auf dem Balkon. Wasser ist immer erfrischend und belebend, es tut einfach gut.

Egal, ob man ganz eintaucht oder nur ein bisschen mit den Zehen darin herumplätschert: Frisches Wasser kann für einen Moment alles wegspülen:

Die Hitze, die mir zu schaffen macht, die Anstrengung und Erschöpfung, den Schweiß und den Dreck des Alltags, die schweren Gedanken. Und ganz egal, ob ich mich im Meer in die Wellen stürze oder bloß meine Füße im Planschbecken bade:

Im Wasser fällt es mir immer leichter, mal kurz nicht mehr so „erwachsen“ zu sein. Jesus sagt: „Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erfrischen.“ Ich stelle mir vor, wie das wohl wäre, wenn ich ihn besuchen würde. Und Jesus würde mir ein kleines, quietschbuntes Planschbecken hinstellen mit kaltem, klarem Wasser.

„Geh doch wenigstens mal mit den Füßen rein“, sagt er. „Was Du da alles mit Dir rumschleppst - das kannst Du mir solange geben. Ich halte das für Dich.“

Also gebe ich ihm all das, was mich belastet, kremple die Hosenbeine hoch und steige ins Planschbecken. Das kalte Wasser geht mir bis zu den Waden.

Jesus hilft mir, den ganzen Schweiß und Dreck abzuwaschen, von meinen Füßen und von meiner Seele. „Du musst gar nicht immer so erwachsen tun,“ sagt er dann zu mir und spritzt mich nass. Und ich spritze zurück – schließlich sind wir alle Kinder Gottes.

Ich komme aus dem Wasser und kann weitergehen. Vieles von dem, was ich zu tragen habe, nehme ich wieder mit. Manches hebt er für mich auf, bis ich es wieder tragen kann. Und ich gehe leichter, weil ich weiß, dass da einer ist, der es gut mit mir meint.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

16JUL2024
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Im Sommer geh ich gerne wandern in den Bergen. Wenn ich losgehe, bin ich voll motiviert: Die Sonne scheint, das Gras ist grün, der Bergbach plätschert. Einfach schön.

Je länger der Aufstieg dauert, desto öfter frage ich mich aber, warum Menschen das überhaupt freiwillig machen: Auf Berge steigen. Es ist anstrengend und schweißtreibend. Bald kommt mir der Weg länger vor als geplant. Dann werden die Beine schwer und ich frage mich, ob ich nicht einfach in die nächste Hütte einkehren sollte. Aber nein: Der Gipfel ruft.

Als ich dann oben ankomme, weiß ich wieder, warum Menschen sowas freiwillig machen. Ich sehe mich um und vergesse die Anstrengung. Mein Magen zieht sich zusammen, so überwältigend und erhaben finde ich das, was ich sehe. Der Blick weitet sich, es ist so viel Himmel da. Ringsum erhebt sich mächtig und ewig die faszinierende Berglandschaft. Ich sehe ins Tal hinunter, kann die Straßen erkennen und ganz winzig kleine Autos. Seltsam, wenn ich mir vorstelle, dass die Leute dort unten ihrem ganz normalen Alltag nachgehen, während ich hier oben so entrückt von allem bin.

In der Bibel spielen Berge oft eine besondere Rolle. Es ist da von „heiligen Bergen“ die Rede. In ihrer Nähe begegnen die Menschen Gott. Auf so einem heiligen Berg hat Gott Mose seinen Namen gesagt. Er sagte: „Mein Name ist: ‚Ich bin da.‘“

Und wenn ich oben auf dem Gipfel bin und es im Magen zieht, weil die Berge so groß sind und der Himmel so nah; weil die Menschen dort unten so weit weg sind und wir doch zueinander gehören – dann verstehe ich, warum die Menschen damals geglaubt haben, Gott wohnt vielleicht in einem solchen Berg.

Ich glaube, was ich fühle, ist so etwas wie Ehrfurcht. Ich komme mir ganz schön klein und unbedeutend vor. Ein bisschen verloren. Aber gleichzeitig bin ich glücklich, dass ich so etwas sehen und fühlen kann. Und das Glück und die Ehrfurcht werden noch mehr, wenn ich daran denke, was Mose auf dem Berg gehört hat. Dass Gott sagt: „Ich bin da.“

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

15JUL2024
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Im Sommer verbringen viele Menschen gerne Zeit in ihrem Garten. Die einen mögen es dort ordentlich: Sie schneiden die Rasenkanten, zupfen Unkraut und genießen es zu sehen, wie alles wächst und gedeiht, so wie sie es sich vorgestellt haben. Die anderen sind Nutzgärtner und ziehen mit Hingabe Tomaten, Kräuter und Kartoffeln. Und das selbst gezogene Gemüse schmeckt dann ganz besonders gut.

Wieder andere mögen es, der Natur ihren Lauf zu lassen. Sie sorgen dafür, dass Wasser in der Vogeltränke ist und schneiden ab und zu die pieksenden Rosenranken zurück. Ansonsten freuen sie sich über alles, was wächst, ohne viel Arbeit zu machen.

So verschieden die Menschen das mit der Gartenarbeit auch angehen, eines merken sie alle:
Es wird schwieriger, den Garten im Sommer am Leben zu erhalten. In den letzten Jahren musste ich mir Gedanken darum machen, wann, wie oft und zu welcher Tages- oder noch besser Nachtzeit ich kostbares Wasser zum Gießen einsetze. Dieses Jahr ist es mir bisher viel zu nass, um überhaupt in den Garten zu gehen. Außerdem sind wegen des Hochwassers im Frühsommer die Schnaken wirklich eine Plage.

Alles irgendwie anders als früher, und natürlich weiß ich, woran das liegt: Die Klimakrise hat begonnen. Künftig brauche ich in meinem Garten Pflanzen, die mit langen Dürreperioden klarkommen, aber auch Starkregen überstehen.

Und die, die bereits eine Hochwasserkatastrophe erlebt haben, oder die, bei denen gar nichts mehr wächst oder die meilenweit in der Hitze laufen müssen, um an einen Eimer Wasser zu kommen – die haben ganz andere Sorgen als ihre Rasenkanten, ihre Tomatenschößlinge oder den besten Schattenplatz für ihre Liege zu finden.

Einmal wird Gott in der Bibel als Gärtner beschrieben, der abends durch seinen schönen, kühlen Garten Eden geht.

Seitdem haben wir Menschen ihm ganz schön ins Handwerk gepfuscht. Höchste Zeit, mehr für das Klima zu tun – um unsretwillen.

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SWR1 Anstöße sonn- und feiertags

14JUL2024
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Die Hängematte im Garten ist mein Lieblingsort. Denn von da kann ich den Himmel sehen. Es beruhigt mich, wenn ich dort liege und nach oben gucke. Das liegt nicht nur am sanften Schaukeln meiner Hängematte. Es tut mir auch gut, die Blickrichtung zu ändern.

Ich denke hier nicht mehr an meinen Schreibtisch und auch nicht an mein Handy; nicht an den klebrigen Boden in der Küche und auch nicht an das, was im Garten noch zu tun wäre. Ich lese hier keinen Newsticker und keine InstaPosts.

Stattdessen gucke ich nach oben und sehe zu, wie die Äste des Baumes in den Himmel wachsen. Mein Blick folgt den Wolken, ab und zu flattert ein Vogel durchs Bild.

Der Kopf wird frei, die Seele wird leichter. Der Himmel über mir ist so weit. Und da soll Gott sein. Das sagt man doch so: „Unser Vater im Himmel“. Und wenn er wirklich dort wäre – heißt das, er hat da eine entspannte Zeit, liegt in seiner Wolkenhängematte und lässt sich vom Wind schaukeln? Fern von all dem, was uns im Großen und Kleinen so beschäftigt, bedrückt und beängstigt? Das wär natürlich schön für ihn. Aber ich glaube, so ist es nicht.

Für mich hier auf der Erde bedeutet der Blick in den Himmel, zu wissen, dass es mehr gibt als mein Alltags-Klein-Klein. Der Himmel über mir ist derselbe wie der über meinen Freunden und meinen Feinden. Derselbe Himmel über denen, denen es gerade richtig gut geht und über denen, die Angst haben, wenn Flugzeuge kommen und Bomben werfen.

Derselbe Himmel über allem, was Menschen Gutes und Großzügiges tun und über dem, was kleinlich und selbstgerecht ist. Der Himmel ist so weit. Und was ich von hier aus sehe und weiß und kann ist winzig.

Und Gott - im Himmel? Er schaut auf mich. Und auf die anderen. Sieht all das. Weiß um all das. Das Kleine in meinem Alltag. Das Große, das mir zu viel ist. Und ich hoffe, dass er nicht beim Zuschauen bleibt. Ich hoffe, er hat Erbarmen mit all dem und segnet die, die er sieht.

Er schaut nach unten. Und sieht mich. Ich schaue nach oben. Und kann mal wieder von mir absehen. Denn da ist noch mehr. Unter diesem weiten Himmel.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

25MAI2024
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Schwarzwälder Kirsch und Himbeer-Sahne – das steht auf Inges und Günthers Kaffeetafel zur Auswahl. Schwarzwälder Kirsch, weil das Günthers Lieblingstorte ist, und Himbeer-Sahne, weil Inge die am liebsten mag. Und dann gibt es noch Butterkuchen, für die Enkelkinder.

Günther und Inge haben etwas zu feiern. Sie sind seit 50 Jahren verheiratet. Ihre Gäste tummeln sich heute im Wohn- und Esszimmer.

Alle bewundern die liebevolle Dekoration: Die feinen Tischdecken, die noch von Tante Liesel bestickt wurden, dazu das kostbare Geschirr und farblich passende Blümchen in zierlichen kleinen Vasen.

Gerade haben die Inge und Günther erzählt, wie sie sich kennengelernt haben, damals, als Günther zur Ausbildung in den Betrieb von Inges Eltern kam. Dann, zwischen Kaffee, Sahnetorte und Prosecco erzählen die beiden kichernd, wie sie sich heimlich in der Mittagspause getroffen haben.

Und jetzt sind sie also schon 50 Jahre verheiratet.

„Was ist denn euer Geheimnis? Wie habt ihr das geschafft?“ fragt ihre Nachbarin, während sie die Kuchengabel weglegt und ihre Serviette zusammenfaltet.

Die beiden schauen sich verschmitzt an, und Inge lacht: „Ach, mit der Zeit lernt man, nicht mehr so schnell beleidigt zu sein. Dann geht´s schon.“

Und schnell wird klar: Das Geheimrezept von Inge und Günther ist keines, das von rosa Brillen und Romantik erzählt. Sondern eher davon, wie man Kompromisse schließt und über Bedürfnisse spricht, wie man verhandelt und nachgibt, wie man lernt, einander weniger zu verletzen und wieder aufeinander zuzugehen, wenn es doch passiert ist. Und vor allem, das betont Günther noch einmal, hat es ihnen immer wieder geholfen, wenn sie sich selbst nicht zu ernst zu genommen haben.

„Wenn ich könnte, würde ich euch das Rezept ja aufschreiben“, sagt Inge am Ende und fährt mit dem Finger die Stickereien auf der Tischdecke nach. Aber das kann sie leider nicht. Denn die Zutaten, so sagt sie, die könne man leider nicht kaufen. Manche könne man sich erarbeiten.

Aber die meisten, sagt Inge, die meisten bekäme man wohl geschenkt, weiß der Himmel woher.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

24MAI2024
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Nirgendwo kann ich mich so herrlich aufregen wie beim Autofahren.

Besonders, wenn ich durch diese eine enge Straße fahre. In der muss man sich immer in die nächstbeste Lücke quetschen, wenn einem jemand entgegenkommt. Wenn dann aus beiden Richtungen mehrere Autos gleichzeitig kommen, kann es passieren, dass erstmal gar nichts mehr geht. Jede und jeder beharrt auf seinem Recht, zuerst fahren zu dürfen – nur, wenn es eben einfach zu eng ist, dann kann das eine echte Geduldsprobe werden.

Manchmal geht es auch ganz reibungslos. Dann merke ich schon beim Näherkommen, dass der andere auch abbremst oder seine Fahrtrichtung korrigiert. Und ich spüre irgendwie, dass wir die gleiche Idee davon haben, wie wir am elegantesten aneinander vorbeikommen und wer jetzt am besten zuerst Gas gibt. So mag ich das. Manchmal hilft auch eine nette Geste oder ein kurzes Blinken, und dann läuft´s.

Das ist ja auch außerhalb des Straßenverkehrs nett: Wenn nicht jeder einfach stur auf seinem Recht besteht, ohne nach links oder rechts zu gucken. Sondern wenn Menschen gemeinsam vor einer Situation stehen und es ihnen gelingt, diese elegant und ohne viele Diskussionen zu lösen. Vielleicht sogar mit einem Lächeln.

Sei es in der Schlange beim Bäcker, wenn nicht klar ist, wer als nächstes bedient wird.

Unter Kolleginnen, wenn es darum geht, wer wann in die Mittagspause geht.

Oder in der Familie, wenn es gilt, viele Interessen unter einen Hut zu bekommen.

Ein bisschen Kulanz gehört dazu. Ein bisschen Entgegenkommen, Ab- und Zugeben, ein bisschen Geduld.

In der Bibel ist einmal die Rede davon, dass man sich solche Verhaltensweisen bewusst „anziehen“ kann, wie ein Kleidungsstück. Da heißt es: „Legt nun das neue Gewand an.

Es besteht aus herzlichem Erbarmen, Güte, Demut, Freundlichkeit und Geduld.“ (Kol 3,12)

Solche Kleidungsstücke könnten für mehr Eleganz im Umgang miteinander sorgen.

Vielleicht zieh ich mir so eins an, wenn ich mal wieder mit dem Auto wohin muss und es eng wird.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

23MAI2024
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Petra steht am Spülbecken in ihrer Küche und heult. Ihre Hände im lauwarmen Wasser schrubben mechanisch das Fett von der Pfanne. Und die Tränen laufen. Sie hat sich lange im Griff gehabt. Aber es ist einfach alles zu viel. Auf der Arbeit immer neue Aufträge und immer neuer Knatsch mit den Kolleginnen. Zuhause die Bedürfnisse ihrer Kinder und die Hausarbeit, die nie aufhört. Gleich wartet noch ein Telefonat mit ihrer Mutter. Petra macht sich Sorgen, wie lange ihre Eltern noch alleine zurecht kommen. Und eigentlich wollten Petra und ihr Mann endlich mal den Sommerurlaub planen. Aber dazu kommen sie irgendwie nie.

Es ist einfach alles zu viel. Manchmal kommt Petra sich vor wie eine Löwenbändigerin im Zirkus. Die alle Löwen immer im Blick behalten muss.

„Was für ein Quatsch“, denkt Petra, „Reiß dich zusammen.“

Sie trocknet sich die Hände ab und will wenigstens noch ein bisschen aufräumen, bevor sie ihre Mutter anruft.

Seufzend sammelt Petra die Filzstifte ihres Jüngsten vom Küchentisch. Das aufgeschlagene Freundebuch eines Klassenkameraden erinnert sie daran, dass ihr Sohn noch ein Foto braucht, um es dort einzukleben. Petra liest, was er in den Steckbrief eingetragen hat. Lieblingsessen: Spaghetti. Lieblingstier: Löwe. Traumberuf: Tierforscher oder Arzt. Und dann steht da:

Mein größtes Vorbild: Mama, Papa, Oma, Opa, und Jesus.

Petra muss lachen. Und es kullert noch eine Träne.

Die Löwen, ja, die sind noch da.

Aber sie sind nicht das Einzige. Sie sind nicht das, was Petras Wirklichkeit allein bestimmt. Da ist noch etwas anderes.

Etwas, das ihr Kraft gibt.

Es ist schwer zu greifen und schwer in Worte zu fassen.

Es ist eine Ahnung davon, wofür es sich zu leben lohnt.

Es ist die Gewissheit, dass sie nicht allein ist mit ihren Löwen.

Es ist das Festhalten daran, dass es eine Zukunft geben soll, die anders ist als das, was sie heute bedrückt.

Es ist Vertrauen. Und Liebe. Und es ist Hoffnung.

Petra hebt den Hörer ab und wählt die Nummer ihrer Mutter.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

22MAI2024
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Meine Freundin sitzt vor mir und hält sich an ihrer Kaffeetasse fest. Sie sieht erschöpft aus. Ich frage, ob sie noch etwas braucht. Sie antwortet: „Alles gut.“

Ein Pärchen streitet sich. Eigentlich ging es um eine Kleinigkeit, doch dann hat ein Wort das andere ergeben. Er will nicht mehr diskutieren und sagt: „Alles gut.“

Ein Kind weint. Es klettert auf Papas Schoß. Der schließt es in die Arme, wiegt es hin und her und flüstert: „Alles gut.“

„Alles gut“ – das höre ich oft. Zwei kleine Wörtchen, die von Menschen in unzähligen und ganz unterschiedlichen Situationen benutzt werden.

Von der Freundin, die grad einfach nicht mehr kann. Sie sagt „Alles gut“ und meint eigentlich: „Alles ist grad Mist. Aber gut, dass ich einen Moment hier bei dir sitzen kann.“

Von dem Mann, der nicht schon wieder streiten will. Er sagt „Alles gut“, und meint eigentlich: „Können wir es vielleicht für heute gut sein lassen?“

Von dem Papa, der sein Kind trösten will. Er sagt „Alles gut“ und meint damit: „Ich bin hier, hab keine Angst.“

„Alles gut“ – zwei kleine Wörtchen, die manchmal gerade dann benutzt werden, wenn eben nicht alles gut ist.

Oft sagt dann jemand „alles gut“, um sein Gegenüber zu entlasten. Vielleicht auch, um sich selbst zu entlasten. Um der Situation, die nicht gut ist, die Wucht und Schwere und Dramatik zu nehmen.

Manchmal ist es vielleicht auch eher ein Wunsch: Dass alles gut wird.

Aber damit daraus dann ein wahrer Satz wird, fehlt oft noch etwas:

Ein wenig Zeit. Ein wenig Zuversicht.

Ein wenig Festhalten und Vertrauen.

Oder ein wenig Loslassen und Vertrauen.

In der Bibel steht, dass wir nicht allein sind mit dem Wunsch, dass für uns alles gut wird. Gott sagt: Mein Plan mit euch steht fest: Ich will euer Glück und nicht euer Unglück. Ich habe im Sinn, euch eine Zukunft zu schenken, wie ihr sie erhofft. (Jeremia 2̈9,11 Gute Nachricht Bibel)

Noch ist nicht alles gut. Aber alles kann gut werden. Und bis dahin gibt es die kleinen Momente, in denen es schon hilft, wenn wir füreinander da sind. Alles gut.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

21MAI2024
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Neulich ist mir was Peinliches passiert:

Ich war auf einer Tagung mit lauter fremden Leuten. Mittags wollten wir zusammen Essen gehen. Und auf dem Weg zum Lokal habe ich festgestellt, dass ich mein Geld zu Hause vergessen hatte. Ich habe hektisch in meiner Tasche gekramt und leise vor mich hin geflucht.

Eine der anderen Teilnehmerinnen hat mich gefragt, was los ist – und dann gesagt: „Kein Problem, ich lade Sie ein.“ Das war mir total peinlich. Von einer Fremden etwas anzunehmen.

Aber ich hatte keine Wahl. Also habe ich ein günstiges Gericht bestellt, auf Kosten der Frau gegessen und mich geschämt. Ich schäme mich übrigens für so manches. Ich schäme mich für die Fehler, die mir passieren. Ich schäme mich, wenn ich etwas nicht gut kann. Ich schäme mich für Dinge, die ich gesagt oder getan habe und für Dinge, die ich nicht gesagt oder getan habe. Auch für Dinge, die ich bloß gedacht habe, oder weil ich mir über manches noch nie Gedanken gemacht habe.

Die Scham kommt fast immer zusammen mit der Angst. Mit der Angst, jemand könnte enttäuscht sein.Mit der Angst, jemand könnte schlecht über mich denken. Mit der Angst vor dem Urteil der anderen. 

Aber manchmal passiert etwas, das die Scham kleiner werden lässt. Mit der Frau, die mich zum Essen eingeladen hat, habe ich noch eine richtig lustige Mittagspause verbracht. Wir haben beschlossen, dass es doch ganz schön ist, einfach mal was geschenkt zu bekommen im Leben. Und dann hat sie noch Schokomousse für uns beide bestellt.

Die Bibel erzählt davon, dass wir von Gott auch etwas geschenkt bekommen, und zwar einfach so: Seine Gnade. Das heißt eigentlich nichts anderes, als: Gott will nicht, dass wir uns vor ihm schämen. Vor ihm braucht uns nichts peinlich zu sein.Wir sollen keine Angst vor seinem Urteil haben.Uns alle sieht Gott nämlich so an, wie wir sind.Auch das, wofür wir uns schämen, sieht er. Und er sagt: „Hier – ist meine Liebe. Ich schenk sie dir.“

Es ist gar nicht so leicht, das anzunehmen. Aber könnte ja eigentlich ganz schön sein, einfach mal was geschenkt zu bekommen im Leben.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

31JAN2024
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Das Sams ist ein seltsames kleines Wesen aus dem Kinderbuch von Paul Maar. Es ist verfressen und frech, und es hat blaue Punkte auf dem Körper: Wunschpunkte. Mit denen kann es auf magische Weise jeden Wunsch erfüllen. Das Sams wohnt bei Herrn Taschenbier, und eines Tages sagt es zu ihm:
"Das ist mein allerletzter Wunschpunkt. Den kannst du meinetwegen abwünschen. Aber Vorsicht, dass du nicht wieder Fehler machst!"

Das richtige Wünschen muss Herr Taschenbier nämlich erst lernen. Wünsche müssen genau überlegt sein. Sonst kann es passieren, dass man sich wünscht, einmal am Nordpol zu sein – und plötzlich das eigene Zimmer voller Eis und Schnee und Eisbären ist.

Wer beim Wünschen Fehler macht, muss damit rechnen, dass er Chaos stiftet – und etliche Wünsche verbraucht, um alles wieder in Ordnung zu bringen. Besonders knifflig wird es, als Herr Taschenbier sich verliebt und wünscht, dass seine Liebe erwidert werden soll. Denn: kann eine herbeigezauberte Liebe überhaupt echt sein?

Am Ende der Geschichte mit dem Sams steht für mich die Erkenntnis: Die Erfüllung all meiner Wünsche klingt verlockend – aber sie würde mich nicht glücklich machen. Wer jeden Wunsch sofort erfüllt bekommt, wird schnell gleichgültig. Zu träumen und zu hoffen hat dann keinen Platz mehr. Und wenn es nicht nötig ist, dass ich mich für etwas anstrenge, ist eigentlich alles egal, was ich tue.

Es wäre wahrscheinlich klüger, es so zu machen wie König Salomo, von dem die Bibel erzählt, dass Gott ihm einen Wunsch erfüllen will. Salomo könnte sich alles Mögliche wünschen: Reichtum, oder dass seine Feinde tot umfallen. Doch er wünscht sich, dass Gott ihm hilft, gut für sein Volk zu sorgen und die richtigen Entscheidungen zu treffen. Gott erfüllt diese Bitte und schenkt Salomo „ein weises und verständiges Herz.“ (1.Kön 3,5-12)

So ein Herz wünsche ich mir auch. Und vielleicht ist dieser Wunsch ja schon der erste Schritt zur Erfüllung.

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