Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

25MAI2024
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Schwarzwälder Kirsch und Himbeer-Sahne – das steht auf Inges und Günthers Kaffeetafel zur Auswahl. Schwarzwälder Kirsch, weil das Günthers Lieblingstorte ist, und Himbeer-Sahne, weil Inge die am liebsten mag. Und dann gibt es noch Butterkuchen, für die Enkelkinder.

Günther und Inge haben etwas zu feiern. Sie sind seit 50 Jahren verheiratet. Ihre Gäste tummeln sich heute im Wohn- und Esszimmer.

Alle bewundern die liebevolle Dekoration: Die feinen Tischdecken, die noch von Tante Liesel bestickt wurden, dazu das kostbare Geschirr und farblich passende Blümchen in zierlichen kleinen Vasen.

Gerade haben die Inge und Günther erzählt, wie sie sich kennengelernt haben, damals, als Günther zur Ausbildung in den Betrieb von Inges Eltern kam. Dann, zwischen Kaffee, Sahnetorte und Prosecco erzählen die beiden kichernd, wie sie sich heimlich in der Mittagspause getroffen haben.

Und jetzt sind sie also schon 50 Jahre verheiratet.

„Was ist denn euer Geheimnis? Wie habt ihr das geschafft?“ fragt ihre Nachbarin, während sie die Kuchengabel weglegt und ihre Serviette zusammenfaltet.

Die beiden schauen sich verschmitzt an, und Inge lacht: „Ach, mit der Zeit lernt man, nicht mehr so schnell beleidigt zu sein. Dann geht´s schon.“

Und schnell wird klar: Das Geheimrezept von Inge und Günther ist keines, das von rosa Brillen und Romantik erzählt. Sondern eher davon, wie man Kompromisse schließt und über Bedürfnisse spricht, wie man verhandelt und nachgibt, wie man lernt, einander weniger zu verletzen und wieder aufeinander zuzugehen, wenn es doch passiert ist. Und vor allem, das betont Günther noch einmal, hat es ihnen immer wieder geholfen, wenn sie sich selbst nicht zu ernst zu genommen haben.

„Wenn ich könnte, würde ich euch das Rezept ja aufschreiben“, sagt Inge am Ende und fährt mit dem Finger die Stickereien auf der Tischdecke nach. Aber das kann sie leider nicht. Denn die Zutaten, so sagt sie, die könne man leider nicht kaufen. Manche könne man sich erarbeiten.

Aber die meisten, sagt Inge, die meisten bekäme man wohl geschenkt, weiß der Himmel woher.

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