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Mit Mechthild Werner, guten Morgen. „Ich hab´ eine Stinkwut …“, sie greift die Vase, „ich hab´ jetzt wirklich“, die Hand zittert wie ihre Stimme, sie verschwindet im Büro unseres Vaters, „genug“, hören wir Kinder im Flur. Knall, bumm, klirr. Die Vase ist wohl nicht mehr. Stille. Lange regt sich nichts. „Ach, komm her“, hören wir dumpf die Stimme unseres Vaters. Und preschen durch die Tür. Mama stupst mit dem Fuß in die Scherben. „Muss ich aufkehren“, sagt sie - und lächelt leise.
Püh. Nur einmal hab ich sie so erlebt, in all den Jahren, die sie ihren Mann und uns Kinder getragen und sicher manchmal ertragen hat: Meine Mutter, liebevoll, rücksichtsvoll, ruhig. So war und ist sie - weil es ihr Wesen ist. Aber sicher auch, weil sie Frau ist. Pfarrfrau noch dazu. Und Wut gehört nicht ins Pfarrhaus. Gut, Jesus hat mal gewütet, die Tische der Geschäftemacher im Tempel umgeworfen. Aber er war ein Mann. Und ja, es gibt sowas wie den Heiligen Zorn, der mich auch packt, wenn andere einfach nerven. Wenn die halbe Welt verrückt spielt. Wenn Wutbürger im Netz ihren Hass ausspucken. Nein, ich will eigentlich nicht wütend sein. Schon gar nicht auf jemanden.
Aber was, wenn die Wut genau aus diesem Grund manchmal raus muss? Das geht in einem „Rage Room“, zu deutsch „Wutraum“ oder „Randalezentrale“. Es gibt einige Namen für diese Räume und einige Orte, wie in Stuttgart. Baseballschläger in die Hand und los schlagen - auf Gläser, Geschirr, Computer oder Autos, dass es nur so kracht. Hier darf man kontrolliert wüten. Oder besser frau. „Ich dachte, es kommen Politiker oder Banker“, meint der Wutraum-Chef, „aber es sind zu 70 Prozent Frauen. Hausfrauen, Krankenschwestern, Erzieherinnen - die sonst brav alles runterschlucken.“ Klar, gestaute Wut frisst einen auf. Also lieber raus damit. Geht ja auch mit einer Vase daheim. Hauptsache danach wieder aufkehren, aufatmen - und lächeln können.
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Mit Mechthild Werner, guten Morgen. „Gott sei Dank.“ Das sagt sich so dahin. Aber was heißt das eigentlich? Ganz einfach: Nicht eben so dahinleben. Sondern bewusst und achtsam. „Drei Dinge, zum Dankesagen, jeden Tag“, meint die Theologin Dorothee Sölle. Ich habe drei.
Ein Moment in aller Frühe. Alle schlafen noch. Nur die Vögel im Garten üben Tonleitern. Ich öffne die Balkontür. Die Schwüle der Nacht drückt sich nach draußen. Die Wäsche auf dem Balkon riecht nach Spätsommer. Ich blinzle müde in den Himmel. Blassblau, weiß, wunderbar. Der Morgen sieht aus wie frischgewaschen. So fühlt sich Frieden an, denke ich. DANKE.
Dann – zweiter Moment - im Bad. Fast wäre ich auf ihn getreten. Auf den Fliesen vorm Waschbecken räkelt sich Kater Koschka. Kaum zu sehen, rotwuschlig sein Fell auf dem dunkelroten Stein. Er dreht sich wohlig auf den Rücken, maunzt, die Grünaugen sagen: streichle mich. Und schon als ich mich bücke, ein Schnurren. Den Bauch Richtung Fenster und Morgensonne. Unbeschwert, ganz im Moment. Wie früher, meine Sommertage auf der Wiese am See. Der Kater erinnert mich daran: Lebe! Ja, ich lebe. Gott sei DANK.
Als ich die Treppe runtergehe – dritter Moment - winkt sie aus der Türe: Gisela, unsere gute Seele im Haus, 92 Jahre alt. „Ich muss dir was erzählen“. Wie lange konnte sie nicht mal mehr stehen vor Schmerzen. Wie oft habe ich bei ihr am Klinikbett gesessen. Wie oft hat sie gemeint, ins Pflegeheim zu müssen. „Meine Enkelin in Frankreich ist schwanger. Ich krieg ein Urenkelchen…“, sagt sie heiser vor Aufregung, „Gott sei Dank geht´s mir besser, ich soll nach Paris, meinst du, ich schaffe das?“ „Aber ja“, sag ich. So glücklich und jung hat sie lange nicht ausgesehen. DANKE, Gott.
Drei Dinge, jeden Tag zum Danken. Das lässt sich versuchen. Vielleicht werden es sogar täglich mehr.
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„Wir schaffen das“. Dieser Merkel-Satz ist zehn Jahre alt. Er erinnert mich daran, wie viele Menschen lange vor 2015 bei uns angekommen sind, die längst bei uns schaffen und sich nach Kräften einbringen. Wie Mitra Kassai.
2015 war auch für sie ein schicksalhaftes Jahr: Die erfolgreiche Kultur- und Musikmanagerin aus Hamburg kann nicht mehr arbeiten. Sie ist ausgebrannt, muss Pause machen und ihr Leben neu ordnen. „Ich wollte etwas Neues, Sinnstiftendes machen – und bin schließlich beim alten gelandet und bei den Alten“, sagt sie lachend.
Kassai, Tochter einer Deutschen und eines Iraners, engagiert sich nach dem Burnout ehrenamtlich in einem Alten- und Pflegeheim. „Da geht dieser ältere Herr im Tweedanzug an mir vorbei. Ich denke, es gibt ein Konzert im Haus. Aber nein, er ist zum Mensch-ärgere-dich-nicht-Spielen gegangen. Da hab ich gedacht, bitter, das war sein Höhepunkt der Woche.“
Mitra Kassai denkt, „da muss ich was machen.“ Und macht, was sie kann: Sie managt und gründet die Initiative „oll inklusiv“. Kassai organisiert Konzerte für alte Menschen, Malkurse, Ausflüge, Rikschafahrten an der Elbe. Und ihr Lieblingsprojekt: Der Sonntagmittag-Tanzkaffee. „Jeder ab 60 darf kommen, außer Nazis“, sagt sie verschmitzt.
Die „Senioren und Senioritas“, wie sie sie nennt, treffen sich zum Tanzen nicht im Heim, nein, mitten auf der Reeperbahn. „Auch wer alt ist, gehört mitten ins Leben“, meint Kassai, „ich freue mich jeden Tag, wenn sich die Älteren wieder jung fühlen, neue Freunde finden, manche sogar eine neue Liebe“. Inzwischen hat sie 40 Menschen gewonnen, die ebenfalls ehrenamtlich mitarbeiten: „Ich will immer was machen, was verändert haben, wenn ich von dieser Welt gehe. Das gibt mir Hoffnung“, sagt sie. Mitra Kassai, für mich eine iranisch-deutsche Hoffnungsfrau.
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Zehn Jahre „Wir schaffen das“. Was für ein Satz – Hoffnung pur - aus dem Mund von Bundeskanzlerin Merkel. Unzählige Freiwillige haben mitgehofft, geholfen und es geschafft, dass Geflüchtete frei in Deutschland leben können. Und es selbst schaffen.
Wie Ryyan Alshebl. Aus dem schwäbischen Ostelsheim. Rund 3000 Einwohner hat der Ort, keiner davon wollte Bürgermeister werden. Alshebl schon. Im April 2023 ist er mit großer Mehrheit gewählt worden. Er, ein Syrer, aus einem Dorf bei Damaskus, wird Bürgermeister in einem Dorf im Schwarzwald. Und das mit 30 Jahren. Nur acht Jahre zuvor, 2015, war er „einer von denen“, die zu uns gekommen sind. Damals 21 Jahre alt, ohne ein Wort Deutsch im Gepäck.
Gleich nach der Flucht paukt er Vokabeln, geht in den Sportverein, bewirbt sich um ein Praktikum im Rathaus. Und bald um das Bürgermeisteramt. „Die meisten waren erst zurückhaltend“, sagt er, „aber wenn man ihnen gut zuhört…“ Als er seine Vorstellungsrede hält, ist das Bürgerhaus voll. „Demokratie kann doch begeistern “, sagt er, mit schwäbischem Einschlag.
Alshebl sucht Fachkräfte für Kitas, arbeitet an besserem Nahverkehr und möchte - nachdem das letzte Lokal im Ort geschlossen hat - ein Dorfcafé aufmachen. „Die Leute sollen nicht nur vor der Glotze hocken, wir brauchen einander. Die Kirchengemeinde unterstützt mich dabei“, sagt er. Auch bei weiteren ehrgeizigen Zielen: Ostelsheim soll klimaneutral werden. Und zwar bald.
„Einfach ist das nicht als Bürgermeister“, meint er, „aber meine Eltern haben mir beigebracht, dass es Wichtigeres gibt als das bloße Überleben“. Nur einmal war das anders. Auf dem viel zu kleinen Schlauchboot, mit 47 weiteren Menschen. 30 km übers offene Meer. „Die Hoffnung hat uns getragen“, sagt Alshebl ernst, „die geb ich nie auf.“ Ryyan Alshebl – für mich ein syrisch-schwäbischer Hoffnungsmensch.
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Wieder September - „Schöpfungszeit“. Jedes Jahr erinnern die Kirchen daran, die Schöpfung zu bewahren. Wir sollen sie gut behandeln, unsere Erde. Ja, das wissen wir. Und doch wieder ein Jahr der Rekorde: Hitze, Brände, Überschwemmungen. Auch das wissen wir. Und tun zu wenig dagegen. Man könnte verzweifeln an uns Menschen.
Vielleicht fehlt zum Wissen noch etwas anderes: die Weisheit und die Liebe zur Schöpfung. Vielleicht fehlt uns Sophia. "Ich war fröhlich, dass es den Erdkreis gab, und hatte meine Freude an den Menschen." So erzählt sie in der Bibel: Sophia, griechisch „die Weisheit“. Wie sie sich freut, über unsere Erde und uns Menschen. Wie sie lacht und tanzt, mit Gott, dem Schöpfer.
Wer Sophia, also „Weisheit“ heute im Internet googelt, findet schnell den Satz: „Ich habe unendlich große Weisheit.“ Gesagt von einem Politiker, der über alles und alle hinweg-trumpelt. Mit diesen Schlag-drauf-und-Schluss-Lösungen die manchen auch hierzulande gefallen: „Klimawandel, alles nur fake news“ oder „alles die Chinesen, wir können eh nix ändern.“
Pseudoweisheiten aus dem Bauch heraus. Da schüttelt Sophia nur den Kopf. Denn sie hat Kopf und Bauch. Und Hand und Fuß dazu. „Weisheit ist die Fähigkeit, bei Herausforderungen die sinnvollste Handlungsweise zu finden“, lautet die Definition für Weisheit. Sophia oder lateinisch Sapientia. Wie „Homo Sapiens.“ Der Mensch ist geschaffen, weise zu handeln. Klug und weitsichtig.
„Wir schaffen das“, hat Angela Merkel vor zehn Jahren gesagt. Ein Satz, den sie nie bereut habe. „Ja, wir müssen weiter für Menschen da sein“, meint sie jüngst in einem Interview „und beherzter den Klimaschutz angehen“. Das habe sie versäumt. „Aber wir schaffen vieles, wenn wir Fehler eingestehen. Und neu anpacken“. Da tanzt und lacht Sophia. Denn das ist wirklich weitsichtig.
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Lina. Meine beste Freundin in Schulzeiten. Ich schwärme für Paul Newmann, sie für Romy Schneider. Und für die Englischlehrerin. „Bin ich normal?“ Lesbisch. In den 80ern wird das Wort nur geflüstert. Voller Scham.
„Ist das die richtige Flagge?“, fragt Kollegin Petra. Die Flagge mit den Regenbogenfarben weht am Kirchenamt in Speyer. Nicht leicht, die aktuellen LGBTQA+ Abkürzungen oder Flaggen zu kennen. Aber es ist wichtig, Farbe zu bekennen für Menschen, die anders leben und lieben, also queer. Vor ein paar Tagen lief die erste queere Demo, Christopher Street Day, in Kaiserslautern, mit Auftakt in der Kirche. Das hätte er nicht geahnt:
Martin. Vor fast 30 Jahren war er mein Interviewgast in einer TV-Sendung. “Ich bin schwul und Christ“, sagt er in die Kamera. Mutig. Die Zuschauerwutpost folgt. Besonders heftig von angeblich „frommen“ Christen. Ich habe mich geschämt. Und heute manchmal wieder. Wenn queere Paare bedroht und bespuckt werden. Wenn die „früher_war_alles-besser-Partei“ und andere in Politik und Kirche die Rückwärtsrolle machen.
Klar, es gibt sie längst, die Pfarrerin mit Ehefrau oder den Pfarrer mit Mann. Aber viele sprechen wieder vom Verfall christlicher Werte und schüren alte Ängste. Als wäre Queersein ansteckend, als wäre die gottgewollte Ehe gefährdet. Dabei hat die Bibel mit ihren Geschichten aus 3000 Jahren kein klares Familienbild. Sie kennt Leihmütter, verheiratete Bischöfe, Männer mit mehreren Frauen oder Ehemänner, die „beim Manne liegen“. Queere Paare, die sich lieben und miteinander leben, kennt die Bibel nicht.
Aber eins bleibt über die Jahrtausende gleich: Die Liebe ist das Größte. Das sagt auch Jesus. Der oft anders lebt und predigt als manche Moralapostel sich das wünschen - damals wie heute. Mein Fazit: Gott liebt uns Menschen. Kreuz und queer. Punkt.
SWR1 Anstöße sonn- und feiertags
Ich habe sie vor kurzem wieder besucht, „meine“ Kirche im Grünen. Dort geht mir immer wieder das Herz auf. Vor genau zehn Jahren war ich Gartenschaupfarrerin in Landau in der Pfalz. Der Kirchenpavillon steht noch dort und wird weiter belebt: Ein langer, offener Holzbau aus Lamellen, die mit dem Sonnenlicht spielen.
Vorn eine Himmelsöffnung, kreisrund, ein sogenanntes Opaion. Viele staunen darüber. Und finden es wunderbar, den Kopf fast in den Wolken zu haben. „Himmelgrün“ haben wir ihn genannt, diesen luftigen Pavillon. Eine Kirche ohne Tür. Das bedeutet, Menschen, die neugierig herankommen. Offene Münder, nach oben gereckte Gesichter. Ich sehe sie noch vor mir.
Die junge Frau etwa, geflüchtet aus Syrien, die nach oben ruft: "I am save, ich bin gerettet, praise the lord.“ Ich höre das Juchzen der Kinder, die ich getauft habe, am Bachlauf in der Nähe. So schlammig waren Tauffamilien selten - und selten so glücklich. Wie die Liebespaare, die ich unter freiem Himmel gesegnet habe. Einmal hätte ich fast abgebrochen, nach einem Wolkenbruch. Stühle, Bibel, Liedblätter: alles durchnässt. „Egal, segnen sie uns einfach“, bittet mich ein Ehepaar, 50 Jahre verheiratet und extra weit angereist. Also habe ich Hände aufgelegt und in strahlende Augen gesehen – unter klatschnassen Haaren.
Das ist das himmelgrün-Gefühl. Zwischen Wolken, Wind und Sonne. Sich gesegnet fühlen. Mitten im Garten, wo Gott im Liegestuhl lacht. So war´s - und so soll´s werden. Ich bin erneut Gartenschaupfarrerin, mit einem ökumenischen Team voller Ideen: in Neustadt an der Weinstraße, zur Landesgartenschau 2027. „Guck mal, ein grünes Schaf“, kichert der Junge auf dem Gartenschau-Baufest vergangene Woche, „leider nicht echt.“ Nun ja, die echten werden folgen. Warum ein Schaf als Motto-Tier? Tja, man und frau darf gespannt sein…
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„Machst du auch Trauungen unterm Riesenrad?“, so bin ich gefragt worden. Ja, ich war dabei. Zum Trau-Fest mit 80 Paaren auf dem Dürkheimer Wurstmarkt. Das erste Mal für uns als Kirche, für uns Pfarrerinnen und Pfarrer. Und für das Helferteam vor Ort. Bibel, Ballons und Segensbändchen: Alles ist gerichtet, im Weindorf, wo ich trauen darf.
Dann kommt Jasmin, ganz in Schwarz mit einem Blumenstrauß. Dramatisch geschminkt, die Haare zu Teufelshörnchen gedreht. Daneben Christian, auch edel schwarz, Gehrock, Silberstock. Gothics, Gruftis sind sie. „Echt, die Beiden traust du?“, raunt mir eine Dame aus dem Helferteam zu. Schon steht das Paar vor mir. So schwarz wie ich in meinem Talar. Christian strafft sich, Jasmin strahlt und weint zugleich. Der Moment ist ihnen heilig. Fernsehkameras und Schaulustige um uns herum sind vergessen.
"Liebe verliert nie die Hoffnung und hält durch bis zum Ende.“ Diesen Trauspruch haben die Beiden gewählt. Denn sie haben durchgehalten im 13. Jahr ihrer Ehe. Mit Krisen, Krankheiten und schließlich der Trennung. Es war zu Ende. Aber nur fast. „Wir lieben uns jetzt umso tiefer, wir fangen neu an, dazu brauchen wir Hilfe“, hat das Paar im Vorfeld gesagt. Eben darum bitten sie um Segen.
Zwei in Schwarz, bei denen viele rot sehen. Und denken, alle Gothics gleich Friedhofsschänder oder Kirchenfeinde. Aber wer sie mal kennenlernt… „Also ich muss sie beide jetzt umarmen“, sagt die Dame aus dem Helferteam, die zuvor so skeptisch war, „das war so schön, was ich über sie gehört habe, Gott segne sie!“ Jasmin schluchzt wieder. Christian drückt mich und meint „Wir sind so berührt von dieser Trauung“. Ich war es auch. Es tut einfach gut, wenn Kirche da ist, wo sie sein soll: nah bei den Menschen.
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Heute ist der internationale Mädchentag. Er erinnert an die Rolle und Rechte von Mädchen und Frauen. „Hier ist nicht Mann noch Frau“, alle sind gleich vor Gott, heißt es in der Bibel. Und ähnlich steht es in den Menschenrechten. Aber mit den Mädchenrechten steht es nicht überall gut. Viele haben keine Rechte, kennen sie nicht mal, weil sie nicht lesen und schreiben können.
Rund 140 Millionen Mädchen auf der Welt können keine Schule besuchen. Sie müssen sich Bildung erkämpfen. Wie Malala Yousafzai, geboren 1997 in Pakistan. Dort gehen damals nur die Jungen zur Schule. Aber ihr Vater, ein Lehrer, denkt fortschrittlich. Er gründet eine eigene Schule, auch für Mädchen wie seine Malala. Als sie zehn Jahre alt ist, ergreifen die radikalislamischen Taliban die Macht, zerstören Schulen und verbieten es - bei Strafe - Mädchen zu unterrichten.
Malala und ihr Vater lassen sich nicht einschüchtern. Sie kämpfen weiter für das Recht jedes Kindes auf Bildung. Dann ein Attentat: Auf Malala wird geschossen, ein Schuss trifft direkt in ihr Gesicht. Sie überlebt, wie durch ein Wunder. Die Welt ist entsetzt über den Anschlag auf ein 15jähriges Mädchen und mit ihr solidarisch. Malala wird noch mutiger, ihre Stimme noch lauter. Genau vor 10 Jahren, 2014, erhält sie den Friedensnobelpreis. Als jüngste Preisträgerin mit nur 17 Jahren.
Mädchen, Frauen – wir Frauen - können vieles erreichen, wenn wir denn dürfen. Dazu sollten wir nicht gegen Männer kämpfen müssen, sondern mit ihnen gemeinsam. Um das gleiche Recht für alle. Das Recht auf Bildung und Selbstbestimmung. Der Welt-Mädchentag heute erinnert daran: Mädchenrechte sind Menschenrechte.
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Mit Mechthild Werner, guten Morgen. „Sie wollen zu mir?“, eine Dame streckt den Kopf aus der Tür. „Nein, ich hab bei meiner Mutter geklingelt“, sage ich. Vor deren Tür stehe ich nämlich im Seniorenstift. Scheinbar hört sie mein Klingeln nicht. Dafür aber die Nachbarin im Appartement nebenan.
„Ich bin Papelmann“, sagt sie durch den Türspalt, „Ihre Frau Mutter ist nicht da, sie ist beim Sport…denke ich…“, sie fährt sich durch die graulila Haare, „ich vergess ja vieles, wissen Sie, ich bin… Ach, Sie können doch bei mir warten, komm Kindchen…“, und schon werde ich hineingezogen. In die Tür und in ihr Leben.
„Na ja, Kindchen bin ich nicht mehr“, sag ich lachend zu Frau Papelmann, die jetzt in Gänze vor mir steht. Lila Haare, Bluse im Leopardenprint, wild wie ihr Blick. Wild entschlossen. „Setzen. Wir trinken was, Kindchen. Gott, wie lang war niemand hier! Da machen wir gar nicht lang rum.“ Zwei Kristallgläser Sekt später weiß ich alles. Zumindest einiges über die Dame auf dem Plüschsofa. Boutiqueverkäuferin war sie. Schönes Haus, netter Mann - früh verwitwet, lang allein gelebt. Bis der Sohn meint, so geht´s nicht mehr, Mama.
„Seitdem sitz ich hier“, sie räuspert sich. „Ich vergess´ viel, aber nie, wie gut´s mir geht. Ja, mit dem da oben im Himmel red´ ich, dass er mich auch erstmal vergessen darf. Aber wenn er mich ruft, soll er nicht lang rum machen.“ „Ihr Wort in Gottes Ohr“, lache ich, „aber jetzt muss ich rüber zu meiner Mutter.“ „Welche Mutter?“ Frau Papelmann ist mit dem Vergessen vertraut. Und mit Gott. „Ich hasse wirklich Leute, die lang rum machen“, meint sie noch in der Tür, „aber der da oben wird´s schon richtig machen.“ Was für ein Gottvertrauen, denke ich, mache nicht lang rum und klingle bei Mama.
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