Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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26FEB2024
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 „Ich hab ja jetzt einen Baum“, sagt Freundin Monika, „im Friedwald, wo ich begraben werden möchte.“ Und sie erklärt begeistert, dass sie nun zu Dritt sind. Drei Mädels um die 60, irgendwann tot, unter einem Baum.

Ihr Freundeskreis war verblüfft. Doch bald, erzählt Monika amüsiert, haben einige gefragt: Darf ich auch noch dazu? „Aber ich sag nur Ja, wenn ich denjenigen mag, man will ja nicht neben irgendjemand liegen“, sagt sie. Wir lachen. „Doch, ernsthaft“, meint Monika, „es geht auch um Bindungen. Wir Drei treffen uns immer im Oktober an unserem Baum, mit Kaffee und Zwetschgenkuchen. Und feiern, dass wir noch leben“. Ich stelle mir vor, wie sie ratschen und lachen. Und es dazwischen bellt. Drei Freundinnen mit ihren Hunden im Friedwald. Ein Oktoberfest der besonderen Art.

„Ein Freund kann sich noch nicht entscheiden, aber er sollte es bald tun“, sagt Monika. Recht hat sie. Die nächste Reise planen, das kann ich auch noch Last Minute. Die letzte Reise empfiehlt sich, etwas früher zu planen - zumindest mein Reiseziel. „Wo will ich die Ewigkeit verbringen, also okay, nur mein Körper“, sagt die Freundin, „aber es ist doch wichtig, sich das zu fragen.“ „Ja“, sage ich, „wichtig und wunderbar.“

Wie die Drei von der Baumgruppe das Leben feiern, genau da, wo es endet. Das ist wunderbar. Jede Minute genießen und wissen: Eines Tages wird mein Körper Humus, der Kreis schließt sich, das Leben über mir lacht weiter. Das Wort Humor kommt übrigens von Humus. Da stehen Freundinnen am Grab, vielleicht Sohn oder Enkelin, kichern, reden über mich, als ob ich noch lebe. Irgendwann später kennt mich niemand mehr. Ein Hund schnüffelt, ein Junge pflückt ein Schneeglöckchen von meinem Grab. „Hej, wovon träumst du gerade“, reißt mich Monika aus den Gedanken. „Vom Sterben“, lache ich.

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