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20JUN2025
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Spielen Kinder heute eigentlich noch „Fangen“? Ich hoffe es. Ich hab das als Kind oft und gern gespielt. Dabei gab es immer einen bestimmten Ort, an dem man nicht gefangen werden durfte. Einen Türrahmen oder Treppenaufgang. Bei mir daheim hieß dieser Ort „Bodde“. Keine Ahnung, wie der woanders heißt oder wie man das auf Hochdeutsch sagt. Es war auf jeden Fall der Ort, an dem man kurz durchatmen konnte. Die Fänger durften nicht davor warten. Das wäre ja auch unfair. Man hätte sonst beim Loslaufen gar keine Chance zu entkommen. Aber man durfte da auch nicht ewig drin sein. Das wäre wiederum langweilig. Nur einen Moment. Und dann wieder losrennen und weiterspielen.

Ich habe bei mir zuhause eine Ort, wo ich jeden Abend bete, bevor ich ins Bett gehe. Dort hängt eine Christusikone an der Wand, ich zünde darunter immer eine Kerze an und setze mich dann davor auf meinen kleinen Kniehocker. Zurzeit habe ich auch das Gefühl, als würde ich fange spielen... In den Wochen vor der Sommerpause ist mein Kalender voll mit Gesprächen, und Terminabsprachen. Da ist dieser Ort abends meine persönliche „Bodde“. Mein Ort, wo ich kurz die Augen schließen kann und durchatmen. Wo mein Kalender und mein Laptop nichts verloren haben. Die dürfen nebenan im Büro warten. Hier können sie mich nicht gefangen nehmen.

Ich finde solche Orte sind unglaublich wichtig. Kleine Rückzugsorte. Sie müssen manchmal nicht größer sein als ein Türrahmen oder ein Treppenaufgang. Das kann auch mal eine Parkbank sein, ein Platz in einer Kirche oder eine Picknickdecke.

Aber wann können die Menschen im Gazastreifen einmal durchatmen? Wie kann man das, wenn man mit dem Gefühl leben muss, dass jeden Augenblick der nächste Türrahmen oder Treppenaufgang von einer Bombe zerfetzt werden könnte.  Oder die Menschen in der Ukraine. Die brauchen doch genauso Orte, wo sie den Krieg mal für einen Moment außen vor lassen können. Die ihnen, wenn auch nur kurz, das Gefühl geben, in Sicherheit zu sein. Ein paar Tage Waffenruhe. Korridore für die Zivilbevölkerung und die Transporte, die das Nötigste in die Kriegsgebiete für die Menschen dorthin schaffen. Dort ist es kein Spiel, sondern bitterer Ernst. Und es ist das Allermindeste, was Menschen brauchen!“

Denn auch, wenn ich keine Ahnung habe, wie „Bodde“ woanders oder auf hochdeutsch heißt, so sehr weiß ich doch, dass jeder diesen Ort nötig hat.

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18JUN2025
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Seit einem Vierteljahrhundert wohne ich nicht mehr zuhause bei meinen Eltern. Ich habe studiert und begonnen zu arbeiten. Aber meine Eltern wohnen immer noch auf ihrem Bauernhof. Inzwischen in Rente. Ohne Kühe.

Obwohl sich in dieser Zeit so viel verändert hat, ist eines geblieben. Ich habe immer noch meinen festen Platz am Esstisch zuhause. Das ist ein schönes Gefühl. Zu wissen: Egal, wo ich herkomme. Egal, wie lange ich schon nicht mehr zuhause war. Ich habe immer einen Platz an diesem Esstisch.

Morgen ist Fronleichnam. Und dieses Fest erzählt genau davon. Von einem Platz am Esstisch. Zentral an diesem Feiertag ist nämlich die biblische Geschichte, wie Jesus mit seinen Jüngern zu Abend gegessen hat, kurz bevor er getötet wurde. Dabei hat er Brot ausgeteilt und gesagt: „Dies ist mein Leib. Immer wenn ihr in Zukunft zusammensitzt und Brot brecht, erinnert euch an mich und daran, dass ich bei euch bin. Hier. In diesem Brot und in eurer Gemeinschaft. Egal, was passiert.“

Aus diesem Grund zeigt er ihnen das mit dem Brotteilen. Sie sollen sich daran erinnern, wie offen er mit Menschen umgegangen ist. Wie er unterschiedliche Menschen an einem Tisch zusammengebracht hat und mit ihnen gegessen hat. Dass jeder, egal, wie er war und wo er herkam an dem Tisch mit ihm Platz gefunden hat. Niemand musste allein sein.

Deshalb steht Fronleichnam auch dafür, wie großartig es ist, irgendwo immer einen Platz zu haben. Willkommen zu sein. Leider tut sich meine Kirche schwer damit, alle willkommen zu heißen. Zum Beispiel mit anderen Gottesdienst zu feiern, die nicht katholisch sind. Verstanden habe ich das noch nie. Die Entscheidung, ob jemand mitfeiert und zur Kommunion geht oder nicht, sollte jeder selbst treffen. Ich bin ja nicht der Gastgeber, sondern Jesus ist es. Mein Job ist es doch, wie Jesus damals und wie meine Eltern es für mich tun, einen Platz freizuhalten und zu sagen: Du bist willkommen! Zum Glück kenne ich viele Kollegen, die das genauso sehen.

Das Fest Fronleichnam erinnert mich an diese Willkommenskultur. Nicht nur im Gottesdienst, sondern an jeden Ort, wo ein Platz frei sein kann. Wenn zum Beispiel ein neuer Kollege anfängt und wir unsere erste Besprechung haben und ich sage: Hier ist ein freier Platz für sie. Willkommen.

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17JUN2025
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Benedikt sitzt neben mir im Zug nach Stuttgart und sagt: „Mein Freund studiert dort.“

Wir haben uns zufällig am Bahnhof getroffen, kennen uns aber aus der katholischen Hochschulgemeinde. Ich freue mich ein bekanntes Gesicht zu sehen, wir suchen uns einen Platz im Zug und reden über alles Mögliche. Irgendwann erzählt er, dass er neulich an der Uni Hohenheim war. Ich frage neugierig: „Hast Du dort ein Seminar gehabt oder warum warst Du dort?“. „Nein, nein, mein Freund studiert dort.“ Und er meint nicht irgendeinen Freund, sondern seinen. Und redet weiter.

Benedikt ist ungefähr halb so alt wie ich, und ich denke: „Verrückt, wie sich die Zeiten verändert haben. In meiner Generation vor 20 Jahren hätte das niemand einfach so erzählt.“ Und ich find’s richtig gut, dass sich das inzwischen so verändert hat. Schwul oder lesbisch oder, wie man heute oft sagt: „Queer“ zu sein, ist kein großes Ding mehr.

Aber so ganz stimmt das leider nicht. In den letzten Jahren haben Übergriffe und Pöbeleien gegen queere Menschen zugenommen. Die Reaktion darauf ist leider: Menschen wie Benedikt überlegen sich dreimal, ob sie mit ihrem Partner händchenhaltend durch die Straßen gehen. Wie es jedes andere Paar selbstverständlich macht.

Um darauf aufmerksam zu machen, ist der Juni der sogenannte „Pride Month“. Month heißt einfach „Monat“ und „Pride“ heißt „stolz“. Es ist der Monat, in dem z.B. Schwule zeigen, dass sie stolz darauf sind, wie sie sind. Über den ganzen Juni verteilt gibt es in vielen Städten in Deutschland Partys, Paraden und Protestaktionen, die auf die Rechte und Themen von Homo-, Bi- und Transsexuellen hinweisen. Als katholischer Theologe drücke ich es so aus: „Sie sind gut, wie sie sind. Gott hat sie so erschaffen und liebt sie. Und darauf dürfen sie auch stolz sein.“

Dieser Monat ist ein öffentliches Statement, dass sich queere Menschen in unserer Gesellschaft nicht verstecken müssen. Er ist ein Zeichen dafür, wie vielen Menschen es wichtig ist, dass unsere Gesellschaft auch in Zukunft bunt und vielfältig ist. Und ich glaube, so ein Monat hilft, dass junge Menschen, wie Benedikt, auch in Zukunft ohne zu zögern und ganz selbstverständlich erzählen können: „Mein Freund studiert dort“. Genau deswegen finde ich es gut, dass es diesen Monat gibt!

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16JUN2025
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Eine Frau ruft mich an: „Unser Vater will die Dialyse abbrechen. Er möchte gerne mit ihnen darüber reden.“.

Ich brauche einen Moment, bis ich die Situation und den Namen einordnen kann, den mir die Frau am Telefon genannt hat. Mir fällt es wieder ein: Ich hatte ihre Mutter beerdigt. Vor ca. zwei Jahren. Ich erinnere mich an das Gespräch, die Beerdigung und auch an ihren Vater. Damals Ende achtzig. Wir machen also einen Termin aus und wenige Tage später stehe ich dort vor der Haustür und klingle. Mir ist ein wenig mulmig. Ich weiß nicht, was mich erwartet. Wie fit ist er noch? Was er wohl von mir will?

Die Tochter öffnet mir die Tür, begrüßt mich herzlich und führt mich ins Schlafzimmer. Dort sitzt ihr Vater aufgerichtet in einem Krankenbett, begrüßt mich lächelnd und sieht mich mit seinen wachen Augen an. Er erzählt mir, wie es ihm in den vergangen zwei Jahren ergangen ist. Wie er seine Mobilität verloren hat. Seine Nieren aufgegeben haben und er seitdem regelmäßig zur Blutwäsche muss. Darüber hinaus hat er Diabetes. Hat Wunden an seinen Beinen, die sich nicht mehr schließen. Er redet offen mit mir. Jammert nicht, aber ich merke ihm an, wie anstrengend das alles für ihn ist. Wieviel Schmerzen er hat. Wie sehr er lebensmüde geworden ist. Dann kommt er zum Punkt. Er möchte die Dialyse lassen. Das bedeutet im Klartext, dass er dann innerhalb von wenigen Tagen sterben wird. Seine Offenheit beeindruckt mich.

Er sagt ganz cool zu mir: „Wissen Sie, Herr Pfarrer, jetzt habe ich mit meinen Ärzten darüber geredet und mit meinen Kindern. Ich dachte mir: Bis jetzt habe ich die Kirche da außen vor gelassen, jetzt könnte ich aber trotzdem mit Ihnen auch noch darüber reden.“

Er ist ganz frei, als er mir das erzählt. Das imponiert mir. Er wirkt nicht unsicher. Ich kann seine Gedanken gut verstehen. Und sage zu ihm: „Wenn sie sich dazu entschließen, kann ich gerne nochmals vorbeikommen, ihnen die Krankensalbung spenden und mit ihnen beten.“. So machen wir es dann wenige Tage später auch.

Nach seinem Tod spreche ich mit seiner Tochter, sie sagt: „Er war bis zuletzt so klar. Hatte alles bedacht und geplant. Nur eines hätte er so gerne gewusst: Wie es nach dem Tod sein wird. Er war so neugierig.“

Ich sage ihr: „Ich denke, er weiß es jetzt.“ Und wir müssen beide darüber ein wenig schmunzeln.

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13JUN2025
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Vor dem Rathaus unserer Stadt steht eine uralte, riesige Linde. Jetzt im Juni duften ihre Blüten. Ich mag diesen besonderen Duft, sauge ihn in mich auf, denn er erinnert mich an mein Elternhaus, vor dem auch ein Lindenbaum wuchs. Gerne bleibe ich darum auch einmal ein paar Minuten stehen, betrachte den Baum und atme den Duft meiner Kindheit ein. - Fest verwurzelt ragt der Baum dem Himmel entgegen, gewiss zwanzig, dreißig Meter dürfte er in die Höhe ragen. Der Stamm ist knorrig, sein Umfang so groß, dass es mindestens drei erwachsene Menschen braucht, die sich an den Händen fassen, um ihn zu umarmen. 200 Jahre erzählt man, sei dieser Baum alt. Unglaublich! Was er mir wohl alles erzählen könnte, was unter seinen Zweigen passiert ist. Von Menschen, die in den Krieg gezogen sind, die sich unter ihm das erste Mal geküsst haben, Initialen in ihn geritzt haben.

Auch der Baum selbst steckt voller Leben! Große und kleine Vögel haben in seinen Zweigen Nester gebaut, Käfer krabbeln auf dem Stamm, manchmal ist der Baum in ein lautes Brummen und Surren der Bienen gehüllt, im Herbst habe ich schon Eichhörnchen durch die Zweige springen sehen - im Sommer spendet er herrlichen Schatten für Groß und Klein.

„Ich träumt in seinem Schatten gar manchen süßen Traum“, heißt es ja auch in dem alten Volkslied „Am Brunnen vor dem Tore“ über einen anderen Lindenbaum. Ich summe das Lied vor mich hin und gönne mir den einen oder anderen Tagtraum.

Schon in der Bibel gilt der Baum als Symbol für das Leben. „Der ist wie ein Baum, gepflanzt an Wasserbächen, der seine Frucht bringt zu seiner Zeit, und seine Blätter verwelken nicht.“ (Psalm 1,3) heißt es da. Ich wünsche mir, dass ich so feste Wurzeln wie dieser Baum hätte. Dass mich kein Lebenssturm so schnell umkippt, und ich weiß, wofür mein Herz schlägt. Von seiner Großzügigkeit möchte ich lernen: Mein Leben mit anderen zu teilen, offene Türen für die zu haben, die meine Nähe suchen. Und vielleicht meine Angst vor Veränderungen ablegen, weil immer wieder Neues wächst, auch wenn es erst einmal nicht danach scheint.

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12JUN2025
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Vor Kurzem hat es am Nachmittag bei uns an der Haustür geklingelt. Eigentlich habe ich keinen Besuch erwartet und die Post war auch schon durch. Vor der Tür standen zwei junge Frauen -offensichtlich Gesellinnen auf der Wanderschaft. „Wir suchen für die kommenden zwei Tage eine Herberge. Haben Sie vielleicht eine Idee, wo wir unterkommen könnten?“ Die beiden klangen so unglaublich freundlich, dass ich mich auf einmal selbst sagen hörte: „Klar, ihr könnt gerne bei uns bleiben, kommt rein!“ –  Ein Tee war schnell gekocht und das Sofa bezogen.

Tine und Lilly, so hießen die beiden, waren schon ein paar Monate auf der Walz. Die eine war Schreinerin, die andere Landschaftsgärtnerin - beide kamen aus Norddeutschland. Nach ihrer Lehre wollten sie nicht rein in den Trott eines geregelten Arbeitsalltags, sondern Berufserfahrung sammeln und etwas von der Welt sehen. Mal waren sie in den vergangenen Monaten jeweils allein unterwegs, mal mit anderen Wandergesellen und jetzt eben zu zweit – und das bei Wind und Wetter, Schnee, Regen oder Hitze – alles haben sie schon erlebt.

Noch nicht einmal einen Rucksack haben sie dabei. Ausgestattet allein mit dem klassischen Bündel für ihre Habseligkeiten, Wanderhut und -stock und ihrer robusten Kluft. Die beiden jungen Frauen haben bei uns die ganze Familie beeindruckt. Aus den zwei Tagen wurden vier, und wenn es nach uns gegangen wäre, hätten die beiden ruhig noch länger bleiben können. Denn Tine und Lilly waren herrlich unkompliziert. Wir haben für sie gekocht und sie für uns, im strömenden Regen haben sie fröhlich singend in unserem Garten gewerkelt und danach in warmen Wolldecken von Erlebnissen auf ihrer Wanderschaft erzählt. Drei Jahre sollen es werden. Am Ende wird man von anderen Gesellen, die man kennengelernt hat, nach Hause begleitet. In den vergangenen Monaten haben die beiden so etwas wie ein tiefes Gottvertrauen gesammelt. „Es findet sich immer alles“, meint Lilly, „ein Dach über dem Kopf, eine Schlafgelegenheit und auch Arbeit.“ „Es gibt viele freundliche Menschen; ich glaube, ich habe mit der Zeit einen Blick dafür bekommen, wen ich fragen kann“, sagt Tine.

Wo sie jetzt wohl stecken? Ich hoffe, es geht ihnen und allen anderen Gesellen auf der Walz gut.

Was ich von ihnen mitnehme? Es gibt viele freundliche Menschen, die man einfach einmal um Hilfe bitten kann.

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11JUN2025
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Freitagnachmittag, es ist schon spät, ich will unbedingt den Einkauf vor dem Wochenende noch erledigen. Meine Tochter lässt sich etwas widerwillig überreden, mich zu begleiten. Im Supermarkt sind wir ein eingespieltes Team: Ich schiebe den Einkaufwagen durch die Gänge, sie stapelt rein, was auf unserer Familieneinkaufliste steht, und dann stellen wir uns an einer der Kassen in der Schlange an. Natürlich haben wir uns wieder für die falsche entschieden. Prima, vorne findet wieder jemand seine Karte nicht. Es dauert, bis wir drankommen. Alle sind sichtbar genervt.

Jetzt beginnt der Teil, der mich zunehmend fordert: In Rekordgeschwindigkeit müssen alle Waren auf das Laufband gelegt und auf der anderen Seite der Kasse wieder in den Einkaufwagen einsortiert werden. Bloß niemand aufhalten. Alles hübsch sortieren, damit es flott geht. Fast haben wir es geschafft, da fragt die Verkäuferin plötzlich: „Wo steht eigentlich diese Limonade?“ „O, Mist“, denke ich, „jetzt fehlt auch noch der Preis“ und werde rot, weil sich in der Schlange hinter mir Nervosität ausbreitet. Also frage ich meine Tochter: "Kannst du mal den Preis für die Limo rausfinden? Du bist schneller!“ Aber die Verkäuferin lacht, sagt kurz nein, während sie fleißig weiter unsere Einkäufe scannt „den ganzen Tag ziehe ich diese Limo übers Band und frage mich, wie das Zeugs schmeckt. Steht ja „zum Mixen“ drauf.  „Die schmeckt super!“, sagt auf einmal meine Tochter, „auch ohne Alkohol, das ist ja prima!“

„Wissen Sie was?“, sage ich, und plötzlich sind mir die wartenden Freitagnachmittagsmenschen in der Schlange ganz egal, „ich hole Ihnen jetzt so eine Flasche!“

Am Ende schenken wir der Verkäuferin eine Flasche Limonade. Sie strahlt - und wir strahlen. “Wissen Sie,“ sage ich, „Sie haben mich schon oft bedient und sind immer – auch im größten Stress freundlich. Und jetzt komme ich endlich mal dazu, Ihnen danke zu sagen. 

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10JUN2025
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Bei uns in der Straße hat eine Currywurstbude aufgemacht. Die Jungs, denen sie gehört, haben in die Einrichtung viel Zeit und Liebe investiert. Die Theke, die Tische, die Böden, alles haben sie selbst gebaut und verlegt. Und was soll ich sagen? Auch ihre Currywürste sind echt lecker! Soweit alles gut. Nun kommt’s! In dieser Currywurstbude hängt neben dem Kühlschrank mit den Limos und dem Bier ein kleines Marienbild. „Boah, ist das kitschig!“, war mein erster Gedanke:  Golden gerahmt sitzt Maria mit einer Krone auf einem Wolkenthron. Auf ihrem Schoß sitzt ihr Sohn. Jesus ist noch ein kleiner Junge, trägt aber schon ein eigenes Krönchen. Mutter und Sohn lächeln freundlich. Sie strahlen, ich kann es nicht anders beschreiben, Liebe aus. Und noch etwas fällt mir bei dem Bild auf, das sicher 100 Jahre alt ist: Die beiden haben leuchtende Laternen in der Hand, die sie dem Betrachter entgegenhalten. „Hier, nimm eine!“ scheinen sie mir zuzurufen.

Maria und Jesus in einer Currywurstbude. Vor kurzem habe ich die Besitzer, als es leerer war, gefragt, was es mit diesem Bild eigentlich auf sich hat. „Nun“, hat der junge Mann am Grill gesagt, „das stammt von meiner Oma und hing schon in unserem ersten Laden in Saarbrücken an der Wand. Das Bild gehört einfach zu uns dazu. „Warum?“ „Is‘ so!“

Ich bleibe neugierig, mache mich zu Hause schlau und lerne, dass diese Darstellung von Maria und Jesus, die den Menschen Licht für ihr Leben schenken, vor hundert Jahren ein beliebtes Motiv gewesen ist. Überhaupt hingen Marienbilder in so manchen Wohnungen und auch in Gaststätten. Die Tradition ist verloren gegangen. Schade eigentlich, finde ich, denn

Licht und ein Blick voller Liebe tun mir in diesen Zeiten einfach gut – vor allem, wenn ich damit so gar nicht gerechnet habe wie in der Currywurstbude. In ihr hängen Maria und Jesus mitten im Leben. Da essen mittags Handwerker und Anwälte, da sitzt der Rocker neben der jungen Mutter mit ihrem Kind. Licht und Liebe können sie alle gebrauchen. Und warum sollen sie die nicht in der Currywurstbude finden?

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06JUN2025
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Ich möchte Ihnen ein Motto fürs Wochenende vorstellen. Es heißt: „In dir muss brennen, was du in anderen entzünden willst“ Ein großer Kirchenlehrer hat den Satz gesagt und er passt perfekt zu Pfingsten. Das Fest erinnert an eine Geschichte aus der Bibel. Ob das Ganze in echt so passiert ist, für mich ist das Nebensache. Die Hauptsache ist, dass von einer typisch menschlichen Erfahrung erzählt wird. Und die ist zusammengefasst in diesem Satz „In dir muss brennen, was du in anderen entzünden willst.“

Und so geht sie diese Pfingsterzählung:

Es sind einige Tage vergangen seit Jesus gekreuzigt wurde. Seine Freundinnen und Freunde sitzen in Jerusalem zusammen. Sie sind immer noch fassungslos und fragen sich: „Wie geht es jetzt mit uns weiter?“ Die Freunde reden über die klugen Ratschläge, die Jesus ihnen mitgegeben hat – wie man das halt macht, wenn man sich gemeinsam erinnert. Und als sie so in Erinnerungen schwelgen, merken die Freunde wie es ihnen auf ganz einmalige Weise warm ums Herz wird. Und eine von ihnen findet die richtigen Worte und ruft: „Worauf warten wir? Erzählen wir den Leuten da draußen doch von den Ideen, die Jesus hatte.“ Und plötzlich fühlen sich die Freunde nicht mehr unsicher, sondern sind voller Tatendrang. Sie stürmen nach draußen und treffen auf den Straßen von Jerusalem Menschen aus den unterschiedlichsten Ländern. Sie sprechen sie an und erzählen ihnen von Jesus. Und da passiert das eigentliche Pfingstwunder: alle verstehen sich, obwohl sie die unterschiedlichsten Sprachen sprechen.

Die christliche Erklärung, warum das funktioniert hat, lautet: Da hat der Heilige Geist geholfen. Damit ist eine besondere Kraft gemeint, die dann zu spüren ist, wenn Leute sich für eine gute Sache zusammentun, wenn Kommunikation klappt und es so nach schweren Zeiten wieder bergauf geht.

Wie auch immer diese Heilige Geist gewirkt hat, am Ende konnten alle ganz einfach erzählen und zuhören. Ohne große Übersetzungen. Jeder hat das, was die Freunde so begeistert erzählt haben, in seiner eigenen Muttersprache gehört. Also in der Sprache, die einem vertraut ist.

Das heißt für mich zweierlei: ich kann das von Gott verstehen, was ich in meiner „Herzenssprache“ höre. Wenn es mich ganz natürlich anspricht. Manchen geht das Herz auf, wenn sie von Gott als Vater hören und andere freuen sich darüber, wenn über Gott als Freundin gesprochen wird. Und es heißt auch: Erst, wenn ich aus dem Herzen, also mit ganz persönlicher Überzeugung spreche, kann das bei den anderen so richtig ankommen.

Eben wie bei meinem Motto fürs Wochenende: „In dir muss brennen, was du in anderen entzünden willst.“

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05JUN2025
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9,2 Milliarden – das ist eine Zahl mit acht Nullen. Und genau so viel Plastik wurde in den letzten 75 Jahren weltweit produziert. Und das Schlimmste daran: Das meiste davon ist mittlerweile nur noch Müll. Milliarden Tonnen von Plastikmüll.

Logisch, dass man da sofort Gedanken hat wie „Diese ganze Verschmutzung muss aufhören“. Und genau den Gedanken greift der heutige Weltumwelttag auf. Der wird am 5. Juni gefeiert und das Motto in diesem Jahr heißt: „Stoppt Plastikverschmutzung!“ Das diesjährige Gastgeberland Südkorea hat zu besonders vielen Veranstaltungen, rund um das Thema Plastikmüll eingeladen. Doch Aktionen für die Natur gibt es heute auf der ganzen Welt. An über 230 Standorten.

In Nottingham in England zum Beispiel findet eine große Strandputzaktion statt. Da verbinden die Leute das Schöne mit dem Nützlichen. Beim Strandspaziergang sammeln sie den Müll auf, der ihnen beim Gehen auffällt. Auf der griechischen Insel Kreta sind sogenannte „Edle Ritter des Recyclings“ unterwegs, sie klären auf besonders originelle Weise über Umweltschutz auf. Und in Damaskus in Syrien werden heute aus alten Plastikbechern Kunstwerke gezaubert. Dabei dürfen alle mitmachen, vom großen Künstler bis zum kleinsten Kind.

Ich hätte heute am liebsten bei allen drei Aktionen mitgemacht. Das Interesse für Umweltschutz, gehört ja quasi zur Grundausstattung einer jeden Christin mit dazu. Die Bibel sagt ja ganz am Anfang schon folgendes: Gott schenkt den Menschen die Erde, damit sie sich gut um sie kümmern. Und auch Papst Franziskus hat den Umweltschutz stark gemacht. Franziskus hat erklärt: „Die Erde ist unser gemeinsames Haus, das wir pflegen und beschützen müssen.“ Für mich haben die vielen Aktionen heute am Weltumwelttag das nochmal besonders deutlich gemacht. Wie ein großes Netz spannen sich die Veranstaltungen um die ganze Weltkugel und zeigen, dass die Menschheit dann am meisten bewegen kann, wenn alle am selben Strang ziehen. Mir macht das Mut, denn ich merke, dass der Umweltschutz bei mir öfter mal aus dem Blick gerät. Oft genug kaufe ich doch wieder das Gemüse in der Plastikverpackung oder fahre eine Strecke mit dem Auto, die ich locker hätte laufen können.

Der Weltumwelttag gibt mir da einen neuen Motivationsschub, dass auch ich mich für die Erde einsetze. Und das Schöne ist: Ich bin dabei nicht alleine, überall auf der Welt gibt es Menschen, die sich um unsere Schöpfung kümmern.

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