Zeige Beiträge 1 bis 10 von 2843 »
Wenn die Kinder aus dem Kindergarten in die Schule wechseln, gibt es einen Abschiedsgottesdienst. Dabei werden die Kinder dann auch für ihren neuen Weg gesegnet, mit Weihwasser.
Dabei ist es mir schon mal passiert, dass die Kinder auf die Weihwassertropfen spontan mit „iihh“ reagiert haben. Ich finde das nicht schlimm das ist eine ganz natürliche kindliche Reaktion. Viel lieber aber wäre mir, wenn die Kinder verstehen, dass der Segen was Gutes und Schönes ist.
Segnen kommt von dem lateinischen Wort signare, und das heißt bezeichnen, auch mit dem Zeichen des Kreuzes. So habe ich auch meinen Kindern ein Kreuz auf die Stirn gezeichnet, wenn ich sie abends ins Bett gebracht habe. Und in der Kirche benutze ich dazu Weihwasser. Damit segne ich etwas oder auch jemanden.
Benedicere, das andere lateinische Wort für segnen, bedeutet wörtlich übersetzt: Gutes sagen, Gutes wünschen – mit einem Zeichen, mit einer Berührung.
Gottes Segen soll uns also den Rücken stärken, Hoffnung geben,.
Soll uns sagen: du bist nie ganz allein. Auch nicht in den schweren Zeiten, denn Gott ist bei dir.
Den Kindern habe ich es dann mit dem Bild der Blume erklärt:
Jedes von ihnen ist wie eine Blume. Alle sind unterschiedlich und erst zusammen wird ein schöner bunter Strauß daraus. Blumen brauchen Wärme, Licht und Wasser, um gut wachsen und gedeihen zu können.
Aber manchmal gibt es Dürrezeiten. Für die Blumen, aber auch in unserem Leben. Ein Segen kann uns dann geben, wonach wir uns gerade sehnen, was wir gerade brauchen – so wie die Blumen zum Beispiel den Regen.
Darauf haben sich die Kinder dann wie die Blümchen nach dem Weihwasserregen ausgestreckt und wollten alle etwas davon abbekommen.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=3767919 Jahre später. So hört der letzte Film von Harry Potter auf und so beginnt das Theaterstück in der Hamburger Großmarkthalle. Ich bin Harry-Potter-Fan und habe mit meiner Familie das Stück angeschaut. Und ich bin begeistert gewesen, so wie vor 25 Jahren, als das erste Harry-Potter-Buch in deutsch auf den Markt gekommen ist.
Drei Jahre später kam dann der erste Harry Potter- Film in die deutschen Kinos: Harry Potter und der Stein der Weisen.
„Du bist ein Zauberer, Harry.“ „Ich bin ein was?“
Weil es in den Romanen und Filmen nur so von Hexen und Zauberern, von Magie und Schattenwesen wimmelt, gab es aus dem Vatikan Kritik. Ich als Theologe und Filmfan finde das unbegründet. Ich bin vielmehr überzeugt: Wer nach christlichen Motiven sucht, wird bei Harry Potter schnell fündig. Bis hin zu einem Bibelvers.
Auf dem Grab von Harrys Eltern steht aus dem 15. Kapitel des Ersten Korintherbriefs der Satz: „Der letzte Feind, der besiegt wird, ist der Tod.“
Also, die Hoffnung, dass der Tod nicht das letzte Wort hat, sondern es Hoffnung gibt auf ein Leben nach dem Tod.“
Immer wieder habe ich meine Schülerinnen und Schüler auch im Religionsunterricht auf Harry Potter verwiesen. Denn Harry Potter verkörpert viele Werte, die auch im Christentum wichtig sind.
So wird sein Lehrer Dumbledore nie müde, Harry zu erklären, dass die Gabe der Liebe das ist, was ihn zu etwas Besonderem macht. Harrys Mutter Lilli opfert sich aus Liebe zu ihrem Sohn. Und am Ende ist Harry selbst auch bereit, sich zu opfern, um die Welt zu retten vor dem bösen Lord Voldemort.
Das sind alles christliche Motive: Das eigene Leben hinzugeben aus Liebe.
Gewiss wäre es übertrieben, die Romanfigur Harry Potter gleich zu einer Art Messias zu machen. Ähnlich also, wie Jesus es damals war. Aber für mich ist auch er ein Retter und ein Heilbringer.
Und es reicht ja auch, der berühmteste und erfolgreichste Zauberlehrling aller Zeiten zu sein. Der 19 Jahre später seinen eigenen Sohn zum Zug bringt zur Zaubererschule nach Hogwarts.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=37678„Bei mir läuft demnächst alles mit 2G.“ erklärt mir meine Bekannte Silke. Ich stutze. Wie jetzt?
Meine Bekannte sieht die vielen Fragezeichen auf meiner Stirn.
„2G. Geduld und Gelassenheit. Sonst werde ich verrückt.“, sagt sie. „Hm. Ja!“ Wir lachen gemeinsam. Dabei ist uns nicht nur zum Lachen zumute. Es sind schon heftige Zeiten gerade. Die echt Kraft kosten.
Wir unterhalten uns über Begegnungen in der letzten Zeit, die uns ratlos zurücklassen. Mit Leuten, die wie angestochen wirken. Gereizt und sofort auf 180. Und auch über Momente, in denen wir selbst so sind. Gehetzt. Unter Dampf. Überempfindlich. Und uns darüber ärgern, dass wir so drauf sind.
Silke sagt: „Ich brauch was dagegen.“ Und dabei meint sie nicht Schokolade und einen heißen Kaffee oder Tee. Sie spricht von Geduld und Gelassenheit.
Ich glaube, die helfen wirklich. Dabei geht es nicht darum, dass mir einfach alles egal sein sollte. Damit würde ich nicht glücklich werden.
Es geht darum, zu unterscheiden, was dran ist. Wo ich jetzt aktiv werden muss und wo eher Warten angesagt ist. Oder auch, wo mir nichts anderes bleibt, als die Dinge einfach zu Ertragen.
Aber gerade das stellt mich manchmal vor eine große Aufgabe. Weil das nämlich gar nicht so leicht ist, wie es sich sagt. Deshalb, so glaube ich, lohnt es sich, darum immer wieder zu bitten.
Vielleicht mit diesem kleinen, bekannten Gebet:
„Gott, gib mir die Gnade,
mit Gelassenheit Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann,
den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann,
und die Weisheit, das eine vom andern zu unterscheiden.“
https://www.kirche-im-swr.de/?m=37677„Das mache ich mit links!“ Bestimmt haben Sie diesen Satz schon öfter gehört, vielleicht haben Sie ihn auch selbst schon gesagt.
Knapp 90 Prozent aller Menschen auf der Welt sind Rechtshänder. Und die sagen eben „Das mache ich mit links“, wenn sie zum Ausdruck bringen möchten, dass ihnen etwas besonders leicht von der Hand geht. Das könnten sie also auch mit der Hand erledigen, mit der sie eigentlich weniger geschickt sind.
Früher hatten es Linkshänder an vielen Stellen schwer. Schließlich sind Arbeitsmittel für Rechtshänder gemacht und nicht selten wurden Linkshänder mit drakonischen Mitteln zu Rechtshändern umerzogen. Das ist mir selbst auch so gegangen. Als ich in der ersten Klasse von der Schule nach Hause kam. Der Lehrer hatte gesagt: Nehmt den Stift in die Hand, mit der es bei euch besser geht. Bei mir war und ist es bis heute die Linke. Meine Mutter sah das aber ganz anders und so hat sie keine Ruhe gegeben, bis ich endlich den Stift in die rechte Hand genommen habe.
Heute sind Linkshänder absolut akzeptiert. Sogar auffällig viele bedeutende Persönlichkeiten sind Linkshänder. Schauspieler wie Bruce Willis oder Julia Roberts, Musiker wie Bob Dylan oder Lady Gaga. Maler wie Picasso, bekannte politische Führer wie John F. Kennedy oder auch Barack Obama. Und Queen Elizabeth II. gehörte auch dazu.
Auch Gott ist Linkshänder. Das hat zumindest Adolf Holl, ein österreichischer, katholischer Theologe behauptet. Er nennt den Heiligen Geist „die linke Hand Gottes“. Die Weltgeschichte, so schreibt Holl, ist durchdrungen vom Geist Gottes als einem kreativen Prinzip.
Das sagt man ja auch den Linkshändern nach, dass sie besonders kreativ sind.
Wie dem auch sei. Für mich ist es wichtig, dass Gott, bildlich gesprochen, die ganze Welt in seiner Hand hält. So wird er auch mein Leben halten. Mit welcher Hand ist mir dann egal.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=37676Auf einem sozialen Netzwerk habe ich eine Diskussion verfolgt. Eine Frau hat geschrieben, wie hilfreich es für sie ist zu vergeben. Eine andere hat daraufhin gefragt: "Ich vergebe, aber ich vergesse niemals! Ist das jetzt Vergeben oder nicht?"
Sie hat vielleicht an den Spruch gedacht: Vergeben ja, vergessen nein. Der hat ja durchaus so einen Unterton von "Das vergesse ich dir nie!"
Vor einiger Zeit habe ich ein schlaues Buch von einer Philosophin gelesen. Sie findet vergeben superwichtig, denn es befreit die Seele. Vergessen jedoch, dazu rät sie nicht. Vielmehr meint sie, aus dem, was uns angetan wurde, können wir Wichtiges lernen. Und sie ist überzeugt davon, dass es schade wäre, dieses bitter, ja oft schmerzhaft erkaufte Wissen nicht zu nutzen. Das leuchtet mir ein.
Wir in Deutschland dürfen zum Beispiel nicht den Krieg vergessen, den wir 1939 angefangen haben, und nicht die Ermordung von sechs Millionen Jüdinnen und Juden. Auch wenn manche meinen, dass allmählich mal Schluss sein müsste mit dem ständigen Erinnern. Gerade vor zwei Wochen, am 8. Mai, dem Tag der Befreiung von der Nazidiktatur, sind wir ja wieder daran erinnert worden. Und ich finde, das ist gut so.
Denn: Die grauenhaften Taten unserer Eltern und Großeltern müssen uns für immer eine Lehre sein. Wir können nur hoffen, dass ihnen vergeben wurde. Uns ihre Schuld auf die eigenen Schultern laden, das müssen wir nicht. Aber vergessen, auf keinen Fall.
Nur Gott kann es sich leisten zu vergessen. Wenn ich meine Sünden und Fehler bereue und bereit bin umzukehren, dann vergibt er mir. Und an meine Schuld denkt er nicht mehr. So steht es in der Bibel.
So kann ich jeden Abend den Tag in Gottes Hand legen und darf jeden Morgen neu anfangen. Denn bei Gott gilt: Vergeben und vergessen.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=37675„Ach wissen Sie, das größte Wunder sehe ich, wenn ich aus dem Fenster schaue …“ hat neulich ein älterer Herr zu mir gesagt, den ich im Pflegeheim besucht habe. Und er hat mir erklärt: Für ihn ist es einfach ein Wunder, dass es jeden Frühling überall wieder anfängt zu wachsen. Dass die Bäume wieder blühen und Blätter bekommen. Dass die Blumen wieder anfangen zu wachsen. Das Gras, Die Büsche. Ja selbst das Unkraut.
Das hat mich beeindruckt. Sicher: Der Frühling ist auch meine Lieblingsjahreszeit. Aber irgendwie ist er für mich doch auch normal geworden. Das ist halt so, dass es im Frühling wieder losgeht. Und er ist nicht nur normal geworden. Manches am Frühling kann mich sogar nerven: Jetzt muss ich wieder Rasenmähnen und was am allerbesten wächst ist das Unkraut zwischen meinen Erdbeeren.
Frühling ist schön, aber eben auch normal. Und es lässt sich alles daran auch ganz problemlos wissenschaftlich erklären. Jahreszeiten, Lebenszyklus, Pflanzenwachstum und so weiter. Aber als ich so mit dem älteren Herrn am Fenster seines Zimmers im Pflegeheim saß, habe ich begriffen: Der Mann hat völlig Recht. Trotz allem ist und bleibt der Frühling ein Wunder. Das erzählen auch schon die Menschen, die die alten Gebete in der Bibel geschrieben haben. In einem heißt es: Gott, Du tränkst die Berge von oben her, du machst das Land voll Früchte, die du schaffest. Du lässt Gras wachsen für das Vieh und Saat zu Nutz den Menschen, dass du Brot aus der Erde hervorbringst, dass der Wein erfreue des Menschen Herz und sein Antlitz glänze vom Öl und das Brot des Menschen Herz stärke.
Die Menschen zur Zeit der Bibel haben alles ganz direkt mit Gott in Verbindung gebracht. Deshalb war für sie auch alles, was ihnen die Natur gegeben hat, ein direktes Geschenk von Gott an die Menschen. Ein Wunder eben.
Irgendwie finde ich das eine schöne Vorstellung. Und ich meine: die letzten Jahre haben uns deutlich gezeigt, dass Frühling, Sommer, Herbst und Winter gar nicht so selbstverständlich sind, und wie zerbrechlich unser Leben doch ist. Wie schlimm es ist, wenn das Klima sich verändert, und wenn Kriege alles zerstören, was Menschen auf ihren Feldern und in ihren Gärten anbauen.
Mir hat es gutgetan, mit dem älteren Herrn aus seinem Fenster im Pflegeheim zu schauen, und den Frühlingsanfang wieder ein bisschen mehr als ein Wunder anzusehen. Ja, ich mag Rasenmähen nicht besonders und das Unkraut ärgert mich jeden Tag. Und trotzdem ist es eigentlich doch wunderbar, dass alles wieder wächst und blüht. Gott sei Dank.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=37646„Jetzt ist er wirklich weg. Dieses Mal kommt er nicht wieder – zumindest nicht so.“ Morgen ist Christi Himmelfahrt – und natürlich auch Vatertag. Aber den gibt es noch gar nicht so lange. Ungefähr seit 120 Jahren. Was die Bibel über diesen Tag erzählt, ist viel, viel älter – und was damals passiert ist, muss für die Freunde von Jesus ganz schön heftig gewesen sein.
Ich meine, was hatten sie für ein auf und ab erlebt : Erst waren sie fasziniert von Jesus und sind ihm gefolgt. Dann war Jesus irgendwie ein bisschen komisch geworden. Hatte von Abschied und Ende gesprochen. Und er wurde dann auch wirklich verhaftet und zum Tode verurteilt. Gekreuzigt hatten sie ihn. Da dachten sie schon, dass jetzt alles vorbei wäre. Schluss und Ende. Aber nein.
Jesus ist von den Toten wieder auferstanden. Nach drei Tagen. Was für ein Osterfest. Das konnten sie erst gar nicht glauben. Aber immer wieder ist er ihnen erschienen. Hat mit ihnen gegessen und es war fast wie vorher. Also alles wieder gut. Aber nur bis zu diesem besonderen Tag – Christi Himmelfahrt: Eben waren die Freunde noch froh, Jesus wieder in ihrer Mitte zu haben. Und plötzlich war er weg. Wie in eine Wolke gehüllt. Und dann im Himmel verschwunden. Verschwunden in der Ewigkeit.
Was für ein Auf und Ab.
Die Freunde hatten so viele unvorstellbare Sachen mit diesem Jesus erlebt. Wie er Menschen geheilt hat. Wie er selbst Tote wieder ins Leben zurückgeholt hat. Seine ganze Art zu reden, Hoffnung zu verbreiten, Sicherheit zu geben…
Tja und jetzt? Jetzt, wo er wirklich weg ist, und nicht wiederkommt?
Jesus hatte ihnen vor seiner Himmelfahrt einen Auftrag gegeben: Sie sollten von jetzt an genau da weitermachen, wo er selbst aufgehört hatte. Ab jetzt selbst für andere da sein, heilen und helfen. Vom Leben erzählen, Hoffnung verbreiten und auch Sicherheit. Und sie sollten weitererzählen, was sie mit Jesus erlebt haben. Vom ganzen auf und ab. Und auch von seiner Himmelfahrt, und dass Jesus nun wirklich weg ist, und auch nicht wiederkommt – zumindest nicht so, wie bisher. Denn das hat er seinen Freunden fest versprochen, dass er immer bei ihnen sein wird. Nicht mehr so, wie es früher war. Anders. Wie durch eine unsichtbare Verbindung zum Himmel.
Jesus hält seine Versprechen. Und mir tut es gut zu wissen, dass er da ist. Besonders, wenn ich versuche, da weiterzumachen, wo er aufgehört hat. Wenn ich versuche, ihm nachzufolgen. Himmelfahrt bedeutet, dass Jesus wieder zu seinem Vater zurückgekehrt ist. Von daher passt das mit dem Vatertag morgen ja doch auch ganz gut.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=37645„Und? Wie geht’s Dir?“ Eine typische Frage, wenn zwei sich begegnen – meist gefolgt von der typischen Antwort: „Ganz gut, danke.“ Smalltalk eben. Aber neulich hat mich eine Freundin genau das gefragt. Ich habe ihr erzählt, was mich gerade alles so beschäftigt. Und dann habe ich sie natürlich auch gefragt, wie es ihr geht. Und ihr geht es im Moment gar nicht gut.
Davon hatte ich keine Ahnung und das hat mich ziemlich nachdenklich gemacht. Denn eigentlich sehen wir uns ziemlich oft. Nur sind wir eben über den Smalltalk nie rausgekommen, weil wir uns zu wenig Zeit genommen haben. Schade eigentlich.
Klar. Dass ich es jetzt weiß, dass es ihr nicht gut geht, macht ihre Situation nicht wirklich besser. Und trotzdem glaube ich, dass es guttut, das Schwere im Leben mit jemandem zu teilen – und die schönen Dinge genauso. Und ich denke, Jesus hat deshalb seinen Freunden genau das mitgegeben: Ich gebe euch ein neues Gebot: Liebt einander! Genauso wie ich euch geliebt habe, sollt ihr einander liebhaben.
Das hat Jesus seinen Freunden auch vorgelebt. Er ist zu denen gegangen, zu denen sonst niemand gegangen ist. Er hat mit Leuten gegessen, mit denen sonst niemand was zu tun haben wollte. Und er hat keinen Unterschied gemacht, was für einen Stand jemand hatte, oder wo jemand herkommt oder was jemand glaubt. Das Leben miteinander teilen: das Schwere genauso wie das Schöne. Es ist eben nicht egal, wie wir Menschen miteinander umgehen. Und es tut uns nicht gut, wenn wir über Smalltalk nicht hinauskommen.
Ich habe immer mehr das Gefühl, dass wir Menschen nur noch nebeneinanderher leben. Jeder auf seine Weise. Viele denken vielleicht: Was andere machen, geht mich nichts an. Andere denken nur an sich selbst. Oder wollen niemandem zur Last fallen.
Jesus gibt uns eine andere Haltung mit, ein neues Gebot: Liebt einander. Nehmt Anteil am Leben eurer Mitmenschen. Das soll euer Erkennungszeichen sein. Und genau das möchte ich wieder ernster nehmen. Denn ich möchte gerne in einer Welt leben, in der wir Menschen füreinander da sind. In der wir miteinander leben und nicht nebeneinanderher. Deshalb habe ich mir vorgenommen: Weniger Smalltalk. Stattdessen das Gebot von Jesus ernst nehmen. Und wenn ich dann jemanden frage: „Wie geht’s?“ Dann möchte ich das wirklich wissen.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=37644Gott sagt „Ja“ zu mir – einfach „Ja“. Was das bedeutet, haben wir in unserer Kirchengemeinde ein dreiviertel Jahr versucht 42 jungen Menschen zu zeigen. Gestern war unsere letzte Konfirmation. Die meisten der Jugendlichen wurden schon als kleine Babies getauft. Das haben natürlich ihre Eltern so entschieden. Mit 14 Jahren wird man in Deutschland aber religionsmündig – also sowas wie volljährig in Glaubensfragen. Deshalb ist das bei der Konfirmation anders. Da können sich die Jugendlichen dann selber dafür entscheiden. Und damit auch selber Ja zu ihrer Taufe sagen.
Deshalb haben sie in den letzten Wochen und Monaten viel über den Glauben und die Kirche gelernt: Über den Gottesdienst, über biblische Geschichten, über die Taufe. Und eine Sache finde ich bei allem Lernen und Erklären immer ganz besonders wichtig: Glaube kann sich verändern – immer. Mein Glaube heute ist sicher ein ganz anderer als mit 14. Und vermutlich auch ein anderer als mit Mitte 20. Ich habe heute andere Fragen an Gott als früher. Manchmal geht mir das Vertrauen verloren, das ich gekannt habe – und dann entdecke ich es neu an einem ganz anderen Ort.
Aber egal, wie ich im Moment selber zum Glauben stehe: Gott sagt schon mein ganzes Leben Ja zu mir. Mit allem, was ich gut kann. Und mit allem, was ich gar nicht kann. Und wo ich auch unzufrieden mit mir bin. Gott schätzt mich. Er hilft, begleitet, und er vergibt.
Diese Jugendlichen sind gerade in einer ganz besonderen Phase. Sie sind keine Kinder mehr, aber erwachsen sind sie auch noch nicht. Sie verändern sich selbst. Andere Themen sind plötzlich unglaublich wichtig. Wie nehmen mich die anderen wahr. Wie stelle ich mich selbst auf Instagram dar. Gerade in dieser Zeit finde ich das total wichtig, dass sie spüren, dass Gott auf ihrer Seite ist. Dass sie sich da nicht mal anstrengen müssen. Um ein besonders gutes Bild abzugeben. Für Gott braucht es keinen besonderen Filter oder Weichzeichner.
Und das gilt eigentlich auch nicht nur für junge Menschen. Ich muss als Erwachsener in so viele Rollen schlüpfen und in so vielen Sachen gut sein. Bei Gott muss ich nichts leisten. Nichts beweisen. Mich nicht verstellen oder besonders stark und männlich sein. Gott sagt mein ganzes Leben schon Ja zu mir.
Für die Jugendlichen war das eine intensive Zeit. Jetzt ist sie zu Ende und sie gehen wieder ihre eigenen Wege. Manche sieht man hin und wieder. Manche eher nicht. Das finde ich aber auch nicht schlimm. Sie sollen ja ihre eigenen Erfahrungen machen. Ihre eigenen Wege gehen. Aber in dem Wissen, dass Gott sie immer und überall begleitet. Und für uns da ist.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=37643Eine Geschichte von Jesus finde ich besonders schön. In der Bibel wird erzählt, dass er einen Gelähmten geheilt hat und daraufhin Schwierigkeiten bekommen hat. Das Problem war nämlich, dass er ihn an einem Sabbat geheilt hat, also am Ruhetag, an dem keine Arbeit erlaubt ist. An diesem Tag soll man beten und ruhen. So wie laut Bibel auch Gott am siebten Tag der Schöpfung ausruht. Dieses Ausruhen ist wichtig, keine Frage. Das gilt besonders aktuell, wo viele Menschen unter Burnout und Erschöpfungsdepressionen leiden.
Die Schriftgelehrten haben Jesus deswegen angegriffen und eine Diskussion mit ihm angefangen. Dabei ist deutlich geworden, dass er genau wusste, was er da tut. Er hat den Menschen geheilt und gleichzeitig damit seine Religion kritisiert. Er ist auch für Gesetze und Vorschriften. Aber wichtiger, als alle Gesetze einzuhalten, ist ihm, dass es den Menschen gut geht. Sein Statement dazu ist bekannt: Der Ruhetag wurde für den Menschen gemacht, nicht der Mensch für den Ruhetag (Mk 2,27).
Ich würde es aber seltsam finden, wenn er den Gelähmten nur geheilt hat, um seine Kritik anzubringen und die Diskussion loszutreten. Streiten ist nicht das /vorrangige Ziel für Jesus. Aber er nimmt es in Kauf, wenn es darum geht, dass der Glaube uns Menschen guttun soll.
An anderen Stellen der Bibel wird auch von Jesus gesagt, dass er Pausen machen musste. Dann zieht er sich zurück und betet oder setzt sich einfach nur. Auf dem Friedhof bei uns in der Nähe gibt es eine Skulptur: Jesus sitzt auf einem Stein und ruht einfach nur aus.
Ich schaue dieses Bild gerne an. Ich mag die Vorstellung, dass Jesus eine Pause braucht. Aber er macht nicht Pause, weil es vorgeschrieben ist. Er ruht aus, weil er sich verausgabt hat und alles dafür gegeben hat, dass es den Menschen gut geht. Das Wohl der Menschen lässt ihm einfach keine Ruhe.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=37631Zeige Beiträge 1 bis 10 von 2843 »