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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

11APR2023
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Ostern entwaffnet. Das ist ein kleines, feines Detail der Ostergeschichten in der Bibel. Da steht nicht nur etwas von Engel, leerem Grab, Licht und überraschten Jüngerinnen und Jüngern Jesu. Da wird auch erzählt, dass die bewaffneten Wächter des Grabes Angst bekommen und ohnmächtig umfallen. Ostern, der Aufstand des Lebens: das haut sie schlicht um. Gerade die Leute mit den Waffen stehen an Ostern auf verlorenem Posten.
Ostern entwaffnet.
Das ist naiv, könnte man sagen. An vielen Orten der Welt sind Waffen im Einsatz. Auch an Ostern. Und im kleinen - in unsren Familien oder in der Nachbarschaft – da gehen Menschen womöglich mit Worten aufeinander los.

Seit ich vor ein paar Jahren auf einer Reise durch Nordirland war, beschäftigt mich, wie Versöhnung gehen kann. Nordirland ist im 20. Jahrhundert über viele Jahrzehnte ein Ort der Gewalt gewesen. Zwei Gruppierungen sind einander unversöhnlich gegenübergestanden. Unzählige Menschen sind bei Terror-Anschlägen oder durch Gewalt der britischen Armee gestorben. Aber auch die ganz normalen Leute auf der Straße haben sich angefeindet. Und sogar auf Kinder auf dem Weg zur Schule sind Steine geworfen worden, einfach weil sie zur „anderen Seite“ gehört haben. Erst 1998 ist das Karfreitags-Abkommen unterschrieben worden, mit klaren Absprachen, wie Frieden geschlossen und künftig eingehalten werden sollte.

Wenige Jahre vor dem Abkommen hat ein Künstler in der nordirischen Stadt Derry eine Skulptur geschaffen: 2 Menschen, ganz normale Leute, die aufeinander zugehen. Sie schauen einander an und strecken dem andern aus etwas Entfernung einen Arm entgegen. Vorsichtig und entschieden zugleich. Wir gehen aufeinander zu. Wir suchen Frieden. Wir schauen, ob es nicht anders weitergehen kann als bisher.

Von Umarmung ist keine Rede. Und beim genauen Hinsehen habe ich gemerkt: die Hände der beiden berühren sich nicht. Der Künstler hat dazu gesagt, dass er zuerst einen Handschlag im Sinn hatte, aber dann hat er sich überlegt: So weit sind wir noch nicht. Nicht nach allem, was geschehen ist. Aber aufeinander zugehen, das geht. Und das muss auch sein. Dafür ist es höchste Zeit.
Sucht Frieden. Schritt für Schritt, jeden Tag. Im Großen wie im Kleinen. Auch das ist eine Botschaft von Ostern. 

Skulptur „Hands across the Divide” von Maurice Harron

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Anstöße sonn- und feiertags

10APR2023
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Auf geht’s! Ab ins Leben! Ostern macht Beine. So war es zumindest am ersten Ostermorgen, erzählt die Bibel. Da sind Frauen und Männer zum Grab von Jesus gegangen: traurig und fassungslos, dass ihr Freund und Lehrer tot ist. Jesus hat ihnen viel bedeutet, aber das ist jetzt Vergangenheit. Der Tod ist endgültig. Glauben sie. Jetzt kann man noch an Jesu Grab verweilen und alten Erinnerungen nachhängen. Mehr nicht.

Die Ostergeschichte der Bibel erzählt eindrücklich, dass es einen Engel gebraucht hat, um sie aus dieser Stimmung herauszureißen: „Fürchtet euch nicht,“ sagt er zu ihnen. Aber vor allem auch: „Auf geht’s! Ab ins Leben! Jesus wird vor euch hergehen.“

Die Jüngerinnen und Jünger sind damals trotzdem nicht losgeflitzt und haben das Leben gefeiert. Sie sind erstmal da geblieben, am Grab. Sie haben sich einfach nicht vorstellen können, dass das Leben weitergeht. Das von Jesus nicht – ihr eigenes aber auch nicht. Jetzt, wo sie ohne ihn auskommen müssen. Gerade erst hatten sie erlebt, wie ohnmächtig sie waren gegen die mächtigen Leute, die Jesus zum Tod verurteilt und seine Menschenwürde mit Füßen getreten hatten. Und wie ohnmächtig sie waren gegen die Macht des Todes. Das hat ihnen schon in den Knochen gesteckt.

Es hat Zeit gebraucht, sich neu zu orientieren und das für sich klar zu bekommen: Ostern ist nicht das Ende. Ostern ist ein Doppelpunkt: Jesus lebt und wird vor euch hergehen. Ihr könnt in seinem Schlepptau unterwegs sein.

Ostern ist ein Doppelpunkt. Vom Grab zurück ins Leben. Die eigene Hoffnungslosigkeit abschütteln und Jesus wieder nachfolgen. Den friedlichen Aufstand für das Leben wagen. Zum Beispiel sich einsetzen für Frieden und Gerechtigkeit. Dafür, dass alle Menschen frei leben können, damals wie heute.

Ostern ein Doppelpunkt. Das heißt für mich auch: nicht mal der Tod ist das Ende. Dann sitz ich noch oft genug traurig an einem Grab, aber vertraue doch darauf: Auch wenn jemand stirbt, wird Jesus vor ihm hergehen.

Und womöglich höre ich dann eine Stimme, die mir beharrlich sagt: „Fürchte dich nicht. Auf geht’s! Ab ins Leben!“

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Anstöße sonn- und feiertags

09APR2023
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Das Licht gewinnt. Das feiern wir Christen an Ostern: Das Licht gewinnt, auch gegen die dunkelste Nacht. In meiner Stadt habe sich heute deshalb viele Leute frühmorgens auf den Weg zur Kirche gemacht. Drin war es stockdunkel. Man hat kaum die Hand vor Augen gesehen. Geschweige denn die Menschen rechts und links. Die konnte man nur erahnen. Irgendwo in der dunklen Kirche saß vermutlich der junge Mann, dessen Oma ich letzte Woche beerdigt habe. Hier in der Osternacht konnte er nochmal seinen wehmütigen Gedanken nachhängen.

Gemeinsam haben wir den Gesang gehört, der im Dunkeln angestimmt worden ist: „Christus, das Licht.“ Und ein Mann hat die große leuchtende Osterkerze in die Kirche hineingetragen. Eine einzige Kerze in einer großen dunklen Kirche: das macht nicht viel her, möchte man meinen. Die hat keine Chance.

Dann hat jemand die Ostergeschichte aus der Bibel vorgelesen, die Geschichte von der Auferweckung Jesu: „Fürchtet euch nicht! Er ist auferstanden!“ In dem Moment haben einige Jugendliche angefangen, viele kleine Kerzen an der Osterkerze anzuzünden und weiterzugeben. Die Lichter sind weitergewandert, von Mensch zu Mensch. Es ist immer heller geworden, bis die ganze Kirche von Licht erfüllt war. Das Licht gewinnt.

Klar, das Dunkel ist noch da. Das erleben wir nicht nur in der Nacht. Wir erleben es auch im eigenen Herzen. Wenn eine Sorge das Leben überschattet, neue Kriegsnachrichten uns erschrecken und der Tod übermächtig scheint.

Aber im Dunkel leuchtet das Oster-Licht auf. „Fürchtet euch nicht! Er ist auferstanden!“ Er lebt und ihr sollt auch leben. Nicht das Dunkel hat das letzte Wort über eurem Leben, sondern das Licht. Es ist hartnäckig, dieses Licht. Einfach nicht kleinzukriegen. Von keinem Dunkel dieser Welt. Und wir können es weitergeben, von Mensch zu Mensch.

Die Osterkerze wird nun das ganze Jahr über während der Gottesdienste brennen. Wir werden die Taufkerzen für die Kinder an ihr entzünden und Kindern sagen: „Das Licht der Liebe, das wird auch dir leuchten.“

Und die Gedächtniskerzen für unsre Verstorbenen zünden wir auch an der Osterkerze an. Nicht einmal das Dunkel des Todes ist stärker als jenes Licht vom Ostermorgen. Darum: frohe Ostern!

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

17SEP2022
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Heute ist der Welt-Aufräumtag. Als ich das gehört habe, habe ich erstmal etwas besorgt auf das Chaos auf meinem Schreibtisch geschaut. Dann habe ich aber gelesen: die Idee beim Weltaufräumtag ist, in der Natur aufzuräumen. Den Müll aufsammeln, den andere achtlos irgendwo hingeschmissen haben: Cola-Dose, Plastiktüte und Co. Es ist eine Aktion gegen Umweltverschmutzung. Heute sind Gruppen von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen unterwegs und sammeln Müll. Am Fluss-Ufer in ihrer Stadt zum Beispiel, bei Grill-Plätzen oder Sportplätzen. Ärgerlich, dass so ein Aufräumtag überhaupt nötig ist. Aber ich finde gut, dass Menschen sich so einsetzen.

Um uns herum soll es schöner aussehen. Kein Kind soll sich im Dorfbach an einer Glasscherbe verletzen. Und wenn ich auf der Bank am Waldrand die Aussicht genieße, möchte ich das nicht zwischen Müllhaufen tun. Um all das geht es. Aber es geht auch darum, wie wir grundsätzlich mit der Natur umgehen.

Schon die alten Schöpfungsgeschichten der Bibel ordnen uns in der Natur ein. Ihr seid Mitgeschöpfe, heißt es dort. Mitverantwortlich dafür, wie es den anderen Geschöpfen Gottes geht. Achtet auf sie. Achtet auf die Zusammenhänge, in denen ihr lebt.

Wir lernen immer mehr über diese Zusammenhänge, nicht erst in Zeiten von Klimawandel und abgeholzten Regenwäldern. Die Schöpfung bewahren: das ist ein weites Feld mit so komplexen Themen wie Tierhaltung, Energiegewinnung und Artenreichtum. Auch die Lebensbedingungen von Menschen, die auf Kaffeeplantagen oder Kakao-Plantagen arbeiten, gehören dazu.

So große Themen, so große Herausforderungen weltweit. Was hilft da eine Müllsammel-Aktion an einem Tag wie heute? Lieber klein anfangen als gar nicht anfangen, denke ich. Wobei: letztes Jahr haben am Weltaufräumtag etwa 14 Millionen Menschen weltweit mitgemacht. So klein ist der Anfang also gar nicht.

Und eine von vielen Möglichkeiten, die Schöpfung zu bewahren, ist es allemal.

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

16SEP2022
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Ein ohnmächtiger mächtiger Mann. Manchmal wird Naaman sich so vorgekommen sein. In der Bibel wird von ihm erzählt. Ein mächtiger Mann. Naaman war Oberbefehlshaber im syrischen Heer. Er war gewohnt zu befehlen, gewohnt, sich durchzusetzen. Nur gegen seine Krankheit hat er nichts ausrichten können. Er war aussätzig, heißt es in der Geschichte. Vielleicht eine Art von Schuppenflechte. Jedenfalls eine chronische Krankheit, die ihm zu schaffen gemacht hat. Niemand hat ihm helfen können.

Ausgerechnet eine Sklavin, die während des letzten Krieges verschleppt worden war, hat ihn auf den Propheten Elisa aufmerksam gemacht. „Der kann dir vielleicht helfen.“ Erstaunlich: die junge Frau, die unter seinem Krieg zu leiden hatte, hat Mitleid mit Naaman gehabt und hat sich getraut, ihn anzusprechen. Noch erstaunlicher: der mächtige Mann hat ihr zugehört. Er ist tatsächlich zu Elisa gereist, in die Heimat der jungen Frau. Hoch zu Ross, mit sämtlichen Bediensteten und klaren Erwartungen: „Elisa wird religiöse Zauber-Riten vollbringen, ich schaue zu und werde gesund.“

So weit die Erwartung. Nur ist Elisa nicht mal aus seiner Hütte rausgekommen, um den hohen Besuch zu empfangen – er hat nur einen Diener rausgeschickt. Mit der schlichten Botschaft: Naaman möge sich 7x im Jordan waschen. Der mächtige Mann war empört. So hatte er sich das nicht vorgestellt. Erbost wollte er umkehren. Wieder haben die einfachen Leute eingegriffen. Diesmal seine Diener, die ihn umgestimmt haben. Das war eine Stärke des Naaman: er hat den „kleinen“ Leuten aufmerksam zugehört und sie ernst genommen. Am Ende hat er sich auf die Verordnung des Elisa eingelassen und ist tatsächlich gesund geworden. Die Zeichen und Abzeichen seiner Macht, Rüstung usw., hat er ablegen müssen, um sich im Fluss zu waschen. Da war er einfach nur noch ein Mensch. Nicht der mächtige Oberbefehlshaber, nicht der ohnmächtige Kranke, einfach nur ein Mensch. So hatten die einfachen Leute ihn schon vorher gesehen. Jetzt hat er sich selbst auch so gesehen. Manches Drumherum, das vorher wichtig gewesen war, ist dadurch unwichtig geworden. Zuallererst bin ich einfach nur ein Mensch. Eine heilsame Erfahrung. Nicht nur für Naaman, denke ich.

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

15SEP2022
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In Baden-Württemberg hat in dieser Woche die Schule wieder begonnen. Die Erstklässler fiebern ihrer Einschulung entgegen. Sie freuen sich und sind zappelig, manche auch besorgt. Wie wohl alles werden wird? In meinem Ort laden wir die Kinder und ihre Familien heute zu einem ökumenischen Gottesdienst ein. Dort wird nicht nur gesungen und gebetet. Im Mittelpunkt des Gottesdienstes steht der Segen für die Kinder. Für sie und ihre Familien beginnt ein neuer Lebensabschnitt. Mit dem Segen wird ihnen zugesprochen: „Gott wird dich begleiten. Er wird für dich da sein. Du bist für ihn wichtig.“

Es ist keine Erfindung unserer Zeit, dass Menschen am Beginn eines neuen Lebensabschnittes gesegnet werden. Auf der Türschwelle sozusagen, bevor sie Neuland betreten. Davon kann man schon in der Bibel lesen. Da wird das neu geborene Kind gesegnet. Oder ein Brautpaar. Der sterbende Familienvater segnet die zurückbleibende Familie. Auch wer eine weite Reise antritt, wird gesegnet.

„Gott sei mit dir. Er möge dich begleiten, dich behüten, dir Kraft geben.“

Und weil auch jede neue Woche ein neuer Abschnitt auf der Lebensreise ist, werden alle, die einen Gottesdienst besuchen, auch gesegnet. Immer am Ende des Gottesdienstes, bevor sie wieder in den Alltag gehen. Das machen wir in den jüdischen und christlichen Gottesdiensten bis heute so.

In manchen Einschulungsgottesdiensten wirken die Familien bei der Segnung mit. Sie stellen sich dann während der Segnung hinter die Kinder und legen ihnen die Hände auf die Schultern. Das ist auch eine Erinnerung daran, dass Eltern und Großeltern ihre Kinder daheim segnen können. Einfach so. Abends vor dem Einschlafen zum Beispiel. Auch das Einschlafen ist für manches Kind ja eine besondere Türschwelle. Gut, wenn es dann noch einen liebevollen Zuspruch bekommt – von Mama oder Papa, die auf der Bettkante sitzen.

Ein Segen, das ist wie ein Gruß aus Gottes Herzen. Das kann einem Mut machen, einen stärken für das, was vor einem liegt.

Alles Gute, liebe Erstklässler. Möge Gott euch segnen. Und eure Familien auch.

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

14SEP2022
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Letzte Woche hatte ich eine 2-Euro-Münze in der Hand, auf der die Wartburg abgebildet ist. Die alte Burg ist geschichtsträchtig. Hier haben sich Dinge abgespielt, die unser Leben und unser Land bis heute prägen. Es geht nicht um bedeutende Schlachten oder berühmte Herrscher. Das Großereignis, das ich meine, hat eher leise begonnen, mit einem Gast, der nicht freiwillig hergekommen war: Martin Luther. Er war im Konflikt mit der katholischen Kirche und dem Kaiser für vogelfrei erklärt worden und war in Lebensgefahr. Also hat ihn sein Landesvater, der Kurfürst von Sachsen, kurzerhand auf der Wartburg versteckt. Monatelang hat er dort im Verborgenen gelebt. Diese Zwangspause hat er dazu genutzt, das Neue Testament ins Deutsche zu übersetzen. Und er hat – so ganz nebenbei – damit die deutsche Sprache revolutioniert. Man könnte fast sagen, dass er sie erfunden hat: die gemeinsame hochdeutsche Sprache. Denn Luther wollte die Bibel in eine Sprache übersetzen, die alle verstehen konnten, egal in welcher deutschen Region sie gewohnt haben. Eine Bibel in der Sprache des Volkes. Deutsche Übersetzungen hatte es schon vorher gegeben, aber die waren schwer verständlich.

Luther wollte so übersetzen, dass die Leute etwas damit anfangen können. Darum hat er gut zugehört, wie die Leute sich ausdrücken: eine Marktfrau, ein Lehrer, ein Bauernjunge. Sie alle sollten verstehen können, was in der Bibel steht. „Dem Volk auf’s Maul schauen“, hat Luther das genannt. Beispiele gefällig? „Wenn dich die bösen Buben locken, dann folge nicht.“ Oder „Wer eine Grube gräbt, fällt selbst hinein.“ Oder: „Die Liebe hört niemals auf.“

Jetzt im September vor 500 Jahren ist seine Übersetzung des Neuen Testaments erschienen, einige Jahre später auch die Übersetzung des Alten Testamentes.

Seither ist Luthers Übersetzung immer wieder modernisiert worden, und so haben viele Menschen ihre eigenen Erfahrungen mit der Bibel machen können. „Was spricht mich an? Was fordert mich heraus? Was tröstet mich? Gibt es einen Spruch oder eine Geschichte, die mich begleitet?“

Vielleicht haben auch Sie Ihre eigenen Erfahrungen mit der Bibel?

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

13SEP2022
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Neid ist etwas Gefährliches. Die Bibel erzählt, wie der Neid einen Menschen fast zerfressen hat. Es geht um Saul, den ersten König von Israel. Er hatte Macht, er hatte Familie, er war gesund. Eigentlich alles top, möchte man meinen. Dann hat er David kennengelernt, einen jungen, charismatischen Mann aus einfachen Verhältnissen. Saul war zuerst sehr angetan von ihm, und David hat in seiner Armee schnell Karriere gemacht. Aber mit der Zeit hat es Saul immer mehr zu schaffen gemacht, wie die Leute David gefeiert haben. David wurde ein richtiger Star, DER Sympathie-Träger! Manche haben sogar ein Lied auf ihn gesungen, in dem es hieß: „Saul ist ein erfolgreicher Kämpfer, aber David ist noch erfolgreicher.“ Das ist dem Saul nicht mehr aus dem Kopf gegangen. Damit ist er abends eingeschlafen und morgens aufgewacht. Er ist neidisch geworden – ein Gefühl, dass ihn beherrscht und nicht mehr losgelassen hat. Und er hat Angst bekommen, dass er sein Amt als König verlieren könnte – an David. Ab da hat er versucht, David klein zu halten. Er hat bei anderen schlecht über ihn geredet. Und er ist immer aggressiver geworden. Aus Neid ist blanker Hass geworden. Saul hat sogar versucht, David umzubringen. Er war sich sicher: Wer David gut findet, ist mein Feind. Sogar seinen eigenen Sohn hat er darum angegriffen, als der David in Schutz nehmen wollte. Er war wie besessen von David.

Sein eigenes Lebensglück hat er gar nicht mehr wahrgenommen. Er hätte so dankbar und zufrieden auf sein Leben schauen können: Er hatte schon viel geleistet. Viele haben ihn respektiert. Auch David. Sein Sohn hat ihn geliebt. Aber Saul hat dieses wunderbare Lebensglück nicht gesehen. Sein Neid hat ihn unglücklich gemacht. Das hat seine Familie belastet und Freundschaften zerstört.

Neid ist etwas Gefährliches – auch heute, auch in unserm Leben. Jemandem etwas gönnen ist schwieriger, als man so denkt. Ich glaube, es geht leichter, wenn man das eigene Lebensglück wahrnimmt. Dann sehe ich das Gute in meinem Leben: Was mir geschenkt ist, was ich geleistet habe, die Menschen an meiner Seite. Und dann bin ich nicht mehr neidisch, sondern dankbar.

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

12SEP2022
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„Was macht Sie wütend? Was regt Sie auf?“ Der SWR hat auf der Straße eine Umfrage dazu gemacht. „Wenn ich im Stau steh und weiß, dass ich jetzt einen wichtigen Termin verpasse“, hat eine junge Frau gesagt. „Ungerechtigkeit macht mich wütend“, eine andere. Und ein älterer Mann, der sich noch an den Hunger der Nachkriegszeit erinnert, der hat sich darüber aufgeregt, dass die Leute so viele Lebensmittel wegwerfen.

Man hat den Leuten angehört, wie gut es war, den Ärger mal rauszulassen. Es ist gesund, wenn man nicht alles runterschluckt, was einen aufregt, sondern es anspricht. Unsre Redewendungen erinnern uns: Wir können vor Wut platzen oder vor Wut kochen. Es ist gesünder, wenn wir unsrem Ärger auch mal Luft machen.

In der Bibel habe ich 2 kluge Regeln für den Umgang mit dem Zorn gefunden.

„Lass die Sonne nicht über deinem Zorn untergehen“, heißt es im Neuen Testament. Wohlgemerkt, da steht nicht: „Reg dich nie auf!“ Warum auch. Wenn mich etwas aufregt, ist mir die Sache nicht egal, sondern wichtig. Wie bei der Frau aus der Umfrage, die sich über Ungerechtigkeit aufgeregt hat. Gut, wenn einen Ungerechtigkeit nicht kalt lässt. Dann kann man sich überlegen, wie es besser laufen könnte. Aber ich kann und soll dem Zorn Grenzen setzen. Jeden Abend. „Lass die Sonne nicht über deinem Zorn untergehen.“ Wenn ihr gestritten habt, versucht, euch vor dem Einschlafen zu versöhnen. Ob es gelingt, ist eine andere Frage. Aber versucht es wenigstens. Wenn ihr Streit auf der Arbeit hattet, dann nehmt euch vor, morgen auf den Arbeitskollegen zuzugehen, mit dem es so gekracht hat.

„Wenn ihr zornig seid, dann sündigt nicht“ – noch so ein Tipp aus der Bibel für zornige Momente. Zorn soll sich nicht maßlos austoben dürfen. Niemand soll als Wüterich unterwegs sein. Das ist meine Verantwortung, dass nicht mein Zorn mich beherrscht, sondern ich ihm Schranken setze. Sonst richte ich Unheil an.

Vielleicht rege ich mich heute über etwas auf. Macht nichts. Dann habe ich ja wieder etwas entdeckt, was mir nicht egal ist und was anders laufen könnte. Dafür will ich mich dann einsetzen. Und heute Abend friedlich und versöhnt einschlafen.

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

25JUN2022
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Inzwischen gibt es sie immer häufiger: die „Schwätzbänkle“. Eine Aktion gegen Einsamkeit.

Die Idee stammt aus England: an einem zentralen Ort eine Sitzbank aufstellen, damit Menschen dort mit anderen reden können. Seit einigen Monaten kümmern sich immer mehr Seniorenverbände und Kirchengemeinden darum, dass es auch bei uns solche Bänke gibt. Bei mir in der Kurpfalz heißen sie Babbelbank, andernorts Schwätzbänkle. Oft steht einfach ein Schild dabei: Schwätzbänkle. Dann weiß der, der seine Ruhe haben möchte: hier setze ich mich lieber nicht hin. Aber jemand, der womöglich den ganzen Tag noch niemand zum Reden hatte und sich gern unterhalten möchte: der nimmt Platz. Die Grundidee: Niemand soll tagelang einsam sein müssen. Alle sollen jemanden haben, mit dem sie reden können. Egal ob über den Spritpreis oder das Wetter oder die Ukraine, vielleicht über eine Frage, die einen beschäftigt, oder eine Sorge. Hier kann man über Gott und die Welt reden. Wer einfach plaudern möchte, kann plaudern. Wer sein Herz ausschütten möchte, kann auch das tun. Manchmal steht auch dabei, von wann bis wann auf jeden Fall jemand hier sitzt, um zuzuhören und zu plaudern. Das ist dann vielleicht jemand vom Stadtseniorenrat oder vom Frauenkreis der Kirchengemeinde oder ein Ruheständler, der das als seine Aufgabe sieht.

In der Schöpfungsgeschichte der Bibel steht der schöne Gedanke, dass Menschen als Gegenüber füreinander geschaffen sind. Da geht es nicht nur um die Zweisamkeit von Verliebten. Da geht es auch darum, überhaupt mit anderen in Kontakt zu sein, Zeit miteinander zu verbringen, Schönes, Alltägliches, Schwieriges miteinander zu teilen. Nicht einsam sein, sondern gemeinsam.

Vielleicht steht jemand vom Schwätzbänkle auf und nimmt die Idee mit, einen Bekannten anzurufen, mit dem er lang keinen Kontakt hatte. Oder einen Gruß an die Freundin im Pflegeheim zu schicken, die nicht mehr viel Besuch bekommt. Oder morgen früh in den Gottesdienst zu gehen und andere Leute zu treffen.

Wir sind als Gegenüber füreinander geschaffen. Ich finde, die Schwätzbänkle sind eine feine Idee, um das zu erleben.

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