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SWR3 Gedanken

12NOV2023
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"Warum muss da eigentlich immer eine nackte Frau im Vorspann sein?", haben mich meine Kinder gefragt und mit dem Kopf geschüttelt, als wir in der Pandemiezeit alle James-Bond-Filme durchgeschaut haben. Stimmt, in den alten James-Bond-Filmen – ist ziemlich viel sexistischer Mist zu entdecken. Ich kenne die Filme ja schon lange. Fällt mir gar nicht so auf. Ich bin aber froh, dass meinen Kindern das auffällt.

Und offensichtlich wissen die Macherinnen und Macher der James Bond Filme inzwischen auch, dass Sexismus und auch Rassismus, wie er in den alten Filmen vorkommt, nicht mehr gehen. In den alten Filmen ist das inzwischen ärgerlich, aber man kann eben bei einer so langen Filmreihe, wie James Bond, auch die Lerngeschichte nachvollziehen.

Die Bibel ist da auch ein gutes Beispiel. Denn entgegen mancher Meinung ist die Bibel nicht ein Buch, das, so wie wir es haben, einmal vom Himmel gefallen ist. Es sind viele Geschichten, viele Bücher in einem zusammengefasst und auch da kann man eine Lerngeschichte erkennen. Werden am Anfang die fremden Völker zum Beispiel noch bekämpft, träumen später manche Propheten vom Frieden mit allen Menschen.

Und ich lerne: Wie meine Kinder, brauche ich gute Antennen. Damit ich verstehe, wie ich Dinge so weitergeben kann, dass sie nicht irgendwann den Kopf schütteln. Aber: Die Möglichkeit es besser zu machen, habe ich auch. Auch mir steht eine Lerngeschichte zu.  

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SWR3 Gedanken

26AUG2023
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„Einer trage des anderen Last.“ So nötig und so peinlich… Als ich nämlich das erste Mal so richtig in den Bergen war, bekam ich es beim Aufstieg mit dem Kreislauf zu tun. Es ging gar nichts mehr bei mir. Ich war weiß wie eine Wand. Aber weil wir spät dran waren, konnten wir nicht beliebig Pause machen. Also nahm Klaus meinen Rucksack. Oje, wie peinlich!

Er trug nicht nur meine Last, sondern gab mir auch was zu trinken und Tipps wie ich mit gemächlichen, aber stetigem Tempo weiterkomme.  

Es ist alles gut gegangen und ich war trotz der Peinlichkeit einfach dankbar, dass Klaus eben diesen biblischen Grundsatz ganz wörtlich in die Tat umgesetzt hat: „Einer trage des anderen Last.“ Und gut hat mir getan, dass in dem Moment keiner die Augen gerollt hat, sondern einfach das Naheliegende schnell und klar gemacht wurde.

Übrigens geht der Satz noch weiter: „Einer trage der anderen Last. So werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.“ heißt es da.  So wie ich das erlebt habe, kann das auch heißen: Rucksacktragen ist das, was Gott will. Ich habe Klaus also dabei geholfen, Gottes Wille zu tun. Man könnte sogar sagen: Ich habe ihn zu einem Gottesdienst verholfen. So rede ich mir das manchmal schön, damit ich mir nicht ganz so doof vorkomme.

Letztlich hat es aber einfach gutgetan, zu erleben: Ich bin mit meiner Last nicht allein. Danke Klaus!

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SWR3 Gedanken

25AUG2023
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"Was du nicht willst, was man dir tu, das füg auch Keinen andern zu.“ Das nennt man im Volksmund die goldene Regel. Die goldene Regel ist bestechend einfach. Aber richtig anspruchsvoll. Jesus hat auch eine Version der goldenen Regel formuliert: "Alles, was Andere euch tun sollen, das tut ihr ihnen auch".

Auch in der Jesus-Version. Einfach und wahr, aber anspruchsvoll. Denn die goldene Regel setzt voraus, dass ich erst mal über mich selbst Bescheid weiß und das ist gar nicht so einfach.

Klar ist vielleicht, dass ich keine Gewalt erleben will. Aber sonst? Was will und brauch ich denn für mein Leben? Was ist mir wichtig? Und was ich denn anderen Gutes tun und was bin ich überhaupt bereit zu tun? Ganz schön viele Fragen, aber entscheidend, wenn es um die goldene Regel geht.

Ich meine, es ist wichtig, sich über seine eigenen Wünsche und Bedürfnisse klar zu werde. Nur dann habe ich auch eine Ahnung, warum mich ein bestimmtes Verhalten am anderen stört oder warum ich in manchen Situationen empfindlich reagiere. Und dann wird es wieder schwierig. Ich soll ja selbst noch aktiv werden und muss aber dann auch wieder fragen: Was braucht der oder die eigentlich?

Ich bin froh und dankbar um jeden, der sich diesen vielen Fragen stellt, die die goldene Regel aufwirft. Sie vielleicht mit den Kindern diskutiert. Denn ich glaube wirklich, dass die goldene Regel immer noch dazu hilft das Zusammenleben besser zu machen.  

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SWR3 Gedanken

24AUG2023
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Jonas, zehn Jahre, wollte die große Achterbahn fahren. Also so ganz sicher war er sich nicht. In der langen Warteschlange quasselte er ständig davon, wie es werden wird und immer wieder zweifelte er, ob er es sich wirklich trauen wird. Ich versuchte das Nervenbündel zu beruhigen.

Die Menge schob uns weiter und dann saßen wir in der Achterbahn. Jonas zitterte am ganzen Körper und ich hielt seine Hand. Da beugte sich die Sitznachbarin zu ihm rüber und sagte: "Musst keine Angst haben, das wird richtig gut." Jonas lächelte mich an und dann wurden wir durchgeschüttelt.

Nach der Fahrt gab es kein Halten mehr - Er war bis in die Haarspitzen begeistert und strahlte über das ganze Gesicht. Und dann sagte er plötzlich: „Es tut schon gut, wenn jemand einem noch ein gutes Wort sagt" ich musste nachfragen, was er genau meint. "Als die Frau zu mir gesagt hat, "das wird richtig gut", da hab ich plötzlich keine Angst mehr gehabt und mich wirklich drauf gefreut."

Worte können einem den Tag versauen und sie können einem 10-jährigen Mut machen. Die Worte, die Mut machen, nenne ich Segen. Segen gibt es in großen Worten, es gibt sie aus der Bibel, am Ende eines Gottesdienst… Der segne dich… Und Segen gibt es ganz einfach, wie eben: das wird richtig gut und ich bin um jeden froh, der solche Segensworte ausspricht. Sie bewirken nämlich, dass Kinder und Erwachsene mutig werden und sich vorstellen können: Was auch immer mir bevorsteht. Das wird richtig gut.  

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SWR3 Gedanken

23AUG2023
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Alle sind gleich, es zählt nicht, ob man Mann oder Frau ist, Jude oder Grieche, ein freier Mensch oder Sklave. Alle sind gleich. So steht das in der Bibel. Und das hatte wirklich Sprengkraft. Schon in der Antike, aber auch viele Jahrhunderte später noch.

Als diese Worte nämlich manche Bibelleser im 19. Jahrhundert in Nordamerika gelesen haben, war die Sklaverei noch Alltag. Aber gerade weiße Menschen kamen durch diese und andere Worte der Bibel zur Überzeugung:  Sklaven darf es nicht geben. Es wurde ein langer und kriegerischer Weg, bis die Sklaverei schließlich abgeschafft wurde und die Situation der People of Colour in den USA ist auch heute immer noch schwierig, aber es etwas genutzt, die Bibel zu lesen und sich von ihr etwas sagen zu lassen.

Werden viele gleich sagen, dass in der Bibel ganz schlimme Sachen stehen, aber heute, am internationalen Tag gegen Sklaverei will ich dankbar zur Kenntnis nehmen: Bibellesen hat dazu geholfen die Sklaverei zu ächten.

Und trotzdem gibt es sie heute noch. Weltweit, schätzen Experten, leben wohl zwischen 40 und 50 Mio. Menschen in sklavenähnlichen Verhältnissen. Und gerade auch in Deutschland ist die Zwangsprostitution, was ja nun wirklich ein Sklavenähnliches Verhältnis ist, verbreitet.

Sklaverei darf es nicht geben, sagen die Vereinten Nationen, sagt die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte und sagt die Bibel. Gut, dass man sich darauf geeinigt hat, auch wenn der Kampf dagegen noch lange nicht vorbei ist.

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SWR3 Gedanken

22AUG2023
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„Jetzt iss dein Essen auf - in Afrika hungern Sie.“ Das habe ich hin und wieder als Kind gehört. Im Grunde, war das eine moralische Keule, damit das Essen auch weg kam. Mir konnte auch keiner erklären, wie ich den Hungernden in Afrika helfe, wenn ich meinen Teller leer esse.  

Wahrscheinlich sollte es irgendwie zur Dankbarkeit erziehen. „Sei doch dankbar, dass Du was zu essen hast. Es gibt genug Hunger auf der Welt.“ Und vor kurzem habe ich eine Mutter gehört, die sagte: „Ich kann diese Undankbarkeit bei Kindern und Erwachsenen nicht ertragen, bei allem, was wir haben und besitzen. In den meisten Fällen geht es uns gut und trotzdem wird gemeckert, anstatt zu sehen, was alles funktioniert und was wir alles haben.“ Ich konnte sie verstehen.

Und natürlich finde ich es gut, wenn man Kinder und Jugendliche zur Dankbarkeit erzieht. Aber vielleicht braucht man dafür keine moralische Keule, sondern einfach ein Vorbild. Also Menschen, die sich bedanken.

„Danke, Gott, dass wir hier auf dem Konfi-Camp genug und lecker zu essen haben.“ So einfach hat das ein jugendlicher Mitarbeiter vor dem Essen auf dem Konfi-Camp gebetet. Irgendwie banal und trotzdem ein gutes Vorbild, find ich. Durch das einfache Gebet wurde sichtbar, für was man alles dankbarsein kann. Und der jugendliche Mitarbeiter wurde eben zu einem Vorbild. Einer, der Danke sagt.  Und meine Hoffnung ist: Übers Danken kommt die Dankbarkeit dann auch.

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SWR3 Gedanken

21AUG2023
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„Ich bin ehrlich. Ich sag die Wahrheit, egal, was andere von mir denken.“ Wenn jemand das zu mir sagt, hat das oft so einen trotzigen Ton. Und manchmal habe ich den Eindruck: Da hat aber auch jemand Lust, die Wahrheit möglichst brutal zu sagen.

Als Wolfram Gössling erfuhr, dass er Krebs hat, sagte der behandende Arzt ihm das so: "Die Behandlung wird hart, ich bringe dich an den Rand des Abgrunds, lasse dich dort baumeln, dann hole ich dich zurück und bringe dich in Sicher­heit." Eine schreckliche Krankheit und eine brutale Wahrheit. Das Besondere: Wolfram Gössling ist selbst Krebs-Spezialist und weiß also ganz genau, was diese Krankheit bedeutet.

Wolfram Gössling sagt selbst. Zu einem seiner eigenen Patienten hätte er diesen Satz nicht gesagt, aber für ihn sei das gut gewesen. Weil er wusste, woran er ist und er wusste, dass sein Kollege die Sache richtig einschätzt.

Muss die Wahrheit immer brutal sein? Ich lerne daraus: Kommt drauf an. Denn: Wenn es darum geht, die Wahrheit zu sagen, soll es ja nicht um mich gehen. Und schon gar nicht, um mein Bedürfnis anderen gnadenlos die Wahrheit zu sagen. Ich finde: Auch bei der Wahrheit geht es darum, ob ich gut oder schlecht mit Menschen umgehen will. Manchmal muss das hart sein, manchmal aber eben auch vorsichtig. Kommt eben auf den an, dem ich diese Wahrheit.

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SWR3 Gedanken

20AUG2023
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Wenn ich jetzt „Greta Thunberg ist eine Prophetin“ sage… lächelt ihr dann oder ballt ihr innerlich die Faust? Heute vor fünf Jahren hat sie sich das erste Mal geweigert in den Schulunterricht zu gehen und hat stattdessen für das Klima gestreikt.

Schon damals haben sie manche als Prophetin bezeichnet und andere sagten: Das ist eine religiöse Überhöhung. Und das stimmt, jedenfalls, wenn man einen Propheten ausschließlich versteht als einen, der eine besondere Nähe zu Gott hat. Ich verstehe es allerdings so: Propheten sind Leute, die sehr gut beobachten können und sagen können, was passiert, wenn man mit einem Verhalten nicht aufhört. So wie der Prophet Amos aus der Bibel zum Beispiel. Der hat gesagt: Wenn ihr mit den Armen nicht ordentlich umgeht, dann gerät das ganze Land in eine soziale Schieflage. Und das hat er sehr drastisch gesagt. Und ja, Gott spielt bei Amos eine große Rolle.

Bei Greta Thunberg spielt Gott keine Rolle. Eine Prophetin ist sie aber trotzdem, finde ich. Sie beobachtet genau und sagt: Wenn wir nicht aufhören, wird das Klima kippen. Somit wären alle Klimaforscher Propheten. Mit oder ohne Gott. 

Für den biblischen Propheten Amos war Gott allerdings wichtig. Gott war für ihn der Grund, sich unbeliebt zu machen mit seinen Prophezeiungen. Denn Gott war der, der Amos gesagt hat: Ihr liegt mir am Herzen. Sag was passiert. Egal, ob die Leute sich über dich freuen oder innerlich die Faust ballen. Ich will nämlich unbedingt, dass es euch gut geht!  

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SWR3 Gedanken

08APR2023
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Einmal im Monat treffen wir uns und sagen knapp eine dreiviertel Stunde nichts. Wir sitzen da und schweigen.

“Kirche der Stille” nennen wir das. Wir sitzen, manche auf einem Kissen, andere auf einem Gebetsbänkchen und wieder andere auf einem Stuhl. Manche sitzen im Lotussitz und ja klar, es ist Meditation. Und wer will, der bekommt auch ein paar Tipps, wie das besser funktioniert. Dass man zum Beispiel einfach zählen kann, oder sich ein Mantra sagt, wie zum Beispiel: “Jesus Christus” - beim Einatmen und “erhöre mich” beim Ausatmen.

Ich finde das hilfreich, aber eigentlich gar nicht so wichtig. Ich mag es einfach eine knappe Stunde einfach mal die Klappe zu halten und nichts um sich zu haben, als Schweigen und wenn ich das mit anderen zusammen mache, finde ich es noch schöner. Dieses Gefühl: Wir sind uns einig darin, jetzt nichts zu sagen.

Am heutigen Karsamstag ist es auch ganz still. Es ist, als ob Gott ganz weg wäre. Auch aus unserer Kirche. Da gibt es keinen Schmuck in der Kirche, der Altar ist vollkommen leer. In manchen Kirchen ist das Kreuz verhüllt.

Heute ist der Punkt zwischen Ausatmen und Einatmen. Ich finde, ein wertvoller Tag der Leere und Stille. Ob ich heute Lust habe zu sprechen, weiß ich noch gar nicht. Einfach mal nichts wollen nur da sitzen und schweigen.

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SWR3 Gedanken

07APR2023
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Ausgerechnet jetzt im Frühling! Ausgerechnet jetzt, wo das Leben wieder blüht und die Sonne stärker wird. Ausgerechnet jetzt ist da dieser Tag, der an den Tod erinnert. Karfreitag - der Todestag Jesu.

Das ist schon gemein. Dieser Tag bremst irgendwie alles aus, was jetzt gerade raus will und mit Kraft sich seinen Weg sucht. Unerbittlich erinnert Karfreitag an den Tod und bremst alles aus. Unerbittlich, wie der Tod eben so ist.

Und der Tod betrifft eben nicht nur die, die alt und grau sind, sondern auch die Jungen. Zum Glück betrifft es sie selten, aber wenn es sie trifft, ist es umso heftiger. Und dann werden die Fragen groß: Warum Sie? Was haben sie denn getan? Die waren doch noch jung und gut!

Und ich gebe zu: All diese Fragen und Anklagen bleiben auch heute unbeantwortet. Ich lege nur daneben: Jesus hat auch nichts getan, er war jung und gut und nichts rechtfertigt seinen Tod.

Deswegen: Was für heute bleibt, ist für mich die Solidarität mit allen, die dieses Schicksal teilen, weil sie jemanden verloren haben, der in der Blüte seines Lebens stand. Und die das Schicksal teilen, dass ausgerechnet jetzt Frühling ist und das Leben blüht und sie mit jedem warmen Sonnenstrahl an ihren Schmerz erinnert werden.

Solidarität mit allen, denen jetzt gesagt werden muss: Doch, du sollst trotz deiner Trauer leben.

Für mich ergibt das Sinn. Jetzt im Frühling - dieser Tag, der alles ausbremst, damit wir Solidarität einüben. Und Danke an alle, die das tun.  

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