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SWR1

     

SWR2 / SWR Kultur

 

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SWR2 Wort zum Tag

22JAN2024
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„Das muss man schon mal aushalten können, wenn man so viel verdient… „Solche Sprüche höre ich manchmal, wenn ich mich bestürzt darüber zeige, in welchem Ton zum Beispiel Sportler kritisiert oder Filmstars vernichtend schlecht beurteilt werden. Dabei geht es dann oft noch nicht einmal um Kritik an deren Leistungen, sondern um Beleidigungen auf einer persönlichen Ebene. „Das muss man schon mal aushalten können…“Viel aushalten müssen, finde ich, auch manche Politikerinnen und Politiker, deren Privatleben von manchen Medien genauestens beobachtet und skandalisiert wird.  

Aber macht denn ein hohes Einkommen oder politische Verantwortung Menschen weniger sensibel oder verletzlich? Ist es in Ordnung, Menschen verbal anzugreifen, weil sie sozusagen schon ein „Schmerzensgeld“ dafür bekommen haben?

„Reiche und Arme beide hat Gott erschaffen“ (Sprüche 22,2). Dieser Spruch stammt aus der Bibel, aus dem Buch der Sprüche. Ich verstehe das so: es gibt keinen Unterschied zwischen Armen und Reichen. Alle Menschen sind gleich erschaffen, egal in welche Richtung sich ihr Leben entwickelt. Ob sie später arm oder reich sind, prominent oder unbekannt, ob sie politische Verantwortung tragen oder nicht. 

Martin Luther hat das später bezeichnet als die Trennung von Person und Werk. Was ein Mensch tut, sollte unseren Blick auf sein Wesen als Mensch nicht verändern. Ganz verhindern lässt sich das wahrscheinlich nicht. Gerade deswegen finde ich es wichtig, sich das ab und zu bewusst zu machen. 

Im Prinzip sind alle Menschen gleich ausgestattet: Sie haben verletzbare Gefühle und eine sensible Wahrnehmung. Sie sind von Gott geschaffen und haben eine unverletzliche Würde. Auch die Reichen und Schönen und Verantwortungsträgerinnen und Träger. Und dementsprechend sollte man sie auch behandeln. 

Ich finde, nur weil jemand viel verdient oder politische Verantwortung trägt, darf man ihn nicht persönlich beleidigen oder verunglimpfen. Auch Menschen, die in der Öffentlichkeit stehen, haben ein Recht auf den Schutz der Privatsphäre. Denn am Ende bleibt der Mensch ein Mensch, der respekt- und rücksichtsvoll behandelt werden sollte. 

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SWR1 3vor8

26DEZ2023
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Schenken und beschenkt werden. Das war eine der Hauptbeschäftigungen in den letzten Tagen. Und vielleicht gibt es ja heute sogar noch ein paar Geschenke… Ich würde nicht Nein sagen!

Was ich an Weihnachten toll finde: Es ist keine Einbahnstraße. Man schenkt und wird beschenkt. Geben und Nehmen.

Darum geht es auch im 2. Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Korinth. Paulus erinnert die Menschen in dem Brief an das, was wir auch an Weihnachten feiern: Jesus ist zu euch gekommen. Dieses kleine Baby in der Krippe hat die Welt verändert. Er hat von der Gnade Gottes erzählt und davon, wie wir respekt- und liebevoll zusammenleben können. Paulus sagt: Jesus hat euer Leben verändert, er hat es reicher gemacht. Was für ein Geschenk! (2Kor 8,7-9)

Aber Paulus will auch etwas: nämlich Geld! Er sammelt Spenden ein, für Menschen und Gemeinden, die es benötigen. Geben und nehmen. Weil ihr so reich beschenkt wurdet, könnte ihr auch etwas abgeben, sagt Paulus. Geld für Gottes Liebe? Wie eine Art Tauschgeschäft?

Nach den Feiertagen fangen viele Beschenkte ja auch mit Tauschgeschäften an. Falls Sie es gerade nicht auf dem Schirm haben: Morgen ist Mittwoch. Ein Werktag. Häufig dient dieser 1. Werktag nach dem Weihnachtsfest dazu, unliebsame Geschenke einzutauschen. Geld gegen Ware bzw. Ware gegen Geld. Ein wirtschaftlicher Handel. Irgendwie auch ein Geben und Nehmen. Und doch etwas ganz anderes als Schenken und beschenkt werden.

Auch Paulus hatte keinen Handel im Sinn. Er hat nicht gesagt: Gottes Gnade muss man sich erkaufen. Oder: Jesus verlangt so und so viel.

Vielmehr argumentiert er so: Wer reich beschenkt ist, kann etwas abgeben. Wer beschenkt ist, den drängt es geradezu dazu, andere zu unterstützen, weniger Privilegierten etwas abzugeben – dadurch gibt man, so Paulus, auch etwas von der Gnade Gottes weiter. Ohne dass ich dafür eine Gegenleistung fordern muss. Denn ich bin schon beschenkt.

An Weihnachten wird uns Gott geschenkt. Er wird Mensch und macht dadurch unser Leben reicher.

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SWR2 Wort zum Tag

02DEZ2023
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Plötzlich erscheint mir alles da unten irgendwie irrelevant: Die Menschen, die Autos, die Straßen. Alles ist zwar noch gut zu erkennen, aber doch auch ganz weit weg. Vor ein paar Tagen bin ich mit dem Riesenrad auf dem Stuttgarter Schlossplatz gefahren. Rein in die Gondel, zehn Sekunden nach oben gefahren: Und schon war ich in einer ganz anderen Welt. Faszinierend! Ein Überblick, den ich sonst nicht habe, wenn ich mitten im Gewusel stecke: Die Welt da unten ist spannend zu betrachten, aber ich fühle mich gar nicht mehr als ein Teil davon. Sie ist nur noch ein Anschauungsobjekt. Der Lärm, der Stress, die Anderen – geht mich scheinbar nichts mehr an. Ich schwebe über allem, dem Himmel näher als der Erde.

Vater unser im Himmel…

Das ist einer der wichtigsten Sätze im Christentum. Beginn des wichtigsten christlichen Gebets, Jesus selbst hat es gebetet und anderen nahe gebracht, dass sie so beten sollen. Vater unser im Himmel …

Wenn ich so im Riesenrad sitze, kommt mir das schon ziemlich hoch oben vor. Und wie weit mag Gottes Himmel davon noch entfernt sein? Da frage ich mich: Was bekommt er da überhaupt von uns mit? Klar, ich traue Gott zu, dass er in uns Menschen mehr sieht als die winzig kleinen Ameisen, wie ich sie aus dem Riesenrad von oben wahrnehme.

Aber interessant finde ich trotzdem: Gott kommt zu wichtigen Anlässen immer wieder auf die Erde. Zum Beispiel, um mit Mose zu sprechen. Da verirrt er sich in das Gestrüpp eines brennenden Dornbuschs, um ihm einen ganz wichtigen Auftrag zu geben, nämlich die Israeliten aus der Sklaverei zu befreien. Und natürlich auch an Weihnachten. Morgen geht es ja los mit der Adventszeit. Sie soll helfen, uns darauf vorzubereiten, dass Gott auf die Erde kommt. Dass er Mensch wird und alle menschlichen Erfahrungen mit uns teilt. Nein, dieser Gott ist keiner, der uninteressiert im Himmel sitzt. Er kommt zu uns und kommt uns nahe. Er bringt den Himmel auf die Erde. Gut, dass es jetzt wieder Zeit gibt, um sich darauf vorzubereiten.

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SWR2 Wort zum Tag

01DEZ2023
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Der Dezember ist für mich der Monat der Erwartungen. Ich habe zum Beispiel Erwartungen an mich selbst: Schöne Geschenke finden, einen geraden Weihnachtsbaum und überhaupt soll für Weihnachten alles gut vorbereitet sein.

Erwartungen gibt es auch bei der Arbeit: Jahresabschlüsse müssen vor dem Fest noch erledigt werden, Projekte sollen abgeschlossen sein, sodass man gut ins Neue Jahr starten kann. 

Grundsätzlich sind Erwartungshaltungen ja erstmal nichts Schlechtes. „Von dir erwarte ich nichts mehr“ – das will auch keiner hören. Dann ist man abgeschrieben, unwichtig.

Von wem etwas erwartet wird, der trägt Verantwortung für andere und für sich. Dem wird etwas zugetraut.

Aber mir verursacht das alles auch Stress. Denn manche Erwartungen von außen oder an mich selbst sind vielleicht auch ein bisschen überzogen. Ich spüre dann: Es gibt kaum noch Raum für Fehler, für schlechte Tage, für Müdigkeit.

In dieser Gemengelage hilft mir eine theologische Erkenntnis, die eigentlich kein gutes Image hat: „Alle Menschen sind Sünder“. So ein negatives Menschenbild will niemand vorgeführt bekommen: Der Mensch ist unvollkommen, macht Fehler, entfernt sich durch seine Verfehlungen von Gott.

Aber wenn man es mal andersherum betrachtet, kommt es bei mir so an: Wer Sünder, wer nicht perfekt ist, von dem kann man auch keine Perfektion verlangen.

Und das ist ja eine allgemein menschliche Erfahrung: Wir können nicht alles richtig machen, nicht allen Ansprüchen genügen. Diese Erkenntnis kann auch befreien. Befreien von dem Druck, überzogenen Erwartungen entsprechen zu müssen.

Wichtig dabei ist, finde ich, was Martin Luther auf die Formel simul iustus et peccator gebracht hat. Wir sind Sünder, aber gleichzeitig auch gerechtfertigt. Gott verzeiht uns unsere Unzulänglichkeiten, er verurteilt uns nicht für das, was wir nicht perfekt hinbekommen.

Ich finde, das befreit davon, mich an übertriebenen Erwartungen abmühen zu müssen. Ich muss mich nicht dafür fertig machen, dass manches nicht so klappt, wie andere sich das vielleicht vorstellen: in der Schule, bei der Arbeit, in der Familie. Und nehme mir vor: genauso wenig von anderen zu verlangen, dass sie alles perfekt hinbekommen. Vielleicht versuche ich es dieses Jahr mal mit dem Dezember als Monat der Unperfektheit. Und ich bin mir sicher: Weihnachten und das neue Jahr werden trotzdem schön.

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SWR2 Wort zum Tag

30NOV2023
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Wir wurden ganz schön durchgeschüttelt. Und gewackelt hat es. Vor den schmalen Fenstern – ein undurchdringliches Grau. Ich saß im Flugzeug, und der Landeanflug auf Stuttgart war ganz schön turbulent. Richtige Flugangst habe ich nicht. Angenehm finde ich die Fliegerei aber auch nicht. Deshalb habe ich mich bei diesem Anflug wirklich unwohl gefühlt – und ein kurzes Stoßgebet in den Himmel geschickt: Ach lass uns doch sicher landen … und Gott sei Dank, es hat gewirkt. Wir sind sicher gelandet. Mein Gebet wurde erhört. Oder ist das in Wirklichkeit eine Augenwischerei?

Ich glaube nicht an eine direkte Gebetserhörung. Ich glaube nicht, dass ich mir eine Wunschwelt zusammen beten kann nach dem Motto: Was ich mir erbete, tritt ein, weil Gott dafür sorgt.

Mir hilft beten trotzdem. Zum Beispiel dann, wenn ich mich einsam fühle. Wenn mir niemand einfällt, der mir helfen könnte, kann ich mich an Gott wenden. Oder wenn ich Angst habe. Zum Beispiel, wenn ich eingequetscht in einem wackelnden Flugzeug sitze.

Beten hilft in diesem Sinne erst einmal mir selbst. Aber ich glaube, dass es noch mehr kann.

Ich denke zum Beispiel an die ganzen Friedensgebete, die gerade regelmäßig in vielen Kirchen und Städten stattfinden. Frieden für die Ukraine, im Nahen Osten – das wünschen sich viele. Wie gesagt: Leider geht das nicht auf Knopfdruck, wir beten und dann kommt der Frieden. Aber ich finde, wer für Frieden betet, hat die Hoffnung auf ihn noch nicht aufgegeben, der glaubt noch daran, dass sich Gottes Frieden irgendwann überall durchsetzt.

Ja, ich denke, erst, wenn der Letzte aufgehört hat, an die Möglichkeit eines Friedens zu glauben, dann gibt es wirklich keine Hoffnung mehr. Beten hält diese Hoffnung wach. Es lenkt die Aufmerksamkeit auf das, was um mich herum geschieht. Für wen oder was muss ich beten? Wer kann Hilfe brauchen? An wen sollte ich denken? Darüber nachzudenken, hält den Blick wach für andere; und für eine gerechte und friedliche Welt.

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SWR1 3vor8

12NOV2023
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Hätte ich das doch nicht so gemacht… Dann wäre mein Leben sicher anders verlaufen. Oder mir wären manche Probleme und Sorgen erspart geblieben. Aber, hätte, hätte, Fahrradkette. Es hilft nichts: Was war, kann ich nicht mehr ändern.

Ungefähr das schreibt auch der Apostel Paulus in einem Brief an die Gemeinde in Rom. Ein Abschnitt daraus dient heute in vielen evangelischen Kirche als Predigtgrundlage. Paulus beschreibt die Gegenwart seiner Zeit:
„Die ganze Schöpfung seufzt und stöhnt vor Schmerz. Und nicht nur sie. Uns geht es genauso.“ (Römer 8,22)

Paulus sieht Mensch und Natur leiden. Er sieht, dass es Krankheit und Schmerz gibt. Neid und Hass. Paulus nimmt wahr, dass in der Welt, in Gottes Schöpfung einiges im Argen liegt. Und diese Diagnose kann man heute sicher noch genauso stellen: Der Planet schwitzt, Naturkatastrophen entfalten zerstörerische Kraft. Menschen leiden, hungern, müssen fliehen.

Die Schöpfung stöhnt vor Schmerz. Und an dem, was wir Menschen selbst Schlimmes verursacht haben, könnte man verzweifeln. Aber - Paulus tut das nicht. Er schreibt weiter:
„Wir sind gerettet, aber noch ist alles erst Hoffnung.“ (Römer 8,24)

Obwohl Paulus die Vergangenheit nicht ändern kann. Obwohl er keine fertigen Lösungen für die Probleme seiner Zeit in der Schublade hat, glaubt er fest daran, dass es Rettung gibt. Gott hilft. Er erlöst seine Schöpfung von Krieg, Ungerechtigkeit und Gewalt. Diese Hoffnung auf eine gute Zukunft ist für Paulus eine Gewissheit!

Er lenkt den Blick von der Vergangenheit bzw. der Gegenwart, an der man verzweifeln könnte, hin auf eine gute Zukunft. Und ich finde, dieser Blick hilft. Sich über die Vergangenheit den Kopf zu zerbrechen, zu grübeln, was man hätte anders machen sollen – das bringt einen nicht weiter. Hätte, hätte Fahrradkette…

Aber daran glauben zu können, dass wir trotz aller Schwierigkeiten, trotz allen Leids, eine gute Zukunft haben, das hilft mir im Hier und Jetzt. Es lässt mich nicht verzweifeln. Befreit mich von lähmender Zukunftsangst. Wer noch hofft, glaubt auch noch an Veränderung. Und deshalb engagiere ich mich für eine gute Zukunft. Weil ich an sie glaube.

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SWR2 Wort zum Tag

18OKT2023
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Mangelnde Unterstützung. Das haben die Spieler der deutschen Fußball-Männernationalmannschaft bei der WM in Katar immer wieder beklagt. Ich habe mir die Dokumentation über die Deutschen bei der WM neulich angeschaut. Da ist das ein Dauerthema: die fehlende Unterstützung durch die Fans in Deutschland, durch „die Heimat“. Den Spielern fehle es an Vertrauen. Gleichzeitig sollen sie mit Selbstvertrauen und Glaube an sich selbst auftreten. Daran appellieren Trainer und Management immer wieder. Schaut man sich das Ergebnis an, hat das offensichtlich nicht so gut geklappt.

Ich weiß nicht, ob man nur gut Fußball spielen kann, wenn man die Unterstützung von 80 Millionen Deutschen spürt. Das erscheint mir dann doch etwas zu hoch gegriffen.

Aber dass das eigene Selbstvertrauen gestärkt wird, wenn jemand anderes an mich glaubt – da ist sicher was dran.

So erlebt das auch Mose. In der Bibel wird erzählt, wie er von Gott einen sehr wichtigen Auftrag bekommt. Er soll die Israeliten aus der Sklaverei befreien. Keine Kleinigkeit. Mose fühlt sich dem nicht gewachsen und erhebt Einwände: Zum Beispiel fühlt  er sich rhetorisch nicht begabt genug, um so eine Gruppe zu führen. Aber über mangelnde Unterstützung kann er sich nicht beklagen.

Gott setzt auf ihn. Er hält an ihm fest. Und er hilft ihm. Er stellt ihm seinen Bruder Aaron zur Seite. Der kann gut reden. Und fungiert fortan quasi als Moses Sprachrohr.

Und obwohl Mose immer wieder Unsicherheit ausstrahlt, glaubt Gott an ihn. Er stützt ihn und steigert dadurch auch sein Selbstvertrauen.

Das Ergebnis dürfte vielen bekannt sein… Es gelingt Mose mit der Unterstützung Gottes, Aarons und weiterer Mitstreiter, die Israeliten aus der Sklaverei zu befreien. Trotz der Selbstzweifel, die Mose anfangs hatte. Gott hat an ihn geglaubt. Das hat ihn gestärkt.

Ja, Gott traut den Menschen was zu. Er glaubt daran, dass sie auch schwierige Aufgaben meistern können. Glaube wird ja oft in erster Linie auf Gott bezogen. Wir – ich – glaube an Gott. Aber die Geschichte von Mose zeigt: Glaube gibt es auch andersherum: Gott glaubt an uns Menschen. Er unterstützt uns. Und ich glaube: Mit dieser Unterstützung kann ich vieles schaffen.

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SWR2 Wort zum Tag

17OKT2023
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In einem Buch eines AfD-Politikers habe ich Folgendes gelesen: „Menschenrechte sollen nicht mehr absolut, sondern im Kontext der Gesellschaft definiert werden. Die Verfassung soll sich im Zweifel dem Volkswillen beugen.“[1] .

Ich verstehe das so: Eine Mehrheit könnte für eine Minderheit die Menschenrechte außer Kraft setzen. Menschen, deren Leben, Liebe oder Gedanken nicht ins Weltbild passen, würden so zu Menschen zweiter Klasse degradiert.

In der Bibel wird von der Erschaffung des Menschen erzählt. Nachdem Gott alles andere gemacht hat, kommt zum Schluss der Mensch dran:
Und Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn.

Nach biblischer Vorstellung ist der Mensch das Ebenbild Gottes. Dass heißt nicht, dass er genauso ist oder genauso aussieht wie Gott. Aber er entspricht Gott. Der Mensch soll sich um das kümmern, was Gott geschaffen hat. Denn er trägt etwas von Gott in sich. Das gilt für alle Menschen. Alle Menschen stammen von Gott ab; alle sind sein Ebenbild. Sie haben deshalb eine unverletzliche Würde.

Wer das ernst nimmt, kann die Menschen nicht nach ihrer familiären oder biologischen Herkunft, nach ihrer Hautfarbe, ihrem Geschlecht oder ihrer Sexualität beurteilen oder kategorisieren. Alle Menschen gehören zu Gott und müssen mit Achtung behandelt werden. Ihre Würde darf nicht verletzt werden.  

Auch bei Jesus findet sich diese Haltung wieder. Kranke, Ausländer oder Geschiedene – viele Menschen galten zur Zeit Jesu als Menschen zweiter oder dritter Klasse. Viele hatten kaum oder überhaupt keine Rechte.

Jesus hat sich für sie eingesetzt. Er hat sie mit den gleichen Augen angesehen wie alle anderen. Er hat in ihnen das Ebenbild Gottes gesehen und sie als Geschöpfe Gottes behandelt.

Diese Vorstellung, dass alle Menschen eine unverletzliche Würde haben und dass diese nicht durch andere angetastet oder außer Kraft gesetzt werden darf, findet sich in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte wieder.

„Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren“, heißt es da.  
Das kann auch keine Mehrheit, kein angeblicher Volkswille anderen absprechen. Das gilt. Für alle. Und ich hoffe, dass eine Mehrheit das in Deutschland auch weiterhin so anerkennt. 

 

[1]https://www.zdf.de/politik/frontal/frontal-vom-19-september-2023-eu-migrationspolitik-cdu-brandmauer-afd-ukraine-minenopfer-kindergrundsicherung-100.html

https://www.kirche-im-swr.de/?m=38617
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SWR2 Wort zum Tag

16OKT2023
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Welche Szene spielt sich ab in dem hell erleuchteten Zimmer, dessen Lichtschein ich durchs Fenster sehen kann? Wer verbirgt sich hinter den heruntergelassenen Fensterläden?  Was geschieht gerade in diesen Häusern?

Solche Fragen kommen mir manchmal, wenn ich abends im Dunkeln durch meine Straße an den ganzen Häusern vorbei nach Hause laufe.

Ich finde es interessant, dass ich so nahe an den Menschen vorbeilaufe, aber keine Ahnung davon habe, wer sie sind oder was sie machen. Natürlich geh ich nicht einfach auf ein Haus zu und schau dort mal durchs Fenster. Ich will ja auch nicht, dass jemand meine Privatsphäre stört. Und doch fände ich es oft spannend, mehr voneinander zu wissen. Wahrscheinlich sind die meisten Menschen glücklich und zufrieden, auch ohne mich. 

Aber vielleicht gibt es ganz in meiner Nähe jemanden, der einsam ist oder Hilfe brauchen könnte, aber niemanden hat. Das bleibt meinem Blick auch verborgen.

Du bist ein Gott, der mich sieht, heißt es in der Bibel. Hagar sagt diesen Satz. Sie ist die Magd von Abraham und Sarah. Abraham und Sarah wünschen sich ein Kind, aber es will einfach nicht klappen. Sarah schlägt deshalb vor, dass Abraham mit Hagar ein Kind zeugt. Hauptsache, es gibt einen Erben. Aber als Hagar schwanger ist, kommt Sarah nicht klar mit der Situation. Sie behandelt Hagar schlecht und demütigt sie. So schlimm spitzt sich die Lage zu, dass Hagar flieht.

Allein in der Wüste begegnet ihr ein Engel. Und Hagar, die als Dienerin so oft nicht gesehen und beachtet wurde, merkt:
Du bist ein Gott, der mich sieht. Das hat sie erfahren. Gott nimmt mich wahr.

Ich bin überzeugt: Gott schaut auch heute auf diejenigen, die einsam und verlassen sind; auf die sonst keiner schaut. Das befreit uns Menschen nicht davon, nacheinander zu sehen und aufeinander zu achten.

Aber ich finde es auch beruhigend zu wissen, dass Gott auf diejenigen schaut, die mir verborgen bleiben und auch sonst von niemandem gesehen werden. In den Häusern meiner Straße und überall.

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SWR1 3vor8

10SEP2023
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Wie sagt man? Eine Frage, die Kinder oft hören. Wie sagt man – wenn man eine Einladung oder beim Einkaufen einen Keks bekommen hat? Na klar, danke! So bekommen Kinder es beigebracht.

Vielleicht hat es bei den schwer kranken Menschen, die von Jesus geheilt werden, einfach an der guten Kinderstube gehapert. Über diese Erzählung in der Bibel wird heute in vielen evangelischen Kirchen gepredigt. Jesus kommt in ein Dorf. Schwer kranke Männer flehen ihn an: Jesus, lieber Meister, erbarme dich. Die Männer sind ausgeschlossen aus der Dorfgemeinschaft. Ansteckungsgefahr! Getrennt von Familie und Freunden. Es geht ihnen wirklich mies. Sie haben Hilfe bitter nötig!

Und Jesus hilft: Die Männer werden gesund. Sie laufen ohne ein weiteres Wort überglücklich in ihr Dorf zurück. Nur einer von ihnen bleibt plötzlich stehen, dreht um und kommt nochmal zu Jesus zurück. Er dankt ihm, dankt Gott für seine Heilung, für das Geschenk am Leben teilhaben zu können. Und die anderen?

Ich denke nicht, dass man ihnen mangelnde Erziehung unterstellen sollte. Wahrscheinlich konnten sie es einfach nicht mehr erwarten, ihre Familien wieder zu sehen, ihr Leben zurückzubekommen!
Aber ich glaube, der eine, der sich bedankt, bringt doch etwas Wichtiges zum Ausdruck: Es ist ein riesiges Geschenk, das die Männer da bekommen haben. Ein Wunder, das ihnen eine Tür öffnet, die für immer verschlossen schien. Die Tür zurück in ihren Alltag.

Sie haben das wieder, was ihnen vorher vielleicht selbstverständlich erschien: Gesundheit, Familie, in einer Gemeinschaft leben. Oft realisiert man bei diesen Dingen ja erst, wie wichtig sie sind, wenn etwas davon verloren gegangen ist. Schätzt sie vorher gar nicht richtig wert, weil sie eben so alltäglich scheinen. Vielleicht hilft es, sich ab und zu mal Zeit zu nehmen und nachzudenken – womöglich sogar aufzuschreiben – wofür man gerade dankbar sein kann.

Öfter auf das Gute zu schauen: in der Welt; in meinem persönlichen Leben. Was läuft super? Wo habe ich gute Erfahrungen gemacht? Ich denke, sich das ab und zu bewusst zu machen, kann zu einer positiven Sicht auf das eigene Leben beitragen.

Denn – wie sagt man? Ich finde, auch für Erwachsene ist Danke eine gute Antwort.

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