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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Es ist wieder Montag. Der Radiowecker läutet eine neue Runde ein. Die Moderatoren der Morgensendung sind unglaublich gut drauf und sprühen nur so vor Energie. Ich brauche dazu noch mindestens eine Stunde. Was wird der Tag bringen? Termine, Projekte, Anrufe, E-Mails, Schreibarbeit. Vielleicht ein Spaziergang mit meiner Frau, und abends eine Mitarbeiterbesprechung? Andere müssen bestimmte Stückzahlen abliefern, und ein Projekt muss unbedingt bis 17.00 Uhr fertig sein. Oder auch: Arzttermin – Essen kochen – vom Kindergarten abholen – zum Sportverein fahren.... Und wieder ist ein Tag meines Lebens vorbei. Manchmal beschleicht mich das Gefühl: ich lebe nicht wirklich, sondern zum großen Teil werde ich gelebt.

 

Aber mein Leben ist ja kein Computerspiel, bei dem ich mit etwas Glück ein paar Bonusleben dazu bekommen und noch mal neu starten kann. Nein, wir leben nur einmal hier auf der Erde. Wir können nicht erst üben, sondern es muss gleich beim ersten Mal stimmen. Deshalb ist es so wichtig, die Frage zu stellen: Wozu um alles in der Welt lebe ich? Das Kalb auf der Weide fragt vermutlich nicht danach. Aber für mich als Mensch gehört es unbedingt dazu.

Inzwischen glaube ich auch zu wissen, warum wir so fragen. Auf den ersten Seiten der Bibel wird uns gesagt: „Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde (Gen 1,27).“ Das heißt: als sein Gegenüber, fähig zum Gespräch mit seinem Schöpfer. Da ist einer, dem ich mein Leben verdanke und der sich etwas dabei gedacht hat, als er mich konzipiert hat. Der muss es doch wissen. Den müsste ich doch danach fragen können: Was ist wirklich wichtig? Was muss sein, und was kann ich auch lassen? Was treibt mich an, bei dem, was ich tu? Und letztlich: Wozu lebe ich eigentlich, und warum bin ich hier auf dieser Erde?

Meistens bin ich für solche grundsätzlichen Fragen viel zu beschäftigt. Und trotzdem finde ich es wichtig, mir Zeit dafür zu nehmen. Ich brauche das immer wieder einmal, wenn mir im Alltagskram der rote Faden verloren gegangen ist. Damit ich wieder weiß, warum es sich lohnt aufzustehen, ins Leben einzusteigen und mich an die Arbeit zu begeben. Nicht jeden Tag, aber vielleicht jetzt im Sommer, denn da läuft es etwas ruhiger. Da müsste es doch drin sein, Zeit zu finden um mit Gott noch einmal darüber zu reden – oder zumindest einmal darüber nachzudenken.

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

 Teil 6: Gegen die Angst

Ich befand mich auf einem Nachtflug von Los Angeles nach Deutschland. Das dauert ja viele Stunden, und als Reisender bekommt man außer gelegentlichen Turbulenzen nicht viel von dem mit, was draußen geschieht und wo man sich gerade befindet. Als ich irgendwann aus dem Halbschlaf aufwachte, entdeckte ich auf dem Bildschirm über mir, dass das Flugzeug vor kurzem die Route verlassen hatte und statt nach Europa in Richtung Norden flog. „Eine Entführung!“ schoss es mir durch den Kopf. Aber im Flugzeug war alles ruhig. Vom Personal war niemand zu sehen, und die meisten Passagiere schliefen oder dämmerten im Halbdunkel vor sich hin. Es dauerte noch eine halbe Stunde, bis es endlich eine Durchsage gab. Das Flugzeug musste wegen eines kranken Fluggastes in Kanada zwischenlanden. Ich konnte aufatmen. Und trotzdem war es für mich ein bedrückendes Erlebnis. Ich fühlte mich hilflos und ausgeliefert.

Die Begebenheit ist für mich zu einem Bild für das Leben in unserer Welt geworden. Was weiß ich schon von den Vorgängen hinter den Kulissen? Ich bekomme in der Regel nur die Turbulenzen in Form von Fernsehberichten mit, und ich höre ein paar beruhigende Durchsagen der Politiker. Aber ganz geheuer ist mir die Sache nicht. Haben die Medien wirklich die entscheidenden Informationen und kann ich mich auf sie verlassen? Was wird im Cockpit der Welt, wo die Mächtigen aus Politik, Wirtschaft und Militär zusammensitzen, möglicherweise beraten und entschieden, von dem die Bevölkerung besser nichts wissen soll? Ist das Cockpit überhaupt kompetent besetzt, und funktioniert die Steuerung der Welt überhaupt noch?

Aber diese Grübeleien führen nicht weiter. Sie sind zum Glück auch nicht alles, was mir zu dieser Frage einfällt. Ich glaube nämlich, dass es noch eine ganz andere Dimension gibt: Gott – und die Tatsache, dass er die Welt geschaffen hat und bis zu diesem Tag erhält. Im Alten Testament wird einmal berichtet, was der Prophet Jesaja den Menschen mitten in den gewaltigen Verwerfungen der damaligen Zeit von Gott ausrichten soll. Es heißt dort: „Ich allein bin Gott und sonst keiner, niemand ist mir gleich. Wenn ich etwas plane, dann wird es auch ausgeführt. Alles, was ich mir vornehme, das tue ich auch (Jesaja 46, 9.10)“. Ich glaube, dass das auch heute noch gilt. Gott sitzt im Cockpit. Auch wenn es nicht immer so aussieht.

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 Teil 5: Gegen die Verbitterung

Nun hat es mich doch tatsächlich auch erwischt. Ein paar eilige Klicks auf der Seite eines Routenplaners im Internet, und kurze Zeit später bekam ich eine Rechnung über 60 Euro für ein Abo, das ich angeblich abgeschlossen hatte. Eine Woche später las ich in meiner Computerzeitschrift, dass diese Firma zu den landesweit bekannten Abzockern gehört. Ich kochte vor Wut und entschloss mich, Strafanzeige wegen Betrugs zu erstatten. Nach einigen Wochen bekam ich vom zuständigen Gericht Bescheid, dass eine ganze Reihe solcher Anzeigen gegen den Betreiber der Computerseite eingegangen seien, die nun gemeinsam verfolgt würden. Ich solle mir aber nicht allzu viel Hoffnung machen, weil der Betreiber vermutlich nicht zur Verantwortung gezogen werden könne. Aufgrund einer damals noch bestehenden Gesetzeslücke, musste ich in den sauren Apfel beißen und das Geld bezahlen. Die 60 Euro waren ärgerlich, aber zu verkraften. Was mich wirklich aufbrachte, war die Dreistigkeit der Firma und die Tatsache, dass man ihr offenbar nicht das Handwerk legen konnte.

Die Angelegenheit liegt nun schon einige Jahre zurück. Aber ich merke, selbst wenn ich sie hier jetzt erzähle, steigt der Ärger wieder in mir hoch. Das will ich aber nicht. Schon gar nicht auf Dauer. Ich will mich nicht von negativen Erfahrungen prägen und für die Zukunft blockieren lassen. Ich kenne zu viele Menschen, die durch Verletzungen und erlittenes Unrecht verbittert geworden sind. Sie haben allen Grund und jedes Recht, mit der Welt unzufrieden zu sein. Aber müssen sie es auch, und ist es gut für sie? Gerade das Gefühl ausgeliefert und ohnmächtig zu sein, kann dazu führen, dass sich jede Menge Wut und Groll in mir anstauen und mich zu einem ungenießbaren Zeitgenossen werden lassen.

Doch wie komme ich aus der Spirale der Verbitterung heraus? Gottes Wort sagt an mehreren Stellen, dass jeder Mensch sein Tun und Lassen einmal im Jüngsten Gericht verantworten muss. Daran glaube ich. Für mich hat das die Konsequenz: Ich werde mich auch weiterhin mit allen Mitteln zur Wehr setzen, wenn mir und anderen Unrecht geschieht. Das gehört einfach zu meinem Naturell. Aber ich muss mich nicht rächen. Ich kann meine negativen Gefühle mit Gott besprechen und bei ihm abgeben. Und dann überlasse ich ihm alles Weitere. 

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

 Teil 4: Gegen die Bedeutungslosigkeit

Im Februar 2010 sorgte eine Nachricht der Deutschen Presseagentur für Aufregung in der Welt der Kunst. Im Museum der holländischen Stadt Zwolle wurde das Bild einer alten Windmühle mit dem Titel „Le blute-fin“ im Keller entdeckt. 35 Jahre hatte es dort geschlummert, ohne dass jemand seinen Wert und seine Bedeutung erkannte. Doch inzwischen steht fest, dass es zweifelsfrei von dem berühmten niederländischen Maler Vincent van Gogh gemalt wurde. Das war eine echte Sensation.

Stell dir vor, du hast etwas derart Wertvolles im Keller und weißt es nicht, dachte ich bei mir. Aber dann gingen meine Gedanken noch einen Schritt weiter. Stell dir vor, du bist selbst etwas derart Wertvolles und weißt es nicht. 35 Jahre lang, wie bei dem Gemälde – oder sogar ein ganzes Leben lang. Der Punkt ist ja, dass nicht etwa das Gemälde erstmals entdeckt wurde. Es war ja längst in den Karteikarten des Museums erfasst, hatte seinen festen Platz in den Kellerregalen und war dort zur Bedeutungslosigkeit verurteilt. Entdeckt wurde etwas anderes, nämlich die Urheberschaft. Das Bild war schon immer schön – aber etwas ganz Besonderes und Wertvolles wurde es durch die Tatsache, dass es aus der Werkstatt von Vincent van Gogh stammte.

Wie vielen Menschen mag es so gehen, dass sie überhaupt nicht ahnen, aus wessen Werkstatt sie kommen und was das für sie bedeutet. Die Würde und der Wert eines Menschen ergeben sich nicht aus seiner Leistung und seinem Image. Vielmehr ist die Menschenwürde im Urheber, in Gott begründet. Weil jeder Mensch eine originale Idee Gottes ist, ist seine Würde zu respektieren. Natürlich weiß ich, dass es in unserer Welt oft anders zugeht. Aber ich will mir den Blick dadurch nicht verstellen lassen, sondern versuchen, in jedem Menschen ein geliebtes Geschöpf Gottes zu entdecken. Vor allem aber will ich das für mich selbst in Anspruch nehmen. Der Apostel Johannes schreibt einmal begeistert in einem Brief: „ Seht doch, wie sehr uns der Vater geliebt hat! Seine Liebe ist so groß, dass er uns seine Kinder nennt. Und wir sind es wirklich: Gottes Kinder! (1. Joh 3,1)“ – Ist das nicht super? Es geht ja um einen viel größeren Künstler als Vincent van Gogh. Es geht um Gott. Ich bin ein Original aus Gottes Werkstatt. Und ich bin von ihm nicht nur erschaffen, sondern sogar geliebt.

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 Teil 3: Gegen die Gleichgültigkeit

Es waren Zeiten, die wir uns heute gar nicht mehr vorstellen können. Kinder waren vor allem billige Arbeitskräfte. Ihre eigenen Bedürfnisse zählten nicht viel. Man hatte möglichst viele Kinder, denn das diente der eigenen Alterssicherung. Doch dann wurde vieles anders, weil Eltern bewusste Christen wurden.

Ich erinnere mich nicht mehr an viele Details aus meinem Studium. Aber ein Seminar an der Uni Marburg hat sich mir doch unauslöschlich ins Gedächtnis eingeprägt. Es ging um die sozialen Auswirkungen, die der Pietismus in Deutschland gehabt hat. Dabei handelt es sich um eine religiöse, aber auch eine soziale Bewegung, die seit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts Deutschland und weite Teile Europas geprägt hat. Der Pietismus war damals eine moderne, ja geradezu aufklärerische Bewegung, da sie der Persönlichkeit des Einzelnen einen hohen Stellenwert gab. Auf der einen Seite bedeutete das, dass sie den Menschen zu einer persönlichen Beziehung zu Gott einlud. Auf der anderen Seite hatte der daraus resultierende Glaube an Jesus Christus konkrete, positive Folgen. Vor allem für die Kinder. Die Eltern lernten, ihre Kinder anders zu sehen und gingen anders mit ihnen um. Gottes Wort hatte sie getroffen.

Sie erzogen sie mit Liebe und nahmen ihre Verantwortung in einer Weise wahr, die damals alles andere als üblich war. Die Kinder wurden nicht mehr möglichst bald zur Arbeit gezwungen und zum Geldverdienen weggeschickt. Stattdessen wurden ihnen der Schulbesuch und eine Berufsausbildung ermöglicht. Auch wenn das für die Familien zunächst einmal eine Einbuße und ein hoher Kostenfaktor war. Spätestens nach zwei Generationen ließ sich in diesen Familien ein deutlicher sozialer Aufstieg feststellen. Der Glaube hatte sichtbar Früchte getragen, auch im sozialen Bereich.

Manchmal wird den Christen dieser Ausprägung Weltflucht und die Beschränkung auf eine bloße Herzensfrömmigkeit vorgeworfen. Zugegeben, es gab in späteren Jahren auch manche konservative Verkrustung. Aber am Anfang und in ihrem Kern war es eine echte Reformbewegung. Die wichtigste seit der Reformation überhaupt. Die Menschen hatten Gott beim Wort genommen und umgesetzt, was der Apostel Jakobus so formuliert: „Seid aber Täter des Wortes und nicht Hörer allein; sonst betrügt ihr euch selbst (Jak 1,22)“.

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Teil 2: Gegen die Hoffnungslosigkeit

Was sollte ich der alten Dame nur sagen? Ehrlich gesagt glaubte ich nicht, dass sie noch einmal auf die Beine kam. Sie war hochbetagt, und nun schon längere Zeit bettlägerig. Während der Autofahrt zu ihr malte ich mir aus, welch trostlose Situation ich antreffen würde und legte mir ein paar aufmunternde Worte zurecht. Ihre Tochter öffnete mir die Tür und führte mich in das Schlafzimmer mit zugezogenen Vorhängen. Es roch, fand ich, ein wenig nach Sterben – so wie ich es erwartet hatte. Aber dann kam alles ganz anders. Die alte Frau blickte mich mit müden aber überaus freundlichen Augen an und sagte: „Ich freue mich ja so drauf, bald heimgehen zu dürfen.“ Heimgehen – damit meinte sie ihren Tod und die Erwartung, dann ein neues Zuhause bei Jesus zu haben. „Ich werde schon erwartet“, sagte sie. „Jesus hat uns doch eine Wohnung im Himmel versprochen“. Und dann zitierte sie mehrere Bibelstellen. Zum Beispiel den Apostel Paulus: „Wenn unser irdisches Haus, diese Hütte, abgebrochen wird, so haben wir einen Bau, von Gott erbaut, ein Haus, nicht mit Händen gemacht, das ewig ist im Himmel. (2. Kor 5,1)“. „Kennen Sie die Stelle, junger Mann?“, fragte sie mich. Natürlich kannte ich sie – aus dem Studium. Aber nicht so wie diese Frau sie kannte. Sie lebte mit diesem Wort, und es gab ihr ungemein viel Kraft und Hoffnung.

Bewegt machte ich mich auf den Rückweg. Ich war gekommen, um die Frau zu trösten. Aber stattdessen wurde ich aufgemuntert. Nur wenige Wochen später habe ich sie dann fröhlich beerdigt und dabei von meiner letzten Begegnung mit ihr erzählt.

Wer wollte einem Menschen in dieser Situation den Glauben zerstören und sozusagen die Krücke wegstoßen. Wenn ihr das hilft, soll sie glauben was sie will, denken manche vielleicht. Aber da muss ich widersprechen. Es geht nämlich nicht nur um diese alte Frau, sondern auch um mich. Es steht ja außer Frage, dass auch ich einmal sterben werde. Und ich fände es wunderbar, dann auch so von der Perspektive auf Gottes unsichtbare Welt getragen zu werden. Keine Ahnung, wie das sein wird. Jedenfalls weiß ich, dass ich allen Grund zur Hoffnung habe. Weil Gottes Wort mir das zuspricht.

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Teil 1: Gegen die Sinnlosigkeit

Vor einiger Zeit waren wir mit zweien unserer Enkel im Karlsruher Zoo. Besonders das Dickhäuterhaus mit den Flusspferden, Elefanten und Flamingos beeindruckte die Kinder sehr. „Und das alles hat Gott gemacht!“, rief der Dreijährige mit lauter Stimme durch die Halle. „Die Nilpferde hat Gott gemacht. Die Elefanten hat Gott gemacht. Die Vögel hat Gott gemacht, und die Brücke hat Gott gemacht.“ „Nein“, unterbrach seine ältere Schwester die Begeisterung. „Die Brücke haben Menschen gemacht. Aber Gott hat gemacht, dass die Menschen Brücken bauen können!“ – Fast ein bisschen peinlich, so viel Theologie mitten im Zoo. Aber es war offenkundig, wie selbstverständlich die Kinder Gott hinter der Schöpfung sahen und wie beeindruckt sie von seinen Geschöpfen waren. Klar, dass sie so dachten, hing mit dem zusammen, was die Eltern und Großeltern ihnen dazu erzählt hatten.

Auf den ersten Seiten der Bibel wird berichtet, dass Gott sprach, und sich die Schöpfung daraufhin entfaltete. „Am Anfang war das Wort“, heißt es im Johannes-Evangelium (Joh 1,1). Natürlich war das Wort des Schöpfers mehr als Sprache und Klang. Es war ein unendlich kraftvoller Impuls, der von Gott ausging. Das ganze Potenzial Gottes, aber auch sein Wesen, seine Liebe, seine Pläne und seine Kreativität steckten in diesem Wort. Bis heute wird darüber gestritten, wie man sich den Beginn der Welt vorstellen soll. Ich war natürlich auch nicht dabei. Aber ich kann mit den Aussagen der Bibel trotzdem eine Menge anfangen: Gott spricht, und die Dinge kommen ins Rollen. Das traue ich Gott ohne weiteres zu. Ich bin überzeugt, unsere gesamte Existenz verdanken wir dem Schöpfungswort Gottes.

Das hat enorme Konsequenzen für meine Sicht vom Leben. Ich bin gewollt und kein Produkt des Zufalls. Es gibt mich, weil ich einen Vater im Himmel habe, der mich kennt, der mich sieht und der möchte, dass ich lebe.

Fromme Spinnerei? – Das kann man so sehen. Aber: Es ist eine Grundaussage des christlichen Glaubens und biblischer Standard von der ersten bis zur letzten Seite. Das wissen schon unsere Enkelkinder. Und ich hoffe, dass sie es ihr Leben lang nicht vergessen.

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Er ist Mathematiker mit Leib und Seele. Seit Jahren unterrichtet er am Gymnasium fast ausschließlich die Mathe-Leistungskurse der Oberstufe. Aber er ist auch engagierter Christ. Gerne nutzt er die letzte Stunde vor den Ferien um an Beispielen aus der Mathematik die Größe Gottes zu demonstrieren. Glaube und Wissenschaft sind für ihn kein Gegensatz. Im Gegenteil. Je tiefer man in die Komplexität der Materie eindringt, sagt er, desto größer wird das Staunen über die Zusammenhänge. Es kann doch nicht alles Zufall sein? Vielmehr ist unsere Welt in sich ein markanter Hinweis auf die Existenz eines genialen Schöpfers. Und einmal auf die Spur gesetzt, sagt er, entdeckt man an vielen Stellen die Handschrift Gottes. Und dann erzählt er vor der ganzen Klasse davon, was dieser Gott ihm persönlich bedeutet.

Dass ein denkender Mensch den Glauben auch heute noch ernst nimmt, empfinden viele als alles andere als normal. Aber warum eigentlich? Ich erlebe jeden Sonntag, dass im Gottesdienst zahlreiche hochqualifizierte Akademiker gemeinsam mit ganz normalen Menschen Gott mit ihren Liedern anbeten. Sie alle wollen wissen, was die Bibel zu ihrem Leben zu sagen hat, und hören deshalb interessiert der Predigt zu. Wie kann das sein? Hat die Wissenschaft den Glauben der Christen nicht längt widerlegt oder zumindest überflüssig gemacht?

Der Apostel Paulus bringt es auf den Punkt, wenn er sagt (1.Kor 1, 18-31): „Wir sind weise, wenn wir an etwas glauben, das in den Augen der Welt um uns her töricht ist“. Das klingt verrückt, wie so vieles am Glauben. In der Tat, man kann den Entschluss fassen, nicht an Gott zu glauben. Aber man kann es auch anders sehen: Wenn es einen Gott gibt, der diese Welt geschaffen hat, dann ist er auf jeden Fall größer und klüger als wir Menschen es sind. Wir werden niemals ganz hinter sein Geheimnis kommen. Wir können immer nur deuten und nachvollziehen, was wir bereits vorfinden. Wir können hinterher-denken, nach-denken. Mehr nicht. Für mich ist es nicht logisch oder gar zwingend, nicht an Gott zu glauben, denn wir werden mit unserem Verstand Gott weder beweisen noch widerlegen können.

Es gibt aber einen Zugang zu Gott, der mich überzeugt hat: Das Großartige an Gott ist nämlich, dass er nicht nur aus der Distanz zuschaut, was wir so treiben. Vielmehr ist er an unserem Ergehen interessiert und bietet an, sich intensiv ins Leben einzumischen. Wer das am eigenen Leib und im eigenen Leben erfährt, der fragt nicht mehr nach theoretischen Gottesbeweisen. Dem ist es vielmehr ein Anliegen, Gott zu danken und zu loben und mehr von ihm zu erfahren.

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Eintausendachthundert Euro für die Reparatur des Autos? Das machte bei 250.000 Kilometern und einem Alter von 11 Jahren doch keinen Sinn mehr! Also musste möglichst bald ein neuer Wagen her. Seniorengerecht sollte er sein, höhere Sitze, Automatik-Getriebe und eine Reihe bestimmter Annehmlichkeiten sollte er haben. Über das Modell war sich das Ehepaar bald einig, und so ging es an die Detailsuche. Im Internet gibt es ja mehrere Plattformen, auf denen man all seine Wünsche eingeben kann. Nach langer Recherche gab es aber lediglich zwei Fahrzeuge, die den Anforderungen entsprachen. Eines in München, und ein anderes im Raum Dresden. Ziemlich weit weg. Aber wenn es das passende Auto ist? – Doch dann kam es ganz anders. Eigentlich mit völlig anderen Dingen beschäftigt, hatte der Mann plötzlich den Impuls, zu einem bestimmten Autohaus zu fahren, das er von früher kannte. Und tatsächlich: da stand genau das Auto, nach dem er mühsam im Internet gesucht hatte. Unübersehbar, direkt vor dem Eingang, als warte es schon auf ihn.

Das war ganz klar von Gott eingefädelt, so erzählte er es später seinen Freunden und Bekannten. Manche konnten damit etwas anfangen, andere fanden das vielleicht eine ziemlich gewagte Deutung. Sieht so ein erwachsener Glaube aus? Ist das nicht eher ein naiver Kinderglaube? Oder hatte tatsächlich Gott seine Hand im Spiel?

Nun ist es ganz sicher nicht so, dass wir uns um nichts kümmern und alles dem lieben Gott überlassen sollen. Aber die naiv anmutende Vorstellung, dass Gott sich immer wieder in unser Alltagsleben einmischt, ist durchaus etwas, das Jesus auch so sagen konnte. Er stellt Kinder mit ihrem kindlichen Vertrauen den Erwachsenen geradezu als Vorbild hin. Im Matthäusevangelium sagt er: „Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder, wird euch das Reich Gottes nicht zugänglich sein (Mat 18,3)“. Das ist alles andere als normal. Normal ist, dass die Kinder von den Erwachsenen lernen sollen. Aber beim Glauben verhalten sich die Dinge anders. Wir Erwachsenen meinen, Bescheid zu wissen und die Dinge im Griff zu haben. Wir brauchen keinen Gott um unsere Probleme zu lösen. Und genau an dieser Stelle geht uns etwas ungemein Wichtiges verloren. Das Wirken Gottes bleibt uns verborgen. Das Reich Gottes verschließt sich uns.

Man mag über den Mann lächeln, der mit Mitte sechzig immer noch so naiv glaubt. Aber ist es nicht auch etwas Wunderbares, so im Vertrauen auf Gott leben zu können? – Ach übrigens: Ich bin dieser Mann, von dem ich erzählt habe.

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Seine Mitarbeiter hätten sicher ihren Augen kaum getraut, wenn sie ihn dort in der kleinen Küche hätten wirken sehen. Ist er es wirklich, oder sieht er ihm nur ähnlich? – Der Mann war nämlich Chef von mehreren tausend Mitarbeitern, und normalerweise bewegte er sich in der Vorstandsetage oder auf wichtigen Konferenzen. Aber wenn es seine Zeit zuließ, trug er sich zusammen mit seiner Frau in die Liste des Kaffeeteams ein. Das bedeutete sonntags früh da sein, Geschirr richten, Kaffee kochen, Kekse bereitstellen damit die Besucher nach dem Gottesdienst noch eine Zeitlang zum Kirchenkaffee zusammenbleiben konnten. Und anschließend musste natürlich noch gespült und alles wieder weggeräumt werden. Für viele ehrenamtliche Mitarbeiter war das nichts Besonderes. Aber dass dieser Mann zusammen mit seiner Frau ganz selbstverständlich mitmachte, das war doch alles andere als normal.

Er ist engagierter Christ und versucht die Vorgaben des Neuen Testaments im Beruf wie im Privaten ernst zu nehmen. Sein Vorbild ist Jesus. Von dem wird berichtet, dass er seinen Jüngern einmal sogar die Füße gewaschen hat, um ihnen ein Beispiel zu geben, wie sie miteinander umgehen sollten. Und ein anderes Mal sagte er zu ihnen: „Wer unter euch groß sein will, soll euer Diener sein (Mk 10,43).“ Das ist eine der paradoxen Aussagen, die ich immer wieder in der Bibel finde. Normalerweise ist es doch so: Wer groß und bedeutend ist, der lässt sich von anderen bedienen. Die Unterordnung der anderen zeigt mir meine Wichtigkeit. Aber es gibt da wohl noch eine andere Ebene, die man nicht verkennen darf, denn Macht macht mich blind für meine Defizite und die Risse in der eigenen Seele. Die gibt es ja doch auch – wahrscheinlich bei jedem Menschen. Wer sich im Glanz seines Einflusses und Erfolges sonnt, vergisst leicht, wer er wirklich ist.

Nein, es geht nicht darum, seine Fähigkeiten klein zu reden und den Einfluss, den man hat, nicht wahrzunehmen. Unsere Gesellschaft braucht Vordenker und Leiter, die wissen, was sie können und die das auch selbstbewusst einbringen. In der Wirtschaft, in der Politik, in der Kultur – überall. Um aber dabei nicht abzuheben, ist es wichtig, sich immer wieder mal zu erden und anderen zu dienen, um nicht zu verlernen, was Leben bedeutet und wer ich im Tiefsten bin und immer bleibe: Ein Mensch, der selbst bedürftig ist, den Gott aber gleichzeitig auch zum Segen für andere in diese Welt gestellt hat. Das gilt übrigens nicht nur für die, die es weit nach oben geschafft haben. Es gilt für jeden von uns.

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