Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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 Teil 4: Gegen die Bedeutungslosigkeit

Im Februar 2010 sorgte eine Nachricht der Deutschen Presseagentur für Aufregung in der Welt der Kunst. Im Museum der holländischen Stadt Zwolle wurde das Bild einer alten Windmühle mit dem Titel „Le blute-fin“ im Keller entdeckt. 35 Jahre hatte es dort geschlummert, ohne dass jemand seinen Wert und seine Bedeutung erkannte. Doch inzwischen steht fest, dass es zweifelsfrei von dem berühmten niederländischen Maler Vincent van Gogh gemalt wurde. Das war eine echte Sensation.

Stell dir vor, du hast etwas derart Wertvolles im Keller und weißt es nicht, dachte ich bei mir. Aber dann gingen meine Gedanken noch einen Schritt weiter. Stell dir vor, du bist selbst etwas derart Wertvolles und weißt es nicht. 35 Jahre lang, wie bei dem Gemälde – oder sogar ein ganzes Leben lang. Der Punkt ist ja, dass nicht etwa das Gemälde erstmals entdeckt wurde. Es war ja längst in den Karteikarten des Museums erfasst, hatte seinen festen Platz in den Kellerregalen und war dort zur Bedeutungslosigkeit verurteilt. Entdeckt wurde etwas anderes, nämlich die Urheberschaft. Das Bild war schon immer schön – aber etwas ganz Besonderes und Wertvolles wurde es durch die Tatsache, dass es aus der Werkstatt von Vincent van Gogh stammte.

Wie vielen Menschen mag es so gehen, dass sie überhaupt nicht ahnen, aus wessen Werkstatt sie kommen und was das für sie bedeutet. Die Würde und der Wert eines Menschen ergeben sich nicht aus seiner Leistung und seinem Image. Vielmehr ist die Menschenwürde im Urheber, in Gott begründet. Weil jeder Mensch eine originale Idee Gottes ist, ist seine Würde zu respektieren. Natürlich weiß ich, dass es in unserer Welt oft anders zugeht. Aber ich will mir den Blick dadurch nicht verstellen lassen, sondern versuchen, in jedem Menschen ein geliebtes Geschöpf Gottes zu entdecken. Vor allem aber will ich das für mich selbst in Anspruch nehmen. Der Apostel Johannes schreibt einmal begeistert in einem Brief: „ Seht doch, wie sehr uns der Vater geliebt hat! Seine Liebe ist so groß, dass er uns seine Kinder nennt. Und wir sind es wirklich: Gottes Kinder! (1. Joh 3,1)“ – Ist das nicht super? Es geht ja um einen viel größeren Künstler als Vincent van Gogh. Es geht um Gott. Ich bin ein Original aus Gottes Werkstatt. Und ich bin von ihm nicht nur erschaffen, sondern sogar geliebt.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=26956
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