Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Eintausendachthundert Euro für die Reparatur des Autos? Das machte bei 250.000 Kilometern und einem Alter von 11 Jahren doch keinen Sinn mehr! Also musste möglichst bald ein neuer Wagen her. Seniorengerecht sollte er sein, höhere Sitze, Automatik-Getriebe und eine Reihe bestimmter Annehmlichkeiten sollte er haben. Über das Modell war sich das Ehepaar bald einig, und so ging es an die Detailsuche. Im Internet gibt es ja mehrere Plattformen, auf denen man all seine Wünsche eingeben kann. Nach langer Recherche gab es aber lediglich zwei Fahrzeuge, die den Anforderungen entsprachen. Eines in München, und ein anderes im Raum Dresden. Ziemlich weit weg. Aber wenn es das passende Auto ist? – Doch dann kam es ganz anders. Eigentlich mit völlig anderen Dingen beschäftigt, hatte der Mann plötzlich den Impuls, zu einem bestimmten Autohaus zu fahren, das er von früher kannte. Und tatsächlich: da stand genau das Auto, nach dem er mühsam im Internet gesucht hatte. Unübersehbar, direkt vor dem Eingang, als warte es schon auf ihn.

Das war ganz klar von Gott eingefädelt, so erzählte er es später seinen Freunden und Bekannten. Manche konnten damit etwas anfangen, andere fanden das vielleicht eine ziemlich gewagte Deutung. Sieht so ein erwachsener Glaube aus? Ist das nicht eher ein naiver Kinderglaube? Oder hatte tatsächlich Gott seine Hand im Spiel?

Nun ist es ganz sicher nicht so, dass wir uns um nichts kümmern und alles dem lieben Gott überlassen sollen. Aber die naiv anmutende Vorstellung, dass Gott sich immer wieder in unser Alltagsleben einmischt, ist durchaus etwas, das Jesus auch so sagen konnte. Er stellt Kinder mit ihrem kindlichen Vertrauen den Erwachsenen geradezu als Vorbild hin. Im Matthäusevangelium sagt er: „Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder, wird euch das Reich Gottes nicht zugänglich sein (Mat 18,3)“. Das ist alles andere als normal. Normal ist, dass die Kinder von den Erwachsenen lernen sollen. Aber beim Glauben verhalten sich die Dinge anders. Wir Erwachsenen meinen, Bescheid zu wissen und die Dinge im Griff zu haben. Wir brauchen keinen Gott um unsere Probleme zu lösen. Und genau an dieser Stelle geht uns etwas ungemein Wichtiges verloren. Das Wirken Gottes bleibt uns verborgen. Das Reich Gottes verschließt sich uns.

Man mag über den Mann lächeln, der mit Mitte sechzig immer noch so naiv glaubt. Aber ist es nicht auch etwas Wunderbares, so im Vertrauen auf Gott leben zu können? – Ach übrigens: Ich bin dieser Mann, von dem ich erzählt habe.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=24749
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