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Morgen ist Palmsonntag – für Christen der Auftakt zur Karwoche: Also der Woche, die an die letzten Tage im Leben von Jesus vor fast 2000 Jahren erinnert. Und es war eine Woche des Wahnsinns, damals: voller Intrigen, Machtspielchen, Neid und Verrat. Angefangen hatte sie noch mit schier grenzenlosem Jubel: Jerusalem hatte Jesus einen wahrhaft königlichen Empfang bereitet. Am Ende aber – ist Jesus tot. Hingerichtet, am Kreuz, wie ein Schwerverbrecher.
Wie konnte es so weit kommen? Wer ist denn nun eigentlich schuld daran? Die, die neidisch waren auf seinen Erfolg und den unliebsamen Konkurrenten bei Nacht und Nebel haben verhaften und verschwinden lassen? Oder der römische Richter, der einem Todesurteil zugestimmt hat - nur, um keinen Ärger zu bekommen? Waren es also die Großen und Mächtigen von damals – oder doch auch die einfachen, kleinen Leute? Die, die Jesus am Anfang noch zugejubelt haben – die ihn dann aber auch ganz schnell wieder haben fallen lassen? Wer ist schuld? Irgendwie doch alle. Auf keinen Fall nur eine Gruppe für sich. Auf keinen Fall aber Jesus selbst. Er ist, der Einzige, der tatsächlich nichts dafür kann, nichts Falsches getan hat, keine eigenen Interessen verfolgt oder Menschen gegeneinander aufgehetzt hat. Er ist tot – an Ende einer Wahnsinnswoche.
Und morgen, an Palmsonntag– beginnt diese Wahnsinnswoche von neuem. Nicht einfach wegen der Erinnerung an damals. Sondern – ich denke – weil es den Wahnsinn von damals immer noch gibt. Und weil wir Menschen heute immer noch mittendrin stecken in diesem Wahnsinn. Wenn wir uns vor unserer Verantwortung drücken – oder uns lieber um uns selbst kümmern – oder uns einfach ohnmächtig fühlen. Palmsonntag und die Karwoche erinnern daran – und macht auch nachdenklich.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=41908Neulich sehe ich, wie ein junges Paar sich voneinander verabschiedet. Nur so nebenbei - in ein, zwei Stunden sehen sie sich wahrscheinlich schon wieder. Aber trotzdem - fast schon im Loslaufen - strecken sie noch einmal den Arm nacheinander aus, und flüchtig berührt eine Hand die andere.
An diese kleine, zärtliche Berührung muss ich denken, wenn übermorgen die Karwoche beginnt. Sie erinnert an die letzten Tage von Jesus in Jerusalem. Dorthin aufzubrechen, muss für ihn furchtbar gewesen sein. Jesus wusste ja, was ihn erwarten würde – dass er sterben würde. Die Bibel erzählt von einer eher kleinen und leisen Begebenheit, kurz bevor er sich auf den Weg gemacht hat
Jesus sitzt abends mit seinen engsten Freunden zusammen, da kommt eine fremde Frau herein. Sie geht auf Jesus zu, ein kleines Gefäß mit kostbarem Duftöl in der Hand. Sie zerbricht es und gibt da Öl auf Jesu‘ Stirn, und salbt ihn.
Eine Berührung, ganz nah, ganz sanft - liebevoll und gleichzeitig voller Respekt. Die Geschichte berührt mich in diesen Tagen: Wenn ich daran denke, wie Jesus damals unter Druck gestanden haben muss: Täglich in öffentliche Streitgespräche verwickelt, und den Anfeindungen seiner Gegner ausgesetzt. Wie kostbar die Berührung dieser fremden Frau, die Jesus spüren lässt, wie wichtig er ist für sie. Und dass er nicht alleine ist auf seinem schweren Weg.
Ich sehe das junge Paar sich verabschieden. Sehe Eltern, die ihre Kinder an der Haustür in den Arm nehmen und weiß: Es sind kostbare Berührungen voller Verbundenheit und Liebe. Verbundenheit und Liebe, die da ist, auch, wenn ich einen geliebten Menschen ein letztes Mal berühre – zum Abschied für immer.
Jesus selbst hat von der Frau gesagt, sie habe ihn gesalbt für sein eigenes Begräbnis. Er wusste, dass er seinen Feinden nicht entkommen würde. Die Berührung der Frau mag ihn getröstet haben. Vielleicht hat sie ihm geholfen.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=41907Die allermeisten Kirchengebäude sind nach den Himmelsrichtungen ausgerichtet. Ist Ihnen das schon einmal aufgefallen? Fast immer zeigt der Chorraum, also der Bereich, in dem innen der Altar steht, nach Osten – also dahin, wo die Sonne aufgeht.
Ich liebe die Stimmung, wenn morgens ein neuer Tag anbricht. Und etwas ganz Besonderes ist der Morgen in einer Kirche mit großen und bunten Fenstern, die nach Osten zeigen – eben ist es noch dunkel gewesen – und plötzlich fangen bunte Farben über die Mauer und Kirchenbänke an zu tanzen, wenn das Licht die Fenster zum Leuchten bringt. Das Licht vertreibt dann nicht einfach nur die Nacht. Es vertreibt auch die trüben Gedanken, die mich abends und nachts manchmal plagen – bis hinein in meine Träume. Sie kennen das vielleicht auch. Vielen Menschen geht das so. Wie schön ist es dann, wenn es endlich hell wird: Den Kopf heben nach der langen Nacht, durchatmen und in einen neuen, frischen Tag starten – in eine neue Zeit.
Bald beginnt die Karwoche, also die Woche, die an die letzten Tage im Leben von Jesus vor fast 2000 Jahren erinnert. Es waren finstere Tage – für Jesus selbst und genauso für seine Freunde. Für die Männer und Frauen, die ihn nach Jerusalem begleitet hatten. Sie haben miterlebt, wie Jesus angefeindet wurde. Wie sich die Stimmung immer weiter aufgeheizt hat und es immer gefährlicher wurde für sie. Eine Zeit wie ein Albtraum in der Nacht. Am Ende ist Jesus tot. Und seine Freunde? Verlassen und verloren, wie in einem Albtraum und wie gefangen in einer Nacht, die einfach nicht enden will.
Aber dann ist doch ein neuer Morgen angebrochen, an Ostern, drei Tage später. Und er hat die Männer und Frauen um Jesus herum erlöst aus dem Albtraum der Nacht. Sie konnten aufatmen, den Kopf heben und sich aufmachen in einen neuen Tag und eine neue Zeit. Und davon erzählen die bunten Fenster der Kirchen bis heute. Jedes Mal, wenn ein neuer Tag sie zum Leuchten bringt.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=41906Nächsten Sonntag beginnt die Karwoche. Sie erinnert an die letzten Tage im Leben von Jesus, an seinen Tod am Kreuz und dann, an Ostern: an seine Auferstehung von den Toten.
Auferstehung - von klein auf kenne ich die Vorstellung. Sie war mir aber auch immer etwas fremd. Vor zwei Jahren ist dann mein Vater gestorben. Und gerade jetzt - in der Zeit vor Ostern – frage ich mich noch drängender, wie ich das glauben soll: dass auch mein Vater mit Jesus auferstehen wird – und nicht einfach verschwunden ist, vergangen und verstummt.
Heute sagen ja viele: „Nach dem Tod ist alles vorbei, da kommt nichts mehr.“ Sie sagen aber auch: „In unserer Erinnerung lebt der Verstorbene weiter.“ Das habe ich auch als Pfarrerin bei Beerdigungen oft gehört: Von Leuten, die den Angehörigen die Hand geschüttelt und ihr Beileid ausgesprochen haben. Aber – von den Angehörigen selbst? Von denen, die mit dem Verstorbenen am engsten verbunden gewesen sind und die meisten Erinnerungen in sich tragen? Von denen nicht. Eine alte Frau am Grab ihrer Schwester zum Beispiel. Die hat leise vor sich hingemurmelt: Nun ist es vorbei…
„Es ist vorbei.“ Habe ich das nicht auch schon vor mich hingemurmelt am Grab meines Vaters? Und in solchen Momenten habe ich nicht das Gefühl, dass er in meinen Erinnerungen weiterlebt. Eher bin ich ein Stück weit mit ihm gestorben. Ist das gestorben, was wir gemeinsam erlebt und erinnert haben.
So murmle ich manchmal vor mich hin. So habe ich die alte Frau am Grab ihrer Schwester vor sich hinmurmeln hören – und so hat sich Maria von Magdala wahrscheinlich auch gefühlt, vor fast 2000 Jahren am Grab ihres engsten Vertrauten und Freundes, Jesus. Als alles vorbei schien und alle Hoffnung gestorben. Aber dann kam der Ostermorgen – der Tag der Auferstehung, voller Hoffnung. Und diese Hoffnung lebt – bis heute.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=41905„Pass‘ auf dich auf.“ Das ist so ein schönes Wort zum Abschied. Jemand macht sich auf den Weg – vielleicht auf den Weg zur Arbeit, zur Schule - oder jemand macht sich auf eine Reise – und ein anderer lässt ihn gehen. Und geht in Gedanken doch irgendwie mit. In dem „Pass‘ gut auf dich auf.“ – steckt ja unausgesprochen drin: „Am liebsten würde ich mitgehen, und würde ich auf dich aufpassen. Dich nicht aus den Augen verlieren.“ Aber das geht natürlich nicht – deshalb steckt neben der Liebe und Verbundenheit auch eine ganze Menge Sorge in dem Abschiedsgruß: „Pass auf – denn man weiß nie, was alles Unvorhergesehenes passieren kann.“
Pass auf dich auf. Und – behüt‘ dich Gott. Ich denke, auch diese Hoffnung schwingt oft mit, wenn sich einer auf den Weg macht, und die anderen ihn ziehen lassen. Dass Gott mit dabei ist. In Psalm 121, einem alten Gebet der Bibel klingt das so:
Der Herr behütet dich vor allem Bösen. Er wacht gewiss über dein Leben. Der Herr behütet dein Gehen und Kommen von heute an bis in alle Zukunft. (Ps 121,7-8 BasisBibel)
Auch dieses alte Gebet ist ein Abschiedsgruß, wenn jemand morgens aufbricht und abends hoffentlich wohlbehalten wieder nach Hause kommt. Behüt‘ dich Gott. Denn wir können nicht immer aufeinander aufpassen – und auch nicht immer auf uns selbst.
Trotzdem höre ich den anderen Abschiedsgruß gern: „Pass auf dich auf.“ Und er funktioniert tatsächlich ein Stück weit. Denn wenn ich weiß, dass mich jemand in Gedanken begleitet, dann passe ich automatisch etwas besser auf, wo ich hintrete, wie ich Auto fahre oder was auch immer ich tun werde. Schließlich bin ich jemandem wichtig. Ich möchte auf mich Acht geben. Es ist wunderbar zu hören, dass jemand in Gedanken mit mir geht. Und da, wo wir nicht mehr aufeinander Acht geben können – und auch nicht auf uns selbst – da behüte uns Gott. Der Herr behüte unser Gehen und Kommen von heute an bis in alle Zukunft.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=41904Ein, zweimal während meiner Zeit als Gemeindepfarrerin haben mir Menschen anvertraut, dass sie sich etwas selbst nicht verzeihen konnten. Sie hatten jemandem weh getan. Jemandem, der ihnen wichtig war. Manchmal reicht eben schon ein falsches Wort. Oder Unaufmerksamkeit: wenn man dem anderen nicht richtig zugehört hat oder abgelenkt war, mit sich selbst beschäftigt… Manchmal reicht das, und man hat einen lieben Mitmenschen fürchterlich verletzt und gekränkt – und manchmal sind die Verletzungen nicht mehr zu heilen.
Ein, zweimal haben mir Menschen davon erzählt, wie sie sich eine Tat oder ein Wort in ihrem Leben nicht verzeihen konnten. Und mir steht noch deutlich vor Augen, wie schwer das Gefühl von Schuld auf ihrer Seele gelegen hat. Sie waren einfach nicht frei. Da war ein Schatten auf ihrer Seele. Und dieses Gefühl kenne ich selbst ja auch…
Jetzt, kurz vor der Passionswoche, Karfreitag und Ostern, denke ich neu darüber nach; über Schuld und über Vergebung und Verzeihen. Mir selbst zu verzeihen, das ist viel schwerer als gedacht. Und der Versuch hat auch einen schalen Beigeschmack, finde ich. Denn es IST ja etwas passiert. Jemand hat Schaden genommen – meinetwegen. Umgekehrt genauso: Wenn ich es bin die verletzt worden ist durch die Schuld eines anderen – dann kann ich das auch nicht ungeschehen machen. Es gibt Dinge, die kann ich einfach nicht verzeihen, selbst, wenn ich es will.
Schwamm drüber, vergessen wir’s … Mir selbst vergeben – anderen vergeben… Manchmal ist das einfach nicht möglich. Aber wohin dann mit der Schuld?
Kurz vor der Passionswoche beschäftigt mich das. Ich spüre die Schatten auf meiner Seele – und mehr und mehr fühlen sich meine Gedanken an, wie ein Gebet: wohin mit der Schuld? Zu Dir, Herr, Jesus? Zum Kreuz? Dahin werde ich mich jetzt auf den Weg machen. Ich bitte Dich, Herr: Nimm den Schatten von meiner Seele. Vergib mir meine Schuld, und gib mir die Kraft, damit auch ich anderen ihre Schuld vergeben kann.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=41903„Ich weiß, was ich kann“, sagte mir meine Tochter, als wir miteinander telefonierten. Sie macht gerade ihre Facharztausbildung und in ihrem Job ist das enorm wichtig: Zu wissen, was man kann. Und vor allem: Zu wissen, was man alles (noch) nicht kann. Das gilt zwar auch für andere Jobs. Aber wo es um Leben und Gesundheit von Menschen geht, da kommt es besonders darauf an, die eigenen Grenzen realistisch einzuschätzen. Leute, die sich für viel toller halten als sie sind, die gibt es schließlich genug. Und weil sie sich oft maßlos überschätzen, richten sie Unheil und Schaden an. Im Straßenverkehr, in zwischenmenschlichen Beziehungen, in ihrem Job.
Zu wissen, was ich kann und besonders, was nicht, dafür gibt es im Deutschen ein ganz wunderbares Wort: Demut. Ein Wort, das auch in der christlichen Botschaft einen wichtigen Platz hat. Wer demütig werden will, der sollte deshalb vor allem ehrlich mit sich selbst sein. Demut bedeutet nämlich nicht, verdruckst und mit eingezogenem Kopf durchs Leben zu huschen. Auch als demütiger Mensch kann ich selbstsicher auftreten. Aber ich weiß eben, wo meine Grenzen sind. Weil kein Mensch alles können und wissen muss. Und weil ich selbstbewusst zu dem stehen darf, was ich nicht weiß oder kann. Das macht mich nicht schlechter oder minderwertiger als andere.
In der Bibel gibt es einen Satz, der das für mich ganz gut auf den Punkt bringt: Lernt von mir, sagt Jesus da, denn ich bin gütig und von Herzen demütig; und ihr werdet Ruhe finden für eure Seele. (Mt 11,29) Genau das wünsche ich mir nämlich auch: Ruhe finden für meine Seele. Und das kann dann heißen: Ich muss gar nicht toller und größer erscheinen, als ich bin. Muss mich nicht aufplustern, aber auch nicht klein machen. Kann meinen Weg gehen, aufrecht und demütig. Weil ich weiß, wer ich bin und was ich kann.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=41793Auch ich bin einer. Einer der gescholtenen Boomer. Einer von denen also, die jetzt 60 sind und älter. Wir sind nicht nur ziemlich viele, wir entscheiden auch wichtige Dinge. Vor allem aber sind wir bei allen Wahlen die stärkste Gruppe. Wir bestimmen also maßgeblich, wie die Zukunft aussieht. Gut ist das nicht. Weil wir Alten nicht die Zukunft sind. Zukunft – das sind die Kinder und Jugendlichen. Und was die bewegt, darum geht es gerade kaum. Weil sie halt wenige sind und keine Stimme haben. Und weil es uns Alten oft so scheint, als ob sie in einer anderen Welt lebten.
Bewusst wird mir das, wenn auf meiner Fahrt zur Arbeit Schülerinnen und Schüler im Zug sind. Da merke ich: Was sie auf ihren Handys anschauen oder worüber sie sich unterhalten, das ist längst nicht mehr Meins. Der 10-Jährige und der über 60-Jährige. In Vielem leben wir scheinbar auf verschiedenen Kontinenten. Mit seinen Helden bei TikTok kann ich so wenig anfangen wie er mit den Figuren meiner Kindheit. Und was ich mir erhoffe, das wird oft wohl ganz anders aussehen als das, was er sich wünscht.
Nun wäre das alles nicht so schlimm, wenn die, die entscheiden, immer alle im Blick hätten. Auch die, die klein sind, schwach oder unmündig. Oft passiert das aber nicht. Beim Klima- und Umweltschutz. Bei der Frage, wie wir unsere Städte lebenswert gestalten. In Restaurants oder Wohnanlagen, wo Kinder vor allem als störend empfunden werden.
Kinder an die Macht, wie es in einem Hit mal hieß, ist sicher nicht die Lösung. Aber die Welt öfter mal durch die Augen von Kindern zu betrachten, würde schon helfen. Und als Christ kann ich mich auch an ein Wort erinnern, dass Jesus mal über die Kinder gesagt hat: „Menschen, die im Herzen Kinder geblieben sind, denen gehört das Himmelreich“.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=41792Der amerikanische Soziologe Richard Sennet hat vor kurzem einen Satz gesagt, den ich mir gemerkt habe: „Tu etwas, das gut für die Welt ist und gut für dich!“ Sennet ist inzwischen 82 und einer der wichtigen Intellektuellen unserer Zeit. Er hat sich gefragt, was er wohl in diesen irren Zeiten heute machen würde, wenn er nochmal 22 wäre. Am besten, so meinte er, etwas tun, das anderen hilft und einem selbst auch noch Freude macht.
Den Gedanken finde ich gut, weil für mich darin ein zutiefst christlicher Ansatz steckt: Gutes tun. Einfach so. Für einen anderen Menschen, für die Umwelt, für unsere Gesellschaft. Und zwar ohne zuerst zu fragen: Was bringt mir das? Was hab ich davon? Die Antwort darauf könnten übrigens Millionen Menschen geben, die sich ehrenamtlich engagieren. Weil sie erleben, dass Gutes tun, anderen helfen, oder christlich gesprochen: Nächstenliebe schenken, auch sie selbst zufriedener macht. Tu anderen Gutes und du hast selbst was davon.
Nun könnte man resigniert sagen: Was kann mein mickriges Engagement schon groß bewirken? Was kann ich schon machen gegen mächtige Leute, die brachial und rücksichtslos ihre Interessen durchdrücken? Denen es völlig schnuppe ist, ob andere auf der Strecke bleiben. Vordergründig vielleicht nicht viel. Aber zum Glück ist Gutes-Tun nie sinnlos. Das Engagement im Ehrenamt nicht. Aber auch jedes kleine Lächeln, jedes freundliche Wort, jede Unterstützung, die ich einem anderen schenke, bewirkt ja etwas. Beim Gedränge an der Supermarktkasse. Beim behutsamen Gespräch mit der Kollegin, die seit Tagen schon niedergeschlagen wirkt. Im freundlichen Lächeln für den Obdachlosen, dem ich einen Euro in seinen Becher werfe. Weil eben jedes Gute, auch wenn es noch so unscheinbar ist, diese irre Welt zumindest ein kleines bisschen heller macht
https://www.kirche-im-swr.de/?m=41791Heute vor genau 20 Jahren starb Papst Johannes Paul II. im Vatikan. Trotz seiner Parkinsonerkrankung wollte er den Gläubigen bis zuletzt nahe sein. An Ostern, fünf Tage vor seinem Tod, segnete er vom Fenster seines Arbeitszimmers aus die Menschen auf dem Petersplatz. Sprechen konnte er nicht mehr.
Was sich dann in den Tagen nach seinem Tod ereignete, hatte selbst die Ewige Stadt noch nicht erlebt. Mehr als dreieinhalb Millionen Pilger kamen nach Rom, um sich von Johannes Paul zu verabschieden. Mehr als zwei Milliarden verfolgten die Trauerfeierlichkeiten im Fernsehen.
Johannes Paul II. war 26 Jahre lang Papst. Kein anderer Nachfolger des Apostels Petrus ist so vielen Menschen begegnet wie er. Auf sage und schreibe 104 Auslandsreisen verkündete er den Glauben. Dreimal kam er dabei auch nach Deutschland. Der folgenreichste Besuch aber war die erste Reise in seine polnische Heimat zu Pfingsten 1979. „Habt keine Angst! Öffnet die Tore weit für Christus!“ Mit diesen Worten machte der Papst seinen Landsleuten Mut. Wenig später gründete sich die „Solidarnosc“, die erste freie Gewerkschaft in einem sozialistischen Land. Mit Kreuzen, Marienbildern und Papstfotos gingen die streikenden Arbeiter auf die Straße. Es war der Anfang vom Ende der kommunistischen Gewaltherrschaft in Osteuropa. Ohne Johannes Paul II. hätte es diese Zeitenwende nicht gegeben.
Nicht alle Entscheidungen des Papstes haben Zustimmung gefunden; Kritik gab es auch innerhalb der Katholischen Kirche. Aber sein Eintreten für die Würde und die Rechte des Menschen hat die Welt verändert. So hat es auch Michail Gorbatschow gesehen, der letzte sowjetische Staatschef. Mehrfach hatten er und der Papst sich getroffen. In seinen Memoren schrieb Gorbatschow über Johannes Paul II.: „Alles was in Osteuropa … geschehen ist, wäre ohne diesen Papst nicht möglich gewesen.“
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