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SWR4 Abendgedanken

17MRZ2023
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Frau. Macht.Veränderung. Das ist das Thema der diesjährigen Fastenaktion von Misereor. Frau. Macht. Veränderung. Und damit ist das katholische Hilfswerk Misereor ganz nah an den Themen, die uns momentan alle beschäftigen.

In diesem Jahr blickt Misereor mit seiner Aktion nach Madagaskar, einem afrikanischen Land. Dort zeigt sich die Geschlechterungerechtigkeit besonders deutlich: 40 % der Mädchen unter 18 Jahren sind bereits verheiratet – das bedeutet in der Regel das Ende der Bildung für die jungen Frauen. 85 % des Landbesitzes gehört Männern, Frauen haben kaum eine Chance, Land zu erwerben. Frauen dort haben die doppelte Last zu tragen - wie in vielen anderen Ländern der Welt auch: sie erziehen Kinder, sie pflegen ihre Eltern, sie kümmern sich um den Haushalt und das alles noch neben der Erwerbsarbeit. Misereor macht klar: Mit der Missachtung der Frauen, mit ihrem Ausschluss von Bildung, Besitz und Macht, schaden Gesellschaften sich selbst. Und trotzdem ändert sich weltweit nur wenig daran.

Frau. Macht. Veränderung. Das zeigt sich in gesellschaftlichen und politischen Veränderungen braucht auch die Solidarität der Frauen untereinander.

Die Ankündigung von Annalena Baerbock, feministische Außenpolitik zu machen, hat bei vielen erst einmal Hohn und Spott ausgelöst. Was soll an feministischer Außenpolitik anders oder sogar besser sein?

Papst Franziskus sagt: „In der Tat, doppelt arm sind die Frauen, die Situationen der Ausschließung, der Misshandlung und der Gewalt erleiden, denn oft haben sie geringere Möglichkeiten, ihre Rechte zu verteidigen.“ (Papst Franziskus in seiner Enzyklika „Fratelli tutti“)

Frau. Macht. Veränderung. Nicht weil sie die besseren Menschen sind, sondern weil sie die Hälfte der Menschheit sind. Und weil unsere Gesellschaft und unsere Kirche in einer Schieflage sind, wenn sie die Hälfte der Menschheit ausschließen: von Bildung, von Besitz und von Macht.

Und da wünsche ich mir auch, dass die katholische Kirche sich am Tun von Jesus orientiert: Jesus hat sich immer wieder ausdrücklich den Frauen zugewandt, in einer Gesellschaft, die eher männerzentriert war und Frauen gerne hintenangestellt hat. Er wendet sich den Frauen zu, die ihn um Heilung bitten, er spricht mit der Frau am Jakobsbrunnen, obwohl es unüblich ist. Nach seiner Auferstehung offenbart er sich als erstes einer Frau. Frau.Macht.Veränderung. In Kirche und Gesellschaft.

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SWR4 Abendgedanken

16MRZ2023
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Ich gehe gerne in eine Buchhandlung in unserer Nähe. Sie bietet nicht nur die aktuellen Bestseller an, sondern verspricht Ruhe und Muße und Bücher zu Achtsamkeit und Lebenssinn. Doch immer häufiger stelle ich fest, dass der größte Teil der Bücher Ratgeber sind, wie das Leben gelingen kann.

Eine kleine Auswahl der Buchtitel, die mir da entgegenkommen:

„Frag den Buddha“.

„Versäume nicht dein Leben!

„Entdecke den Jäger in Dir

Mich irritiert das.  Offensichtlich brauchen Menschen heute eine Anleitung für ihr Leben und zwar für die Dinge des Lebens, die ich lange für selbstverständlich gehalten habe: eine Anleitung fürs Aufräumen, eine für das innere Kind in mir und natürlich „50 Sätze, die das Leben einfacher machen.“

Wenn ich dann durch diese Bücher blättere, springt mir überall die Verheißung entgegen: so wirst Du noch erfolgreicher, so gelingt Dein Leben noch besser, so erreichst Du sicher Deine Ziele. Und wenn Du nicht weißt, was Du willst – auch dafür gibt es ein Buch.

Aber: vieles davon bleibt eine Anleitung, eine Technik, wie ich dieses oder jenes in meinem Leben verbessern kann. Eine Anleitung – wirklich befriedigend ist das für mich nicht.

Wenn ich dann in die kleine Abteilung gehe, die „Religion und Glaube“ heißt, finde ich etwas anderes. Dort gibt es selbstverständlich Bibeln aller Art, sprachlich angepasst für Kinder, für Jugendliche und für Liebhaber der Originalsprache. Und es gibt Bücher, in denen Menschen von ihrem Leben und von ihrem Glauben erzählen. Und sie erzählen von Gemeinschaft, gemeinsamen Erfahrungen und auch vom Glauben.

Ich finde mich eher in diesen Büchern wieder: ich darf so sein, wie ich bin: unperfekt, suchend, neugierig…Und ich muss mich auch nicht ständig selbst verbessern, sondern ich darf darauf vertrauen, dass ich Gottes geliebtes Kind bin.

Meine Methode, Lebenssinn zu finden und meine Gefühle anzunehmen ist eine sehr einfache: Einige Minuten am Abend und einige Minuten am Morgen bewusst da sein. Innehalten und mich anschauen lassen von Gott. Und Gott anschauen.

Manchmal mit geschlossenen Augen und ganz still. Manchmal, wie heute in der Freude, durch die Natur zu fahren und von einem leuchtenden Regenbogen begleitet zu werden.  Das macht mich

demütig. Es gibt mir Boden unter den Füßen; so wie es im Psalm heißt:

 Seh ich den Himmel, das Werk deiner Finger, Mond und Sterne, die du befestigt: Was ist der Mensch, dass du an ihn denkst, des Menschen Kind, dass du dich seiner annimmst. Du hast ihn nur wenig geringer gemacht als Gott, hast ihn mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt.  (Ps 8,4-6)

Und am Abend lege ich den Tag zurück in Gottes Hand, alles Gelungene und alles Nichtgelungene. So darf ich sein – ich muss nichts leisten.

Das lässt mich gut schlafen, besser als jede Ratgeberweisheit des 21. Jahrhunderts.

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SWR4 Abendgedanken

15MRZ2023
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Artikel 1 unseres Grundgesetzes heißt: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Das ist das Fundament unseres Grundgesetzes, ein Satz, der unser Zusammenleben prägt – oder prägen sollte? Einige Erfahrungen in der letzten Zeit lassen mich daran zweifeln.

Wie gehen wir in unserer vergleichsweise reichen Gesellschaft mit alten und kranken Menschen um? Aus eigener Betroffenheit kann ich erzählen, wie eine 88-Jährige vom Arzt abgefertigt wird: eine Operation in ihrem Alter lohnt sich nicht mehr! Auf dem Arztbericht steht aber: Patientin lehnte OP ab.

Eine Bekannte, auch weit über 80 Jahre alt, wird ins Krankenhaus eingewiesen von ihrer Ärztin. Krankenwagen und viel Aufregung, die Sorge, wie es weitergeht: nach fünf Stunden wird sie mit einem Taxi wieder nach Hause geschickt. Ohne etwas zu trinken zwischendurch, ohne etwas zu essen. Es gibt dringendere Fälle.

Zwei Mal habe ich erlebt, dass Angehörige alter Menschen nicht spontan im Krankenwagen oder in die Notaufnahme begleiten durften. Die Kranken werden in ihrem geschwächten, manchmal verwirrten Zustand einfach allein gelassen.

Um es ganz klar zu sagen: Die einzelnen Sanitäter und Krankenschwestern waren immer sehr herzlich und zugewandt, auch nachts um halb eins. Da haben sie meinen vollen Respekt und ich bin ihnen sehr dankbar. Mich entsetzt das System, die pure Profitberechnung auch im Gesundheitswesen.So sieht nämlich die Menschenwürde für alte Menschen in Deutschland aus!

Die Bibel nimmt dazu klar Stellung: »Du sollst Vater und  Mutter ehren.« Gemeint sind die gebrechlich gewordenen Eltern. Und da geht es nicht nur um die persönliche Verantwortung der Kinder, sondern auch um die Verantwortung der Gesellschaft für die alten Menschen.

 

Und um ihre Würde sorgen sich ja nicht nur alte und kranke Menschen.

Dies gilt auch für Menschen, die nicht in unser System passen, zum Beispiel weil sie ihre Wohnung nicht mehr bezahlen können. Sie gilt für Menschen, die nicht voll arbeitsfähig sind und deshalb schnell an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden: keine Arbeit, wenig Geld, weniger Kontakte – welche Würde wird ihnen zugestanden?

Sie gilt ebenso für geflüchtete Menschen, die in unser Land gekommen sind. Welche Rechte haben sie? Wie behandeln wir sie?  Oft werden sie nicht als Schutzbedürftige wahrgenommen und behandelt, sondern als ungebetene Bittsteller.

In der Bibel heißt es: "Der Fremde, der sich bei euch aufhält, soll euch wie ein Einheimischer gelten und du sollst ihn lieben wie dich selbst.“ (Lev 19,33) Von diesem Denken scheinen wir weit entfernt zu sein.

Und wer nicht so bibelfest ist: ein Gebot kennen alle, die sich christlich nennen: Du sollst den Herrn, Deinen Gott lieben und du sollst Deinen Nächsten lieben wie Dich selbst – darin steckt die ganze frohe Botschaft und der ganze Auftrag.

Die Würde des Menschen ist unantastbar – sagt das Grundgesetz. Und für mich als Christin gilt auch: „Du sollst Deinen Nächsten lieben wie Dich selbst!“

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SWR4 Abendgedanken

14MRZ2023
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„Tut dies zu meinem Gedächtnis.“ Dieser Satz ist vielen aus der Heiligen Messe bekannt. Beim letzten Abendmahl, das Jesus feiert, sagt er: „Tut dies zu meinem Gedächtnis.“

Aber nur wenige kennen den Satz von Jesus: „Auf der ganzen Welt […] wird man auch erzählen, was sie getan hat, zu ihrem Gedächtnis.“

Das ist eher unbekannt.  Markus erzählt dazu folgende Geschichte:

Jesus ist bei Simon zu Gast und sitzt mit ihm und anderen Gästen beim Essen. Da platzt eine Frau in die Gesellschaft, in der Hand ein Gefäß mit kostbarem Öl. Zum Erstaunen von allen nimmt sie das teure Öl und salbt Jesus damit. Die Gäste reagieren unwillig: Was soll diese Verschwendung? Jesus aber sagt: Lasst sie in Ruhe! Sie hat ein gutes Werk an mir getan. Auf der ganzen Welt, wo die frohe Botschaft verkündet wird, soll man sich an sie erinnern!“

Während die Männer noch diskutieren und argumentieren, macht die Frau in ihrem Tun deutlich, dass sie Jesus erkannt hat als den Sohn Gottes.  Und Jesus verteidigt ihr Handeln mit einem starken Wort:

„Auf der ganzen Welt, wo die frohe Botschaft verkündet wird, wird man auch erzählen, was sie getan hat, zu ihrem Gedächtnis.“

Zu ihrem Gedächtnis. Und doch ist sie heute immer noch unbekannt. Und ich glaube, ich weiß auch, warum: Sie ist eine Frau.

Der März ist in gewisser Weise der Monat der Frauen. Am 1. Freitag im März wird der Weltgebetstag gefeiert. Seit fast 100 Jahren feiern Frauen auf der ganzen Welt zur gleichen Zeit Gottesdienst. In diesem Jahr wurde er von den Frauen aus Taiwan vorbereitet.  Am 8. März ist der Weltfrauentag. Er macht auf die Situation der Frauen auf der ganzen Welt aufmerksam: Frauen haben weniger Rechte, bekommen weniger Geld, werden oft sogar im Namen der Religion unterdrückt.

Biblisch ist das alles nicht: Gott schuf den Menschen nach seinem Bild, als Mann und Frau schuf er ihn. So steht es am Anfang der Bibel.

Und weiter hinten in der Bibel steht das Wort Jesu: erzählt, was sie getan hat, und erinnert Euch an sie!

Und dazwischen gibt es viele Geschichten von mutigen Frauen, von glaubenden Frauen.

Der März ist der Monat der Frauen, der mutigen, kämpfenden, liebenden Frauen. „Erzählt was sie getan hat - zu ihrem Gedächtnis.“

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SWR4 Abendgedanken

13MRZ2023
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Unser Sohn heiratet im Juni. Seit er und seine Freundin uns das mitteilten, spüre ich eine Freude in mir. Hochzeit – das hat etwas mit dem Zauber des Anfangs zu tun, mit Liebe und Freude, mit Zärtlichkeit und Wohlwollen.

Und am letzten Wochenende durfte ich eine Goldhochzeit mitfeiern: ein Paar, das seit 50 Jahren seinen Weg zusammen gegangen ist mit Höhen und Tiefen, mit schweren Zeiten und guten Zeiten und das fünf Kinder großgezogen hat.

Hochzeit – das ist auch Hoch-Zeit. Hoch-Zeit der Liebe. Aber wie kommt man gut von der Feier der Hochzeit bis zum Fest der Goldhochzeit?

Mein Mann und ich haben da für uns drei wichtige Worte kennenlernen dürfen, die uns geholfen haben, seit fast 36 Jahren gut zusammenzuleben. Sie heißen:  

Darf ich? – Danke! – Entschuldige!

Am leichtesten und häufigsten geht mir das Wort „Danke“ über die Lippen. Wir haben es uns angewöhnt, einander „danke“ zu sagen, auch für die alltäglichen Dinge. Ein Dank fürs Kochen oder Tisch decken, für eine Besorgung oder die Erledigung der Bügelwäsche gehört bei uns dazu. Es bedeutet, aufmerksam zu sein für den anderen, ihn im Blick zu haben. Das gilt für meinen Mann, das gilt auch für unsere Kinder, auch wenn wir sie nicht mehr täglich sehen.

Darf ich? Im alltäglichen Miteinander werden schnell mal Grenzen überschritten. Das sind kleine Grenzverletzungen: den Lieblingsfüller meines Mannes zu benutzen. Eine schnelle Entscheidung zu treffen, auch wenn der andere noch nicht so weit ist. Theaterkarten zu kaufen ohne meinen Mann zu fragen. Das sind Kleinigkeiten, aber sie zeigen, ob ich die Grenzen des anderen respektiere. In unserer Ehe ist es besonders das unterschiedliche Tempo bei Entscheidungen, das mich herausfordert. Darf ich? In unserer Beziehung eine ganz wichtige Frage.

Entschuldige! Um Entschuldigung zu bitten, fällt mir nicht leicht, auch meinem Mann gegenüber nicht. Was wir gut im Laufe der Jahre miteinander gelernt haben, ist, kleine Verletzungen, Unstimmigkeiten und Missverständnisse schnell aus der Welt zu räumen. Sie beschäftigen uns nicht tagelang und sie eskalieren auch nicht mehr. Und das hilft uns in der Familie, auch größere Verletzungen anzusprechen und uns wieder zu versöhnen.

Diese drei Worte sind keine Garantie, dass eine Beziehung gelingt, dazu gehören immer zwei. Aber für uns sind sie eine wichtige Hilfe.

„Ich will dich lieben, achten und ehren, alle Tage meines Lebens, bis dass der Tod uns scheidet“ – so heißt das klassische Eheversprechen. Dieses große Versprechen muss jeden Tag in kleine Münze umgewandelt werden und dann kann lieben - achten – und ehren auch heißen: darf ich? – danke – entschuldige.

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SWR4 Abendgedanken

28OKT2022
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Diese Woche wurde von der UN als Abrüstungswoche ausgerufen. Seit 1995 findet sie immer in der letzten Oktoberwoche statt. Mir fällt sofort das Zitat „Schwerter zu Pflugscharen“ ein. Und in diesem Jahr hat das Thema ja eine ganz besondere Relevanz.  Ich schaue in die Bibel, ob es da zur Abrüstung noch was anderes gibt, außer „Schwerter zu Pflugscharen“. Und ich bin sehr erstaunt.

Im Brief an die Epheser ruft Paulus die Christen auf zum Kampf gegen Mächte und Gewalten, gegen die Weltherrscher der Finsternis. Und dann benennt er die Waffenrüstung Gottes.  Waffenrüstung – was für ein fremdes Wort. Aber Paulus schlägt uns ja keine Kriegswaffen, sondern andere Waffen und eine andere Rüstung vor.

Als erstes nennt er den Gürtel der Wahrheit. Die Wahrheit – sie stirbt bekanntlich bei jeder Auseinandersetzung zuerst. Paulus sagt: Gürtet Euch mit der Wahrheit, lasst sie ganz nahe an Euch heran, damit sie Euch nicht entrissen werden kann.

Und dann werden ganz viele Verteidigungswaffen aufgezählt: ein Brust-Panzer der Gerechtigkeit, damit wird mein Innerstes, mein Herz geschützt. Schuhe des Friedens statt Kampfstiefel, das ist ein klares Bild. Ein Schild des Glaubens: Schilder schützen ja nicht nur, sie zeigen durch ihr Wappen, auf wessen Seite ich stehe, wofür ich mich einsetze und welche Überzeugung mich antreibt. Ein Helm des Heils – unzerstörbar und schützend. Und dann noch ein Schwert des Geistes: das ist das Wort Gottes. Das Wort Gottes ist keine scharfe Klinge, sondern heilend und aufbauend.

Auch wenn die Kirche im Laufe der Jahrhunderte manche Eroberungs- und Missionierungskriege brutal geführt hat, war das sicherlich nicht im Sinne des Evangeliums.

Aber ich verstehe Paulus so, dass wir uns mit diesen Waffen gut verteidigen können gegen die Mächte des Bösen, die äußeren, sichtbaren und die inneren, unsichtbaren Mächte. Und diese Waffen dienen nicht der Zerstörung und dem Verderben, sondern sie wollen schützen. Deshalb dürfen wir alle Kraft aus Glauben, Hoffnung und Liebe mobilisieren. Das gilt besonders auch für den Alltag, wenn es um Entmutigung, Mobbing, Gewalt oder Rassismus geht.

Dann sind mein Mut und mein Einsatz gefragt – auch wenn mir das manchmal schwerfällt. Mit den Mitteln, die mir zur Verfügung stehen: Glaube, Hoffnung und Liebe.

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SWR4 Abendgedanken

27OKT2022
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Letzte Woche war ich im Kindergarten. Das war schön. Am Ende des Tages gab es einen kleinen Gottesdienst.  Als Text dafür hatten die Erzieherinnen die Bibelstelle ausgesucht, in der erzählt wird, wie  Jesus und seine Jüngern unterwegs sind. Eltern kommen mit ihren Kindern zu Jesus, damit er sie segnet. Die Reaktion der Jünger: Stört uns jetzt nicht – wir haben wichtigeres zu tun. Aber Jesus sagt: „Lasst die Kinder zu mir kommen.“ Und: „wer das Reich Gottes nicht annimmt, wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen.“

Für die Kinder ist die Aussage einfach und klar: sie haben einen Platz bei Jesus, er nimmt sich Zeit für sie und segnet sie.

Für die Erwachsenen scheint das schwerer zu sein: das Reich Gottes annehmen wie ein Kind – da sehe ich viele fragende Gesichter.  Was ist das Reich Gottes überhaupt? Für Jesus ist das Reich Gottes eine Welt, in der sich die Menschen bemühen, gerecht zu handeln, Notleidenden zu helfen, die Schöpfung zu achten und die Frohe Botschaft kennen zu lernen.

Und genau das alles lernen die Kinder im Kindergarten:

sie lernen miteinander zu spielen, sie lernen teilen, sie hören die Geschichten von Jesus, sie lernen, wie sie die Natur schützen können.

All das lernen sie ganz nebenbei und selbstverständlich, weil sie darauf vertrauen, dass die Erzieherinnen und auch die Eltern es gut mit ihnen meinen. Sie wägen nicht ab, was richtig oder falsch ist, sondern sie probieren aus, was gut und richtig ist. Sie machen sich keine Sorgen. Und das heißt für mich das Reich Gottes annehmen wie ein Kind: nicht naiv und blauäugig – nach dem Motto: es wird schon gut gehen. Nein, mit dem Grundvertrauen, dass Jesus uns hilft, das Leben zu meistern und mit der Offenheit, das Gute zu sehen, es auszuprobieren, es zu tun.

Gerade jetzt – in dieser Zeit, in der uns viele Krisen gleichzeitig bedrängen – kommen wir vor lauter Sorge, „was wäre, wenn“ nicht mehr zum Handeln. Wir tun uns schwer, zu vertrauen und nicht nur den eigenen Vorteil zu sichern.

Das Reich Gottes annehmen wie ein Kind -  das ist eine sehr herausfordernde Aussage von Jesus, aber ich finde, es lohnt sich, sich darauf einzulassen.

Und Vorbilder haben wir ja genügend: Im Kindergarten, auf dem Spielplatz oder sogar in der eigenen Familie: vertrauensvoll zu leben, wie ein Kind.

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SWR4 Abendgedanken

26OKT2022
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Wenn ich etwas plane, eine Reise oder ein Fest, dann habe ich neben Plan A meistens auch einen Plan B. Es könnte ja was schief gehen und dann will ich gut vorbereitet sein. Seit einigen Wochen weiß ich wieder, dass ich sogar einen Plan F habe!

Wir hatten in der Familie einen runden Geburtstag zu feiern – mein Mann wurde 60. Wir feiern gerne zuhause und hatten alle Gäste zu einem Tag in unserem Garten eingeladen. Das Buffet war bestellt und für die Arbeit in der Küche, hatte ich meine Haushaltshilfe angefragt. Alles war gut geplant.

Vier Tage vor dem Fest teilt mir die Haushaltshilfe mit, dass sie krank ist. Daran kann man nichts machen, aber es brachte mich schon in Stress. Zum Glück fiel mir noch eine Bekannte ein, die vielleicht Zeit haben könnte. Ein schnelles Telefonat: sie hat Zeit und hilft mir.  Erleichtert fällt mir ein Stein vom Herzen: Plan B klappt also.

Am Abend vor dem Fest: auch die Bekannte meldet sich krank! Das war mir zu viel, wo sollte ich jetzt noch Ersatz herholen? Einen Plan C hatte ich nicht.

In meinem Ärger und in meiner Sorge trösteten meine Kinder mich: das kriegen wir schon hin – da merkt keiner, das was fehlt! Die spontane Zusage unserer Kinder ohne Wenn und aber war schon mal wie eine warme Decke, die mir gut getan hat. Das Fest im Garten war dann wider Erwarten rundum gelungen – es fehlte an nichts.

Am nächsten Tag sagte ich: „Ich wusste gar nicht, dass wir noch einen Plan C hatten.“ Die Antwort meines Sohnes darauf: den hatten wir auch nicht, nur Plan F – wie Familie. F – wie Familie. Ich bin sehr dankbar und froh, dass sie mir in dieser Situation so gut und selbstverständlich zur Seite gestanden hat und wir das Fest so gemeinsam bewältigen und feiern konnten.

Plan F kann auch Plan Freunde heißen. Wer keine große Familie hat, der findet vielleicht die gleiche selbstverständliche Unterstützung im Freundeskreis.

Mir tut es dann richtig gut, zu erleben, dass ich nicht alleine bin, sondern unterstützt werde, gemocht werde und es einen guten Zusammenhalt gibt.

Und es tut mir gut, mich daran zu erinnern, dass Jesus sagt: „Vielmehr nenne ich euch Freunde“. Also darf auch ich eine „Freundin“ von Jesus sein und auf seine Unterstützung bauen. Das gilt besonders an den Tagen, wenn es stressig und turbulent wird im Leben oder wenn ich mich einsam fühle. Es gilt aber genauso an Tagen, an denen ich einfach froh und dankbar bin. Plan F – gut, dass ich ihn wieder entdeckt habe!

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SWR4 Abendgedanken

25OKT2022
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Ich bin eine Geschichtensammlerin. Ich sammle keine Märchen oder Erzählungen aus fremden Ländern, ich sammle Lebensgeschichten. In dieser Woche wurden mir wieder zwei Geschichten geschenkt.

Eine ist die Geschichte von Gertrud. Sie wurde 1930 geboren, zwischen den beiden großen Kriegen. Ihre Kindheit war nicht einfach. Dann, als junge Frau, hatte sie das Glück einen Seelenpartner zu finden, einen Mann, mit dem sie tief und innig verbunden war. Zwei Töchter wurden ihnen geschenkt, doch dann starb ihr Mann plötzlich und ließ sie mit zwei kleinen Kindern und einem Haus im Rohbau zurück. Gertrud ist nicht daran zerbrochen, sondern sie meisterte ihr Leben auf ihre eigene Art und Weise. Sie gab ihren Töchtern ein Grundvertrauen ins Leben mit und erzog sie zu starken, selbstständigen Frauen.

Ich kenne die Lebensgeschichte von Gertrud nur aus den Erzählungen ihrer Töchter. Im Trauergespräch spürte ich die tiefe Dankbarkeit dieser Frauen für Ihre Mutter. In der Art und Weise, wie sie mir von der Mutter erzählen, ist ihre tiefe Verbundenheit miteinander erlebbar.

Und dann habe ich noch die Geschichte von Paul geschenkt bekommen. Er wurde vor 92 Jahren an der Ahr geboren. Zur Ausbildung ging er nach Düsseldorf und baute sich dort auch seine berufliche Existenz auf. Obwohl er seine Arbeit in Düsseldorf liebte, blieb doch immer mit seinem Heimatdorf verbunden. Er war lange und glücklich verheiratet. Seine Kinder erzählen mir seine Lebensgeschichte mit viel Wärme und Zuneigung und auch mit ein wenig Stolz.

Lebensgeschichten – die ich im Vorfeld der Beerdigung von den Kindern erzählt bekam. Und es berührt mich, wie sie erzählt wurden: voller Respekt vor dem Leben der Eltern und mit ganz viel Liebe. Und für die, die mir diese Geschichten erzählen ist es ein Rückblick: wie bin ich geworden, wer ich bin? Was ist das Erbe, das ich in mir trage?

Lebensgeschichten – erzählt am Vorabend der Beerdigung. Es ist jedes Mal ein Geschenk, wenn mir solch eine Lebensgeschichte erzählt wird. Und dann gelingt es auch, diesen Menschen bei seinem endgültigen Abschied in Gottes Hand zu entlassen: „Gott wir vertraun dir diesen Menschen an, nimm ihn auf in deine Arme!“ (Gotteslob 506). Es ist dann ein versöhntes Abschiednehmen.

Ich möchte Sie ermutigen, ihre Geschichte anzuschauen und vielleicht zu erzählen: Höhen und Tiefen, Erfolg und Scheitern.  Ich wünsche Ihnen, dass sie sich daran freuen zu können, dass sie bis hierhin gekommen sind. Bleiben Sie in Gottes Segen!

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SWR4 Abendgedanken

24OKT2022
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Ich werde älter. Das ist eine unbestreitbare Tatsache, aber es festzustellen, ist nicht so angenehm. Wir waren mit unseren Söhnen und der Schwiegertochter in spe im Urlaub und da wurde ein wenig gelästert: Kein Programm mehr von morgens bis abends? Und am Abend bin ich ein wenig früher ins Bett als in den letzten Jahren.

Ich werde älter. Das ist einerseits sehr schön und ich freue mich daran, dass ich in relativ guter Gesundheit älter werden darf.

Aber ich spüre auch die Sorge, die dazu gehört. Im Berufsalltag frage ich mich manchmal Was denken die Anderen von mir? Zum Beispiel: Wenn die Jugendlichen in der Firmvorbereitung sich in Windeseile in verschiedenen Nachrichten-Gruppen vernetzen und ich merke, dass ich davon nur die Hälfte kenne. Halten sie mich dann für alt? Nehmen sie mich noch ernst?

Auch in den Psalmen in der Bibel lese ich die Bitte: „Auch wenn ich alt und grau bin, Gott, verlass mich nicht“ (Ps 71,18).

In der Bibel wird erzählt, dass Abraham und Mose weit über 100 Jahre alt wurden. Aber so alt will ich gar nicht werden! Wenn ich nun ein wenig langsamer und vergesslicher werde, dann trösten mich die Worte im Buch des Propheten Jesaja: „Ich habe Dich beim Namen gerufen, Du bist mein. Wenn Du durchs Wasser gehst, wird es Dich nicht verschlingen, wenn durch Ströme werden sie dich nicht wegreißen.“ Und weiter heißt es dort:                         

„Und ich bleibe derselbe in alle Zukunft! Bis ihr alt und grau werdet, bin ich es, der euch schleppt. Ich habe es bisher getan und ich werde es auch künftig tun. Ich bin es, der euch trägt und schleppt und rettet!“ *                                      

Gott geht meine Wege mit – das ist eine Zusage, mit der ich gelassener alt werden kann. Ich darf mich immer wieder daran erinnern, dass Gott mich auch im Alter nicht verlässt.

Und ich lerne erst, alt zu werden. Ich weiß ja noch nicht, was mich wirklich erwartet: wie lange bin ich noch körperlich und geistig fit, wann schränken mich Krankheit oder Gebrechlichkeit wirklich ein?

Wenn ich mit Menschen zusammen bin, die noch deutlich älter sind als ich, dann spüre ich bei Ihnen oft eine Zufriedenheit. Sie sind mit sich selbst im Reinen, sie haben sich entschieden, zufrieden zu sein mit ihrem Leben und nicht dem nachzutrauern, was hätte sein können.  Die Bibel nennt das lebenssatt. Ein schönes Wort, wie ich finde. Bis dahin habe ich hoffentlich noch ein wenig Zeit und ich möchte versuchen immer mehr darauf zu vertrauen, dass Gott mit mir geht, auch wenn ich alt und grau werde.

*Jes. 46,4 – Gute Nachricht

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