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13DEZ2024
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Blechdosen, verrostete Autotüren, kaputte Möbel: Man kann Schrott recyceln oder wunderbare Kunstwerke daraus erschaffen. Ja, es gibt Künstler, die sammeln Metall und Plastik, das andere Menschen wegwerfen und gestalten daraus etwas wunderschönes Neues. Kleine Figuren oder große Statuen. Manche dieser Kunstwerke schaffen es sogar in Ausstellungen, und Kunstsammler zahlen dafür viele Tausend Euro.

Für mich ist das eine Art Gleichnis. In meinem Leben gibt es auch eine Menge Schrott. Ich meine damit nicht Altmetall für den Sperrmüll. Ich meine damit, dass ich Fehler mache, versage, Menschen, die mir lieb sind, verletzte, oder falsche Entscheidungen treffe. Oder ich leide an dem, was andere an Mist gebaut haben, und ich muss es jetzt ertragen. Das ist alles nicht gut. Das ist Schrott. Wenn ich mich so umsehe, dann denke ich, dass ich nicht der Einzige bin, dem es so ergeht und dass es wohl zum Leben dazugehört, dass wir nicht ständig Erfolge feiern, sondern dass auch Schrott zum Leben gehört. Manches machen wir selbst. Aber sehr oft leiden wir auch an dem, was andere getan haben.  

Was mache ich damit? Ich glaube, dass es auch für diesen Schrott einen Künstler gibt, der daraus etwas Schönes machen kann, nämlich Gott. In der Bibel findet sich dazu eine Geschichte, die erzählt von Joseph. Joseph hat als junger Mann auch eine Menge Schrott gebaut und war so unerträglich arrogant, dass ihn seine Brüder in die Sklaverei nach Ägypten verkauft haben. Dort in Ägypten ist Joseph dann zu Unrecht im Gefängnis gelandet. Doch an seinem absoluten Tiefpunkt hat sich das Blatt für ihn gewendet. Joseph ist frei gekommen und hat am Hof des Königs eine große Karriere gemacht. Am Ende hat er sich sogar mit seinen Brüdern versöhnt und zu ihnen gesagt: „Ihr gedachtet es böse mit mir zu machen, aber Gott hat es gut gemacht“ (1. Mos 50,20)

Menschen machen es böse. Sie machen Schrott. Aber Gott macht daraus Gutes. Davon wird in der Bibel immer wieder erzählt. Menschen machen Fehler. Es passieren schlimme Dinge. Menschen versagen und verletzen andere. Aber Gott kann aus Schrott ein Kunstwerk entstehen lassen. Aus Mist macht er Dünger. Aus Dreck Segen. Also will ich Gott getrost allen Schrott meines Lebens überlassen. Vielleicht entsteht so auch für mich etwas Gutes daraus.

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12DEZ2024
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In dieser Zeit schreiben wieder viele Kinder einen Brief an den Weihnachtsmann oder an das Christkind. Sie schreiben ihnen all ihre Wünsche für Weihnachten auf. Die Barbiepuppe, das Legoraumschiff, das Kinderfahrrad oder sogar das erste Handy. All diese Wünsche stehen in den Kinderbriefen, und dann warten diese Kinder gespannt darauf, was am Heiligabend unter dem Baum liegen wird.

Aber man kann nicht nur dem Weihnachtsmann schreiben. Man kann auch Briefe an Gott schreiben. Auch das haben viele Kinder getan und daraus ist ein kleines Buch entstanden: „Kinderbriefe an den lieben Gott“. Als ich es zum ersten Mal gelesen habe, war ich tief berührt. Da schreiben Kinder an Gott, wofür sie dankbar sind: Für Papa und Mama. Für das kleine Geschwisterkind, das geboren worden ist. Für das leckere Essen, das Oma immer kocht. Aber sie schreiben auch ihre Bitten und Sorgen an Gott. Und die sind gar nicht so anders als die von uns Erwachsenen. Sie schreiben, dass sie Angst haben vor dem Krieg und bitten Gott, er solle doch Frieden machen. Sie schreiben, dass Mama schwer krank ist, und Gott solle sie bitte nicht sterben lassen, sondern wieder gesund machen. Oder sie schreiben, dass sie Angst haben vor dem Diktat in der Schule und dass Papa wieder schimpft, wenn sie eine schlechte Note nach Hause bringen. In diesen Briefen geht es um viel mehr als um Weihnachtsgeschenke. In den Briefen an den lieben Gott schreiben Kinder von dem, was in ihrem Herzen ist.

Mich rühren diese Briefe an. Dieses große Vertrauen, das die Kinder zu Gott haben. Sie glauben fest daran, dass Gott ihre Sorgen versteht und helfen kann. Ich merke, dass ich oft nicht so kindlich vertrauen kann, weil ich als Erwachsener längst gelernt habe, dass Gott meine Sorgen nicht so einfach verschwinden lässt, wenn ich ihm davon erzähle. Manchmal bin ich auch einfach nur misstrauisch und denke: Ob Gott meine Gebete wirklich hört? Ob er wirklich darauf reagiert? Bin ich Gott mit meinen Sorgen und Bitten überhaupt wichtig? Diese Kinder sind für mich ein Vorbild. So wie sie will ich immer wieder neu lernen, Gott zu vertrauen, dass er mich liebt, meine Gebet hört und sich um mich kümmert. Und so will ich weiter meine Bitten zu Gott schicken und ihm alles erzählen, was in meinem Herzen ist. Gut, dass ich diese Adresse habe.

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11DEZ2024
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Nie sind wir ohne Gott. Es gibt keinen Ort auf dieser Welt und keinen Moment in unserem Leben, wo wir ohne Gott sind. Manchmal vergesse ich das fast vor lauter Nachrichten über Kriege, Krisen und Katastrophen. Ich bin froh, dass mich die Adventszeit daran erinnert. Eines der schönsten Adventslieder beginnt mit den Worten: „Die Nacht ist vorgedrungen, der Tag ist nicht mehr fern. So sei nun Lob gesungen dem hellen Morgenstern.“

Auch das Lied spricht von der Nacht und dem Dunkel. So wie es in jedem Leben Momente voller Angst und Leid und Tränen und Verzweiflung gibt. Ja, das alles gibt es. Aber Gott ist immer da. Ja, ich spüre ihn nicht immer. Ja, ich kann das auch nicht immer glauben. Aber wenn ich dieses Adventslied singe, macht es mir Hoffnung. Den Text dieses Liedes vom Morgenstern hat übrigens Jochen Klepper geschrieben. Jochen Klepper war ein Journalist und Schriftsteller während der Zeit des Nationalsozialismus. Das war für ihn und seine Familie eine dunkle Zeit. Seine Frau Hanni hatte nämlich jüdische Wurzeln und ist deswegen von den Nationalsozialisten bedrängt und benachteiligt worden.

1942 haben Jochen und Hanni Klepper erfahren, dass Hanni in ein Lager deportiert werden soll. Jeden Tag konnte das passieren, dass sie festgenommen und weggebracht würde. Ihr stand wegen ihrer jüdischen Abstammung das Konzentrationslager bevor. Und damit Demütigungen, Leiden und ein grausamer Tod. Als sie keinen Ausweg mehr gesehen haben und keine Möglichkeit zur Flucht blieb, da haben sich Jochen Klepper und seine Frau Hanni das Leben genommen. Es war am 11. Dezember 1942. Die letzten Worte, die Jochen Klepper in sein Tagebuch geschrieben hat, lauteten: "Wir sterben nun - ach, auch das steht bei Gott - Wir gehen heute Nacht gemeinsam in den Tod. Über uns steht in den letzten Stunden das Bild des segnenden Christus, der um uns ringt." Sogar in seiner tiefsten Verzweiflung spürte Jochen Klepper, dass Christus um ihn ringt, ihn nicht loslässt und ihn und seine Frau segnet. Aus diesem Glauben heraus, dass wir nie von Gott verlassen sind, schrieb Jochen Klepper in seinem Adventslied weiter: „Auch wer zur Nacht geweinet, der stimme froh mit ein. Der Morgenstern bescheinet auch deine Angst und Pein.“ – Es gibt keinen Ort und keinen Moment, wo wir ohne Gott sind. Gottes Morgenstern bescheint uns und bringt Licht ins Dunkel unseres Lebens. Manchmal hilft das. Manchmal macht es Mut. Manchmal gibt es Kraft zum Weiterleben.  

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10DEZ2024
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„Alle Menschen sind gleich an Würde und Rechten geboren“. Dieser Satz steht in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte im Artikel eins. Am 10. Dezember 1948 hat die Vollversammlung der Vereinten Nationen die Erklärung der Menschenrechte verabschiedet. Das war eine Sternstunde der Menschheit. Die Nationen und Völker dieser Erde haben miteinander gesagt: Wir sind überzeugt, dass jeder Mensch die gleiche Würde und die gleichen Rechte hat. Frauen und Männer. Kinder und Altgewordene, Kranke und Menschen mit einer Behinderung. Kluge Professoren und Menschen, die nie lesen und schreiben können. Menschen aller Hautfarben, aller sexuellen Orientierungen und aller Religionen.

Wie wunderbar ist diese Erklärung der UNO von 1948. Und ich kann ihr auch als Christ aus vollem Herzen zustimmen. Denn ich glaube an einen Gott und Vater im Himmel, der alle Menschen zu seinem Ebenbild geschaffen hat. So steht es in der Bibel im Schöpfungsbericht. Jeder Mensch ist von Gott in seiner besonderen Art und Weise gewollt und geschaffen und als Kind Gottes geliebt. Und darum dürfen wir nie die Würde und den Wert eines anderen Menschen antasten, weil wir sonst damit Gott antasten.

Aber ich weiß natürlich auch: In der Realität geht es oft anders zu. Schon 1948 haben nicht alle Nationen der Erklärung der Menschenrechte zugestimmt. Acht Länder haben dagegen votiert. Und wenn ich mich heute umsehe, dann wird die Würde von Menschen in so vielen Ländern missachtet und mit Füßen getreten. Und auch bei uns in Deutschland müssen wir wachsam bleiben und uns auch hier dafür einsetzen, dass Menschen mit Würde und Respekt behandelt werden. Homosexuelle und queere Menschen dürfen nie wieder benachteiligt werden. Kinder nie missbraucht werden. Muslime dürfen nicht angefeindet werden, nur weil Islamisten Anschläge verüben. Und jüdische Mitbürger sollen sich bei uns sicher fühlen. Und Menschen, die aus ihrer Heimat zu uns geflohen sind vor Gewalt und Hunger und Hoffnungslosigkeit sollen keine Angst vor Anfeindungen und Gewalt haben müssen. Ich will wachsam bleiben, denn jeder Mensch hat die gleiche Würde und die gleichen Rechte. Weil jeder ein Geschöpf und Kind Gottes ist. Daran erinnert mich der heutige 10. Dezember.

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09DEZ2024
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Fußball ist ein Mannschaftssport. Das wissen auch die großen Stars der Bundesliga wie Kane, Musiala oder Wirtz. Und wenn einer von ihnen ein Interview gibt, dann danken sie oft auch ihren Mitspielern. Sie danken dem, der ihnen den entscheidenden Pass zugespielt hat. Oder dem Torhüter, der hinten den Kasten sauber gehalten hat. Und sie wissen: Dass sie ihre Leistung auf den Platz bringen können, dafür sind andere mitverantwortlich: Das Trainerteam, der Zeugwart, der für die Trikots sorgt, die Physiotherapeuten und viele mehr.

Fußball ist ein Mannschaftssport. Nur zusammen kann die Mannschaft erfolgreich sein, und auch nur zusammen können sie mit den Rückschlägen klarkommen und sich gegenseitig trösten und wieder neu motivieren.

Aber so ist das eigentlich nicht nur beim Fußball, sondern das ganze Leben hindurch.
Dass mir in meinem Leben manches gelungen ist und ich mich über Erfolge und viele schöne Momente freuen darf, das hat doch auch damit zu tun, dass da immer Menschen waren, die mich unterstützt haben: Meine Eltern, die mich ins Leben begleitet haben. Meine Lehrer an der Schule und Universität. Meine Kolleginnen und Kollegen, die ihr Wissen und ihre Erfahrung mit mir geteilt haben. Freunde, zu denen ich gehen konnte, wenn ich einen Rat nötig hatte. Und natürlich meine Familie. Sie alle waren für mich da, haben mich auch in schwierigen Situationen getröstet und mir wieder neuen Mut zugesprochen. Ich bin für alle diese Menschen in meinem Leben sehr dankbar. Ich wäre nicht der Mensch, der ich heute bin ohne sie.

Übrigens ist auch der Glaube ein Mannschaftsspiel. Es gibt viele Christen, die mir geholfen haben, den Glauben an Gott zu finden und mir gezeigt haben, wie man den Glauben lebt. Ohne sie, die mich auch immer wieder ermutigt und in schweren Zeiten für mich gebetet haben, hätte ich meinen Glauben an Gott wohl längst verloren.

Manchmal denke ich etwas überheblich, es sei doch allein mein Verdienst, was mir in meinem Leben gelungen ist. Aber in Wahrheit stimmt das nicht. So viele Menschen haben mir geholfen bei meinem Leben und meinem Glauben. Heute will ich an sie denken und Gott danke sagen für diese Menschen. Und ganz bestimmt fallen Ihnen mit Blick auf Ihr Leben auch solche wertvollen Menschen ein. Sagen Sie doch auch dafür einfach mal danke.

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06DEZ2024
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Wenn der Nikolaus kam, hatte ich als Kind ziemlich Angst.

Wie er vor mir und meinem Bruder stand. Furchterregend groß mit seiner Bischofmütze, weißen Rauschebart und seinem Bischofstab in der Hand. Streng sah er aus. Und er war nicht allein. Er hatte einen Helfer. Der machte mir so Angst, dass ich mich hinter den Beinen meiner Mama versteckt habe: Knecht Ruprecht. Mit seinem grauen Strubbelbart, in der einen Hand einen Jutesack und in der anderen die Rute, mit der er drohte, wenn gesagt worden ist, dass ich und mein Bruder nicht immer brav waren. Und das waren wir ganz sicher nicht immer. Geschlagen hat Ruprecht nie, aber gedroht. Das hat gereicht.
Ich habe erst Jahre später kapiert, dass Knecht Ruprecht eigentlich an der Seite von Nikolaus gar nichts verloren hat. Der nur Kindern Angst gemacht hat, damit sie brav sind und der Nikolaus glänzen konnte und Geschenke verteilen. Das Ergebnis bei mir war allerdings, dass ich vor beiden Angst hatte. Ich denke aber, genau das Gegenteil sollte Nikolaus erzählen. Nämlich, dass man durch ihn Zuwendung lernt, nicht Angst.

In den Geschichten von Nikolaus kommt Ruprecht zum Beispiel gar nicht vor. Eine der Bekanntesten erzählt davon, dass ein Vater so arm gewesen ist, dass er keinen anderen Ausweg mehr wusste, als seine drei Töchter in die Prostitution zu schicken. Nikolaus bekommt Wind davon und beschließt ihm zu helfen. Wirft ihnen nachts drei Goldklumpen durchs Fenster und dadurch müssen die Mädchen nicht anschaffen gehen. Und ihr Vater erfährt, dass es in größter Not Menschen gibt, die einem helfen.

Hier gibt es keinen Knecht Ruprecht. Keine Rute und keine Drohungen.

Kein Kind sollte denken: Nur, wenn ich brav bin, bekomme ich etwas vom Nikolaus. Und niemand sollte Angst vor ihm haben. Ganz im Gegenteil: Der Nikolaus ist ein Vorbild der Zuwendung, der Menschen geholfen hat, wenn sie Angst hatten. Und genau darin ist er nicht nur für Kinder da. Wie viele Menschen haben heute Angst vor ihrer Zukunft. Dass sie in Altersarmut geraten könnten oder sie einsam werden könnten. Ganz zu schweigen von den Menschen, die all das heute schon sind. Nikolaus hat sich den Menschen um sich herum zugewendet und ihnen geholfen. Er erinnert mich zum Beispiel daran, dass ich weiß, dass meine Nachbarin alt und überfordert ist. Ich möchte sie endlich wieder mal zum Kaffee einladen und sie fragen, wie ich ihr helfen kann. Denn Zuwendung hilft gegen Not und Angst.

Das hat mir Nikolaus beigebracht.

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05DEZ2024
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Elviras Sohn geht in einen inklusiven Kindergarten.

Dort sind Kinder mit und ohne Behinderungen zusammen in einer Gruppe. In einer Mischung aus Neugierde und Sorge fragt sie ihren Sohn irgendwann, wie das für ihn so ist. Ob das für ihn nicht irgendwie seltsam ist. Und ob er nicht Mitgefühl mit den Kindern hat, die eine Einschränkung haben und deshalb vielleicht nicht alles mitmachen können. Das Gespräch entwickelt sich anders als sie erwartet hatte, denn ihr Sohn versteht die Frage überhaupt nicht. „Was für Einschränkungen meinst Du, Mama?“

Elvira hat es ja gut gemeint und wollte einfach mit ihrem Sohn darüber reden. Aber es stellt sich heraus, dass ihre Frage eine reine Erwachsenenfrage ist. Ihr Sohn sieht diesen Unterschied gar nicht. Wahrscheinlich ist es für ihn so, dass alle Kinder irgendetwas besser oder schlechter können und das ist ja ganz normal. Und in dieser Wahrnehmung gibt es keine Trennlinie zwischen Kindern mit oder ohne Behinderung.

Was für ein schöner Gedanke. Was für eine schöne Art, Menschen zu sehen und wahrzunehmen. Sie nicht von ihren Schwächen her zu definieren, sondern erst einmal nur als Menschen. Diese Gemeinsamkeit in den Vordergrund zu stellen und dann erst die Unterschiede zu sehen. Und diese Unterschiedlichkeit dann nicht zu werten.

Vielleicht ist es das, was Jesus meint, wenn er einmal zu den Menschen um sich herum sagt: „Werdet wie die Kinder“. Ich verstehe diese Aufforderung genauso, wie Elviras Sohn es vorgemacht hat. Teilt die Menschen nicht ein. Schaut nicht auf ihre Schwächen und Unterschiede. Die hat jeder auf seine Art. Seht sie einfach an. Lebt mit ihnen, wie sie sind und helft ihnen, wenn sie Hilfe brauchen.

Natürlich weiß ich auch, dass Kinder ganz schön grausam sein können. Sich mobben und ausgrenzen. Aber vor allem kleine Kinder haben noch diese wundervolle Gabe, nicht alles einzuteilen. Vielleicht kommt das daher, dass für kleine Kinder so vieles im Leben noch neu ist und dadurch einfach normal.

Ich frage mich, was passieren würde, wenn wir in diesem Sinne wirklich, wie die Kinder werden würden. Wie die Kinder sich an dem anderen Menschen neugierig zu freuen, wenn er mit einem fremden Akzent spricht oder eine ungewohnte Kleidung trägt. Und diesem dann einfach zuzulächeln. Wenn es nicht mehr die einen und die anderen geben würde, sondern erst einmal nur den Menschen mir gegenüber. Der mit mir wesentlich mehr Gemeinsamkeiten hat, als dass mich irgendetwas von ihm trennt.

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04DEZ2024
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Still zu sein ist gar nicht so einfach. Eine Bekannte hat mir vor kurzem lächelnd erzählt, dass sie maximal fünf Minuten am Stück schweigen kann. Mehr kriegt sie einfach nicht hin. Ich hab zurückgelächelt und gefragt: „Und wie wäre es mit einer Woche?“ Sie hat mich dann mit großen Augen angeschaut. Für sie unvorstellbar. Das hört sich jetzt so an, als wäre still sein für mich ganz einfach…ist es nicht. Trotzdem gehe ich immer wieder mal ein Woche in ein Kloster, um zu schweigen. Obwohl ich sehr gerne rede und manchmal sehr viel. Einige Freunde von mir glauben bis heute nicht, dass ich eine Woche wirklich die Klappe halten kann. Trotzdem tue ich es. Im Idealfall einmal im Jahr.

Warum? Schweigen kann ja sehr unangenehm sein. Wenn ich mich zum Beispiel mit jemandem unterhalte und plötzlich keiner von uns beiden mehr etwas zu sagen weiß. Oder wenn ein lieber Mensch verstorben ist und mir jedes Wort falsch vorkommt.

Andererseits kann nichts zu sagen auch sehr wohltuend sein. Manchmal komme ich nach einem vollen Tag nachhause und bin froh niemanden mehr sprechen zu müssen. Und ein paar Tage in einem Kloster das Handy ausgeschaltet zu lassen, kein Internet, und keine Gespräche - das kann sehr gut tun.

Eine Kollegin von mir hat einmal gesagt, dass solche Tage helfen, um zärtlicher zu werden. Mir gefällt der Gedanke. Schweigen und Stille helfen, mal einen Schritt aus dem Alltag herauszutreten. Dann darauf zu achten, was mich beschäftigt, wenn nicht unentwegt etwas auf mich einprasselt. Dass ich dadurch sensibler auf mich und meine Umwelt hin werden kann. Oder, wie sie es vielleicht sagen würde: Zärtlicher auf mich und meine Umwelt hin. Vielleicht auch auf Gott hin.

Mir ist klar: Nicht jeder hat Zeit und Muße, ein paar Tage lang zu schweigen. Doch ab und an, nur ein wenig, das hilft mir auch schon. Für mich ist der Advent dafür eine gute Gelegenheit. Ich habe mir vorgenommen, in jeder dieser vier Wochen vor Weihnachten einen Abend freizuhalten. Dabei dann mindestens eine halbe Stunde zu schweigen und einige Menschen in den Blick zu nehmen:  Den guten Freunde, der krank ist. Ich hab mich vor lauter Arbeit so lange nicht bei ihm gemeldet. Ich werde ihm eine Karte schreiben. Und diesen Kollegen über den ich mich zu oft ärgere. Ich möchte eine Zeit über ihn nachdenken und für ihn beten. Vor allem das in den Blick nehmen, was er gut macht.

Dadurch soll der diesjährige Advent mir helfen, ein wenig zärtlicher zu werden.

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03DEZ2024
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Wir haben bei uns in der Hochschulgemeinde eine Feedbackbox. Das ist ein kleiner Briefkasten, in den die Studierenden nach unseren Veranstaltungen Feedback abgeben können, einfach eine Rückmeldung.

Das ist echt super, weil wir so gleich wissen, wie es den Teilnehmern gefallen hat und hoffentlich besser werden.

Die Sache hat nur einen Haken, und der hat sich neulich in einer Sitzung gezeigt.

Es hat für eine Veranstaltung viel Lob und ein paar Verbesserungsvorschläge gegeben; und über Letztere haben wir hitzig diskutiert, was nächsten Mal anders gemacht werden müsste. Bis eine Studentin sich gemeldet hat und sagte: „Hey, der Abend war wirklich schön und gelungen. Aber ich hab jetzt das Gefühl, dass wir ihn schlecht reden. Das war er doch nicht…schlecht.“ Typisch: Über das Lob sind wir nur schnell drüber gegangen. Aber in den Verbesserungsvorschlägen haben wir uns völlig verzettelt. Das liegt in der Natur der Sache. Beim Guten muss ich nichts verändern, da gibt’s ja nichts zu diskutieren. Beim anderen natürlich schon. Aber ich habe oft den Eindruck: Wir wollen auch was zum Besprechen haben und dann kann es schon mal vorkommen, dass man aus der berühmten Mücke einen ziemlichen Elefanten macht. Die Dinge schlechter redet als sie waren.

Und dieses Schlechtreden geschieht nicht nur in unseren Sitzungen. Ich habe den Eindruck: Das passt gerade zu unserer gesellschaftlichen Grundstimmung. Egal, was politisch entschieden wird oder was die Regierung sagt. Über das Gute wird wenig gesprochen und über das Schlechte dafür umso mehr. Klar, mit guten Nachrichten bekommt man auch keine Schlagzeilen. Aber es gibt sie. Die guten Nachrichten.

Und bei mir fangen sie an. Ich muss sie nur sehen. Wenn mich zum Beispiel morgens jemand auf dem Weg zur Arbeit anlächelt, dann freut mich das, aber ist auch schnell wieder vergessen. Wenn ich dagegen eine Kleinigkeit falsch gemacht habe, dann grüble ich den restlichen Tag darüber nach, weil ich nicht möchte, dass mir sowas nochmal passiert.

Damit ich aber nicht nur an dem hängen bleibe, was nicht gut lief, schließe ich jeden Abend, kurz vor dem ins Bett gehen, die Augen und versuche mich daran zu erinnern, was heute gut war. Das kann so ein Lächeln auf der Straße gewesen sein, aber genauso einfach etwas Leckeres, das ich gegessen habe oder, wenn etwas heute gut geklappt hat.

Denn ich möchte nicht nur aus meinen Fehlern lernen und mich mit diesen beschäftigen. Ich will auch lernen, dass Gute mehr zu sehen.

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02DEZ2024
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Ich hab ein neues Wort gelernt: Hoffnungstrotz.

Eine Studentin hat es mir vor wenigen Wochen beigebracht. Nämlich am Tag nachdem Trump in den USA gewählt worden ist und die Ampelkoalition ihr Ende bekannt gegeben hat. Mir gefällt das Wort richtig gut. Es meint: Trotz allem die Hoffnung nicht aufgeben. Trotz allem, was in der Welt geschieht, aller Unsicherheit, aller Sorgen. Nicht nur ein bisschen Hoffnung haben. Sondern so richtig. Gerade jetzt. Trotzig dagegenhalten. Hoffnungstrotz eben.

Um diese trotzige Hoffnung geht’s auch im Advent. Dass Gott da ist und mich nicht alleine lässt. Komme, was wolle. Auch, wenn ich es nicht immer spüren und glauben kann. Vielleicht ist diese trotzige Erinnerung an diese Hoffnung deswegen in solchen Zeiten umso wichtiger. Die Texte und Lieder in den Wochen vor Weihnachten erzählen durch die Bank davon.  

Zum Beispiel das Adventslied: Kündet allen in der Not. Ich höre und singe das ganz gern, weil ich da ebenso eine trotzige Hoffnung heraushöre, wenn es heißt:

„Kündet allen in der Not: Fasset Mut und habt Vertrauen.

Bald wird kommen unser Gott; herrlich werden ihr ihn schauen. Und den Refrain mag ich besonders: „Allen Menschen wird zuteil Gottes Heil.“ Der Autor dieser Worte, Friedrich Dörr, war katholischer Priester. Er war als Seelsorger im zweiten Weltkrieg unter anderem in Frankreich und Leningrad. Ich kann mir kaum vorstellen, wieviel Not er gesehen und erlebt hat. Wenn er später trotzdem solche Texte schreiben konnte, muss er unbändigen Hoffnungstrotz gehabt haben. „Kündet allen in der Not“ .

Das ist für mich Advent. Neben Kranz, Geschenke besorgen und Glühwein. Dass ich immer wieder Lieder singe und Texte höre, die mir sagen: Hey, egal, wie verrückt die Welt gerade ist. Es gibt Hoffnung. Immer. Und manchmal reicht ein einziges Wort dafür. Ich gebe zu: Manchmal braucht es ein wenig mehr. Manchmal braucht es auch ein trotziges: Nein, es geht nicht alles den Bach hinunter. Wenn mir das jemand wieder einmal vorjammern möchte. Dieser Jammermentalität möchte ich in meinen Predigten und in persönlichen Begegnungen und Gesprächen widersprechen.

Und damit ich das nicht vergesse, habe ich mir es auf eine Postkarte geschrieben und innen an meine Haustür geklebt. Sie erinnert mich jetzt jeden Tag, wenn ich aus dem Haus gehe, egal, was in der Welt los ist, egal, wer Präsident wird oder was sonst passiert: Ich werde hoffnungstrotzig bleiben.

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