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SWR4 Abendgedanken

22SEP2023
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Seit unserem letzten Urlaub hat mich das Fahrradfieber gepackt. Auch zuhause fahre ich seitdem viel öfter Fahrrad. Am Anfang wurden vor allem die Wege, die ich sonst zu Fuß zurücklege durchs Radfahren ersetzt. Mein Auto steht bereits die meiste Zeit in der Garage. Doch einmal in der Woche mache ich einen Großeinkauf – mit dem Auto. Diesen wöchentlichen Großeinkauf mit dem Fahrrad zu erledigen – das wäre eine echte Veränderung.

Doch ganz ehrlich: ich bin kein Mensch, dem Veränderungen leichtfallen. Trotzdem wage ich gern Neues. Sozusagen um mich selbst herauszufordern. Und Schritt für Schritt klappt es dann meistens doch ganz gut. So auch bei diesem Vorsatz: Zunächst habe ich mir eigene Fahrradtaschen genäht. Da ich super gern nähe, habe ich mich so ein stückweit selbst überlistet. Denn nachdem die Taschen fertig waren, wollte ich sie natürlich auch nutzen. Seitdem war ich schon einige Male damit einkaufen. Ich habe schnell gelernt, was ich an den Taschen noch nachbessern muss oder wie ein Einkauf mit dem Rad am entspanntesten abläuft. Mittlerweile ist diese Veränderung langsam in meinem Leben angekommen und ich bin stolz, dass ich Neues gewagt habe.

Und ich bin damit nicht allein: In der Bibel gibt es unzählige Geschichten von Veränderungen. Denn Gott verändert Menschen und ihr Handeln, indem er sie befähigt. Ihnen etwas zutraut. Wie zum Beispiel bei Mose. Er wird von Gott erwählt, das Volk Gottes aus der Sklaverei zu führen. Als junger Mann soll er plötzlich ein großes Volk quer durch die Wüste führen. Das ist keine leichte Aufgabe. Doch mit Gottes Hilfe gelingt die Mission. Und schließlich landen sie gemeinsam im gelobten Land. Schritt für Schritt.

Solche Beispiele helfen mir, wenn sich in meinem Leben Dinge verändern. Denn sie zeigen mir: Veränderungen sind wichtig und gehören zum Leben dazu. Doch gleichzeitig weiß ich: ich muss sie nicht allein meistern. Meine Freunde, meine Familie oder Kollegen unterstützen mich oft. Doch manchmal reicht diese Hilfe nicht. Ich bin dankbar zu wissen: ich bin nicht allein. Gott geht mit. Ermutigt und befähigt mich. So kann ich mich Schritt für Schritt an das Neue gewöhnen, ohne mich selbst zu überfordern.

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SWR4 Abendgedanken

21SEP2023
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In meinem Umfeld bin ich dafür bekannt, dass ich sehr viel rede. Und ausgerechnet ich habe mich zu einem Schweigekurs im Kloster angemeldet. Dieser Kurs war meine persönliche Challenge: ich wollte schon immer mal wissen, wie es ist, als geistliche Übung zu schweigen. Fünf Tage haben wir gemeinsam in einer Gruppe geschwiegen. Zunächst fiel es mir leicht, doch je mehr Zeit verging, desto schwerer und herausfordernder wurde es. Die Stille war ohrenbetäubend laut. So viel spukte in meinem Kopf herum. Vieles, was ich im normalen Alltag beiseitegeschoben oder verdrängt hatte. Jetzt hatte ich Zeit alles zu bedenken – es zu Ende zu denken.

Mich erinnert das an den Propheten Elija aus der Bibel. Er lebte als Eremit in der Wüste. Allerdings nicht freiwillig. Elija wurde von Gott berufen als sein Botschafter in der Welt zu wirken. Elija nimmt diese Berufung ernst. Und gleich der erste Auftrag hat es so richtig in sich: im Auftrag Gottes soll er dem mächtigen König Ahab eine Dürrekatastrophe ankündigen. Elija tut wie ihm geheißen. Das kommt beim König gar nicht gut an und so muss er sich verstecken. Das bringt Elija an seine Grenzen. Er wünscht sich sogar zu sterben. Doch es kommt anders: Elija erlebt Gottes Nähe: Gott zeigt sich ihm. Nicht in einem großen Sturm, Erdbeben oder im Feuer, sondern in einem leisen Flüstern. Gott begegnet Elija in seiner Schwäche, Müdigkeit und im Erschöpft-Sein. Und in der Stille!

Mir ging es im Kloster ähnlich: Die Stille und das Schweigen haben etwas mit mir gemacht: Ich habe alles intensiver wahrgenommen. Alltägliches wurde mir neu bewusst. Ich habe Dinge entdeckt, die ich noch nie bemerkt habe. Und ich habe bewusst auf meine innere Stimme gehört oder anders gesagt: ich wurde offen auf Gott zu hören. Auf das, was er mir sagen will. Durch einen Gedanken, ein Lied oder eine Idee, die einfach plötzlich da war. Und mir wurde klar: indem ich mich neu auf Gott ausrichten und mir Zeit für meinen Glauben nehme, werde ich gestärkt.

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SWR4 Abendgedanken

20SEP2023
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155 Zentimeter – so „groß“ bin ich. Ich habe deshalb schon früh gelernt, gewisse Tricks anzuwenden, um an die oberen Dinge im Schrank zu kommen oder gar allein Möbel zu rücken. Es kommt schlicht auf die Taktik an: meistens braucht man nicht viel Kraft, sondern eher Köpfchen… Mal hilft mir ein Kochlöffel als Armverlängerung, um an die oberen Dinge ranzukommen. Mal hilft es mein komplettes Körpergewicht gegen ein Regal zu lehnen, um es zu verschieben… Anders gesagt: es liegt an mir, ob ich meine Kleinheit als Schwäche oder Benachteiligung sehe, oder ob ich sie zur wahren Stärke ausbaue – und darin dann sozusagen meine eigene Kraft entdecke.

Doch meine eigene Kraft zu entdecken, kann auch im übertragenen Sinn verstanden werden. Um diese Kraft zu finden, braucht es mehr als eine gute Taktik. Innere Kraft lässt sich nicht durch Muskelaufbau trainieren, dazu braucht es etwas anderes: »Du brauchst nicht mehr als meine Gnade. Denn meine Kraft kommt gerade in der Schwäche voll zur Geltung.« (2. Kor 12,9) So bringt es der Apostel Paulus auf den Punkt. Er schreibt diese Worte im zweiten Brief an die Gemeinde in Korinth. Paulus will die Gemeinde ermutigen, sich ganz auf Gott zu verlassen. Denn Paulus hat selbst erlebt, dass es sich lohnt, auf Gott zu bauen. Paulus Leben war turbulent. Zunächst hat er die Christen verfolgt, doch nach einer Gottesbegegnung kehrt sich sein Leben komplett um. Er wird vom Saulus zum Paulus. Ab da erlebt Paulus immer wieder, wie Gott ihn stärkt. Gerade in Momenten, in denen er sich besonders schwach fühlt.

Ich verstehe, was Paulus damit meint: Wenn meine Kräfte am Ende sind, fällt mir erst auf, dass Gott es ist, der mir meine Kraft schenkt. Es ist seine Kraft, die in mir wirkt. Sie kommt nicht von mir allein. Meine eigene Kraft entdecken heißt deshalb für mich, mir bewusst zu sein, dass meine Kraft Gottes Kraft in mir ist. Denn er gibt mir jeden Tag die Kraft, die ich brauche, um meinen Alltag zu meistern.

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SWR4 Abendgedanken

19SEP2023
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„Komm, lass uns abhauen!“ Manchmal sag ich diese Worte zu meinem Mann. Wenn mir in meinem Leben alles zu viel ist. Wenn Konflikte den Alltag beherrschen. Wenn alles nur noch ätzend, nervig und belastend ist. Dann würde ich am liebsten flüchten. Doch gleichzeitig weiß ich natürlich: das geht nicht. Da muss ich jetzt durch.

Hagar geht es ähnlich. Sie ist die Magd von Abraham und Sara, die kinderlos waren. In der damaligen Zeit eine Katastrophe. Die beiden warten und hoffen auf Gott, doch nichts geschieht. Ganz menschlich wollen sie selbst nachhelfen. Und Sara kommt auf die Idee, dass ihre Magd Hagar, sozusagen als Leihmutter, schwanger werden soll. Denn nach damaligem Verständnis gilt: wird das Kind der Leihmagd auf dem Schoß der Herrin geboren, gilt das Kind als rechtmäßiger Nachkomme. Abraham lässt sich darauf ein und Hagar wird schwanger. Doch jetzt wird es richtig kompliziert: Hagar lässt Sara spüren, dass sie die bessere Frau ist, weil sie fruchtbar ist. Im Gegenzug unterdrückt Sara Hagar.

Hagar, deren Name „Flucht“ bedeutet, hält es nicht mehr aus und flüchtet in die Wüste. An einer Wasserquelle bricht sie erschöpft zusammen. Ihr begegnet ein Engel. Dieser Bote Gottes nimmt sie wahr. Sieht sie an und ermutigt sie umzukehren und sich der Situation zu stellen. Doch er schickt sie nicht ohne Versprechen zurück. Im Gegenteil, er verheißt ihr Segen und gibt ihr zu verstehen: Hagar, du bist nicht allein, „denn der HERR hat dein Elend erhört.“ (V11) Darauf antwortet Hagar mit den Worten „Du bist ein Gott, der mich sieht“. Noch ist das Leid Hagars nicht beendet. Sie muss zurück zu Sara und Abraham. Sie muss sich dieser komplexen Situation erneut stellen; doch gleichzeitig ist sie gewiss, als von Gott Gesehene zurückzukehren.

Mich ermutigt diese Geschichte, mich komplexen Situationen zu stellen. Und ich vertraue darauf, dass Gott mich sieht und mir darin beisteht.

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SWR4 Abendgedanken

18SEP2023
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„Himmel“ steht auf dem Schlüsselanhänger, den ich an unserer Ferienwohnung aus dem Schlüsselsafe entnehme. Ich muss schmunzeln. Jetzt kann unser Urlaub starten – mit dem Schlüssel zum Himmel in der Hand. Mir gefällt dieses Wortspiel, das sich unsere Vermieter hier erlaubt haben, denn die Ferienwohnung im Dachgeschoss wurde liebevoll als „Grachtenhimmel“ im Internet angeboten. Passend also auf dem Haustürschlüssel nur „Himmel“ zu schreiben. Da die Wohnung im Dachgeschoss liegt, fühle ich mich dem Himmel gleich näher. Im wahrsten Sinne des Wortes. Und ich kann dort den Stress der Arbeit und des Alltags hinter mir lassen. Es ist dieses typische Urlaubsgefühl, das im Alltag so oft fehlt. Irgendwie himmlisch eben.

Und vielleicht meinte Jesus genau so ein Gefühl, wenn er zu einigen jüdischen Theologen in der Bibel sagt: „Das Reich Gottes ist schon da – mitten unter euch.“ Die Theologen wollten es nämlich ganz genau von Jesus wissen und fragen ihn deshalb: »Wann kommt denn das Reich Gottes?« Und Jesus antwortet ihnen: »Das Reich Gottes kommt nicht so, dass man es an äußeren Anzeichen erkennen kann. Man wird auch nicht sagen: ›Schau her, hier ist es!‹, oder: ›Dort ist es!‹ Nein, das Reich Gottes ist schon da – mitten unter euch.« (Lukas 17,20-21)

In meinem Alltag schaue ich oft kritisch auf die Welt. Der Fokus liegt auf den Negativschlagzeilen. Vor lauter Weltuntergangsstimmung fällt es mir dann schwer, das Reich Gottes oder das Himmelreich zu erkennen. Doch im Urlaub bin ich zumeist viel positiver gestimmt. Ich habe das Gefühl, genau am richtigen Platz zu sein. Die Welt scheint perfekt und ich nehme vor allem die schönen Dinge des Lebens wahr: die schöne Natur. Entspannte Menschen. Gute Gespräche. Zeit für meinen Partner und mich. In dieser Urlaubsstimmung kann ich dieser Aussage Jesu gleich viel leichter zustimmen. Ja, das Himmelreich ist mitten unter uns.

Schade, dass ich das im Alltag so oft vergesse. Deshalb hoffe ich, dass ich zukünftig immer mal wieder Momente erlebe, wo ich sagen kann: Ich fühl mich wie im Himmel, denn das Reich Gottes ist mitten unter uns. Und das nicht nur im Urlaub.

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SWR4 Abendgedanken

08APR2022
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„Wollt ihr eigentlich Kinder bekommen?“ Diese Frage habe ich seit meiner Hochzeit vor neun Monaten unzählige Male gehört. Anscheinend verbinden viele Menschen mit einer Hochzeit, dass auch eine Familie gegründet wird. Mein Mann und ich wissen noch gar nicht, ob wir das wollen. Es ist eine große Entscheidung. Eine Pro- und Contra-Liste hilft da nicht wirklich. Umso beeindruckter war ich, als ich letztens einen Wink Gottes zu dem Thema bekommen habe.

Es war abends. Ich habe zum Zeitvertreib in einer Zeitschrift geblättert. Eine Überschrift lautete: „Offen für neue Wege“. Ich fand das spannend und habe den ganzen Artikel gelesen. Es ging darum, wie man sich leichter entscheiden kann. Da stand: „Große Entscheidungen zwingen uns, eine Vielzahl an Aspekten einzubeziehen – und am Ende doch die Kontrolle abzugeben. (…) Zum Beispiel bei der Frage, ob man Eltern werden will.“

Wow. Das war genau mein Thema. Die Autorin sagt: mit dem Kopf können wir nicht entscheiden, ob wir Eltern werden wollen. Mit dem Herzen kann man das auch nicht entscheiden. Es hilft einen Schritt zurückzugehen und sich zu fragen: „Will ich herausfinden, wie diese Entscheidung mich verändert?“ Das hat mich total angesprochen. Diese Frage hilft mir weiter. Damit kann ich sozusagen arbeiten. Will ich herausfinden, wie diese Entscheidung mich verändert?

Ich bin sehr dankbar für diesen Artikel. Ich habe gemerkt, wie ich ruhiger und gelassener werde. Wie ich eine Antwort auf viele Fragen in mir finden konnte. Für mich war da Gott beteiligt. Ich glaube, dass er mir durch diesen Artikel begegnet ist und mir gezeigt hat, was mein Weg ist. Was für mich dran ist.

So ähnlich wie es in der Bibel im Buch der Sprichwörter. Da steht: „Der Mensch denkt über vieles nach und macht seine Pläne, das letzte Wort aber hat der Herr.“ (Sprüche 16,1, HFA)

Im Volksmund heißt das: Der Mensch denkt. Und Gott lenkt.
Ich habe das erlebt und mir hat es gutgetan. Ich muss viel in meinem Leben entscheiden und da bin ich dankbar, wenn Gott mich in meinen Entscheidungen begleitet. Und sei es nur, indem er mich durch einen Zeitungsartikel fragt: „Willst du herausfinden, wie diese Entscheidung dich verändert?“

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SWR4 Abendgedanken

07APR2022
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Was für eine Blamage. Ich will nicht in der Haut des Brautpaars stecken. Da haben sie Monate lang ihre Hochzeit geplant, und dann gehen mitten in der Feier plötzlich die Getränke aus. Peinlich, Peinlich. Ich kann mir so gut vorstellen, wie sich die beiden gefühlt haben. Ich habe selbst vor neun Monaten geheiratet. Mein Mann und ich haben auch versucht, ja nichts zu vergessen, denn ich musste immer an diese peinliche Hochzeit von Kana denken, die ich aus meiner Bibel kenne.

Diese Hochzeit zu Kana fand zur Zeit Jesu statt. Und zu dieser Hochzeit waren auch Jesus und seine Mutter Maria eingeladen. Maria ist aufmerksam und registriert schnell, was los ist. Sie fordert Jesus auf: „Greif ein! Mach was! Zeig, was du drauf hast!“

Maria möchte die Blamage von dem Brautpaar abwenden. Und gleichzeitig reagiert sie dabei wie eine typische Mutter, die auf ihren Sohn stolz ist. Sie mischt sich ein. Doch Jesus reagiert krass und schroff auf sie. Er sagt: „Was willst du von mir, Frau?“ In meinen Ohren klingt das wie ein Pubertier, das entnervt auf seine Mutter reagiert. „Oh man, was will die denn jetzt schon wieder von mir. Du nervst.“ Da taucht kein liebevolles „Mutter“ oder „Mama“ auf – einfach nur, „was willst du von mir, Frau“ …

Als der Evangelist Johannes diese Worte aufschreibt, will er niemand herabsetzen. Er will den Leuten klarmachen: Jesus ist kein normaler Sohn. Er ist der Sohn Gottes. Deshalb reagiert er so. Seine irdische Mutter soll sich raushalten. Doch Maria lässt sich davon nicht beeindrucken. Sie macht einfach weiter und beauftragt die Diener: „Macht genau, was Jesus sagt!“ Und Jesus sagt: Füllt die leeren Krüge mit Wasser und bringt sie dem Küchenchef! Die Diener machen genau das. Und der Küchenchef schmeckt einen exzellenten Wein. Er hatte keine Ahnung, dass eigentlich nur Wasser in den Krügen war.

Gott hilft hier durch Jesus den Menschen. Jesus macht auf dieser Hochzeit aus Wasser Wein – das ist sicher nicht lebensnotwenig, aber der Wein zeigt die Fülle des Lebens, die Gott schenkt. Und die ist auch wichtig. Für mich ist dieses Wunder fast so etwas wie ein Luxuswunder.

Diese Wundergeschichte zeigt mir nämlich: Gott ist nicht nur ein Nothelfer. Gott beschenkt mich mit Fülle und macht mich reich. Gott gibt oft mehr als das, was nur notwendig ist – er schenkt mir sozusagen ab und zu ein wenig Luxus.

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SWR4 Abendgedanken

06APR2022
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„Was sind deine fünf Kostbarkeiten, heute? Für was bist du heute dankbar?“ Diese Frage höre ich wenn ich abends neben meinem Mann im Bett liege. Immer wenn ein Tag zu Ende geht, überlegen wir abends, für was wir dankbar sind.

Die Idee dazu habe ich in einem kleinen Heft entdeckt. Seitdem sammeln wir jeden Abend Dinge, für die wir dankbar sind und bringen sie im Gebet vor Gott. Ehrlich gesagt, ist das gar nicht so einfach. Manche Tage sind einfach nur nervig. Andere ätzend. Und wieder andere so alltäglich, dass uns zunächst nichts einfällt. Doch bisher ist uns dann doch noch immer irgendetwas eingefallen, für das wir gedankt haben. Und zum Glück gibt es ja auch immer wieder die Tage, die so schön sind, dass wir gar nicht aufhören können zu danken… An diesen Tagen geht es mir dann wie König David. In der Bibel finden sich viele Psalmen, die David geschrieben hat.

Die Psalmen Davids sind praktisch Liedtexte, die früher mit der Harfe oder Zither begleitet wurden. Und in einem dieser Psalmen singt David: „Das ist ein köstlich Ding, dem Herrn danken und lobsingen deinem Namen, du Höchster, des Morgens deine Gnade und des Nachts deine Wahrheit verkündigen auf dem Psalter mit zehn Saiten, auf der Harfe und zum Klang der Zither. Denn, Herr, du lässest mich fröhlich singen von deinen Werken, und ich rühme die Taten deiner Hände.“ (Psalm 92,2-5)

David dankt Gott. Er genießt es zu danken. Je öfter ich dieses abendliche Danken übe, desto mehr genieß ich es. Ich bring meinen Dank vor Gott. Gleichzeitig bekomme ich dabei viel zurück. Ich spüre, wie es mir guttut, zu danken. Ich entdecke so echte Schätze und Kostbarkeiten in meinem Alltag. Dinge, die mir sonst nie besonders aufgefallen wären.

Ich merke aber auch: Danken muss geübt werden. Das geht nicht einfach von heute auf Morgen. Mir hilft dabei, dass ich nicht allein danken muss. Manches fällt meinem Mann ein das ich schon vergessen hatte – und andersrum. So bereichern wir uns gegenseitig und bringen dann unseren Dank vor Gott.

Deshalb stelle ich mich gern dieser Herausforderung und frage mich jeden Abend: „Für was bin ich heute dankbar?“

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SWR4 Abendgedanken

05APR2022
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Das Klagegeschrei der Klageweiber klingt noch heute in mir nach… Als Studentin habe ich in einem griechischen Restaurant gearbeitet. Plötzlich ist mein damaliger Chef an einem Herzinfarkt gestorben. Alle Angestellten nahmen an der griechisch-orthodoxen Beisetzung teil – inklusive einiger Klageweiber.

Ich hatte so etwas noch nie erlebt. Weder eine griechisch-orthodoxe Trauerfeier noch das Auftreten von Klageweibern. Es war eindrücklich, irritierend und zugleich faszinierend. Diese Frauen standen um den Sarg herum und haben lautstark gejammert. Ich hatte wirklich das Gefühl, dass sie stellvertretend für die große Trauergemeinde Leid geklagt haben. Und Klageweiber tun das seit Jahrtausenden, schon zur Zeit der Bibel. Schon damals wurden Klagefrauen geholt, wenn niemand mehr die richtigen Worte fand, wenn alle sprachlos waren.

Jeremia, ein Prophet aus dem Alten Testament fand keine Worte mehr angesichts der Ungerechtigkeiten und Missständen der damaligen Zeit. Für ihn war das nur noch zum Weinen. Darum holte er Klagefrauen – ob sie den richtigen Ton fanden? Tatsächlich, sie stellen sich dem Leid der Welt und wenden sich an den einzigen, der helfen kann: an Gott. Und Gott hilft seinem Volk. Er handelt anders als ich es erwartet hätte: Er kommt mit Güte, Recht und Gerechtigkeit. Auf diese Weise zeigt er den Menschen einen Schimmer von seiner neuen Welt: Er versöhnt, bleibt seinem Volk treu. Durch alle Jahrhunderte und Krisen hindurch. Er verlässt es nicht, obwohl er manchmal allen Grund dazu hätte.

Mir zeigt die Erzählung des Propheten Jeremia, dass Gott einen anderen Maßstab setzt. Er liebt die Menschen so sehr, dass er verzeiht. Er macht ihnen Mut und schenkt ihnen eine neue Chance.

Für mich heißt das: Gott steht mir bei, wenn ich mal keine Worte finde... Wenn mir die Krisen der Welt zu viel werden. Dann kann ich all das Gott im Gebet klagen. Ich rede mit ihm und werfe ihm all mein Leid vor die Füße. Dabei merke ich, wie ich alles ein wenig sortiere. Meine Gedanken loslasse. Nach so einem Gebet geht es mir oft besser. Manchmal spreche ich dann auch noch mit anderen darüber – so werden mir neue Perspektiven geschenkt. Auf diese Weise verändert Gott mein Denken und inspiriert mich, ihm nachzueifern.

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SWR4 Abendgedanken

04APR2022
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Um uns herum tobten die Wellen und ich saß in einem kleinen Motorboot auf dem nordschwedischen Meer. Die aufgewühlte See und die großen Wellen und Wogen um unser Boot waren alles andere als angenehm. Sigrid, Janne und ich wollten in ihrer kleinen Holzhütte auf einer Insel übernachten. Doch bei diesem Wind und Wellen haben wir schnell entschieden: soweit kommen wir nicht. Zum Glück hatten die beiden auf einer anderen nähergelegenen Insel auch eine Hütte. Dorthin haben wir es geschafft.

Ich war froh, als wir endlich wieder an Land waren und der Sturm am nächsten Tag vorbei war.

Ob es den Jüngern Jesu auch so erging? Im Neuen Testament steht der Bericht von den Jünger Jesu, die auch einen heftigen Sturm in einem kleinen Boot (Matthäus 14,22-33) erleben. Leider ist Jesus nicht mit dabei, der ihnen helfen könnte. Doch sie haben Glück. Mitten im Sturm sehen sie, dass jemand auf den Wellen zu ihrem Boot gelaufen kommt. Ein Gespenst?

Nein, es ist Jesus. Jesus kommt als Helfer in der Not zu den Jüngern. Und er muss dabei übers Wasser gehen, denn nur so wird klar: hier kommt Hilfe von Gott. Von einem göttlichen Menschen. Denn niemand anders kann schließlich übers Wasser laufen. Die Jünger werden total panisch, doch Jesus reagiert prompt und beruhigend. Er sagt zu seinen Jüngern: Fürchtet euch nicht! Ich bin es. Ihr braucht keine Angst zu haben.

Was für ein Zuspruch! So einen Zuspruch hätte ich auch gerne, wenn ich im wahrsten Sinne eine Sturmzeit erlebe. Wenn ich völlig die Orientierung verliere… Die Jünger begegnen hier Gott. Mitten im Sturm.

Ich habe in meinem Leben schon so manche Sturmzeit durchgemacht. Einmal habe ich tatsächlich so einen göttlichen Zuspruch erhalten. Damals ging es mir richtig schlecht. Mitten in einem Gottesdienst habe ich das folgende Lied gehört: „Wenn die Meere toben, Stürme wehn, werd ich mit dir übers Wasser gehen. Du bist König über Wind und Flut, mein Herz wird still, denn du bist gut.“ Als ich diese Worte hörte, war das für mich mein persönliches: „Fürchte dich nicht! Ich bin es. Du brauchst keine Angst zu haben.

Bis heute halte ich an diesem Zuspruch fest. Ich weiß: Stürme gehören zu meinem Leben. Doch auch im größten Sturm ist Jesus für mich da. Er kommt sogar übers Wasser zu mir. Er lässt mich nicht allein.

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