SWR4 Abendgedanken

19SEP2023
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„Komm, lass uns abhauen!“ Manchmal sag ich diese Worte zu meinem Mann. Wenn mir in meinem Leben alles zu viel ist. Wenn Konflikte den Alltag beherrschen. Wenn alles nur noch ätzend, nervig und belastend ist. Dann würde ich am liebsten flüchten. Doch gleichzeitig weiß ich natürlich: das geht nicht. Da muss ich jetzt durch.

Hagar geht es ähnlich. Sie ist die Magd von Abraham und Sara, die kinderlos waren. In der damaligen Zeit eine Katastrophe. Die beiden warten und hoffen auf Gott, doch nichts geschieht. Ganz menschlich wollen sie selbst nachhelfen. Und Sara kommt auf die Idee, dass ihre Magd Hagar, sozusagen als Leihmutter, schwanger werden soll. Denn nach damaligem Verständnis gilt: wird das Kind der Leihmagd auf dem Schoß der Herrin geboren, gilt das Kind als rechtmäßiger Nachkomme. Abraham lässt sich darauf ein und Hagar wird schwanger. Doch jetzt wird es richtig kompliziert: Hagar lässt Sara spüren, dass sie die bessere Frau ist, weil sie fruchtbar ist. Im Gegenzug unterdrückt Sara Hagar.

Hagar, deren Name „Flucht“ bedeutet, hält es nicht mehr aus und flüchtet in die Wüste. An einer Wasserquelle bricht sie erschöpft zusammen. Ihr begegnet ein Engel. Dieser Bote Gottes nimmt sie wahr. Sieht sie an und ermutigt sie umzukehren und sich der Situation zu stellen. Doch er schickt sie nicht ohne Versprechen zurück. Im Gegenteil, er verheißt ihr Segen und gibt ihr zu verstehen: Hagar, du bist nicht allein, „denn der HERR hat dein Elend erhört.“ (V11) Darauf antwortet Hagar mit den Worten „Du bist ein Gott, der mich sieht“. Noch ist das Leid Hagars nicht beendet. Sie muss zurück zu Sara und Abraham. Sie muss sich dieser komplexen Situation erneut stellen; doch gleichzeitig ist sie gewiss, als von Gott Gesehene zurückzukehren.

Mich ermutigt diese Geschichte, mich komplexen Situationen zu stellen. Und ich vertraue darauf, dass Gott mich sieht und mir darin beisteht.

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