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SWR Kultur Lied zum Sonntag

24MRZ2024
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Wie das Würzburger Posaunenquartett das Stück "Singt dem König Freudenpsalmen" spielt, so klingt das Lied zum Palmsonntag heute. Es klingt feierlich, wenn diese wunderbar intonierten Bläser aufspielen. Diese edle Musik passt, denn jetzt wird ein König begrüßt. Das Lied beginnt so: „Singt dem König Freudenpsalmen, Völker ebnet seine Bahn! Zion, streu ihm deine Palmen, sieh dein König naht heran!“

Wenn ich nachher in meinem Dorf Palmsonntag feiere, wird es feierlich. Kinder stehen in der ersten Reihe mit selbstgebastelten Palmzweigen in den Händen, und der Kinderchor singt „Hosanna!“ Und Katharina, eine Freundin von mir, die sich in der Gemeinde engagiert, wird ein Plakat mitbringen und nach oben halten. Darauf hat sie in bunten Buchstaben geschrieben: „Rette mich!“

Katharina zeigt damit, dass sie heute Jesus nicht nur als König bejubelt, sie will ihn wirklich in ihr Leben hineinlassen. Denn obwohl sie so eine selbstbewusste und erfolgreiche Frau ist, weiß Katharina: Sie hat nicht alles selbst in der Hand, und im Leben können Dinge über sie hereinbrechen, die kann niemand alleine bewältigen. Was ist das für eine Freude, wenn dann einer da ist und „rettet“!

Vielleicht lässt die Jazz-Sängerin Alexandra Naumann ja deswegen einen verrückten Jubelschrei los, bevor sie in ihre Version unseres Liedes heute einstimmt.

Singt dem König Freudenpsalmen

Völker ebnet seine Bahn:

Salem, streu ihm deine Palmen,

sieh dein König naht heran!

Dieser ist von Davids Samen, Gottes Sohn von Ewigkeit,

der da kommt in Gottes Namen,

er sei hochgebenedeit.                

So kann ein 250-Jahre-altes-Kirchenlied auch klingen. Die Sängerin Alexandra Naumann sagt dazu: „Nach vielen Jahren habe ich zu den alten deutschen Kirchenliedern zurückgefunden. Sie sind archetypisches Material. In jeder Melodie und in jedem Text ist eine Kraft spürbar, die jenseits aller (…) Erklärungen liegt.“

Auch ich entdecke in diesem Lied eine Kraft. Oder eine Sehnsucht nach jemandem, der mich aus allem herausziehen kann. Der verlässlich da ist.

Für Katharina ist das Jesus, das kann man auf ihrem Plakat lesen: „Rette mich!“, steht drauf. Womöglich meint sie damit: „Rette mich, wenn ich nicht weiß, wo mir der Kopf steht. Vielleicht durch das Gefühl der Hoffnung, das langsam wieder in mir aufkommt. Oder durch das Gefühl, dass jemand an mich glaubt.“

All das schätze ich auch an Jesus. Ich finde, er ist ein besonnener König. Mit so viel Würde, dass er auch allen anderen davon noch abgeben kann. Und das soll für immer und ewig gelten. So wie unser Lied endet, wenn es heißt: „Mögen Welten einst vergehen, ewig fest besteht sein Thron.“

Geister, die im Himmel wohnen,

preist den großen König heut;

und ihr Völker aller Zonen,

singt, er sei gebenedeit!

Singt: Hosanna in den Höhen,

hoch gepriesen Gottes Sohn!

Mögen Welten einst vergehen,

ewig fest besteht sein Thron.

 

 

Quellen:      

1) Singt dem König Freudenpsalmen, Studio Franken Alte Musik und Volksmusik, Würzburger Posaunenquartett, NE010820002

2) missa, Alexandra Naumann, Track Nr. 10, LC 04780

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SWR3 Gedanken

24MRZ2024
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Katharina hat heute was Besonderes vor. Eigentlich steht sie mit beiden Beinen voll im Leben, sie ist eher so der rationale Typ. Und trotzdem hat sie für heute ein Papp-Plakat gemacht. Drauf steht: „Jesus rette mich.“ Und ihre Freundin Sara, eine richtige Frohnatur, hat den gleichen Plan. Sie beschriftet auch einen Karton. Sie schreibt in bunten Buchstaben: „Hosianna Ausrufezeichen.“ Das heißt übersetzt: „Hilf doch!“

Man könnte meinen, die beiden wollen auf eine sonderbare Demo. Das machen sie aber nicht. Die beiden gehen zusammen auf den Kirchplatz in ihrem Dorf. Katharina und Sara feiern Palmsonntag und zig Familien werden da sein. Die Alten werden auf ihren Rollatoren sitzen und der Kinderchor wird „Hosianna“ schmettern. Dazu bringen viele auch noch selbstgebastelte Palmsträußchen mit, die mit buntem Krepp-Papier geschmückt sind.

Katharina, Sara und all die anderen denken heute daran, was Jesus kurz vor Ostern erlebt hat. Er ist nach Jerusalem gegangen und seine Fans haben ihm zugejubelt. Sie sind begeistert von Jesus, weil er den Menschen guttut. Sie reißen kurzerhand ein paar Palmblätter von den Bäumen und winken ihm damit zu – deswegen auch „Palmsonntag“. Und weil es bei uns keine Palmen gibt, haben die Menschen heute Palmsträußchen dabei. Passt also ganz gut, wenn Sara und Katharina ihre Plakate dabeihaben. Den beiden ist schon klar, dass Jesus jetzt nicht so vorbeikommt wie damals. Aber sie tun einfach so als ob. Das ist ein bisschen sonderbar, ja. Aber sie tun das, damit Jesus in Erinnerung bleibt. Jesus und das, was er wollte und wofür er mit seinem Leben eingestanden ist: dass die Welt gerechter wird und Gewalt in jeder Form endlich aufhört. Davon sind Sara und Katharina heute noch überzeugt.

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SWR3 Gedanken

03FEB2024
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Wenn sich zwei nach über vierzig Jahren trennen, denken erstmal alle: oh wie schlimm! Ganz anders gelaufen ist es bei den Eltern meiner ehemaligen Nachbarin Maria.

Als sie mich anruft ist sie gar nicht traurig. Sie sprudelt richtig los und erzählt: „Mama ist jetzt 65 und sie zieht zuhause aus. Meine Eltern trennen sich.“ So richtig überrascht mich das nicht, denn ihre Eltern hatten es immer mal wieder schwer miteinander. Und dann klingt Maria richtig erleichtert, als sie sagt: „Weißt du, es ist verrückt. Jetzt reden plötzlich alle wieder miteinander. Meine Schwestern mit meinem Vater, ich mit meinem Bruder, meine Mama mit mir. Und ich weiß auch warum: Wir wissen jetzt hundertprozentig: es muss nicht mehr alles heile Welt sein. Das war früher in unserer Familie so. Aber jetzt nicht mehr. Jetzt traue ich mich auch und sage, was bei mir nicht heile Welt ist.“

Die Trennung scheint Marias ganzer Familie gut zu tun. Ich weiß natürlich, dass das in ganz vielen Fällen nicht gut klappt, wenn zwei sich trennen. Oft sind da richtig heftige Verletzungen im Spiel. Und ist es nicht auch so schön und wertvoll wenn zwei es schaffen, ein Leben lang zusammen zu bleiben?

Dass die Trennung bei Marias Eltern so gut funktioniert, das ist für mich ein Plädoyer.

Kein Plädoyer fürs Trennen, aber eins fürs Ehrlich sein.

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SWR3 Gedanken

02FEB2024
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Es gibt Gedanken, die denkt man und dann erschrickt man sofort.

Bei meiner Freundin Christine war das so. Sie hat sich bei einem Gedanken erwischt, der richtig traurig ist. Sie hat gedacht: „Wenn ich jetzt nicht mehr da bin, dann wär es nicht so schlimm.“

Christine erzählt mir, dass das an einem Tag war, an dem sie eh schon ganz unten war. Die letzten zwei Jahre waren für sie unglaublich anstrengend. Sie war schwerkrank und musste mehrmals operiert werden. Das alles steckt Christine noch in den Knochen. Sie erzählt: „Der Gedanke war einfach da, und sofort habe ich gewusst: Das kann ich so nicht lassen.“ Was für ein Glück, dass Christine gleich so gut auf sich selbst reagiert hat.

Kurz darauf hat Christine ihrem Mann erzählt, was los ist. Der hat sofort gemerkt, wie schlecht es seiner Frau wirklich geht. Er hat gemeint: „Du brauchst Hilfe.“

Das kommt gar nicht so selten vor, dass jemand das denkt: „Wenn ich jetzt gehen muss, dann ist es okay.“ Von Christine hab ich gelernt, dass es gut ist, wenn ich so einen Gedanken nicht einfach so stehen lasse.

So ein Gedanke ist ein absoluter Hilfeschrei. Und zum Glück gibt es Hilfe. Partner, Freunde, Beratungsstellen oder Telefonseelsorge. Bestimmt braucht es extrem viel Kraft diese Hilfe zu holen, und es kann gut sein, man schafft das nicht alleine. Dann ist da hoffentlich jemand, dem ich ehrlich sagen kann, was los ist. Denn niemand soll seine schweren oder dunklen Gedanken alleine mit sich rumtragen. Und vor allem: Es muss nicht dabei bleiben.

Denn in jedem steckt auch so viel, was gut und kraftvoll ist.

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SWR3 Gedanken

01FEB2024
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In einer Schulklasse soll es mal zu folgender Szene gekommen sein: die Lehrerin macht aus einer Bibelstelle eine Rätselfrage und die Kinder fahren voll drauf ab.

Die Reli-Lehrerin hat den Kindern folgende Aufgabe gestellt: „Jesus hat mal gesagt: Wer an mich glaubt, der wird… Und jetzt ein Wort mit „L…“.

Der erste Schüler, der sich meldet, ist eine Sportskanone aus der letzten Reihe. Er sagt: „Wer an mich glaubt, wird loslaufen.“ Da meint die Lehrerin: „Ja, eine gute Idee. Denn Jesus hat auch gesagt, dass jeder, der an ihn glaubt sich ruhig anstrengen soll. Und im Glauben kommt es drauf an Dinge anzupacken und nicht nur zu reden.“

Als nächstes meldet sich ein Junge, der oft Witze reißt. Er meint: „Wer an mich glaubt, wird lachen.“ Darauf die Lehrerin: „Ja, genau. Christen haben wirklich viel zu lachen. Der Tod ist für sie ja nicht mehr so schrecklich, weil Jesus auferstanden ist. Deswegen können die, die glauben, sich auch richtig freuen!“

Die Kinder heben immer weiter die Hände und sprudeln los: „Wer an mich glaubt, wird lieben.“ Und: „Wer an mich glaubt, wird lernen.“ Und: „Wer an mich glaubt, wird leuchten.“

Die Lehrerin ist sprachlos. Was die Kinder alles begriffen haben. Denn wer sich an Jesus halten will, für den passt das alles: loslaufen, lachen, lieben, lernen und leuchten.

Der Originalsatz aus der Bibel, der heißt übrigens: Wer an mich glaubt, der wird leben. Da steckt ja alles drin: leuchten, lernen, lieben, lachen und loslaufen!

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SWR3 Gedanken

31JAN2024
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Es gibt zwei alte mittelhochdeutsche Worte, die klingen nach Leichtigkeit pur. Ich hab sie irgendwo aufgeschnappt. Sie heißen: sunder warumbe. Übersetzt heißt das: ohne Warum.

„Sunder warumbe“. Das beschreibt alles, was es gibt, oder was ich mache - und zwar völlig ohne Berechnung, ohne Warum. Zum Beispiel, dass eine Christrose blüht, obwohl es echt kalt ist. Sie macht das „sunder warumbe“ – ohne Warum. Oder dass meine Oma immer samstags Hefezopf gemacht hat. Das hatte keinen großen Grund. Es war halt Samstag. 

Bei mir ist es mit dem, was ich mache, meistens anders: Ich geh laufen, damit ich fit bleibe. Ich gratuliere der Nachbarin zum Geburtstag, weil sie es bei mir auch getan hat. Und die neuen Schuhe gönne ich mir, weil ich mir die jetzt verdient hab.

„Sunder warumbe“ tickt ganz anders. „Sunder warumbe“ tickt wie ein Geschenk, das mir meine Kollegin gemacht hat. Normalerweise schenken wir uns nichts. Aber vor Weihnachten ist von ihr ein Päckchen gekommen. Drin war eine Weinflasche mit tollem Etikett und mit meinem Namen drauf. Auf die Karte hat meine Kollegin geschrieben: „Als ich diesen Wein entdeckt habe, wusste ich: der soll es sein. Ich will auch gar keine Tradition des verpflichtenden Hin und Her anfangen. Lass ihn dir einfach schmecken.“

Super, hab ich mir gedacht. Warum nicht öfter was einfach so machen. Ohne warum, sunder warumbe.

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SWR3 Gedanken

30JAN2024
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Wie geht es jemandem, der frisch in Rente ist?

Auf einer Geburtstagsfeier habe ich Annette getroffen. Sie hat immer viel gearbeitet. Annette hat ihren Job geliebt und jetzt frage ich sie: „Wie geht es dir im Ruhestand?“ Als Antwort gibt sie mir nur einen einzigen Satz. Sie sagt: „Mein Terminkalender steht nicht mehr zwischen mir und meinem Sterben.“

Erst denke ich, ich hab mich verhört. Hat Annette echt „Sterben“ gesagt? Also frag ich sie zurück: „Meinst du nicht ,Leben´? Dass dein Terminkalender nicht mehr zwischen dir und deinem Leben steht?“ „Ja, das würde auch passen.“ meint Annette. „Aber das mit dem Sterben, das stimmt auch.“ Und dann erzählt sie, dass sie die Tage jetzt im Ruhestand ganz bewusst einfach auf sich zukommen lässt. Eben ohne ständige Termine. Und sie sagt, dass das wirklich schwierig ist.

Klar, dass ich jetzt auch über mich und meinen Terminkalender nachdenke. Ehrlich gesagt: ich mag es, wenn ich viel vorhabe, wenn ich meine Termine planen kann und weiß, was auf mich zukommt. Trotzdem: Annette hat mich ins Nachdenken gebracht: Vielleicht hindert mich mein vollgestopfter Terminkalender manchmal auch am Leben. Und wenn ich ehrlich bin, lenkt er mich auch davon ab, dass ich mal sterben muss. Das ist voll in Ordnung so, aber ab und zu will ich mich auch daran erinnern lassen, dass Termine nicht alles sind. Ich kann mal was weglassen und mit weniger Terminen so richtig bewusst leben.

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SWR3 Gedanken

29JAN2024
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Ein ganzes Familienhaus ausräumen mit allem drin, aus weiß Gott wie vielen Jahrzehnten. Das macht meine Freundin Ella gerade.

Ihr Vater ist vor ein paar Wochen gestorben, und jetzt steht sie zusammen mit ihrem Bruder Martin in ihrem Elternhaus, und ganze Berge türmen sich vor ihnen auf.

Ella schreibt mir aufs Handy: „Uff – heute war ich den ganzen Tag mit Martin im Haus. Martin sortiert und schmeißt weg. Ich komm kaum hinterher.“

Da verstehe ich sie. So ein Haus auszuräumen hat viel mit Trauer zu tun, alles steckt voller Erinnerungen. Da sind die einen richtig schnell, und andere brauchen ganz viel Zeit. Ella braucht eher Zeit und auf jeden Fall ordentlich Kraft.

Christiane Erdmann ist so etwas wie eine „Ausräum-Beraterin“ und hat ein Buch darüber geschrieben, wie man die Auflösung des Elternhauses gut überstehen kann. Sie gibt ganz praktische Tipps. Zum Beispiel dass man erstmal alles fotografieren soll. Wenn man eine gute Kindheit im Elternhaus hatte, sind die Fotos eine schöne Erinnerung. Und wenn die Zeit schwierig war, dann können die Bilder helfen, dass man gut Abschied nehmen kann. Außerdem rät Christiane Erdmann dazu, möglichst systematisch Zimmer für Zimmer vorzugehen und sich auf jeden Fall Hilfe zu holen.

Ich habe Respekt vor allen, die das gerade machen müssen.

Und für die, die mit so was gerade nicht belastet sind, habe ich trotzdem noch einen klugen Tipp aus dem Buch der Ausräum-Beraterin. Es sind drei Schritte, die man ganz bewusst gehen kann, wenn man sich von einer Sache, einem Menschen oder auch einem Lebensabschnitt verabschieden muss.

Die drei Schritte lauten: sortieren, wertschätzen, loslassen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39221
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SWR3 Gedanken

28JAN2024
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Mit der Insel Kreta verbinde ich blaues Meer und weißgestrichene Häuser. Meine Nachbarin Sandra verbindet noch was anderes mit Kreta: den Tod ihres Großonkels.

Im letzten Sommer war Sandra auf Kreta und hatte einen zauberhaften Urlaub. Und sie hat den Soldatenfriedhof besucht. Denn dort ist der Bruder von Sandras Oma begraben.

Sandra erklärt mir: „Onkel Kurt war Fallschirmspringer und ist dabei auf Kreta gestorben. Dieses Leid für meine Oma. Nicht nur der eine, sondern auch noch ihr anderer Bruder ist im Krieg gestorben ist. So schlimm. Und es geschieht wieder und wieder.“

Das hat mir Sandra im Oktober letztes Jahr erzählt. Da ist der Krieg in Gaza frisch ausgebrochen und wir beide waren so schockiert.

Jetzt habe ich Sandra nochmal genauer gefragt: „Wieso fühlst du eigentlich so mit deiner Oma und den beiden gefallenen Brüdern? Du bist doch viel jünger und hast die beiden Großonkels nie kennengelernt.“ Da erzählt sie mir: „Meine Oma hatte immer zwei Soldatenbilder im Zimmer hängen. Ich war damals ein Kind, aber ich weiß noch genau, wie Oma die Bilder manchmal angeschaut und geweint hat. Ein Bruder ist in Kreta gefallen, der andere in Russland.“

Sofort denke ich: „Mein Gott, das sind nur zwei Männer, und es ist lange her. Aber trotzdem hat die Trauer um die beiden noch so eine Wucht.“

Und das zeigt mir wieder, wie sehr wir uns alle nach Frieden sehnen. Genau dafür stehen die vielen Kriegsgräber auf Kreta und ganz egal wo noch. Auch wenn es eine Aufgabe für Jahrzehnte oder gar für Jahrhunderte ist: sich nach Frieden sehnen und sich immer, immer wieder für ihn einsetzen, das verbindet ganze Generationen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39220
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SWR3 Gedanken

28OKT2023
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Ein ganzes Familienhaus ausräumen mit allem drin, aus weiß Gott wie vielen Jahrzehnten. Das macht meine Freundin Ella gerade.

Ihr Vater ist vor ein paar Wochen gestorben, und jetzt steht sie zusammen mit ihrem Bruder Martin in ihrem Elternhaus, und ganze Berge türmen sich vor ihnen auf.

Ella schreibt mir aufs Handy: „Uff – heute war ich den ganzen Tag mit Martin im Haus. Martin sortiert und schmeißt weg. Ich komm kaum hinterher.“

Da verstehe ich sie. So ein Haus auszuräumen hat viel mit Trauer zu tun, alles steckt voller Erinnerungen. Da sind die einen richtig schnell, und andere brauchen ganz viel Zeit. Ella braucht eher Zeit und auf jeden Fall ordentlich Kraft.

Christiane Erdmann ist so etwas wie eine „Ausräum-Beraterin“ und hat ein Buch darüber geschrieben, wie man die Auflösung des Elternhauses gut überstehen kann. Sie gibt ganz praktische Tipps. Zum Beispiel dass man erstmal alles fotografieren soll. Wenn man eine gute Kindheit im Elternhaus hatte, sind die Fotos eine schöne Erinnerung. Und wenn die Zeit schwierig war, dann können die Bilder helfen, dass man gut Abschied nehmen kann. Außerdem rät Christiane Erdmann dazu, möglichst systematisch Zimmer für Zimmer vorzugehen und sich auf jeden Fall Hilfe zu holen.

Ich habe Respekt vor allen, die das gerade machen müssen.

Und für die, die mit so was gerade nicht belastet sind, habe ich trotzdem noch einen klugen Tipp aus dem Buch der Ausräum-Beraterin. Es sind drei Schritte, die man ganz bewusst gehen kann, wenn man sich von einer Sache, einem Menschen oder auch einem Lebensabschnitt verabschieden muss.

Die drei Schritte lauten: sortieren, wertschätzen, loslassen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=38601
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