SWR3 Gedanken

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30JAN2024
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Wie geht es jemandem, der frisch in Rente ist?

Auf einer Geburtstagsfeier habe ich Annette getroffen. Sie hat immer viel gearbeitet. Annette hat ihren Job geliebt und jetzt frage ich sie: „Wie geht es dir im Ruhestand?“ Als Antwort gibt sie mir nur einen einzigen Satz. Sie sagt: „Mein Terminkalender steht nicht mehr zwischen mir und meinem Sterben.“

Erst denke ich, ich hab mich verhört. Hat Annette echt „Sterben“ gesagt? Also frag ich sie zurück: „Meinst du nicht ,Leben´? Dass dein Terminkalender nicht mehr zwischen dir und deinem Leben steht?“ „Ja, das würde auch passen.“ meint Annette. „Aber das mit dem Sterben, das stimmt auch.“ Und dann erzählt sie, dass sie die Tage jetzt im Ruhestand ganz bewusst einfach auf sich zukommen lässt. Eben ohne ständige Termine. Und sie sagt, dass das wirklich schwierig ist.

Klar, dass ich jetzt auch über mich und meinen Terminkalender nachdenke. Ehrlich gesagt: ich mag es, wenn ich viel vorhabe, wenn ich meine Termine planen kann und weiß, was auf mich zukommt. Trotzdem: Annette hat mich ins Nachdenken gebracht: Vielleicht hindert mich mein vollgestopfter Terminkalender manchmal auch am Leben. Und wenn ich ehrlich bin, lenkt er mich auch davon ab, dass ich mal sterben muss. Das ist voll in Ordnung so, aber ab und zu will ich mich auch daran erinnern lassen, dass Termine nicht alles sind. Ich kann mal was weglassen und mit weniger Terminen so richtig bewusst leben.

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