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09MAI2024
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„Er ist jetzt ganz weit weg. Unerreichbar weit weg.“ So mag es sich angefühlt haben, was die ersten Jünger an Christi Himmelfahrt erlebt haben. Die Bibel erzählt, wie Jesus einige Wochen nach Ostern in die himmlische Welt aufgenommen wurde und unsere Welt dafür verlassen hat. Er hat seine engsten Freunde hier zurückgelassen. Vorher konnten sie mit ihm reden, zusammen sitzen, fröhlich feiern, Freud und Leid miteinander teilen, sich auch mal aufregen oder nachfragen, wenn ihnen etwas nicht klar war. Aber jetzt: jetzt ist er ganz weit weg. Und das für immer.

Es ist ein unglaublich schwerer Abschied für die Freunde. Wie sollen sie klarkommen, ohne ihn?  Jesus war ihr Anführer gewesen. Sie hatten ihn alles fragen können. Sich Orientierung holen für den nächsten Schritt im Leben.

Vielleicht wird in der Bibel gerade darum erzählt, dass Jesus seine Jünger zum Abschied gesegnet hat. Er ist nicht einfach grußlos verschwunden, sondern ist nochmal zu seinen Jüngern hin, hat sie angeschaut und hat mit ihnen geredet. Er war für sie da. Und dann hat er sie gesegnet. Er hat jedem von ihnen mit auf den Weg gegeben:

„Du bist für Gott wichtig und wertvoll. Das hört nicht auf. Das wird immer so bleiben. Und behalt das nicht für dich. Gib`s an andere weiter. Sei für andere ein Segen. Damit auch sie spüren und mitbekommen, dass sie wichtig und wertvoll sind.“

So sind die Jünger damals weitergegangen: Nicht mehr mit einem Jesus zum Anfassen an ihrer Seite. Aber mit Gottes Segen in ihrem Leben.

Im Gottesdienst an Christi Himmelfahrt wird mir heute der Segen zugesprochen. Nicht nur die Jünger damals, auch ich heute kann gesegnet weitergehen. Und ich kann den Segen weitergeben, für andere ein Segen sein. Ich kann versuchen, andere Menschen spüren zu lassen, dass sie wichtig und wertvoll sind.

Wir alle sind etwas Kostbares, wertvoll für Gott. Darum werden auch wir heute gesegnet, an Christi Himmelfahrt. 

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05MAI2024
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Beten Sie manchmal? Ich schon – und wenn es nur ein Stoßseufzer ist oder ein stilles Gebet für jemanden, der mir gerade besonders am Herzen liegt. Oder das „Vater unser“, das berühmte Gebet aus der Bibel, das Jesus seinen Jüngern beigebracht hat. „Vater unser im Himmel…“ Das bete ich gern zusammen mit anderen im Gottesdienst.

Das Vaterunser ist für mich das Gebet der Gemeinschaft. Es verbindet mich mit vielen andern Menschen. Zuerst mit denen, die es im Gottesdienst gleichzeitig mit mir beten: die ältere Frau, die um ihren verstorbenen Mann trauert, der 13-jährige Konfirmand, der gerade ins Leben durchstartet, der Familienvater, der im Gottesdienst zur Ruhe kommt. So unterschiedlich wie wir sind, wir sind alle Kinder Gottes. Darum können wir gemeinsam beten: „Vater unser…“.

Auf einem internationalen Treffen habe ich erlebt, wie Menschen aus verschiedenen Ländern zusammen Gottesdienst gefeiert haben. Auch da haben wir zusammen das Vaterunser gebetet. Alle in ihrer Muttersprache. Das war ein ganz schönes Stimmengewirr: spanisch, deutsch, polnisch und andere Sprachen. Es haben auch nicht alle, die da gebetet haben, der gleichen Kirche angehört. Da waren Evangelische dabei, Orthodoxe, Katholiken und Menschen aus verschiedenen Freikirchen. Das Gebet hat uns verbunden – über alles hinweg, was uns trennen könnte. „Vater unser“.

Es ist oft gebetet worden in den letzten 2000 Jahren. Darum verbindet es mich auch mit denen, die vor mir waren – zu unterschiedlichen Zeiten, an unterschiedlichen Orten. Und mit denen, die nach mir kommen werden, auch.

Nachher im Gottesdienst werde ich mich wieder über die unterschiedlichen Stimmen um mich herum freuen. Und ich werde mich verbunden fühlen mit allen, die sich Gott anvertrauen und beten: „Vater unser im Himmel…“

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28APR2024
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Manche Menschen können etwas von Gottes Stimme ahnen, wenn sie im Radio unsere Verkündigungsbeiträge hören. Das jedenfalls hat mir eine Frau geschrieben, nachdem sie letztes Jahr eine Sendung mit mir gehört hatte. Es hat mich berührt, dass ihr meine Worte anscheinend geholfen haben, einen Weg in einer für sie schwierigen Zeit zu finden. Ich war beeindruckt, wie genau sie das formuliert hat. Sie schreibt mir: „Heute Morgen hat Gott durch sie gesprochen...für mich persönlich. Es ging mir die Tage gar nicht gut. Ich hatte sehr schwierige Situationen, in denen ich mich immer zurückzog. Also betete ich heute Morgen, Jesus möge mich mit seinem Licht füllen und mir bitte erklären, was ich in Zukunft tun soll, wenn wieder solche Situationen kommen. Ich bekam den Impuls, das Radio einzuschalten. Und da habe ich Sie sprechen gehört. Wie es Ihnen gelingt, zu sich selbst zurück zu finden und dabei zu erleben, dass Gott da ist. Segen über Sie. Und lassen Sie ihr Licht weiter leuchten.“

Für mich war es ein Geschenk, dass die Hörerin diese Erfahrung mit mir geteilt hat. Ich habe gut verstanden, was sie gemeint hat. Denn ich kenne das. Dass ich unerwartet mitten im Alltag einem Menschen begegne, tief berührt bin und Gottes Nähe ahne. Einfach so. Ich denke an eine Situation, die ich vor kurzem erlebt habe, als ein pensionierter Schulleiter die Kinder aus meiner Klasse zum Staunen gebracht hat. Er hat ihnen erklärt, was es alles braucht, dass aus Apfelblüten Äpfel werden. Das hat er begeistert und mit Hochachtung für Gottes Schöpfung getan. Ich habe gespürt, dass für ihn jeder Apfel eigentlich ein kleines Wunder ist.

Die Post der Hörerin vom letzten Jahr hat mich nachdenklich gemacht. Sie war so offen und ehrlich. Ihr Glaubensbekenntnis war echt. Für mich ist es kostbar, dass sie mir geschrieben hat: „Sie sind eine Frau, durch die andere Gottes Nähe ahnen können.“ Und noch etwas ist mir wichtig: Sie hat mich daran erinnert, dass ich diese Nähe im alltäglichen Kontakt ahnen kann - mit Kolleginnen, Freunden und Fremden. Ab und zu darf ich das meinem Gegenüber auch sagen. Wenn ich es passend und angemessen finde.

Für solche besonderen Momente im Alltag habe ich ein kurzes Gebet: Großer Gott. Ich danke dir, dass du Mensch geworden bist!

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21APR2024
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Kurz nach dem Gewinn der deutschen Meisterschaft, noch auf dem Spielfeld, steht ein Reporter plötzlich vor Frank Ribery, der mit der Meisterschale grinsend über den Rasen läuft. „Kannst du mal in die Kamera jubeln“, fragt er den Links-Außen-Spieler, der ursprünglich aus Frankreich stammt.  Und der hebt aus tiefster Überzeugung die Meisterschale in die Kamera und schreit „Jubeln“. Die Szene ist inzwischen legendär unter Fussballfans. Und der arme Frank Ribery hat inzwischen vermutlich das Wort Jubeln fest in seinem Wortschatz.

Klar, das Missverständnis ist zum Schmunzeln – aber wie hätte Ribéry denn sonst kameratauglich jubeln sollen? Winken vielleicht, oder Hüpfen? Jubeln ist ja mehr, als „sich freuen“. Wer macht das schon? So richtig aus sich herausgehen und laut – jubeln…Zu meinen alltäglichen Gefühlsausbrüchen gehört Jubeln jedenfalls nicht. 

Der heutige Sonntag ist in der evangelischen Kirche dem Jubeln gewidmet. Ein Sonntag, der daran erinnert, dass wir Grund zum Jubeln haben.

In der Bibel jubeln nicht nur die Menschen, sondern die ganze Erde: „Jauchzet, ihr Himmel, denn der HERR hat’s getan! Jubelt, ihr Tiefen der Erde! Ihr Berge, frohlocket mit Jauchzen, der Wald und alle Bäume darin!“, heißt es zum Beispiel im Jesajabuch. Die ganze Welt jubelt, weil Gott sein Volk Israel und die Erde erlöst. Die Menschen der Bibel fühlen sich hier leicht und befreit. Die ganze Schöpfung atmet auf, weil Gott auf ihrer Seite steht.  Ich finde die Vorstellung von singenden Tiefen, tanzenden Bergen und jubelnden Meeren großartig. Und in einem bisschen kleineren Maßstab jubelt die Natur ja jetzt wirklich, wo es Frühling ist. Zwitschernde Vögel, rausgeputzte Blumen, und wuselige Insekten.

Bejubelt wird in der Bibel aber nicht nur die Welt wie sie ist, sondern vor allem darüber, wie die Welt sein wird. Die Welt ist so schön und kann gleichzeitig so schrecklich sein. Wir leben in Freiheit und müssen doch Angst haben vor Krieg und Gewalt. Aber Gott verspricht, dass diese Schrecken einmal ein Ende haben werden. 

Wäre es nicht besser mit dem Jubeln so lang zu warten, bis es soweit ist? Bis Gerechtigkeit herrscht und keiner mehr leiden muss? Ich glaube, es ist gut schon jetzt darüber zu jubeln, wo wir Bruchstücke von Gott neuer Welt erahnen – eben in der Schönheit der Natur, beim bezaubernden Konzert am Abend oder dem duftenden Kaffee am Morgen. In der wiedergewonnenen Freundschaft im neugeborenen Kind. Ein bisschen neue Welt und Grund zum Jubeln.

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14APR2024
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Ostern hat in den Evangelien ein Nachspiel: Immer wieder, so wird erzählt, taucht der  auferstandene Christus unvermutet im Kreis seiner Anhänger auf. Die stehen noch gewaltig unter Schock, denn in Jerusalem haben sie den hingerichtet, der ihre ganze Hoffnung war. Und nun steht er, der „Meister“, plötzlich wie aus dem Nichts in ihrer Mitte – dringt durch Wände und verschlossene Türen. Die Versammelten spüren: Er ist da, anders zwar als zu seinen Lebzeiten, aber er ist es, gibt sich selbst zu erkennen. Sie erschrecken sich zu Tode. Er aber wünscht ihnen Frieden (Lukas 24,36; Johannes 20,19; 20,21; 20,26). Daran erinnert bis heute der „Friedensgruß“ in der katholischen Messe, den die Gläubigen einander mit einer freundlichen Geste weitergeben.   

Also „Friede, Freude, Eierkuchen?“ „Friede“ ist in der Bibel mehr als eine Schleckerei. Er meint Glück, Wohlergehen, Zu-frieden-heit, wie die deutsche Sprache treffend sagt. Friede bedeutet, dass Leben gelingt und Beziehungen tragen. Er beginnt im eigenen Herzen. Wer mit sich selbst im Reinen ist, sich aushalten kann auch mit seinen Macken und Fehlern, der wird auch mit andern im Frieden leben, weil er sie achtet und respektiert. Achtung und Respekt sind auch die Basis für das friedliche Zusammenleben der Völker. Friede ist für Christen nicht zuletzt Friede mit dem „Gott des Friedens“, „der seine Sonne aufgehen lässt über Gute und Böse und regnen lässt über Gerechte und Ungerechte“, wie Jesus einmal sagt (Matthäus-Evangelium 5,9).

Zwei Milliarden Getaufte würden zu einer weltweiten „Friedensbewegung“, wenn sie Frieden in ihrem Alltag leben. Da bliebe für Bosheit und Hass kaum noch Raum. Denn das ist mein Verdacht: Es ist zu viel Unfriede in der Welt. Der verdichtet sich in den Knallköpfen unfähiger Politiker immer wieder zu einem explosiven Gemisch, das sich dann in verbrecherischen Kriegen entlädt.

Friede im eigenen kleinen Leben bedeutet, einem streitsüchtigen Nachbarn doch die Hand hinzureichen. Einen lächerlichen Erbschaftsstreit zu begraben, weil wir nackt und bloß, wie wir gekommen sind, auch wieder gehen müssen. Friede heißt: sprechen, verhandeln, sich aussöhnen, für Ausgleich sorgen, mit Kompromissen leben.  

Friede ist kein Wort – Friede ist ein Programm. Daran denke ich, wenn ich heute der Gemeinde zuspreche: „Der Friede des Herrn sei allezeit mit Euch!“

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07APR2024
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Obwohl ich es besser weiß, habe ich mir wieder eine weiße Hose gekauft. Ich mag weiße Klamotten – gerade im Frühling: sie sind luftig, hell, freundlich – richtig strahlend, wenn die Sonne drauf scheint. Und: Ich werde sie heute anziehen – und ein weißes T-Shirt. Weil’s mir gefällt und als kleines Zeichen für mich selbst, was heute für ein Tag ist: nämlich der erste Sonntag nach Ostern. Und den nennen Christen seit alters her den „Weißen Sonntag“.

Ein weißes Outfit ist allerdings gefährlich. Ich weiß genau, dass Weiß nicht lange Weiß bleibt – zumindest nicht bei mir. Aber genau das passt zur Symbolik des Weißen Sonntags: Eine weiße Weste haben wir Menschen nämlich auch im übertragenen Sinne nur selten. Die ersten Flecken holen wir uns schnell – durch die kleinen Unfreundlichkeiten und Mogeleinen des täglichen Lebens. Da sind aber auch die großen, hässlichen Schmutzflecke. Die hartnäckigen, die auch mit Ariel oder Persil kaum rauszukriegen sind: Untreue, Betrug und Eigennutz. Wenn zum Beispiel die einen das billig einkaufen, was andere zu einem Hungerlohn hergestellt haben. Am Weißen Sonntag geht es um die Ursachen von Krieg, Zerstörung und Ungerechtigkeit und wie jeder einzelne von uns darin verstrickt ist. Und das sind wir! Jeder einzelne von uns - davon bin ich überzeugt.

Den heutigen Sonntag nennen die Christen von alters her den „Weißen Sonntag“. In früheren Zeiten war das der Tag, an dem die Gemeinde ihre neuen Mitglieder aufgenommen hat. Im Gottesdienst haben sie die Heilige Taufe empfangen: Die Neuen haben sich ganz und gar in Wasser untertauchen lassen und waren dann – beim ersten Atemzug nach dem Auftauchen – wie neu geboren. Und wie neugeborene Kinder frei von Schuld und den hässlichen Flecken und Narben ihres bisherigen Lebens. Sie waren jetzt getauft: auf den Namen von Jesus Christus.

Heute, am ersten Sonntag nach Ostern, ist Weißer Sonntag. Und ich werde meine neue weiße Hose anziehen und dazu ein weißes T-Shirt. Auch wenn das dumm ist und ich ganz schnell wieder voller Flecken sein werde. Die Hose kann ich waschen. Und was die hässlichen Flecken auf meiner Seele und in meinem Leben angeht: Ich bin doch getauft. Das was für die Christen vor Jahrhunderten galt, gilt auch für mich: Ich bin getauft auf den Namen von Jesus Christus – und der macht mich und mein Leben rein – und gibt mir die Chance es besser zu machen.

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01APR2024
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Monte Scherbelino. So heißt im Volksmund ein Hügel in Stuttgart. Eigentlich heißt er Birkenkopf. Aber weil es ein Schuttberg aus Trümmern des Zweiten Weltkriegs ist, nennen die Leute ihn so: Monte Scherbelino. In Stuttgart wie in vielen anderen deutschen Städten konnte man sehen, wo man nach einem Krieg steht: Vor einem Scherbenhaufen. So viele kaputte Häuser, so viele Tote, so viele zerstörte Lebenspläne.

Eine Gruppe von Christen in Stuttgart trifft sich heute Nachmittag um 15 Uhr auf dem Monte Scherbelino, um sich daran zu erinnern. Und sich darin zu bestärken, dass Krieg das Schlimmste ist, was Menschen einander antun. „Nie wieder Krieg!, ist deshalb ihre gemeinsame Parole. Gleichzeitig wissen sie, dass es wieder Krieg gibt auf unserer Welt. In der Ukraine schlagen jeden Tag russische Bomben ein; und das ist näher, als wir glauben. Israel wurde von der Hamas heimtückisch attackiert. Und als Deutsche liegt uns besonders daran, Israel und seine Menschen zu unterstützen.

Ostermontag auf dem Monte Scherbelino. Oben auf dem Hügel steht ein Kreuz. Seit Karfreitag hängen dort vier Dornenkronen. So eine, wie Jesus sie auf seinem Kopf hatte, um ihm Schmerz zuzufügen, ihn leiden zu sehen. So böse kann der Mensch sein, so grausam, so gewalttätig. Das gehört auch zu Ostern, weil die Auferstehung keine andere Welt schafft, sondern mitten im Leben geschieht. Damals wie heute. Bevor Gott seinen Sohn auferweckt hat, musste der Leid und Tod durchmachen. So scheint das geregelt zu sein auf dieser Welt. Und wer klug ist, täuscht sich nicht über diese harte Realität. Auf dem Scherbelino stehen die vier Dornenkronen für vier Aspekte, die dem Frieden dienen, wenn wir sie beachten. Nicht zu vergessen, was war, und aus der Erinnerung lernen. Sich nicht dem Krieg hinzugeben, ihm nicht das letzte Wort zu überlassen. Zu akzeptieren, dass es keine Welt ohne Leid gibt, es aber gilt, das Leiden erträglich zu machen. Die vierte Dornenkrone steht für meine persönliche Schuld, die Schattenseiten, mit denen ich anderen das Leben schwer mache.

Wer Ostern feiert, glaubt daran, dass es einmal anders sein wird als bisher. Kein Leid mehr, kein Krieg. Alles, was ist, lebt in Harmonie – mit sich, mit anderen, und mit Gott. Er beendet den Kreislauf des Todes, wo ein Geschöpf dem anderen nach dem Leben trachtet. Die Stuttgarter Christen laden heute auf den Scherbelino ein. Um das nicht zu vergessen. Nie!

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31MRZ2024
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Christus ist auferstanden! Jesus lebt. Das ist die Botschaft am Ostermorgen. So grüßen sich Christen heute auf der ganzen Welt. Und ich grüße Sie von Herzen auch so. Aber was, wenn sie kein Christ sind und nicht an die Auferstehung glauben? Ich bin überzeugt, dass Ostern für alle da ist und jeder davon profitieren kann.

Weil Jesus von den Toten auferstanden ist und Christen glauben, dass deshalb kein Mensch, überhaupt kein Leben auf dieser Erde endet, ist das für mich keine exklusive Angelegenheit. Es ist nicht für die Christen reserviert. Im Gegenteil: Ostern ist ein universales, ein alles umfassendes Ereignis. Johannes hat das in seinem Evangelium genau so aufgeschrieben, wenn er Jesus sagen lässt: Und ich, wenn ich über die Erde erhöht bin, werde alle zu mir ziehen[1]. Alle werden von Jesus mitgenommen in den Himmel. Alle werden davon befreit sein, was sie auf der Erde bedrückt und unglücklich gemacht hat. Alle werden neu leben. Das ist das Versprechen, an das ich als Christ glaube. Aber wie profitieren alle schon heute von Ostern?

Eine Schülerin sagt mir, dass ja sowieso jeder sterbe müsse, früher oder später. Und dass es keine so große Rolle spiele, wann das geschieht. Ob mit fünfzehn oder fünfzig oder fünfundneunzig. Da hat sie schon recht, wenn sie dann sagt: Es bringt nichts, wenn ich mein bisschen Leben für allzu wichtig, gar unverzichtbar halte. Wer sein Leben nach Tagen berechnet, muss unglücklich werden. Ich halte der Schülerin entgegen: Mein Leben ist doch nicht egal. Es ist nicht bedeutungslos, wie ich lebe, wer ich bin. Für mich bedeutet es einen großen Unterschied, ob ich darauf hoffe, dass ich nicht umsonst hier bin. Ich hoffe auch darauf, nicht ins Nichts zu fallen, wenn ich sterbe. Und diese Hoffnung hat Konsequenzen. Ich schaue dann mit größtem Respekt auf alles, was lebt – auf Menschen, Tiere, Pflanzen. Ich kämpfe um jeden Menschen, wenn ich etwas für ihn tun kann. Ich investiere so viel wie möglich in die Liebe. Weil das die Botschaft des Kreuzes ist, an dem Jesus starb. Dort oben, erhöht am Kreuz, umarmt er jeden von uns und bindet ihn an sich. Es ist dieses Vorzeichen der Liebe über den Tod hinaus, von dem alle nur profitieren können.

[1] Johannes 12,32

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24MRZ2024
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Noch eine Woche bis Ostern. Mit dem heutigen Palmsonntag beginnt die Karwoche. Unglaublich, was in dieser Woche, den biblischen Berichten zufolge, alles passiert ist. Bis ins Detail ist alles dokumentiert, was Jesus erlebt hat. Wenn ich die Berichte darüber in den Evangelien lese, wirkt es auf mich fast so, als wollten sie herausfinden, an welcher Stelle die Dinge doch noch einen anderen Verlauf hätten nehmen können, einen, der nicht zu seinem schrecklichen Tod am Kreuz geführt hätte.

Und so erlebe ich es auch, wenn ich als Pfarrerin zu einem Todesfall gerufen werde. Die Angehörigen erzählen mir oft in allen Einzelheiten von den letzten Lebenswochen oder -tagen. Wie bei einer Spurensuche: Haben wir etwas übersehen? Worauf hätten wir mehr achten sollen? Wäre der Tod noch einmal zu vermeiden gewesen? Oder hätte er wenigstens leichter sein können? 

Jesus hat wohl sehr klar und deutlich vorausgesehen, was in Jerusalem auf ihn zukommen würde. Immer wieder hat er in Gesprächen Andeutungen gemacht, dass er damit rechnet, sterben zu müssen. Die Jünger, die ihn auf Schritt und Tritt begleitet haben, konnten oder wollten das aber nicht verstehen. Schon gar nicht an diesem fantastischen Palmsonntag. Richtig high waren sie am Abend dieses Tages. Die Ankunft ihrer kleinen Gruppe in der Stadt, Jesus mittendrin auf einem Esel, war zu einem regelrechten Triumphzug geworden. Die Menschen auf den Straßen hatten ihm zugejubelt, einzelne sogar Palmzweige abgerissen und ihm aus Kleidern einen roten Teppich vor die Füße. Er war ihr Held; wie einen König hatten sie ihn begrüßt, mit lauten Hoch-Rufen.

Ich bin froh, dass es diesen Palmsonntag, für Jesus am Ende seines Lebens gegeben hat. Ein Tag wie unter einer warmen, wohligen Segensdusche, voller begeisterter Zuwendung. Ich hoffe, dass die Jubelrufe und die Sympathie, die ihm da entgegengeschlagen sind, ihn noch eine Weile getragen haben, so wie der Esel, das sanftmütige Tier. Ich wünsche mir, dass all das ihm Kraft gegeben hat in den Situationen, in denen er schon bald ganz allein gewesen ist. Ich wünsche uns allen solche Tage, die bis ans Ende tragen. 

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17MRZ2024
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Im Alten Testament gibt es eine ganz eigenwillige, auf den ersten Blick fast abstoßende Geschichte. Dort führt Gott seinen Propheten Ezechiel im Traum in eine weite Ebene. Über diese Ebene verstreut liegen lauter Totengebeine. Gott fragt den Ezechiel, ob er denn glaube, dass diese ausgetrockneten Gebeine wieder lebendig werden könnten? Und Ezechiel antwortet weise: „Herr und Gott, das weißt nur Du.“

Die toten Gebeine sind ein Bild für das zerschlagene Volk Israel, das zur Zeit des Propheten in der Verbannung lebt. Gott scheint seinen Propheten zu fragen: „Glaubst du daran, dass das Schicksal sich wenden kann, erhoffst du noch etwas?“ Ezechiel jedoch spielt den Ball ein zweites Mal zurück. „Es liegt an dir, ich lege es in deine Hand.“ Und Gott will, dass diese zerschlagenen Gebeine wieder lebendig werden. Ein Ruck geht durch die Szene, aus toten Gebeinen werden nach und nach Menschen aus Fleisch und Blut.

Der Künstler und Pfarrer Sieger Köder hat diese Vision in einem Buntglasfenster der Heilig-Geist-Kirche in Ellwangen dargestellt.

Dem Fenster hat er den Titel „Belebung“ gegeben. Diese Belebung hat er so gestaltet: Am unteren Rand sieht man den Propheten sitzen, wie er auf eine Schriftrolle schreibt: „Ich bringe Leben in Euch“.Wie durch einen gewaltigen Sog werden rechts und links von ihm Gebeine nach oben gezogen und wieder zu Skeletten zusammengefügt. Gefesselte Hände werden frei, wie im Zeitraffer werden nach und nach Gesichter und Körper sichtbar. Menschen aus Fleisch und Blut sitzen miteinander um einen Tisch, essen und trinken zusammen, sind sozusagen zurück im Leben.

Diese Geschichte beim Propheten Ezechiel mit den Totengebeinen wird oft auch als Vision für die Auferstehung gedeutet.

Für mich ist es auch ein Bild für die kleinen und großen Auferstehungen mitten im Tag, mitten im Jahr. Wenn ich mich ausgemergelt und wie tot fühle, wenn Trauer mich zerschlägt, ich erschöpft bin von Pflichten und Nöten oder entseelt durch allzu viel Alltagstrott – dann denke ich an dieses Fensterbild in der Kirche. Es ermutigt mich, dass auch wieder andere Zeiten kommen. Es lässt mich hoffen, dass auch das, was in mir wie versteinert ist, wieder lebendig wird. Und es entlastet mich, dass ich das alles nicht selbst schaffen muss. Dass da noch ein Anderer am Werk ist, der mir hilft, der mich belebt.

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