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06JUL2025
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„Endlich Ferien!“ Nun hat sie begonnen, die ersehnte schulfreie Zeit. Sechs Wochen keine Hausaufgaben, keine Klassenarbeiten, kein Notenstress. Herrlich!

Im Religionsunterricht der 5. Klasse fragte mich einmal ein Schüler: „Hat Jesus eigentlich auch Urlaub gemacht?“

„Na ja, Urlaub, so wie heute, gab es vor 2000 Jahren nicht“, habe ich geantwortet. „Aber auch Jesus musste mal ausspannen, zur Ruhe kommen, abschalten.“

Im Neuen Testament wird immer wieder erzählt, wie Jesus sich auch zurückzieht. Wie er die Einsamkeit sucht, um Abstand zu gewinnen und im Gebet neue Kraft zu schöpfen. Nicht immer gelingt diese Form der Auszeit. So berichtet der Evangelist Markus, wie Jesus seine Jünger in die Dörfer und Städte rund um den See Genezareth schickt. Sie sollen dort die Frohe Botschaft verkünden und Kranke heilen.

Nach ihrer Rückkehr sagt Jesus zu ihnen: „Kommt mit an einen einsamen Ort, wo wir allein sind, und ruht ein wenig aus.“ (Mk 30, 31) Und so fahren sie mit dem Boot zu einem abgelegenen Platz, wo sie entspannen und „auftanken“ wollen. Aber daraus wird nichts. Es hat sich nämlich herumgesprochen, wohin sich Jesus und seine Freunde zurückziehen wollen. Von überallher folgen ihnen die Leute. „Und als Jesus die vielen Menschen sah, hatte er Mitleid mit ihnen, denn sie waren wie Schafe, die keinen Hirten haben. Und er lehrte sie lange“ (Mk 30,34), so beschreibt es die Bibel. Am Abend dieses Tages ereignet sich dann auch das Wunder der Brotvermehrung. Jesus und seine Jünger teilen fünf Brote und zwei Fische aus und alle werden satt.

Jesus lässt sich von den Sorgen und Nöten der Menschen berühren. Auch dort, wo er eigentlich Ruhe sucht, bleibt er offen für die Begegnung mit allen, die ihn suchen. Die Geschichte zeigt: Eine „Work-Life-Balance“, wie sie heute von vielen gefordert wird, hat Jesus nicht gekannt.

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29JUN2025
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Heute beginnt bei uns im Ort die Konfirmandenzeit 2025/2026. In einem Gottesdienst mit anschließendem Gemeindefest stellen sich gut 30 Jugendliche vor, die dann fast ein Jahr lang gemeinsam unterwegs sind und dem christlichen Glauben näher auf die Spur kommen. Nächsten Donnerstag gleich geht es zum Start für vier Tage aufs KonfiCamp mit insgesamt 200 Jugendlichen aus dem gesamten Kirchenbezirk. Und nach den Sommerferien ist immer mittwochnachmittags anderthalb Stunden lang Konfi-Kurs.

Auch unsere älteste Tochter ist diesmal mit dabei. Dass sie teilnimmt und Konfirmandin wird, war nicht selbstverständlich. Aus ihrer Schulklasse haben sich nur ein paar Jugendliche dazu entschlossen. Viele sind nicht getauft oder haben keinen Kontakt zu einer Kirchengemeinde – und sich dann mit 13 oder 14 Jahren noch aktiv dafür zu entscheiden, diese Hürde ist ziemlich hoch. Und auch wenn unsere Tochter schon getauft ist – und als Eltern war wichtig, dass sie die Konfirmandenzeit freiwillig angeht. Also nicht nur einfach so mitmacht, weil das halt dazugehört. Oder gar aus Pflichtgefühl gegenüber uns Eltern oder den Großeltern. Sie sollte selbst überlegen: Ist mir das wichtig? Lasse ich mich ein auf dieses besondere Jahr, investiere ich Zeit dafür? Als dann klar wurde, dass sich auch ein paar gute Freundinnen zur Konfirmandenzeit anmelden, hatte sie Lust darauf.

Das sind gute Voraussetzungen, finde ich. Ich bin gespannt, was unsere Tochter erlebt und erfährt als Konfirmandin. Und wie das für uns als Eltern so wird. Früher war ich Gemeindepfarrer – und in dieser Rolle einige Jahre lang hauptverantwortlich für die Konfirmandenzeit. Jetzt bin ich als Vater mit dabei, als indirekter Teilnehmer sozusagen. Und ich bin gespannt auf die Fragen, die in dieser Zeit auftauchen können. Die will ich mir auch selbst stellen: Was bedeutet mir meine Taufe? Wie wird Glaube spürbar für mich, im ganz normalen Leben? Welche Rolle spielt Gott für unsere Familie, für unser Miteinander? Und welchen Platz haben wir in der Kirchengemeinde?

In der Konfirmandenzeit haben solche Lebens- und Glaubensfragen Raum. Vor allem für die Konfis, aber auch für alle, die sie begleiten. Dass wir diesen Raum auch nutzen und persönlich weiterkommen, das wünsche ich uns – und allen anderen, die diesen Sommer in die Konfi-Zeit starten.

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22JUN2025
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„Denn er hat seinen Engeln befohlen über dir, dass sie dich behüten auf allen deinen Wegen und dass sie dich auf ihren Händen tragen.“ Wenn ich diesen Vers aus Psalm 91 (11) in der Vertonung von Felix Mendelsohn-Bartholdy höre, treibt es mir jedes mal die Tränen in die Augen. Ein frommer jüdischer Beter muss wunderbar erfahren haben, wie Gottes Engel ihn beschützten.

Im Unterschied zu den drei Bauarbeitern an der Horber Hochbrücke, die vor einigen Wochen in den Tod gestürzt sind. Mit lautem Knall war das Seil ihrer Fahr-Kabine gerissen. Entsetzlich: Die drei werden wohl noch in den letzten Sekunden realisiert haben, was geschah, ehe sie am Boden zerschellten. Nirgendwo ein rettender Engel, der sie mit sanften Schwingen aufgefangen hätte.

Fast achtzig überwiegend polnische Kollegen waren Tage danach der Einladung der Betriebsseelsorge gefolgt und hatten sich nach Feierabend im Schatten eines Brücken-Segments zu einem Gedenkgottesdienst versammelt. Ich lese ihren Schmerz aus den bedrückten Gesichtern. Einige kämpfen mit den Tränen, und alle  entzünden ein Licht im Gedenken an die verunglückten Kollegen und ihre Angehörigen. Mit brüchigen Stimmen singen wir ein paar österliche Lieder und suchen Trost und Halt im stammelnden Gebet.

Als Betriebs- und noch mehr als Notfallseelsorger hat es mich immer wieder in den plötzlichen, oft brutalen Tod unschuldiger Menschen hineingerissen. Ich war jedes  mal selbst wie geschockt. Auch ich habe Gott gezürnt, ehe ich mich den weinenden Menschen zuwenden konnte. Meine eigenen Tränen waren ihnen oft mehr Trost als meine hilflosen Worte. In solchen Stunden wiegt am meisten die Nähe – einfach da sein, eine Hand halten oder sich umarmen.

Ereignisse wie diese erschüttern auch immer wieder meinen eigenen Glauben. Oft schon haben mich dann die Worte des evangelischen Pfarrers und Poeten Arno Pötzsch aufgefangen, der in zwei Weltkriegen Schreckliches erlebt hat und doch unerschütterlich daran festhielt, dass wir „nicht tiefer fallen können als in Gottes Hand“.

Nun hoffe und bete ich darum, dass auch diese drei von der Brücke nicht tiefer gefallen sind als hinein in Gottes Güte und sein Erbarmen.

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19JUN2025
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An einem Feiertag wie heute, früh morgens ist es so wunderbar ruhig, finde ich. Wenn es nicht gerade auf Reisen ins lange Wochenende geht, dann schlafen jetzt noch viele - aber das ist es gar nicht. Auch die Leute, die schon unterwegs sind – frische Brötchen besorgen oder um mit dem Hund die erste Runde zu drehen - wirken auf mich irgendwie ruhiger als sonst und gelassener. Und ich selbst auch. Ich muss ja nicht los, irgendwohin. Und – komisch – sogar die Uhr scheint dadurch ruhiger zu laufen: langsamer, weniger hektisch – ich glaube fast, sonntags oder auch an einem Feiertagsmorgen geht sie „normal“.

Schade, dass das nicht lange anhält. Eine Bekannte von mir spricht manchmal schon am Nachmittag wieder vom „ganz normalen Wahnsinn“, wenn sie Morgen wieder zur Arbeit muss. Oder spätestens wenn nächsten Montag für die Kinder die Schule wieder losgeht: früh aufstehen, Hausaufgaben machen usw. Der Zeitdruck ist zurück. Die Uhr nimmt allmählich wieder Tempo auf, und am Montag startet sie dann voll durch…

Jetzt ist aber erst einmal Feiertag. So früh am Morgen ist es noch ruhig und ich fühle mich frei von diesem „normalen Wahnsinn“ und dem alltäglichen Druck, alles schaffen zu müssen. Jetzt gerade fühle ich mich nicht getrieben. Ich bin nicht die Sklavin meiner Uhr. Denn die geht gerade viel ruhiger als sonst, langsamer – normal eben – und ist wirklich nur dazu da, die Zeit anzuzeigen – die Zeit, die mir geschenkt ist.

Zeit ist ein Geschenk. Uhren sollten deshalb eigentlich immer „normal“ laufen und nicht die Herrschaft an sich reißen. Sie sollten nicht bestimmen. Das sollte nur der Liebe Gott. Er schenkt mir meine Zeit, und deshalb summe ich schon den ganzen Morgen ein Kirchenlied vor mich hin: „Meine Zeit steht in deinen Händen“. Geschrieben hat es Peter Stauch in den frühen 80ern.

„Herr, meine Zeit steht in Deinen Händen. Nun kann ich ruhig sein – ruhig sein in Dir. Du gibst Geborgenheit, du kannst alles wenden. Gib mir ein festes Herz, mach es fest in Dir.

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15JUN2025
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15. Juni – heute begehen Deutschland und die Bundeswehr ihren ersten nationalen Veteranentag mit einem Fest am Reichstag in Berlin sowie Veranstaltungen bundesweit.

Veteranen – ich merke, dass ich mit dem Begriff erst mal nicht viel anfangen kann. Ich kenne ihn am ehesten aus amerikanischen Fernsehserien, z.B. Navi-CIS oder JAG – im Auftrag der Ehre. Da geht’s um Militär, Kameradschaft, für Volk und Vaterland, Heldenverehrung… Dann fallen mir Bilder von meiner Reise in den Iran vor 10 Jahren ein: An fast allen Laternenmasten auf der Straße und auf jeder zweiten Hauswand: Fotos und Bilder von gefallenen Soldaten – aus der Zeit des Iran-Irak-Krieges in den 70ern und 80er Jahren. Schon wieder Heldenverehrung. Für Menschen, die für eine angeblich „gerechte“ Sache gekämpft haben.

Und ich muss an die Gedenktafel denken, die in einer Kirche hängt, an der ich früher Gemeindepfarrerin war: für die Gefallenen des Ortes im ersten und zweiten Weltkrieg. Darunter ein Bibelzitat: Niemand hat größere Liebe denn die, dass er sein Leben gibt für seine Freunde.“ (Joh 15, 13)

Ernsthaft? Waren die, die damals in den Kampf gezogen sind, Helden, die aus Liebe ihr Leben riskiert haben? Für Volk und Vaterland – für ihr zu Hause, ihre Familien?

Mag sein, dass manche das geglaubt haben. Aber das war wohl dich ein Irrtum. Und das Zitat aus der Bibel passt erst recht nicht: „Niemand hat größere Liebe denn die, das er sein Leben gebe für seine Freunde.“ Es ist nämlich Jesus, der das sagt. Er selbst ist bereit, sein Leben einzusetzen: aber es geht im sicher nicht um Volk und Vaterland. Schon gar nicht lässt er sich als kleiner Fußsoldat von einer Regierung oder irgendwelchen Machthabern in den Kampf schicken. Jesus kämpft ja nicht mal, er kämpft gegen niemanden. Sondern lässt sich für andere verhaften und hinrichten. Und siegt am Ende auf entwaffnende Weise.

Heute, am ersten Veteranentag der Bundesrepublik Deutschland, geht es zum Glück um etwas anderes. Es geht heute um Respekt und darum, das Engagement der Soldatinnen und Soldaten zu würdigen. Hoffentlich bleibt da so, auch bei allen Veteranentagen, die noch kommen werden. Es sollte um die Menschen gehen, und niemals wieder um Heldenverehrung oder Opferbereitschaft für irgendeinen Gott oder die eine „gute und gerechte Sache.“

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09JUN2025
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Vielleicht erleben Sie heute ja etwas, von dem Sie sagen: „Gottes Geist weht, wo er will“. Vielleicht kommt Bewegung in eine festgefahrene Sache, oder irgendetwas gibt ihnen ganz unerwartet neue Energie. Darum geht es an Pfingsten, um Gott, der Kraft gibt – oft da, wo man es nicht erwartet. So ging es den Jüngern Jesu, als sie nach seinem Tod keine Ahnung hatten, wie es weiter gehen soll. Erst als der Heilige Geist sie gepackt hatte, im Sturm und mit Feuerzungen, da kam ihr Mut zurück und sie hatten wieder Energie, um rauszugehen. So erzählt es die Bibel.

„Gottes Geist weht, wo er will“. Jesus selbst hat diese Worte gesagt. Er hat versucht, den Heiligen Geist, das Unsichtbare, zu erklären. Er hat damit klar gemacht: Wie, wann und wo Gott wirkt, das ist weder planbar noch kontrollierbar.

Eine Idee davon habe ich bekommen, als mein Sohn gefirmt wurde. Der Bischof legt ihm seine Hände auf den Kopf und sagt: „Sei besiegelt durch die Gabe Gottes, den Heiligen Geist“.

Ob und wie der wirkt, das bleibt abzuwarten. Aber auf jeden Fall können mein Sohn und die anderen jungen Leute mit ihm rechnen. Und das ist schon ganz schön viel. Weil es bedeutet: Ich lasse mich auf etwas ein, das ich nicht kenne. Ich wage etwas, das auf den ersten Blick verrückt scheint. Ich probiere was aus. Ich finde, dieser Zuspruch ist wichtig für die jungen Leute auf ihrem Weg durchs Leben.

Bereit zu sein für den Heiligen Geist, das ist ganz grundsätzlich eine wertvolle Übung, gerade jetzt; um in schwierigen Zeiten oder in Krisen die Zuversicht nicht zu verlieren.

Auch wenn ich den Heiligen Geist nicht bestellen und mit ihm planen kann, für mich gibt es Orte und Situationen, die es mir einfacher machen, seine Kraft wahrzunehmen. Ich suche tatsächlich den Wind und die Weite. Am Meer, in den Bergen oder einfach auf der nächsten Anhöhe mit Blick auf die Schwäbische Alb; in einem Gottesdienst oder bei Musik unter freiem Himmel.

Das stärkt mich und ich kann klarer sehen: Was ist jetzt dran? Und dann kommt auch meine Energie zurück, wie bei den Jüngern damals.

Pfingsten bedeutet für mich deshalb auch: Mut haben und diesen luftigen Weggefährten mitnehmen. Sei es auf die eigene Lebensreise oder auch jetzt spontan in den Pfingsturlaub. Auf dass er weht, wo er will.

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08JUN2025
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Unsere Kinder sind für drei Tage ausgezogen. Jetzt über Pfingsten. Sie haben sich mit ihren Schlafsäcken bei Freunden einquartiert, in dem Dorf, in dem wir einige Jahre gelebt haben. Denn da, in Köngen, ist jetzt das große, traditionelle Pfingstfest. Vier Tage lang Musik und Rummelplatz, zusammen feiern, über den Pfingstmarkt bummeln.

Mein Sohn sagt, auf dem Pfingstfest sein, das fühlt sich an wie nach Hause kommen. Und genau das passiert dort tatsächlich: Viele, die übers Jahr woanders leben oder studieren, viele die irgendwann mal in Köngen zuhause waren – sie alle kommen an diesem Wochenende zurück.

So ist das auch bei vielen anderen Festen dieser Art im Land, beim Rutenfest in Ravensburg zum Beispiel oder dem Schäferlauf in Markgröningen.

Für mich sind solche Heimat- und Dorffeste echte Pfingstfeste. Weil ich da was spüre von dieser Kraft, vom pfingstlichen Geist, von dem die Bibel erzählt: Als Jesus gestorben war, haben sich die Jünger zuerst mal zurückgezogen und versteckt, weil sie Angst hatten. „Was passiert jetzt mit uns, wie geht’s weiter?“ Und dann wird vom Pfingstwunder erzählt: Feuerzungen tauchen am Himmel auf und legen sich auf die Jünger; ihre Angst ist plötzlich verschwunden, und sie fangen an befreit zu reden; und zwar in ganz verschiedenen Sprachen, die ihnen eigentlich fremd sind. Menschen aus vielen Ländern sind zu dem Zeitpunkt in Jerusalem. Und sie alle hören in ihrer Muttersprache, wie die Jünger begeistert von Gott erzählen. Es muss ein richtiger Freudentaumel gewesen sein, der sie erfasst. Manche glauben deshalb, die Jünger hätten wohl zu viel getrunken. Aber so war es nicht. Da war Gott im Spiel und jener Beistand, den er ihnen schickt; damit sie wieder Mut fassen und weitermachen. Heiliger Geist – das ist der Name dieses Beistands.

Gottes Geist wirkt, wo Menschen, wo Freunde zusammenkommen, wo sie sich erinnern und einander erzählen. Wo sie ihre Sorgen teilen, sich trösten und verstehen, und wo sie zusammen feiern. Pfingsten hat für mich deshalb auch mit Heimat zu tun. Mit einem Ort, an den ich kommen kann und verstanden werde. Vielleicht weil dort ein vertrauter Dialekt gesprochen wird oder weil gute Freunde genau wissen, wie es mir geht.

Das biblische Pfingsten gilt als die Geburtsstunde der christlichen Kirche, von da an, hat sich der Glaube in alle Welt verbreitet. Das Köngener Pfingstfest ist für meine Kinder jedes Jahr ein wichtiges Ereignis: Und nach drei Tagen und Nächten wird der Schlafsack dann wieder eingepackt und die Freunde gehen gestärkt und tatsächlich begeistert auseinander, wieder hinaus in die Welt.

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01JUN2025
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Immer wieder taucht dieses Banner gerade irgendwo auf. An Kirchtürmen und Gemeindehäusern in Tübingen hängt es – mal hier, mal da. Wäre Jesus Klimaaktivist? Die Frage steht mit großen Buchstaben in schwarz, rot und blau auf dem weißen Leintuch. Wer vorbeiläuft oder heute am Sonntagmorgen zum Gottesdienst geht, kann es nicht übersehen. Demnächst wird es auch an unserem Gemeindezentrum aufgehängt.

Wäre Jesus Klimaaktivist? Manche rollen bei dieser Frage nur die Augen. Vom Thema Klima haben sie genug. Ich dagegen finde die Frage spannend. Weil sie zum eigenen Nachdenken anregt.

Was weiß ich über Jesus? Er wollte den Menschen Gott nahebringen. So würde ich zusammenfassen, was über ihn in der Bibel steht. Jesus wollte ihre Perspektive erweitern, damit sie nicht nur um sich selbst kreisen. Das Ziel für uns Menschen, hat Jesus immer wieder gesagt, ist das Reich Gottes. Also eine neue Welt, in der alle in Frieden und Gerechtigkeit leben – so, wie Gott es will.

Und Jesus hat etwas von dieser Welt, wie sie sein soll, sichtbar und spürbar gemacht. Aber: Wäre er deshalb heute Klimaaktivist?

Klar ist: Jesus hat seine Meinung deutlich gesagt. Er konnte auch provozieren und im Ton sehr scharf werden. Beim Thema Gerechtigkeit zum Beispiel ist er den Reichen gehörig auf die Füße getreten. Zum Reich Gottes gehört man nur, wenn man Verantwortung für andere übernimmt und sich nicht auf Kosten anderer bereichert, hat er gesagt.

Klar ist aber auch: Jesus ist für Gewaltlosigkeit eingetreten. Ein Aktivismus, der andere verletzt oder schädigt, wäre für ihn nicht in Frage gekommen. Obwohl: Eine Geschichte erzählt auch davon, wie Jesus im Tempel wutentbrannt die Tische der Händler umgeschmissen hat, weil er fand, dass es im Tempel ums Reich Gottes gehen sollte. Dass die Leute selbst da noch Geschäfte gemacht haben, fand er respektlos. Das hat ihn richtig wütend gemacht. Ich würde sagen: Sachbeschädigung war das schon. Und ich kann mir vorstellen, dass der respektlose Umgang mit Gottes Schöpfung heute Jesus genauso in Rage gebracht hätte.

Also: Wäre Jesus Klimaaktivist? Die Frage lässt sich nicht so einfach beantworten. Aber ich tendiere zu: Ja! Jesus würde sich dafür einsetzen, die Erderwärmung zu stoppen. Aus Respekt vor Gott und seiner Schöpfung – und um unserer selbst willen. Weil durch die Klimaveränderung viele Tier- und Pflanzenarten aussterben. Und weil auch Menschen ihre Lebensgrundlage verlieren – und es die Armen dabei besonders trifft. So soll es nicht sein im Reich Gottes, würde Jesus sagen. Und er würde dabei ziemlich deutlich werden.

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29MAI2025
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Wenn ich nachdenken muss, gehe ich gerne auf den Friedhof. Klingt vielleicht komisch, aber ich liebe die Ruhe dort. Ich finde, es ist eine freundliche Ruhe. Ich mag, dass ich die Vögel zwitschern höre auf dem Friedhof. Der Wind raschelt durch die Blätter der Bäume, die Sonne scheint auf die Gänseblümchen im Gras. Ich sitze dann auf einer Bank und fühle mich irgendwie verbunden mit den Menschen, die vor uns gelebt haben. Welche Geschichten verbergen sich wohl hinter den Namen auf den Grabsteinen? Was hat diese Menschen ausgemacht? Was haben sie erfahren, wen geliebt, worauf gehofft? Da sind Menschen, die sehr alt geworden sind und einige, die viel zu jung gehen mussten. Auch wenn so manche sicher alleine gestorben sind- hier auf dem Friedhof sind sie vereint. Hier hat alles Platz: die guten und schlechten Erinnerungen. Traurig sein und hoffen, dass wir eines Tages wieder zusammen sein werden.

Heute ist Christi Himmelfahrt. Die Bibel erzählt, dass Jesus nach seiner Auferstehung noch einigen Jüngerinnen und Jüngern begegnet ist und sich dann endgültig verabschiedet und in den Himmel aufsteigt. Wie auch immer man sich das vorstellen mag – jedenfalls ist er nun nicht mehr greifbar, nicht mehr da.
Was bleibt, sind seine Worte und seine Hoffnung, die er seinen Freundinnen und Freunden mitgegeben hat. Er hat sie ermutigt, dass sie auch ohne ihn weitermachen können. Was ihm wichtig war, hat er ihnen weitergegeben und sie bewahren es in ihren Herzen und erzählen es anderen.

Auf dem Friedhof kann ich etwas davon spüren. Hinter jedem Namen auf einem Grabstein steckt ein ganzes Leben, mit all den Geschichten und Erfahrungen, die dieser Mensch gemacht hat. Die Verstorbenen sind zwar nicht mehr hier, nicht mehr greifbar- aber etwas von ihnen lebt weiter. In den Geschichten, die wir erzählen. Indem wir fortsetzen, was sie begonnen haben.

Ich denke an die Menschen, die uns Wege gebahnt haben, auf denen wir heute gehen. Heute besonders auch an meinen Vater. Er ist in einfachen Verhältnissen groß geworden und ihm war es immer wichtig, dass wir Kinder es einmal besser haben als er. Dafür hat er viel getan. Ich denke an Menschen, die gesellschaftlich Dinge bewegt und verändert haben, die bis heute wichtig sind: An die Frauen, die im Großen und Kleinen für Gleichberechtigung gekämpft haben. An die Mütter und Väter des Grundgesetzes. So viele Menschen, die sich eingesetzt haben, um die Welt ein Stück besser zu machen.

Dafür bin ich dankbar- und ich spüre gleichzeitig eine große Verantwortung. Ich will dazu beitragen, dass das Gute, für das sich diese Menschen eingesetzt haben, weitergeht. Weil wir alle verbunden sind – mit denen, die vor uns gelebt haben und denen, die nach uns kommen.

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25MAI2025
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Europas Eissorte des Jahres heißt in diesem Jahr „Halleluja“. Ein Eis aus Gianduja Nougat mit gerösteten Haselnüssen und Schokolade. Und weil der Papst das Jahr 2025 zum „Heiligen Jahr“ ernannt hat, heißt die Eissorte eben „Halleluja“.
Dass aber nicht nur das Halleluja-Eis, sondern auch andere Eissorten etwas mit meinem Glauben zu tun haben könnten, darauf hat mich neulich meine Kollegin Olivia gebracht.

Sie hat an einem Samstagnachmittag mitten in Heidelberg Eis verschenkt und die Leute gefragt: „Wie schmeckt dein Glaube? Süß oder fruchtig, tränensalzig oder nach Mut?“

Ich habe mich auch mal ein bisschen durchprobiert. Das Erdbeereis hat mich sofort an meine Kindheit erinnert. An Familienausflüge und unbeschwerte Sommertage. Da steckt eine große Portion Wärme und Geborgenheit drin.
Als nächstes probiere ich Vanilleeis. Das geht immer und passt zu heißen Himbeeren und Apfelstrudel genauso wie in den Eiskaffee. Vanilleeis und auch mein Glaube: beides für mich eine solide Basis, egal, wie das Leben drumherum gerade ist.
Schokoladeneis schmeckt tröstlich. Und auch so ist mein Glaube. Gerade, wenn es mir schwer ums Herz ist.
Und manchmal schmeckt mein Glaube auch nach Zitroneneis. Einfach erfrischend und leicht.

So unterschiedlich wie die Eissorten sind auch die Antworten der Leute bei der Aktion „Wie schmeckt dein Glaube?“. Manche antworten sofort: „vielseitig“ oder „süß“. Jemand anderes meint: „zuversichtlich und immer wieder überraschend.“ Für Cornelia und Frank ist klar, ihr Glaube schmeckt „nach Liebe und Menschlichkeit“. Und ein Mann kommt zu dem Ergebnis: „Mein Glaube schmeckt auch mit sechzig Lebensjahren immer noch nach „mehr“ und mir macht es Freude immer Neues zu entdecken.“

Welch ein schöner Gedanke. Ich stelle mir vor: wie wäre es, wenn es eine Eisdiele gäbe, über deren Eingang steht: „Schmeckt…, wie gut der Herr ist“ (Ps 34,9 BB) und in deren Theke jede Menge Sorten sind. Ganz appetitlich angerichtet. Manche kenne ich gut. Die nehme ich immer wieder. Doch hin und wieder probiere ich auch eine neue Sorte. Da kann es schonmal passieren, dass in der Kugel die ein oder andere Nuss steckt, an der ich ordentlich zu knabbern habe. Und manchmal schmeckt es anders, als ich es mir erhofft habe. Doch immer mal wieder hab´ ich auch eine Kugel in meiner Eistüte, die genau meinen Geschmack trifft und die mich satt macht. Vor allem meine Seele. Und ich weiß: davon hätte ich gerne mehr.

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