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06JUL2025
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Sie ist die heiligste Stadt der Welt, steht im Schnittpunkt von drei bedeutenden Weltreligionen: Jerusalem. Fast 800-mal taucht ihr Name in der Bibel auf. Im Alten wie im Neuen Testament. Kriege wurden um sie geführt. Sie wurde verwüstet und wieder aufgebaut. Jesus ist vor ihren Mauern am Kreuz gestorben und der christlichen Überlieferung nach dort auferstanden. Nach islamischer Tradition hat der Prophet Mohammed von dem Felsen im gleichnamigen Felsendom seine Himmelsreise angetreten. Sie war die Stadt der großen jüdischen Könige David und Salomo. Und sie war der Sehnsuchtsort der ins babylonische Exil verbannten Israeliten. Im 6. Jahrhundert vor Christus war das. Als das Exil dann endlich zu Ende geht, die Verschleppten nach Jerusalem zurückkehren dürfen, macht sich dennoch Frust unter ihnen breit. So viel ist zerstört, so vieles hat sich verändert. Ein Prophet, dessen Worte wir im biblischen Buch Jesaja finden, versucht, sie aufzurichten. Er stimmt einen Lobgesang auf Jerusalem an. Und von Gott richtet er ihnen diese Botschaft aus: Siehe, wie einen Strom leite ich den Frieden zu ihr und die Herrlichkeit der Nationen wie einen rauschenden Bach … In Jerusalem findet ihr Trost.

In den katholischen Gottesdiensten sind diese Worte heute zu hören. 2500 Jahre sind sie alt. Angesichts der Realitäten im Heiligen Land und auch in Jerusalem könnte man glatt wehmütig werden. Darüber, wie alt diese Sehnsucht nach Frieden schon ist und wie wenig sie sich erfüllt hat. Bis heute. Es scheint fast, als ob der Prophet da irgendwelchen Träumen nachhängt. Oder sich schlicht geirrt hat. Vielleicht aber will er den Zurückgekehrten ja auch nur Mut machen. Will ihnen sagen: Ich weiß um eure Sehnsucht nach Frieden und ich sage euch, Gott selbst hat sie auch. Gott möchte Frieden, für Jerusalem und für alle Völker. Und es liegt an den Menschen, dass sie ihn nicht halten können.

Darum möchte ich gern schließen mit Worten meines früheren Kollegen Stephan Wahl, der seit einigen Jahren als Deutscher in Jerusalem lebt und auch bleiben will: Die Ignoranz der Welt ist entsetzlich. … Mir bleibt nur, an alle Opfer zu denken. Für sie und ihre Familien zu beten und weiter - so weit wie möglich - nicht still zu sein, wenn die Menschenwürde mit Füßen getreten wird. Und die so unrealistisch erscheinende Hoffnung auf Frieden für dieses Unheilig-Heilige Land nicht aufzugeben. Trotz allem, trotz allem, trotz allem.

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29JUN2025
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Ich hätte da mal eine Idee für diese heißen Sommertage: Ich finde, es sollte überall draußen Stände mit Wasser geben. Am besten schön gekühlt. Und natürlich kostenlos. Eine schöne Vorstellung! Denn viel Trinken ist nicht nur wichtig bei dieser Hitze; es ist lebensnotwendig. Und dann frage ich mich: Warum eigentlich nur Wasser an diesen Ständen, warum nicht auch noch ein paar Milchshakes im Angebot und abends einen kühlen Rosé? Selbstverständlich auch für umme. Das finden sie jetzt übertrieben? Aber die Idee ist uralt. Sie findet sich sogar schon in der Bibel in einem Text aus dem Buch des Propheten Jesaja. Über den wird heute in vielen evangelischen Gottesdiensten gepredigt.

Jesaja hat in seinem Text auch so einen Stand aufgebaut. Mit kostenlosen Getränken. Und als besonderer Clou: Mit Gott als Barkeeper. Der ruft bei ihm wie so ein orientalischer Marktschreier: „Auf, ihr Durstigen, hier gibt es Wasser! Auch wer kein Geld hat, kann kommen. Kommt, kauft euch zu essen! Kommt und kauft ohne Geld! Wein und Milch – sie kosten nichts. Warum wollt ihr Geld ausgeben für Brot, das nicht wie Brot schmeckt? Warum wollt ihr euren mühsam verdienten Lohn für etwas vergeuden, das nicht satt macht? Hört doch auf mich, dann bekommt ihr Gutes zu essen und könnt köstliche Speisen genießen. Hört mich an und kommt zu mir! Hört, dann lebt ihr auf!“

Mir gefällt dieses Bild, das Jesaja entwirft. Und mir gefällt dieser Gott, der wie bei einem Straßenfest einen ganz normalen Standdienst schiebt. Der am Straßenrand steht, dort, wo ich vorbeikomme, und seine Waren feilbietet. Kostenlos, aber unendlich kostbar. Er hat nämlich das Leben selbst im Angebot. Das Leben, das wir alle einmal umsonst bekommen haben. Das aber gehegt und gepflegt sein will wie ein Pflänzchen in der Sommerhitze. Das Wasser und Brot braucht für Leib und Seele. Und manchmal auch Milch und Wein und vielleicht ein Eis am Stiel. Einfach so. Ich hätte da mal eine Idee für diesen heißen Sommertag: Greif zu, lieber Mensch, und lass dich erquicken.

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22JUN2025
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Wer war Jesus?
War er Gott oder einfach nur ein besonderer Mensch?

Um diese Frage wurde am Beginn des Christentums heftig gestritten und diskutiert. Um die Frage zu klären und den Streit zu beenden, hat Kaiser Konstantin im Jahr 325, also vor genau 1700 Jahren, Bischöfe und Theologen ins heute türkische Nizäa eingeladen.

Zwei Monate lang haben sie miteinander gerungen und am Ende wurde ein Glaubensbekenntnis formuliert, das bis heute Basis des christlichen Glaubens ist. Darin heißt es über Jesus, dass er „Gott von Gott, Licht vom Licht, wahrer Gott vom wahren Gott“ ist. Also dass er eben nicht nur ein Mensch, sondern gleichzeitig auch wirklich Gott ist.

Zugegeben, das klingt paradox und ist nicht wirklich zu verstehen. Doch neulich hat mir jemand gesagt, dass das ein bisschen wie mit Licht ist. Licht ist auch widersprüchlich. Denn physikalisch hat Licht nämlich Eigenschaften sowohl eines Teilchens als auch einer Welle. Licht ist also, grob vereinfacht, zugleich ein Teilchen an einem bestimmten Ort und eine Welle, die sich vorwärtsbewegt. Das geht nach meiner Logik nicht. Doch ich habe mir sagen lassen, nach der Logik der Quantenphysik eben schon. Es gibt also Dinge, bei denen ich nicht verstehe, wie sie genau funktionieren. Wie beim Licht, das Teilchen und Welle ist, oder wie bei Jesus, der zugleich Gott und Mensch ist.

Doch das „wie“ ist mir in Glaubenssachen gar nicht so wichtig. Aber das „Warum“ interessiert mich schon, also die Frage, warum Jesus sowohl Gott als auch Mensch ist. Und diese Antwort finde ich in der Bibel: Da heißt es nämlich, dass Jesus auf die Welt gekommen ist, um uns Gott zu zeigen. Jesus als Mensch macht uns Gott erlebbar, nahbarer und verständlicher. Er heilt, tröstet, lehrt und ist wie ein Freund, der verspricht: ich bin immer bei euch.

Dass die Menschen in Jesus auch Gott erkannt haben, davon ist heute in katholischen Gottesdiensten zu hören. Jesus fragt seine Jünger: „Für wen haltet ihr mich?“ Und Petrus antwortet: „Für den Christus Gottes.“ (Lk 9,20) Also übersetzt, für den Gesalbten Gottes.

Ich finde es erstaunlich, dass der einfache Fischer Petrus so eine theologisch perfekte Antwort parat hat. Wo er doch in anderen Situationen eher an Gott zweifelt. Doch manchmal, wie hier, sagt er genau das Richtige. Er weiß, dass Jesus der Christus ist. Der Erlöser und Befreier. Mit diesen Namen wird ausgedrückt: Jesus ist Gott, seinem Vater, sehr nah. Mit Jesus hat etwas vom Heil angefangen, das Gott für alle Menschen will. Nicht in ferner Zukunft, sondern auch schon hier und jetzt.

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19JUN2025
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Vor einigen Jahren habe ich eine Freundin in England besucht. Sie ist damals dort ausgebildet worden zur Priesterin der anglikanischen Kirche, der Kirche von England. Ich habe einige Zeit mit ihr im Ausbildungsseminar gelebt und war dort auch immer eingeladen zu den Hausandachten. Eines Abends gab es eine besondere Andacht. Die Kapelle war an diesem Abend nur mit Kerzen beleuchtet und es herrschte dort eine tiefe Stille. Vorne auf dem Altar stand ein goldenes Gefäß mit einem Mittelstück aus Glas. Und darin war deutlich eine Hostie zu sehen, ein kleines Stück Brot. Leise hat meine Freundin mir erklärt, dass wir nun alle miteinander in stillem Gebet für eine Stunde vor diesem geweihten Stück Brot verweilen. Als ich sie fragend anschaute, sagte sie, dass Jesus Christus in diesem Stück Brot, tatsächlich anwesend ist. So hätten wir alle die Möglichkeit, jetzt besonders vertraut mit ihm zu sprechen.

Jesus Christus wirklich anwesend in diesem Stück Brot? Das soll mir Jesus nahe bringen, obwohl ich es nicht mal essen, sondern bloß ansehen kann?  Damit habe ich nichts anfangen können.

Und heute, an Fronleichnam, geht es mir immer noch so. Denn an Fronleichnam geht es um genau das: Nämlich, dass Jesus Christus in einer Hostie, einem kleinen runden Stück Brot, wirklich anwesend ist. Und deshalb wird dieses kleine Stück Brot, überdacht mit einem prunkvollen Baldachin, durch die Straßen getragen. Denn das bedeutet der Name Fronleichnam: Leib des Herrn.

Ich habe mit meinem katholischen Kollegen in Ingelheim, Pfarrer Feuerstein, über Fronleichnam gesprochen und ihn gefragt, was ihm wichtig ist an diesem Tag. Er hat geantwortet: Als Priester ist es mir wichtig, dass wir an diesem Tag, das was uns am „Allerheiligsten“ ist, nämlich Jesus im Brot, nach draußen tragen; dahin, wo die Menschen leben. Und ganz besonders nehmen wir diejenigen mit in unsere Gebete hinein, die am Prozessionsweg wohnen und auch die Anliegen, die uns im Alltag – also „draußen“ begegnen.

Mir gefällt seine Antwort und ich verstehe besser, dass Fronleichnam ein besonderer Weg ist, um Christus nahe zu sein. Auch, wenn es nicht mein Weg ist, glaube ich: Jesus Christus ist nicht hoch und fern von uns. Er lebt mitten unter uns und interessiert sich für uns. Und das ist so wertvoll, dass dafür die schönsten Gewänder herausgeholt und die Häuser festlich geschmückt werden. Diesen Gast brauchen wir wirklich so dringend wie unser täglich Brot.

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15JUN2025
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Ein Gott in drei Personen. Sage keiner, das sei leicht zu verstehen. Christen glauben an einen Gott und sagen doch einerseits Vater, dann Sohn, aber auch Heiliger Geist zu ihm. Heute wird in den christlichen Kirchen ein eigener Sonntag zu diesem Thema begangen. Um die „Dreifaltigkeit“ besser zu verstehen, kommt mir einer der Bibeltexte zu Hilfe, der in den Gottesdiensten vorgetragen wird.

Im Johannesevangelium gibt es eine große Rede, in der Jesus seinen Jüngern erklärt, dass sein Tod bevorsteht und wie es danach weitergeht. Ich finde das sehr fürsorglich. Oft bleiben Angehörige ratlos zurück, wenn ein Mensch stirbt, der ihnen lieb ist. Wenn wenig geregelt ist, müssen sie alles allein entscheiden und dabei tauchen Fragen auf. Jesus beugt dem vor, indem er ihnen verspricht, dass er auch in Zukunft da sein werde. Nur eben in einer anderen Form. Als Geist. Und das formuliert Johannes so: Wenn aber jener kommt, der Geist der Wahrheit, wird er euch in der ganzen Wahrheit leiten. (…) Er wird mich verherrlichen; denn er wird von dem, was mein ist, nehmen und es euch verkünden[1]. Dieser kommende Gottes-Geist hilft den Jüngern dem treu zu bleiben, was Jesus wichtig war. Er ist eine Art Wegbegleiter, damit sie eine Orientierung haben, wie es mit dem Glauben an Gott weitergeht. Und den wesentlichen Maßstab liefert Jesus gleich mit: Es geht um die Wahrheit. Nur wer sie sucht, wird sich auf Jesus berufen können. Wo mit der Wahrheit Schindluder getrieben wird, wo es egal ist, was stimmt und was gelogen, ist der Geist Gottes nicht im Spiel. Ich weiß, dass wir als Menschen die Wahrheit zu einer Sache nie voll und ganz haben werden; das liegt außerhalb unserer Möglichkeiten. Aber nach der Wahrheit zu suchen, das dürfen wir nie aufgeben. Weil Gott die Wahrheit ist. Eine Wahrheit, die wir besser verstehen, wenn wir uns daran halten, wie Jesus gedacht und gelebt hat. Dazu gehört, all unsere Möglichkeiten zu nützen, die wir haben. Ich als einzelner mit meinen Begabungen und die Menschheit zusammen. Christen können es nicht mit der Suche nach Wahrheit vereinbaren, dass die Forschung von Geistes- und Naturwissenschaftlern zunehmend verachtet wird. Deshalb wird jeder, der den Geist Jesu in sich hat, der Lüge entgegentreten, die am Ende immer die Armen am meisten trifft.

Das alles ist nicht nur ein frommer Wunsch, den Jesus da in seinen Abschiedsworten ausspricht. Es steht im Zentrum eines Glaubens, der festhält: Gott hat die Welt erschaffen, er ist Anfang und Ende von allem, und meint es gut mit uns – wie ein Vater. Jesus Christus, der Sohn, macht die Wahrheit für uns menschlich und konkret. Und der Heilige Geist hilft uns, das nicht zu vergessen.

 

 

[1] Johannes 16,13a.14

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09JUN2025
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Da stehen sie zusammen, wie so oft. Jesus und seine Freunde. Und Jesus drückt Petrus einen Schlüssel in die Hand. Nicht wirklich, sondern symbolisch und mit feierlichen Worten: „Da, Petrus“, sagt er. „Das sind die Schlüssel zum Himmelreich. Dir vertraue ich sie an. Was du auf Erden binden wirst, soll auch im Himmel gebunden sein, und was du auf Erden lösen wirst, soll auch im Himmel gelöst sein.“

So steht’s in der Bibel, im Matthäus-Evangelium – und ist heute, am Pfingstmontag, in vielen evangelischen Gottesdiensten zu hören. Aber mal ehrlich: Die Schlüssel zum Himmelreich – ausgerechnet in der Hand von Petrus? Diesem „Musterschüler“ von Jesus, der zwar immer groß tut, immer vorneweg mit Wort und Tat: „Ja, Meister. – Ich will auch übers Wasser gehen, so wie Du, Meister. – Ich bleibe an deiner Seite, bis in den Tod, Meister.“ – und der dann doch nichts auf die Reihe kriegt: Der davon läuft aus Angst vor den Soldaten, der es nicht übers Wasser schafft, ohne abzusaufen und der seinen Meister ständig falsch versteht. Ausgerechnet diesem Petrus wird die Schlüsselgewalt übergeben? Er darf binden und lösen - entscheiden, wer zur Gemeinschaft der Kirche dazugehört und wer nicht – und darf entscheiden, was gelten soll.

Die Schwächen von Petrus, die zählen für Jesus offensichtlich nicht. Was zählt, und was die beiden wirklich verbindet, das ist - Vertrauen. Petrus vertraut felsenfest darauf, dass er bei Jesus dem Himmelreich so nahe ist, dass sogar er es erreichen kann. Und deshalb wird Petrus auch nie aufhören, Jesus nachzueifern und ihm auf dem Weg der Gottes- und Nächstenliebe zu folgen.  Und dafür bekommt er die Schlüsselgewalt.

Vertrauen in Jesus Christus – das ist es, was zählt. Zu Petrus und allen andern, die sich an ihn halten sagt Jesus deshalb auch: „Wenn zwei oder drei versammelt sind, in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen. Wo zwei oder drei vertrauen, und nicht aufhören, nach Jesus zu fragen – und sich ganz auf ihn ausrichten: Da ist Jesus präsent, in seiner Kirche – der Gemeinschaft der Heiligen.

Und deshalb gehört die Geschichte auch zum heutigen Pfingstmontag – dem Geburtstag der Kirche. Ich bin sicher, sie wird noch viele Geburtstagsfeste erleben und noch sehr, sehr alt werden – denn sie ist da lebendig, wo wir nicht aufhören, gemeinsam nach, nach dem Weg von Jesus zu fragen.

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08JUN2025
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Im Konklave, während der Wahl des neuen Papstes, habe er es gespürt, das Wirken des Heiligen Geistes. Das hat der Münchener Kardinal Reinhard Marx in einem Interview gesagt. Was genau er da gespürt hat, hat er zwar nicht verraten. Aber womöglich hat er ja an das Fest gedacht hat, das die Kirche heute feiert: Pfingsten. Die Pfingstgeschichte erzählt nämlich genau davon. Dass eben dieser Heilige Geist spürbar in die Welt gekommen ist.

Nun ist das mit dem Geist so eine Sache. Er ist unsichtbar, lässt sich schwer beschreiben. Und zu greifen ist er schon gar nicht. Geist, das Wort mag so manchen vielleicht eher an Gruselfilme denken lassen. Die Geister im Film. In aller Regel verbreiten sie Furcht und Schrecken. Die meisten glauben nicht an derartige Geister. Ich auch nicht.

Für die Menschen zur Zeit der Bibel allerdings waren Geister und Dämonen ziemlich real. Man fürchtete sich vor ihnen. Psychisch kranke Menschen etwa, so meinte man damals, seien von bösen Geistern besessen. Es sind dieselben uralten Ängste vor dem Geheimnisvollen, Unbegreiflichen, mit dem auch viele Gruselfilme heute noch spielen.

Der Heilige Geist, Gottes Geist, von dem die Bibel erzählt, ist anders. Nach den Texten der Bibel war er schon da bei der Entstehung der Welt. Viele Menschen, die Jesus begegnet sind, haben ihn gespürt. Und seit dem Pfingstfest begleitet er Menschen, die diesem Jesus folgen wollen, durch die Zeit. Es ist ein Geist, der Mut machen, aufrichten, neue Impulse geben will. So jedenfalls erzählt es die Bibel. Wenn Menschen heute zu Gott beten, dann beten sie in diesem Geist Gottes. Sie glauben daran, dass er da ist. Überall und zu jeder Zeit. Das dürfte Kardinal Marx wohl gemeint haben.

Und damit wären wir bei der Frage, was der Kardinal da gespürt haben könnte im Konklave. Gottes Heiliger Geist setzt keine physikalischen Gesetze außer Kraft. Er lässt keine Gläser geheimnisvoll umher rücken, oder Tische sich bewegen. In einem Gebet heißt es vielmehr: Sein Geist bewegt die Herzen. Das bringt es auf den Punkt. Und darum versucht der Erzähler der biblischen Pfingstgeschichte diesen Geist in einem Bild zu beschreiben. Beschreibt ihn als Sturm, der alles durchlüftet. Als leuchtende Zungen, die auf die Menschen herunterkommen. Es ist ein Bild dafür, dass Gottes Heiliger Geist einer ist, der die Köpfe und Herzen erreichen und bewegen will. Hin zu etwas Gutem.

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01JUN2025
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Schon wieder so ein fettes Paket: Ein USB-Stick – aber geliefert in einem Karton, der auch für einen Umzug gereicht hätte. Für so etwas reicht doch eigentlich eine kleine Schachtel. Die richtige Größe kennen – darauf käme es an.

Im Predigttext, über den heute in vielen evangelischen Gemeinden gepredigt wird, da geht es auch um die richtigen Abmessungen. Der Autor des Epheserbriefs bittet darum, dass die Christinnen und Christinnen „erfassen, was die Breite und Länge und Höhe und Tiefe (ist)“ (Epheser 3,18b).

Aber was soll in Ephesus verpackt werden? Die weiteren Zeilen des Gebets lassen vermuten: die Liebe Gottes zu den Menschen. Christinnen und Christen sollen erfassen, wie groß seine Liebe ist.

Im nächsten Satz merkt der Autor selbst an: Diese Liebe übersteigt alle Erkenntnis. Sie ist nicht zu messen. Nicht zu begrenzen. Noch der größte Karton wäre zu klein.

Trotzdem versuchen Menschen immer wieder, Gottes Liebe einzugrenzen. Vor kurzem hat der amerikanische Vizepräsident behauptet, Nächstenliebe gelte zuerst der eigenen Familie, dann dem eigenen Volk – und erst danach dem Rest der Welt. Er hat viel Widerspruch bekommen.

Zugegeben: Unser Mitgefühl ist tatsächlich oft stärker für Menschen, die uns nahe sind – geografisch, kulturell, emotional. Für meine Familie würde ich viel mehr investieren und aufgeben und als für andere Menschen. Und ich glaube, dass unser Mitgefühl gegenüber ukrainischen Flüchtlingen auch deswegen viel höher ist, weil sie uns allein geografisch viel näher liegen, als Menschen in Afghanistan oder an anderen Orten auf der Welt.

Aber genau das ist der Kern der Nächstenliebe, die aus Christus kommt: Sie geht weiter, als unser Herz reicht. Sie sprengt den Rahmen. Darum packt der Autor des Epheserbriefs diesen Wunsch auch in ein Gebet. Weil er weiß, dass wir das nicht aus uns allein erkennen und umsetzen können. Wir brauchen Gott, um wirklich zu begreifen, wie groß seine Liebe ist. Zu erkennen, dass seine Liebe zu den Menschen sich nicht einschnüren lässt. Und, dass wir dafür unsere Liebespakete viel mutiger, großzügiger und freier verteilen können, als wir es uns selbst zutrauen .

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29MAI2025
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Loslassen – das fällt mir ziemlich schwer. Z.B. wenn ich etwas gerne habe, oder wenn ich mich von einem Menschen verabschieden muss, der mir wichtig ist.

Das Fest Christi Himmelfahrt kann mir beim Loslassen helfen, weil es den Jüngerinnen und Jüngern von Jesus zunächst ganz ähnlich wie mir gegangen ist. Auch sie müssen lernen loszulassen. Schon als Jesus gestorben ist, haben sie gedacht, dass sie ihn verloren hätten. Doch an Ostern sind sie ihm begegnet und danach auch immer wieder. Zwar anders als vorher, aber er war ihnen nah. Jesus hat ihnen gezeigt, dass er auferstanden ist.

Jetzt ist er ist ein letztes Mal bei ihnen, um sich endgültig zu verabschieden. Jesus geht, und sie müssen loslassen. In der Bibel heißt es da ganz schlicht: „Und während er sie segnete, verließ er sie und wurde zum Himmel emporgehoben.“ (Lk 24,51)

 

Ob und wie sich das genau zugetragen hat mit dem „in den Himmel emporgehoben werden“, ist dabei gar nicht so entscheidend. Wichtig finde ich, was dann kommt, und wie die Jüngerinnen und Jünger damit umgehen.

Zunächst einmal überwinden sie ihre Schockstarre und gehen nach Jerusalem zurück. Alle zusammen. Sie bleiben also nicht allein, sondern tun sich zusammen. So merken sie: da gibt es Freundschaften und Beziehungen, die weitergehen. Es ist nicht alles zu Ende.
Dann vermute ich, dass sie viel miteinander gesprochen haben. Sie werden sich erinnert haben, wie das mit Jesus war. Was er ihnen von Gott erzählt hat, und wie er den Menschen begegnet ist. Mit diesen Erfahrungen im Gepäck sollen die Jüngerinnen und Jünger nun selbst zu den Menschen gehen und die Botschaft von Gott weitergeben. Das hat ihnen Jesus aufgetragen. Oder man könnte auch sagen, das traut Jesus ihnen zu. Er ermutigt sie, dass sie das können. Selbst wenn sie das Gefühl haben, mit leeren Händen dazustehen. Ihre Herzen sind gefüllt. Das reicht für das, was kommen wird.

Und nicht zuletzt geht Jesus nicht, ohne sie zu segnen. Die Anhängerschaft Jesu spürt: wir bleiben selbst jetzt nach der Himmelfahrt, wenn wir auf uns allein gestellt sind, mit Jesus verbunden. Er ist bei uns und stärkt uns den Rücken.

 

Die Verbundenheit mit anderen suchen, sich erinnern an die gemeinsame Zeit, den gemachten Erfahrungen trauen, von denen das Herz voll ist, und das Versprechen: auch wenn alles Vertraute weg ist, „Gott ist bei mir“ – mir hilft das, wenn ich loslassen muss. Gerade dann, wenn ich noch nicht absehen kann, was kommen wird.

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25MAI2025
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Der Sonntag heute heißt Rogate, das heißt übersetzt: Betet! Und genau diesen Rat gibt Jesus seinen Jüngern in einer biblischen Geschichte. Jesus ist auf dem Absprung. Er kündigt den Jüngern an: Ich werde bald nicht mehr bei euch sein. Ich gehe zu meinem Vater. Ich gehe zu Gott.

Die Jünger haben Angst. Angst, was ist, wenn Jesus nicht mehr da ist. Angst, dass sie alleine nicht zurechtkommen. Angst, dass da niemand mehr ist, mit dem sie reden können. „Aber ihr könnt doch mit Gott reden. Betet!“ Sagt Jesus ihnen. „Ihr habt es doch bei mir erlebt: Ich habe immer mit meinem Vater gesprochen. Macht es einfach genau so: Alles, worum ihr den Vater in meinem Namen bittet, das wird er euch geben.“ (Joh 16,23b)

Betet! Als ob das so einfach wäre. Es tröstet mich ein bisschen, dass das den Jüngern damals auch schon nicht so leicht gefallen ist. Wie redet man mit jemandem, den man nicht sehen kann? Oder anfassen kann – so wie Jesus. Jesus konnte mit Gott sprechen – davon waren sie überzeugt. Aber es selbst zu versuchen? Das ist ihnen anscheinend gar nicht in den Sinn gekommen. Gott ist ihnen zu weit weg.

Alles, worum ihr den Vater in meinem Namen bittet, das wird er euch geben.“ (Joh 16,23b) sagt Jesus. Also gut, sage ich mir. Ich versuche es. Nur: Worum soll ich Gott bitten? Vielleicht um ein gutes Leben für mich und um Gesundheit? Oder ist es egoistisch, nur für mich zu bitten? Soll ich Gott für andere bitten? Für die Menschen, die ich kenne, und denen es gerade nicht gut geht? Oder soll ich den Blick noch mehr weiten? Gott bitten für die Menschen, die ich nicht im Blick behalten kann? Für Frieden in den Kriegsgebieten dieser Welt?

„Springt! Betet!“ Ich versuche es und merke: Jeden Tag gewöhne ich mich ein bisschen mehr an meine „Gespräche“ mit Gott. Jeden Tag wird Gott mir vertrauter. So weit weg ist er gar nicht mehr. Und mit meinem Vertrauen wächst auch mein Mut. Ich kann wirklich um alles bitten, kann mein ganzes Sammelsurium an Gedanken zusammenstammeln. Gott kann mit meinen Gebeten umgehen. Er ist nicht fern und abgehoben von mir.

Spring ins Unbekannte. Es ist gar nicht tief. Chris Martin, der Sänger von Coldplay singt es so: „Lieg Gott in den Ohren und zwar so lange bis niemand mehr in Not ist“. Oder, wie Jesus es zu seinen Jüngern sagt: „Dann wird die Freude euch ganz und gar erfüllen.“ (Johannes 16,24b).

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