Alle Beiträge

Die Texte unserer Sendungen in den SWR-Programmen können Sie nachlesen und für private Zwecke nutzen.
Klicken Sie unten die gewünschte Sendung an.

Filter
zurücksetzen

Filter

Datum

SWR1

 

SWR4

 

Autor*in

 

Archiv

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Eigentlich kann es dieses Jahr nicht Weihnachten werden, denke ich jedes Jahr um diese Zeit. Es ist so dunkel auf der Welt und es passiert so viel Schlimmes.
Wie sollen wir denn da feiern? frage ich mich manchmal, wenn ich von Familientragödien und Hungerkatastrophen, von Krieg und Gewalt höre.

Da fallen mir die Hirten ein, von denen die Weihnachtsgeschichte erzählt. (Lukas 2,8) Denen war damals auf dem Feld vor Bethlehem bestimmt auch nicht zum Feiern zumute. So allein draußen in der Kälte und im Dunkeln.
Ihre Arbeit war ganz schön schwer und ihr Leben kein bisschen angenehm. Und trotzdem haben sie ausgehalten und sind bei ihren Tieren geblieben. Auch wenn sie manchmal vielleicht lieber abgehauen wären und irgendwo ein neues Leben begonnen hätten. Sie sind stehen geblieben und haben der Dunkelheit und Einsamkeit standgehalten.

Und mitten in der aller finstersten Zeit, mitten in den kältesten Nächten hat sich dann alles verändert. Da ist der Himmel plötzlich aufgerissen und es ist hell geworden und sie haben unglaubliche Dinge gehört und gesehen. So erzählt es die Weihnachtsgeschichte.

Aber so weit sind wir heute noch nicht. Weihnachten kommt erst noch.

Die Hirten helfen mir, die Zeit bis dahin auszuhalten. Weil sie so beständig sind und so beharrlich. Weil sie einfach da stehen bleiben, wo sie hingehören. Egal ob es regnet oder schneit. Egal ob es dämmert oder schon ganz duster ist, sie machen ihre Arbeit. Sie tun das, wofür sie gebraucht werden. Sehen, was los ist und laufen trotzdem nicht weg.

Vielleicht hilft das ja auch, wenn man das Gefühl hat, eigentlich kann es dieses Jahr gar nicht Weihnachten werden: Einfach stehen bleiben, da, wo ich hin gehöre, und sehen, was da ist. Das heißt dann aber auch: nicht gleich alles Schreckliche auf einmal sehen, sondern nur das, was mir gerade am nächsten ist.
Da kann es dann auch dunkel und kalt sein. Vielleicht ist der Himmel da auch verschlossen. Und es ist mir wirklich nicht nach Feiern zumute bei dem, was ich sehe.

Aber es ist ja auch noch nicht Zeit zum Feiern. Jetzt ist noch warten dran und aushalten, was schlimm ist. Dazu gehört auch, die nicht alleine zu lassen, denen es schlecht geht. Sondern bei ihnen zu bleiben und mit ihnen die Dunkelheit zu ertragen.
Aushalten und warten – das lehren mich die Hirten. Und sie sind für mich ein Zeichen der Hoffnung: dass es uns so geht wie ihnen damals. Dass sich auch dieses Jahr der Himmel auftut und das Licht die Finsternis vertreibt. Dass der Engel auch zu uns sagen wird: „Frieden auf Erden!“
https://www.kirche-im-swr.de/?m=5098
weiterlesen...

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Am Montag fängt die Schule wieder an. Das spürt man irgendwie heute schon, finde ich. In den letzten
Ferientagen steigt die Spannung.
Plötzlich tauchen bei den Kindern lauter Fragen auf: Welche Lehrer bekommen wir? Wie sieht der Stundenplan
aus? Neben wem werde ich sitzen und wer kommt neu in die Klasse?

Da mischt sich in die Vorfreude oft auch ein bisschen Sorge.
Auch für die Eltern: wie bekommen wir es dieses Mal hin Arbeit und Schule miteinander zu verbinden?
Wer kümmert sich über Mittag um die Kinder? Und wie passen die vielen Nachmittagstermine ins Programm?

Das alles belastet das letzte Ferienwochenende. Und dadurch fühlt es sich schon gar nicht mehr an wie Ferien.
Eher wie ganz anstrengender Alltag, in dem alles drunter und drüber geht. Und das ist schade, finde ich.

In meinem Kalender steht über diesen Tagen ein Satz aus der Bibel:
„All eure Sorgen werft auf Gott. Denn Gott sorgt für euch.“ (1.Petrus 5,7)

Vielleicht kann das ja helfen am Ende der Ferien. Einfach noch mal alles abgeben, was einen unruhig macht, und darauf vertrauen, dass es schon werden wird. Sozusagen die Schulsachen noch mal in die Ecke schieben und
noch ein paar Tage Ferien machen.

Aber wie geht das? Wenn sich doch schon so viele Fragen und Sorgen aufdrängen?

Mir hilft es da manchmal, etwas ganz anderes zu tun. Also zum Beispiel wegfahren. Vielleicht an diesem Wochenende das machen, was die ganzen Ferien über nicht geklappt hat: einen Ausflug an den See, eine Fahrradtour oder einen Nachmittag im Eiscafe.
Noch mal so richtig genießen, dass frei ist und ich Zeit habe für schöne Sachen.

Den Sorgen, die ich zuhause gelassen habe, macht das nichts aus. Sie hätten sich ja sowieso noch nicht an
diesem Wochenende geklärt. Und mir selber hilft es, wenn es dann wirklich wieder losgeht. Weil ich mich dann
noch mal erholt habe. Und voller Erinnerungen bin an die letzten schönen Sommertage in den Ferien.

Ich denke, der Satz „Gott sorgt für euch“ spricht von dieser Erfahrung: dass manches geht, ohne dass ich mich deswegen die ganze Zeit verrückt mache. Ich vertraue darauf, dass das nicht nur Zufall ist, sondern tatsächlich Gott für mich sorgt. Das hilft mir, die letzten Ferientage noch einmal zu genießen.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=4334
weiterlesen...

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

„Was fangen Sie denn jetzt mit ihrer Zeit an?“ so werden oft Leute gefragt, die aufhören zu arbeiten. Wer in
Rente geht, scheint plötzlich unendlich viel Zeit zu haben. Zumindest denken das die, die weiter arbeiten wie
bisher.

„Was fangen sie jetzt mit ihrer Zeit an?“
Die Frage verrät es: Rentner sein heißt nicht nur aufhören, sondern auch neu anfangen. Mit der Zeit etwas anfangen, die auf einmal zur Verfügung steht.
Manchen Menschen fällt das gar nicht so leicht. Weil sie es gewohnt waren, dass alles vorgegeben wurde. Sie
hatten immer was zu tun und plötzlich ist das vorbei und die große Leere ist da.

In der Bibel gibt es einen Mann und eine Frau, die im Rentenalter noch mal ganz neu anfangen müssen. Sie
heißen Abraham und Sara.
Mit 75 Jahren wird Abraham von Gott gerufen. Und Gott gibt ihm einen Auftrag: „Geh los in das Land, das ich dir zeigen werde.“

Das ist ganz schön viel verlangt, finde ich. Die beiden sind wie gesagt nicht mehr die Jüngsten. Und jetzt sollen sie ihren ganzen Besitz einpacken, aufbrechen und noch mal von vorne anfangen.
Abraham und Sara lassen sich darauf ein. Und Gott verspricht Abraham: „Ich lasse dich nicht allein. Ich will dich segnen und du sollst ein Segen sein.“ (Gen 12,3)

Mich beeindruckt es, wie die beiden das machen. Sicher hätten sie es zuhause geruhsamer gehabt. Da war ja
alles geregelt. Sie hatten ihr Auskommen und ihre Arbeit. Auch wenn sie im Alter immer weniger selbst machen konnten. Aber sie hatten Freunde und Bekannte, die ihnen geholfen haben.
Jetzt lassen sie das alles hinter sich. Und fangen etwas ganz neues an.
Den Mut dazu bekommen sie durch Gott. So verstehe ich den Segen, den Gott ihnen verspricht. Das hilft ihnen, sich auf Neues einzulassen.

Natürlich können nicht alle Renterinnen und Rentner so wie Abraham und Sara losziehen. Aber das muss auch
nicht sein.
Vielleicht hilft es ja schon, sich vorzustellen: die Rente ist wie ein neues Land, das sich vor einem erstreckt. Da braucht man viel Zeit, um es zu entdecken. Und auch Mut, dass man sich überhaupt darauf einlässt. Man muss
erst mal lernen, wie das Leben da so ist und was man da alles tun kann. Merken, dass es auch schön sein kann,
viel Zeit zu haben und sie selber einzuteilen. Da kann man plötzlich mitten in der Woche einen Ausflug machen
oder hat richtig Zeit für die Enkelkinder.

Leichter ist es bestimmt, wenn man da nicht allein unterwegs ist. Abraham und Sara sind ja auch zusammen gegangen und sie haben noch andere mitgenommen.
Und wer das neue Land entdeckt, darf darauf vertrauen, dass Gott auch diesen Neuanfang segnet. „Ich will dich segnen und du sollst ein Segen sein!“ das gilt, wenn jemand Neuland betritt.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=4333
weiterlesen...

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

„Wenn ein neuer Mensch kommt, muss ein alter Mensch gehen!“
So erleben es manche Familien: der Großvater stirbt und kurz darauf wird ein kleines Kind geboren. Oder die Großmutter hat das Neugeborene gerade noch gesehen und wacht kurze Zeit später nicht mehr auf.
Da mischen sich auf einmal Trauer und Freude. Und Leben und Tod liegen ganz nah beieinander.
Das ist seltsam, weil die Gefühle so unterschiedlich sind.
Aber es kann auch tröstlich sein, weil dann sichtbar wird: das Leben hört nicht auf. Auch wenn ein Leben zu Ende geht, es entsteht immer wieder neues. Und mit jedem neuen Leben fängt etwas Neues an.

Aber es bleibt trotzdem die Frage: was passiert mit dem Leben, das zu Ende gegangen ist? Was ist mit dem Menschen, der gestorben ist?

Ich finde, gerade das neugeborene Leben ist ein Bild für das, was nach dem Tod kommt.
Ich meine natürlich nicht, dass wir als Babys wiedergeboren werden.
Aber das, was wir mit einem neuen Leben verbinden, das hat auch mit dem Leben nach dem Tod zu tun.
Wenn ein Kind geboren wird, dann liegt ja noch alles vor ihm. Es ist fast wie ein unbeschriebenes Blatt. Was
da mal drauf stehen wird, weiß man noch nicht. Aber alle wünschen dem Kind, dass es Gutes sein wird.

Ein alter Mensch ist wie ein voll beschriebenes Blatt. Manches ist da auch durchgestrichen und manchmal wurde ganz krumm geschrieben. So wie sein Leben eben war.

Nach dem Tod wird das alles wieder in Ordnung gebracht. Das Krumme und das Schiefe, das falsch Geschriebene und das Durchgestrichene. Da wendet sich das Blatt sozusagen. Und es wird eine neue Seite aufgeschlagen, die genauso weiß ist wie bei den Neugeborenen.

„Siehe ich mache alles neu!“ heißt es in der Bibel, als es um Gottes neue Welt geht. In dieser Welt soll es anders zugehen als bei uns hier: es soll kein Geschrei mehr geben und keine Schmerzen, es soll niemandem mehr Unrecht getan werden und sogar den Tod soll es nicht mehr geben.
Da beginnt ein ganz neues Leben voller neuer Möglichkeiten. Das, was hier im Leben schief gegangen ist, wird
dann wieder gerade gerückt. Und wer hier ungerecht behandelt wurde, wird dort Gerechtigkeit erfahren. So beschreibt es der Seher Johannes in der Bibel (Offb 21).

Wann das geschieht, das weiß ich nicht. Das weiß niemand Aber ich bin überzeugt davon, dass es so sein wird. Dass der Tod eben nicht das Ende ist, sondern es für alle einen Neuanfang geben wird. So wie jetzt schon in
jedem neugeborenen Kind ein neuer Anfang sichtbar wird. https://www.kirche-im-swr.de/?m=4332
weiterlesen...

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

„Umziehen ist toll“ behauptet eine Freundin. „Da sortierst du erstmal aus und räumst dann wieder neu ein. Und danach ist alles geordnet und schön.“

Ich fand unseren Umzug vor ein paar Wochen eher schrecklich und anstrengend: Überall Chaos und Kisten.
Und manchmal wusste ich überhaupt nicht mehr, wo was ist.
Und was das Aussortieren betrifft: ich habe gemerkt, dass es gar nicht so leicht ist, sich von alten Sachen zu trennen. Manchmal ist es sogar richtig mühsam sich zu entscheiden und Sachen weg zu tun.

„Prüft alles und behaltet das Gute!“ sagt der Apostel Paulus in der Bibel (1.Thess 5,21). Das klingt fast wie aus einen Umzugsratgeber, finde ich: Vor dem Einpacken überlegen: brauche ich das noch oder kann ich darauf verzichten. Und nur das behalten, was wirklich wichtig ist.

Natürlich hat Paulus das damals nicht gesagt, um anderen beim Umziehen zu helfen. Ihm ging es viel mehr um
das, was wir für unser Leben brauchen.
Manchmal wird es einem einfach zu eng im eigenen Leben oder man muss sich auf neue Lebensumstände
einstellen. Dann muss man entrümpeln, sozusagen innerlich umziehen. Und das kann genauso anstrengend sein wie ein echter Umzug. Weil es im Leben ja auch viele Kisten gibt: alte Kisten mit verstaubten Ansichten, die man schon ewig mit sich rumschleppt. Und neue Kisten mit großem Sammelsurium: Ideen, wie das Leben sein soll und was man so erreichen will. Das alles zu sortieren: das ist ganz schön viel Arbeit. und es gibt ja nicht mal fleißige Helfer, wie beim Umzug in eine neue Wohnung.

Innerlich umziehen heißt für mich das Gute suchen. Das, was das Leben sinnvoll und lohnend macht. Deshalb hilft mir beim innerlichen Umzug der Rat des Paulus: „Prüft alles und behaltet das Gute!“
Dazu muss ich immer wieder prüfen: ist das, was ich will, richtig. Und hilft mir das, was ich gerade gut finde, für mein Leben. Ich muss also meine Vorstellungen vom Leben so anschauen, wie ich meine alten Sachen anschaue. Und dann entscheiden.
Wenn es mir nicht gut erscheint, dann verfolge ich die Idee nicht weiter. Wenn doch, dann packe ich sie sozusagen in meine Kiste: „wichtige Unterlagen“ und nehme sie mit.

Seitdem wir den Umzug ins neue Haus hinter uns haben, denke ich auch manchmal: Umzug ist wirklich schön. Es macht so frei, sich von alten Sachen zu trennen. Und es ist toll, alles neu einzurichten.
Ich glaube, das gilt auch für den inneren Umzug: Wenn wir uns innerlich sortiert haben und wissen, was wir
wollen, dann sind wir viel freier und können leichter etwas Neues anfangen.






https://www.kirche-im-swr.de/?m=4331
weiterlesen...

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

„Ich würde gern wieder dazu gehören“, sagt eine Frau. „Zur Kirche.“
Vor vielen Jahren ist sie ausgetreten. Weil sie damals fand, dass sie ihr Geld für anderes braucht. Lange hat ihr nichts gefehlt. Aber in letzter Zeit hat sie sich dann doch manchmal gefragt, ob es vielleicht noch mehr im Leben gibt als Geld verdienen und Erfolg haben.
Und bei ihrer Suche ist sie wieder auf die Kirche gestoßen
Und jetzt fragt sie sich, ob sie da wohl wieder willkommen ist?

So wie dieser Frau geht es vielen Leuten. Darum gibt es in der Evangelischen Kirche seit einiger Zeit spezielle Kircheneintrittsstellen. Das sind öffentliche Treffpunkte, zum Beispiel in einer Kirche oder auch in einer Buchhandlung. Da kann man hingehen und sich über Kircheneintritt und Kirche überhaupt informieren. Und man kann wieder in die Kirche eintreten.
In den Kircheneintrittsstellen erwarten einen Menschen, die sich freuen, dass man kommt. Die zuhören und wissen wollen, was einen im Blick auf die Kirche beschäftigt und auch was einen ärgert.

Und das alles machen die Menschen nicht nur, weil sie nett sind. Sondern weil sie davon überzeugt sind, dass
sich die Kirche auch um die Ausgetretenen kümmern muss. Weil sie nämlich eigentlich immer noch dazu gehören.
Jedenfalls von Gott aus gesehen.

Gott hat nämlich jedem Mann und jeder Frau, die getauft wurden, versprochen, dass er immer für sie da ist. Das ganze Leben lang. Auch dann, wenn sich jemand gerade gar nicht für Gott interessiert. Gott vergisst ihn
deswegen trotzdem nicht.
Und wenn Gott die Menschen nicht vergisst, dann muss die Kirche sich auch um sie kümmern.

Manche Menschen ärgert das. Sie finden, so einfach geht es nicht. Jahrelang weg bleiben, nichts tun und nichts zahlen und dann auf einmal wieder kommen. Wieso soll die Kirche auf solche Leute zugehen?

Weil Gott es so macht.
Das hat schon Jesus erzählt. Von einem Vater, der seinem Sohn das Erbe auszahlt und ihn in die Welt ziehen
lässt. Als der Sohn alles Geld ausgegeben hat und es selber nicht schafft, welches zu verdienen, geht er zum
Vater zurück. Vielleicht kann der ihn ja wenigstens als Hilfsarbeiter anstellen, hofft er.
Aber der Vater denkt überhaupt nicht daran. Er läuft dem Sohn schon von weitem entgegen, nimmt ihn mit
offenen Armen auf und organisiert sofort ein riesiges Fest für ihn. „Mein Sohn war tot und ist wieder lebendig geworden. Er war verloren und ist wieder gefunden“ (Lk 15,24) sagt der Vater.
Das ist Grund genug sich zu freuen. Für Gott und für uns Menschen. https://www.kirche-im-swr.de/?m=4330
weiterlesen...

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

„Mama, wie fängt Krieg an?“ hat meine Tochter kürzlich gefragt.
Ehrlich gesagt, hat sie mich damit ganz schön in Verlegenheit gebracht.
Was soll ich einem vierjährigen Mädchen erzählen? Von Politikern und ihren Entscheidungen, von Machtgier und Profitstreben? Von Soldaten die gehorchen müssen und dann gegen andere kämpfen?

Wir haben dann zusammen überlegt, dass Krieg mit „kriegen“ zu tun haben könnte: nämlich nicht genug kriegen und immer mehr haben wollen.
Und plötzlich war das Thema Krieg ganz nah bei uns selber.
Sozusagen als Klein-Krieg:
Das fängt schon mit den anderen Kindern im Sandkasten an, wenn die Schaufeln knapp sind. Und es geht weiter mit den Nachbarn, die bis an den Zaun bauen; oder mit dem Bruder, der das Erbe nicht auszahlt.
Da kommt es leicht zum Streit.
Kinder schlagen dann mal schnell zu und regeln die Sache so. Wir Erwachsenen haben andere Wege. Aber auch
da spielt Gewalt mit. Das merkt man ja an der ungeheuren Wut, die man auf den anderen haben kann. Weil man sich so ungerecht behandelt fühlt.
Da wieder raus zu kommen und den Klein-Krieg zu beenden, ist gar nicht so leicht.

Jesus hat dazu einmal gesagt: „Wenn dich jemand auf deine rechte Backe schlägt, dann halte ihm auch die linke hin.“ (Mt 5,39)
Schön blöd, denken Sie vielleicht. Dann schlägt der andere doch noch mal zu.
Wenn ich den Nachbarn zugestehe, dass sie bis an den Zaun bauen, dann pflanzen sie bald die Bäume auf die Grenze. Und wenn ich dem Bruder das Erbe lasse, dann freut er sich doch nur, und will wohlmöglich noch mehr
von mir.

Jesus stellt sich das anders vor. Wer dem anderen genau das gibt, was der will, der verblüfft ihn erst mal. Damit
hat der schließlich nicht gerechnet.
Und das ist die Chance des Friedens. Jetzt können sich die beiden Streithähne unterhalten. Können darüber reden, dass ja nur ein kleines Stück in Richtung Zaun gebaut werden soll und dass es klar ist, dass da dann nicht noch Bäume wachsen. Oder der Bruder kann sagen, dass er echt in Geldnot ist und das Erbe gerade nicht zahlen kann, beim besten Willen nicht.
Und plötzlich wird aus dem „nicht genug kriegen“ ein „geben“ und „nehmen“, so dass beide zufrieden sein können.
Im Sandkasten zeigt es sich am schnellsten. Wenn die Schaufeln geteilt werden, reden die Kinder viel mehr miteinander und vielleicht bauen sie sogar eine gemeinsame Burg.

Heute, am Antikriegstag wünsche ich mir, dass auch wir Erwachsenen solche Sandkastenerfahrungen machen:
nicht immer mehr kriegen, sondern mal geben, was andere brauchen. Das macht nämlich zufrieden und bringt Frieden. https://www.kirche-im-swr.de/?m=4329
weiterlesen...

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Werden Sie samstags auch nie fertig mit dem, was Sie machen wollen?
Mir geht das oft so. Alles, was ich die Woche über nicht schaffe, schiebe ich auf den Samstag. Und am Samstagmorgen fallen mir dann noch fünf andere Sachen ein, die heute unbedingt sein müssen: auf den Markt gehen und einkaufen, aufräumen und sauber machen und am besten noch im Garten arbeiten oder einen Kuchen backen.
Das klappt natürlich nie.

Manchmal bin ich dann richtig unzufrieden mit so vielen angefangenen Dingen. Alles ist nur halb fertig. Nichts kann ich abhaken. Das nervt.

„Vergeblich ist es, dass ihr in aller Frühe aufsteht, euch erst spät zur Ruhe setzt und euer Brot mit Sorgen esst“ (Ps 127,2), heißt es in einem Psalm der Bibel.
Das trifft genau mein Samstags-Gefühl: ich stehe früh auf, arbeite den ganzen Tag und bin dann trotzdem nicht zufrieden. Weil nie alles fertig wird und weil alles Halbfertige mich doppelt drückt.
Da scheint es wirklich fast vergeblich zu sein, sich so abzumühen.

Aber was soll man dagegen tun?
Sich weniger vornehmen, klar. Aber das ist leichter gesagt als getan. Es gibt eben doch immer Dinge, die erledigt werden müssen. Zumindest denke ich, dass sie erledigt werden müssen.

Die Menschen, die den Psalm gebetet hat, wussten eine Lösung:
„Den Seinen gibt`s der Herr im Schlaf“ heißt es dort weiter.

Schön, denken Sie vielleicht. Aber wie soll das gehen: Soll etwa Gott im Garten arbeiten oder meinen Kuchen backen? Und ich ruh mich derweil aus?

So ist das natürlich nicht gemeint. Aber zum Ausruhen lädt dieses Gebet doch ein. Es vertraut darauf, dass auch dann etwas passiert, wenn ich gerade nicht wie wild schaffe.
Zum Beispiel, wenn ich samstags einfach vor dem Kaffee trinken aufhöre zu arbeiten. Oder nachmittags einen Ausflug mache. Dann ist zwar nicht alles erledigt. Aber es verändert sich trotzdem etwas: Ich genieße das Leben und freue mich. Und wenn ich dann vom Kaffeetisch aufstehe oder vom Ausflug nach Hause komme, dann stört es mich nicht mehr, dass nicht alles perfekt ist.
Dann ist auch das Halbfertige okay – weil das Leben so schön ist.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=3929
weiterlesen...

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

„Dann hast du jetzt ja Halbzeit“ hat kürzlich ein Gast bei einer Geburtstagsparty gesagt. Sechsunddreißig ist die Frau geworden.
Alle haben dann ganz schnell gerechnet. Und nach einer ersten Sekunde, in der alle erschrocken und ganz still waren, gab es eine aufgeregte Diskussion, wann wir wohl die Halbzeit unseres Lebens erreicht haben.
Viele wollten die Zahl nach hinten verschieben: „Wir werden bestimmt älter viel als 72. Da haben wir noch 10 Jahre Zeit bis zur Halbzeit.“

Wahrscheinlich war es für alle komisch, sich vorzustellen, dass man die längste Zeit schon gelebt hat. Wo man mit Ende dreißig doch mitten im Leben steht mit Familie und Kindern oder im Beruf endlich da angekommen ist, wo man schon immer hin wollte. Wer will da schon ans Lebensende denken? Warum auch?

Die Bibel denkt darüber ein bisschen anders:
„Herr lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden.“ (Psalm 90,12). So heißt es in einem Psalm.
Auch damals wollten die Menschen wohl nicht so gerne sehen, dass ihr Leben begrenzt ist. Und darum haben sie Gott gebeten, ihnen dabei zu helfen.

„Herr lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden.“

Es ist vielleicht merkwürdig. Aber mir macht diese Bitte Mut:
Weil hier klar wird: es ist wirklich nicht so leicht, über das Sterben nachzudenken. Das muss man erst lernen. Dazu braucht man andere, mit denen man darüber reden kann. Vielleicht auch ältere Menschen, die sich schon mehr damit befasst haben.
Oder eben Gott, der einem helfen kann, wenn man Angst hat.

Und, und das finde ich genau so wichtig: es bringt einem etwas, über die eigene Lebenszeit nachzudenken. Da wird man klug, sagt die Bibel.
Es ist gut, sich bewusst zu machen, dass irgendwann alles ein Ende hat. Das, was einen freut und das, was einen ärgert. Das relativiert vielleicht manches. Man nimmt manches nicht mehr so wichtig. Vielleicht fängt man dann auch an, den einzelnen Tag mehr zu genießen, wenn man weiß, dass das Leben nicht endlos ist.

Mit anderen darüber zu reden und selber nachzudenken, das lohnt sich. So verstehe ich die Bibel. Vielleicht ist da so ein Geburtstag eben doch ein guter Anlass. Egal ob es Halbzeit ist oder nicht.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=3928
weiterlesen...

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Heute ist Halbfinale bei der EM. Wer gewinnt, steht im Endspiel. Und damit da, wo alle hinwollen. Wer verliert, fliegt raus.
Kein Wunder, dass da heute Abend viele vor dem Fernseher sitzen werden. Um mit zu erleben, wie es ausgeht.

Gewinnen wollen schließlich alle. Nicht nur im Fußball. Auch sonst geht es oft darum der erste oder die beste zu sein: in der Schule, bei der Suche nach einem Arbeitsplatz, wenn es um Karriere und Aufstieg geht - und noch auf der Warteliste zum Pflegeheim haben die, die zuerst da waren, bessere Chancen.

Manchmal scheint es mir so, als ob das ganze Leben ein Wettkampf ist, bei dem es immer darum geht, wer gewinnt. Die, die gut trainiert haben, erfolgreich sind und auch ein bisschen Glück haben, die kommen weiter. Die anderen sind die Verlierer, die man ganz schnell vergisst.

Das war schon so als Jesus gelebt. Auch da wurde schon gekämpft um ein erfolgreiches Leben. Die einen haben es geschafft und die anderen nicht.
Jesus wollte dem etwas entgegen setzen. „Die ersten werden die Letzten sein und die Letzten werden die ersten sein,“ sagt er einmal, als er von Gottes neuer Welt spricht. (Mt 20, 16)
Und genauso hat Jesus auch gehandelt: Er hat sich immer zuerst um die Letzten gekümmert: um die, die hinterher gehumpelt kamen, weil ihre Füße kaputt waren, und die, die den Weg gar nicht selber gefunden haben, weil sie blind waren. Auch die, von denen andere gesagt haben: „Das sind doch die Letzten!“ Weil sie betrogen haben oder einfach anders waren.
Sie kamen bei Jesus immer zuerst dran.

Die anderen waren deswegen trotzdem nicht die Looser. Sie mussten nur ein bisschen länger warten. Dann waren sie genauso willkommen und genauso eingeladen, dabei zu sein.
Jesus hat die Reihenfolge umgedreht. Weil er wollte, dass alle gut leben können. Die Verlierer wurden zu Gewinnern und die Gewinnern haben deswegen trotzdem nicht verloren. Und rausgeflogen ist niemand.

Ich finde es tröstlich, dass es nicht überall so zugeht wie auf dem Spielfeld. Dass es nicht immer so sein muss, dass die einen weiterkommen und die anderen rausfliegen.
Gott jedenfalls will es anders.

Deswegen kann man ja trotzdem Fußball schauen und mit den Gewinnern dort jubeln. Das ist schließlich nicht das Leben, sondern nur ein Spiel.


https://www.kirche-im-swr.de/?m=3927
weiterlesen...