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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Kirchenvorstandssitzung in unserer Gemeinde. Es ging um die Sanierung des Kirchenbodens. Der Verantwortliche für das Bauressort hatte gerade über Details zu den laufenden Arbeiten informiert. Die Bodenplatten, sagte er, kämen aus China. Jemand fragte, ob auch sicher sei, dass dabei keine Kinderarbeit im Spiel ist. „Das weiß ich nicht", gab der Bauressortverantwortliche betroffen zu. Niemand hatte daran gedacht, dem nachzugehen.
Niemand hatte daran gedacht... wenn ich zum Beispiel unnötig Wasser vergeude oder wenn ich bei überflüssigem Papierverbrauch vergesse, dass Papier aus Holz gemacht wird und dass deswegen ganze Wälder gerodet werden. 
Im Kirchenvorstand ließ uns das Thema seitdem nicht mehr los. Gott sei Dank hatten Nachforschungen ergeben, dass Kinderarbeit bei unseren Bodenplatten mit Sicherheit ausgeschlossen werden konnte. Dafür aber suchten wir nach anderen Bereichen, in denen wir etwas tun können für mehr Gerechtigkeit und mehr Umweltbewusstsein. Unter anderem haben wir beschlossen, die Bewahrung der Schöpfung zum Thema der diesjährigen Fastenzeit zu machen. Denn wir hatten festgestellt, dass vieles von dem, was uns früher einmal wichtig war, nachgelassen hat. Die Idee ist, Sonntag für Sonntag einen Tag aus der biblischen Schöpfungserzählung anzuschauen.
Wenn es am ersten Schöpfungstag heißt, es werde Licht, dann können wir über unseren Stromverbrauch nachdenken und uns fragen, wie wir dem Klimawandel begegnen können. Und wenn am zweiten Schöpfungstag der Himmel gemacht wird, dann liegt es nahe, über Luft und Atmosphäre, Ozonloch und Feinstaub nachzudenken. So jedenfalls haben wir begonnen. Und wenn am Ende der vierzig Tage, beim Taufgedächtnis in der Osternacht, die Frage kommt: „Seid ihr bereit, der Macht des Bösen zu widerstehen und für Frieden, Gerechtigkeit und die Bewahrung der Schöpfung Gottes einzutreten und Sorge zu tragen?" - hoffen wir, darauf mit einem bewussten „Wir sind dazu bereit" antworten zu können.

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Ein Punkt ist es - und das Wort „Fastenzeit" erscheint mir plötzlich in einem ganz neuen Licht. Ein Punkt zwischen „Fasten" und „Zeit". Das eine bedingt das andere: Fasten schafft Zeit.
Ich denke dabei nicht so sehr an das klassische Fasten: den Verzicht auf übermäßiges Essen und auf Alkohol. Wenn ich mit Freunden und Gemeindemitgliedern spreche, erzählen sie mir, sie hätten sich ein Fernsehfasten vorgenommen. Oder ein Internetfasten. Oder ein Ausgehfasten. Was bedeutet: Ich sehe zu viel fern. Ich surfe zu viel im Internet herum. Ich bin zu viel unterwegs. Und das macht mich nachdenklich. Ich will nicht abhängig sein oder abhängig werden.
Der Punkt zwischen „Fasten" und „Zeit" sagt mir auch das: Ich überprüfe, wo ich meine Zeit mit zu viel Dingen vertue und dann zu Anderem, möglicherweise viel Wichtigerem kaum noch Zeit habe. Etwa für ehrenamtliches Engagement.
Das gilt auch für meinen Glauben an Gott. In der Bibel steht: „Das ist ein Fasten wie ich es liebe: die Fesseln des Unrechts zu lösen, die Stricke des Jochs zu entfernen, die Versklavten freizulassen, jedes Joch zu zerbrechen, an die Hungrigen dein Brot auszuteilen, die obdachlosen Armen ins Haus aufzunehmen, wenn du einen Nackten siehst, ihn zu bekleiden und dich deinen Verwandten nicht zu entziehen" (Jesaja 58,6-7).
Sich in dieser Weise einzusetzen, kostet Zeit. Zeit, die ich glaube, oft nicht zu haben. Die aber frei wird, wenn ich einmal genauer hinschaue, mit was ich meine Zeit so verbringe. Und wenn ich dann auf das eine oder das andere verzichte. Zugunsten derer, die mich brauchen könnten. Und für die ich gern da sein möchte. Zugunsten vielleicht auch von Zeiten der Stille oder des Gottesdienstes. Fasten schafft Zeit. Zeit für Gott und Zeit für die Mitmenschen. Zeit um neu zu werden. Um neu zu leben.

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

„Ich bin da." Diese Worte, von Gott gesagt, sind heute in den katholischen Gottesdiensten zu hören (Exodus 3,1-8.13-15). Dazu eine Kurzgeschichte von Elie Wiesel, einem Holocaust-Überlebenden, der für seinen unermüdlichen Einsatz gegen Gewalt, Unterdrückung und Rassismus 1986 den Friedensnobelpreis erhielt. Die Geschichte hat sich in dem KZ ereignet, in das Wiesel mit seiner Familie von den Nazis deportiert worden war. Drei Menschen, darunter ein Kind, werden am Galgen hingerichtet. Alle Lagerinsassen müssen dazu antreten. Jemand fragt: „Wo ist Gott, wo ist er?" - „Wo er ist?", antwortet schließlich ein anderer, „Dort - dort hängt er am Galgen."

Gott am Galgen? Wenn das stimmt, dann hieße das, dass er auch inmitten anderer schrecklicher Ereignisse zu finden ist. Gott in jenen Verliesen, in denen Kinder wie Natascha Kampusch gewaltsam festgehalten wurden. Gott bei den Schwerstkranken und Sterbenden, den Entführungsopfern, Flüchtlingen, von Krieg und Terror Heimgesuchten. 

Die Bibel erklärt: Ich bin da - das ist Gottes Name. So handelt er. Ich-bin-da. Und zwar ausdrücklich da, wo Menschen Leid erfahren. In Situationen also, in denen man annehmen könnte, Gott sei gerade nicht da; das Leid der Menschen interessiere ihn nicht. Nach der Bibel ist das anders. Gott sieht das Elend, das Menschen erleiden. Er hört ihre laute Klage. Und er steigt herab, um sie aus dem Leid zu befreien (Exodus 3,7-8). 

Eine tröstliche Botschaft. Kann man ihr trauen? Mose, der das alles in einer inneren Stimme erfährt, tut das. Sein ganzes Leben ändert sich dadurch. Weil er Gott glaubt, macht er sich auf zu denen, deren Leid Gott kennt und deren Klage Gott hört. Er führt die Menschen, für die er da ist, heraus aus ihrer misslichen Lage einer Zukunft entgegen, die Gott verheißen hat. Dieses Versprechen Gottes steht. Bis heute treibt es Menschen an, wie Mose etwas gegen Not und Leid zu tun. Auch wenn das manchmal nicht mehr ist als einfach da zu sein.

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Zweimal im Jahr gehe ich jeweils eine Woche in ein Kloster. Vor Weihnachten und vor Ostern. Äußerer Anlass: Ich mache dort die Vorbereitungen für die Festtagsgottesdienste. Zu Hause, hat sich gezeigt, fehlt mir dazu die Ruhe. Im Kloster habe ich sie. Und sogar noch viel mehr. Ich tauche dort ein in den altbewährten Rhythmus von Gebet und Arbeit - ora et labora. Nicht, dass ich das auch zu Hause könnte. Es wäre ja lediglich eine Frage der Disziplin und der Zeiteinteilung. Aber offensichtlich bin ich nicht so diszipliniert, dass ich unter Zeitdruck und in ausgefüllten Tagen dem Beten Raum gebe.
Erzähle ich davon meinen Kollegen, reagieren einige davon empört. „Ausgerechnet vor Weihnachten und Ostern! Da hätte ich keine Zeit! Schließlich ist da Hochsaison!" Stimmt. Und deshalb erledige ich alle Aufgaben so, dass mir jeweils diese eine Woche bleibt. Bestärkt fühle ich mich dabei von einem Text aus der Bibel. Da wird von zwei Frauen erzählt: Marta und Maria (Lukas-Evangelium 10,38-42). Die beiden nehmen Jesus auf seinem Weg bei sich auf. Während nun Marta emsig beschäftigt ist, den Gast zu bedienen, sitzt Maria ihm zu Füßen und hört seinen Worten zu - etwas, das Marta fürchterlich aufregt, sodass sie sich darüber bei Jesus beschwert. Der aber beruhigt sie und sagt: „Marta, Marta, du machst dir viele Sorgen und Mühen. Aber nur eines ist notwendig. Maria hat das Bessere gewählt, das soll ihr nicht genommen werden." 
Ohne Martas Aktivitäten geringzuschätzen, gibt Jesus dem Hören auf seine Worte Gewicht. Ich bin sicher, dass er dabei in erster Linie an das Wohl der Menschen denkt. Schließlich wollen Jesu Worte aufbauen und zum Leben ermutigen. Vielleicht bekommen die Dinge, die es im Alltag zu tun gibt, gerade auch, wenn es so viele oder gar zu viele sind, eine andere Richtung. Vielleicht auch eine andere Bedeutung. Es lohnt sich, das herauszufinden. Wie wäre es gleich morgen, am Sonntag, der in anderen Sprachen, z.B. in Italienisch, „Herrentag" (Domenica), also der Tag Jesu, heißt?

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Gott schreibt auch auf krummen Zeilen gerade. Das ist die Quintessenz aus dem, was das Jakobus-Evangelium, eine nicht zur Bibel gehörende frühchristliche Schrift, über Anna und Joachim berichtet (s. Das Neue Testament und frühchristliche Schriften, übersetzt und kommentiert von Klaus Berger und Christiane Nord, Frankfurt am Main / Leipzig 2005). Die Kirche begeht heute ihren Gedenktag.
Anna und Joachim gelten als Eltern Marias und damit als Großeltern Jesu. Auch wenn sie es nicht in die Bibel geschafft haben: Ihre Geschichte klingt nicht anders als viele biblischen Geschichten. Wie Abraham und Sara sind sie ein kinderloses Ehepaar. Kinderlosigkeit wird in diesen Überlieferungen nicht nur als persönliches Schicksal der betroffenen Eltern verstanden. Vielmehr stellt sich in ihr die Zukunftsfrage, und zwar für Israel, das Gottesvolk, ganz allgemein. Gerade dann, wenn seine Angehörigen wieder einmal schwarze Tage erleben müssen - etwa die Zerstörung Jerusalems und des Tempels und die Deportation der Überlebenden nach Babel - ist sie überall präsent. Was soll jetzt noch werden? 
Die Frage wiederholt sich. Sie hat sich nach dem Krieg gestellt. Sie drängt sich auf, wenn irgendwo etwas zusammengebrochen ist. Manchmal scheint sie sogar aufzutauchen im Zusammenhang mit der gegenwärtigen Euro-Krise. Für Gott aber sind solche Erfahrungen nicht das Ende. Wie für ihn auch eine Kinderlosigkeit nicht das Ende ist. Die betagten Abraham und Sara erleben das ebenso wie im außerbiblischen Jakobus-Evangelium Anna und Joachim. Noch wichtiger aber ist: An ihren Geschichten sollen alle Menschen erfahren, dass Gott sie einer guten, heilvollen Zukunft entgegenführt. Die Linie setzt sich fort bis zu Jesus. Und in Jesu Auferweckung aus dem Tod erfährt sie einen unüberbietbaren Höhepunkt. Wo nichts mehr weiterzugehen scheint, tut Gott neue Horizonte auf. Dass sich das in der Bibel von Abraham und Sara bis Jesus immer wieder neu zeigt - und die Geschichte von Anna und Joachim soll das unterstreichen - macht zu allen Zeiten, auch heute, Mut zum Leben, gerade dann, wenn nichts mehr geht. Gott schreibt auch auf krummen Zeilen gerade.

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Festtagsstimmung herrscht heute in Santiago de Compostella: Es ist Jakobus-Tag. Jakobus ist einer der zwölf Apostel, die Jesus berufen hat. Legenden zufolge soll er den christlichen Glauben nach Spanien gebracht haben, dann aber wieder ins heimatliche Palästina zurückgekehrt sein. Nach seinem Märtyrertod hätten ihn seine Jünger schließlich in Spanien begraben - eben an der Stelle, die heute - nach dem Heiligen und dem lateinischen Wort für „bestatten" (= componere) benannt - „Santiago de Compostella" heißt. 
Seit dem frühen Mittelalter hat sich hier ein Wallfahrtswesen entwickelt, das dem Brauch, nach Jerusalem an die heiligen Stätten und nach Rom an die Gräber der Apostel Petrus und Paulus zu pilgern, in nichts nachsteht. Bis heute ist das aktuell: Den „Camino", den Jakobsweg zu gehen, lockt seit rund vierzig Jahren immer mehr Menschen aus ganz unterschiedlichen Motiven auf die Wanderschaft. Warum? 
In unserer Stuttgarter Gemeinde wollten wir das herausfinden, allerdings ohne gleich den ganz großen Schritt ins spanische Galizien zu tun. Da unser Gemeindegebiet weitläufig ist - es umfasst große Teile Württembergs - beschränkten wir uns auf eine Strecke vor der Haustür. In mehreren halbtägigen Etappen liefen wir von Winnenden nach Rottenburg auf einem Weg, der höchst offiziell „Jakobsweg" heißt und mit entsprechenden Wegweisern ausgestattet ist. Persönlich erlebte ich, dass jede Etappe für mich ein neuer Aufbruch war: heraus aus meinem beruflichen und privaten Alltag, heraus auch aus so mancher Bequemlichkeit. Das Gehen hatte, obwohl immer wieder auch beschwerlich, etwas Entspannendes und Wohltuendes, die Stille etwas Friedvolles. Eine besondere Erfahrung war, auch dann zu gehen, wenn es regnete oder wenn Schnee lag; im Nachhinein scheint mir das lebensnah zu sein, insofern, dass es im Leben unvorhersehbare Situationen gibt, durch die ich hindurch muss, auch wenn ich mich am liebsten vor ihnen drücken möchte. Unabhängig davon, wo ich den Camino gehe oder ob ich ihn tatsächlich bis Santiago de Compostella gehe - das Gehen erinnert daran, dass das ganze Leben ein Unterwegssein ist. Vielleicht sagen deshalb so viele: „Der Weg ist das Ziel."

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Ein Mann trägt ein Kind durchs Wasser, und das Kind entpuppt sich als Christus. So erzählt die Legende von Christophorus, auf Deutsch: Christusträger. Heute ist sein Gedenktag. Im Mittelalter war es üblich, ein Bild des Christusträgers an Stadttürmen, Toren, Kirchen- und Hausmauern anzubringen. Man erhoffte sich davon Schutz. Ob wohl aus diesem Grund ein Medaillon des Heiligen, über den wir historisch kaum etwas wissen, an unserer Stuttgarter Kirche angebracht ist? Ich glaube es nicht; solche magischen Vorstellungen galten, als man Mitte des 19. Jahrhunderts die Kirche baute, für längst überholt. 
Stattdessen kommen mir beim Anblick des Bildes ganz andere Gedanken. Zum Beispiel Israels Weg aus Knechtschaft und Unterdrückung in die Freiheit (vgl. Exodus 13,17 - 14,30). Ein Weg, der buchstäblich von einem Ufer zum anderen führt, wie Christophorus' Weg in der Legende. Israel erfährt auf diesem Weg: Gott geht ihn mit. Und so wird es trotz aller Hindernisse und trotz tödlicher Bedrohung ein Weg ins Leben. Für Israel ein prägendes Erlebnis, denn es weiß nun und feiert es deshalb auch: Das Mitgehen, das Da-Sein Gottes bedeutet Leben, nicht Tod, und der Glaube daran macht stark. Stark genug, um den Herausforderungen, vor die ich gestellt werde, begegnen zu können. 
Hängen bleibe ich beim Anblick des Christophorus-Medaillons aber auch am Bild des Christusträgers: Bin ich das nicht auch? Und sind es nicht auch die, die sich in dieser Kirche und natürlich auch in allen anderen Kirchen versammeln? Das Wort des Apostels Paulus kommt mir da in den Sinn: „Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir" (Galaterbrief 2,20): seine Menschenfreundlichkeit; seine innigliche Gottesbeziehung; sein Mut, öffentlich einzustehen für das, was ihm wichtig ist, auch um den Preis des Missverständnisses und der Ablehnung. Ein hoher Anspruch, dem ich sicher nicht in allem gerecht werden kann. Aber etwas davon möchte ich beitragen. Etwas davon soll durch mich und hoffentlich auch durch viele andere Christusträgerinnen und Christusträger zur Entfaltung kommen. Immerhin lassen sich so Welt und Leben gestalten.

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Endlich Ferien! Zeit zum Entspannen, Zeit um Abstand zu bekommen. Viele fahren dazu weg; anderen reicht es, mal nicht ins Geschäft zu müssen. Der Schluss der Schöpfungsgeschichte fällt mir dabei ein: „Vollendet hatte Gott am siebenten Tag seine Arbeit, die er machte, und feierte am siebenten Tag von all seiner Arbeit, die er machte. Gott segnete den siebenten Tag und heiligte ihn, denn an ihm feierte er von all seiner Arbeit, die machend Gott schuf" (Genesis 2,2-3 in der Übersetzung von Buber/Rosenzweig). 
Was mir an diesem Text auffällt, ist die Verwendung des Wortes „Arbeit"; dreimal geschieht das, und jedes Mal wird im hebräischen Urtext das Wort gebraucht, das das ganz normale Arbeiten bezeichnet. Gott schafft also kein „Opus" und kein „Werk", sondern er arbeitet und müht sich. Wie Menschen arbeiten und sich mühen. Sie tun so das Gleiche wie Gott. Sie beteiligen sich an Gottes Arbeit. Das gibt dem menschlichen Arbeiten Würde. Weiter fällt mir auf, dass Gott am siebenten Tag von all seiner Arbeit, die er machte, „feierte". Gewöhnlich wird diese Stelle mit „ruhen" übersetzt. „Feiern" ist aktiver als „ruhen". Es schließt die Freude über das Geschaffene mit ein, jenen zufriedenen Blick, mit dem Gott alle seine „Arbeit" als „sehr gut" betrachtet (Genesis 1,31). 
Und schließlich: Gott segnet und heiligt den Tag, der dem „Feiern" von der Arbeit gewidmet ist. So bekommt auch das Feiern Gewicht, allerdings jenes Feiern „von", was bedeutet: Die Arbeit und die Freude und Zufriedenheit über das Geschaffene gehören zusammen. So wichtig die Arbeit ist, so wichtig ist auch, ihre Vollendung zu feiern. Ob Ferien und Urlaub etwas mit dieser Art des Feierns zu tun haben? Ich glaube, dass dies dann der Fall ist, wenn ich diese Tage als Segen begreife. Als eine Zeit, die mir neben meinem Arbeiten und Mühen das Genießen eröffnet. Das Genießen dessen, was Gott „gearbeitet" hat. Ich kann es entdecken in der Schönheit seiner Schöpfung und in der Freude über mein Leben.

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Blau wie der Himmel und blau wie das Meer: So leuchtet eine von achtzehn Perlen an einem kleinen Kranz, der vor einigen Jahren bei uns in Deutschland unter dem Namen „Perlen des Glaubens" bekannt geworden ist (Lutherische Verlagsgesellschaft Kiel, http://perlen-des-glaubens.de). Die Perlen tragen ganz unterschiedliche Namen und es sind ihnen auch ganz unterschiedliche Farben zugeordnet. Golden die Gottesperle, weiß die Ich-Perle, rot die Perlen der Liebe, schwarz die Perle der Nacht - und blau die Perle der Gelassenheit. Kürzlich haben wir sie in unserer Gemeinde näher betrachtet. Geholfen hat uns dabei die Geschichte von Noach aus der Bibel (Genesis 7-9). Gott hatte ihm aufgetragen, ein Boot zu bauen, groß genug, um seine ganze Sippe aufzunehmen samt allen Tieren, und stabil genug, um einer Sturmflut gewachsen zu sein, die Gott herannahen sah. Doch hin und wieder gibt es Stürme, die nicht enden wollen. Da kann einem angst und bange werden. Oder man wird mürbe, reagiert ungehalten, macht andere dafür verantwortlich. Wie es Noach und den Seinen während der vierzig Tage Sturmflut gegangen ist, wird nicht erzählt, wohl aber, dass sie dank des Rettungswillens Gottes alles unbeschadet überstanden haben. Und dass Gott am Ende ein Zeichen gesetzt hat: Immer werde er für die Menschen da sein, immer werde er sie retten und bewahren. Der Regenbogen möge zu allen Zeiten daran erinnern. Die Perlen des Glaubens nehmen zwar nicht alle Farben des Regenbogens auf, aber auch sie - und besonders die blaue Perle der Gelassenheit - können mich, wenn es in meinem Leben wieder stürmisch wird und Unruhe und Ungehaltenheit in mir aufkommen, an Gottes verbindlich geäußerten Rettungswillen erinnern. Vielleicht gelingt es dann, wieder zur Ruhe zurückzufinden oder sie gar zu bewahren. „Gott ist mein Licht und mein Heil: Wen sollte ich fürchten?" heißt es in einem biblischen Gebet. „Gott schützt mein Leben: Vor wem sollte ich bangen? ... Er birgt mich unter seinem Dach..., er beschirmt mich im Schutz seines Zeltes" (Psalm 27,1.5).

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

In Schwimmbädern gehören sie ebenso zur festen Einrichtung wie auf Schiffen: Jene roten Reifen, mit einer langen, weißen Leine versehen, die „Rettungsringe" heißen. Die meiste Zeit hängen sie an ihrem Platz. Doch es ist beruhigend zu wissen, dass sie im Notfall gleich zur Hand sind. Einen Rettungsring der besonderen Art hat vor einigen Jahren der schwedische Bischof Martin Lönnebo erfunden: Es ist ein kleiner Kranz mit achtzehn unterschiedlichen Perlen - in Deutschland bekannt unter dem Namen „Perlen des Glaubens" (Lutherische Verlagsgesellschaft Kiel, http://perlen-des-glaubens.de). Das Rettende dabei kann vielerlei sein: Zum Beispiel zu verhindern, dass der Alltag mit seinen vielen Anforderungen meinen Glauben an Gott zuschüttet, oder dass ich pausenlos funktioniere - ohne Zeiten der Stille und des Nachdenkens. In unserer Gemeinde begleiten uns die Perlen des Glaubens gerade durch die Fastenzeit. Von den achtzehn Perlen heißen sechs „Perlen der Stille". Sie sind verteilt über den ganzen Kranz und machen schon dadurch deutlich, dass es gut ist, wenn der Lauf meines Lebens immer wieder von Zeiten der Stille unterbrochen wird. Das Problem ist nur: So sehr ich das einsehe und vielleicht auch will - in der Praxis sieht es oft anders aus. Da können schon mal Tage und auch Wochen vergehen, ohne dass sich ein Raum gefunden hätte für ein paar ruhige Momente. Hier kann der Perlenkranz weiterhelfen. Ich kann ihn so platzieren, dass mein Blick immer wieder darauf fällt oder dass ich ihn immer wieder berühre - und jedes Mal werde ich dann an meine Absicht erinnert, mir zwischendurch eine kleine Unterbrechung zu gönnen: für einen Augenblick mal nichts zu tun, nur still zu sein, durchzuatmen, einfach da zu sein. Vielleicht ist jetzt gerade die Zeit dazu. Oder nachher, wenn ich wegmuss, um etwas zu holen. Oder heute Abend. Das Perlenband ist für den Alltag gedacht. Mitten in ihm bietet es mir die Chance innezuhalten, vielleicht auch an Gott zu denken oder an Menschen, die mir wichtig sind und die meine innere Verbundenheit gerade gut gebrauchen können.

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