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07MRZ2024
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In drei Tagen die Welt ein Stück besser machen … das klingt doch völlig unrealistisch, oder? Weit über einhunderttausend Kinder und Jugendliche zeigen aber, dass genau das möglich ist – und zwar bei der 72-Stunden-Aktion im April.

In ganz Deutschland setzen in diesen drei Tagen junge Leute soziale Projekte um. Die einen reparieren einen Spielplatz, die anderen feiern ein Fest mit dem Flüchtlingsheim und bringen Menschen im Stadtteil zusammen. Wieder andere zeigen mit einem Rollstuhlparcours, was Menschen behindert, die im Rollstuhl sitzen – zum Beispiel fehlende Rampen oder kaputte Aufzüge. Viele Gruppen setzen sich auch für Nachhaltigkeit und Klimaschutz ein. Sie bauen beispielsweise Insektenhotels, sammeln Müll und pflanzen Bäume.

Ich gehöre zum großen Team der katholischen Jugendarbeit, die diese 72-Stunden-Aktion in Baden-Württemberg organisiert. Wir stecken gerade in den letzten Vorbereitungen und meine Vorfreude wächst jeden Tag.

Die 72-Stunden-Aktion gibt es in diesem Jahr zum fünften Mal. „Uns schickt der Himmel“ steht auf den grünen T-Shirts der jungen Menschen, das ist das Motto der Aktion. Und für mich sind diese Kinder und Jugendlichen wirklich so etwas wie kleine Himmelsbotinnen und -boten.

Ich finde es unglaublich, was die Kinder und Jugendlichen in dieser kurzen Zeit bewegen und für andere auf die Beine stellen. Und nicht nur das: Es ist eine tolle Erfahrung für alle, die da mitmachen. Weil sie spüren: Ich kann hier wirklich was verändern, ich kann die Welt ein Stück besser machen! Gemeinsam machen wir einen Unterschied!

Mir machen diese jungen Menschen gerade in diesen Zeiten ungeheuer viel Mut. Und den brauche ich dringend, wenn ich in die Welt schaue und manchmal das Gefühl habe, dass die Krisen zu groß und wir zu klein sind, um sie zu lösen. Klimakrise, Bildungsmisere, demokratiefeindliche Strömungen, Kriege – wo soll man da nur anfangen?

Die Kinder und Jugendlichen zeigen in diesen drei Tagen, dass wir gemeinsam viel mehr schaffen können, als wir zunächst vielleicht glauben. Sie machen deutlich, dass niemand zu klein ist – und jede und jeder etwas dazu beitragen kann – wenn wir anpacken und loslegen!
In nur 72 Stunden die Welt ein Stück besser machen - was für eine himmlische Ermutigung!

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06MRZ2024
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Manchmal reicht es einfach nicht.

Zu wenig Kraft für all die To-do-Listen, die auf meinem Schreibtisch liegen. Zu wenig Hoffnung für all die Krankheitsmeldungen und Todesnachrichten um mich herum. Zu wenig stärkende Worte, um andere zu ermutigen. Zu wenig Zuversicht, dass es gut werden wird. Manchmal reicht es einfach nicht.

Das Gefühl hatte vermutlich auch die Frau, von der eine Geschichte aus der Bibel erzählt. Ihr Mann ist gestorben. Und nun sollen ihre beiden Söhne als Sklaven arbeiten, um die Schulden, die sich angesammelt haben, zu begleichen. Die Frau hat das Gefühl: Es reicht nicht. Die Lebensgrundlage ist weg, und nun soll ihr mit den Söhnen auch noch die Zukunft genommen werden.

Laut schreiend sucht sie bei dem Propheten Elischa Hilfe. Und er fragt sie: „Sag mir, was hast Du im Haus?“ (2 Kön 4,2) Ich stelle mir vor, wie die Frau Elischa erst einmal verdutzt anschaut. Was soll sie schon im Haus haben? Alles, was irgendwie einen Wert besitzt, hätte sie längst genutzt, um ihre Schulden zu begleichen. Doch dann fällt ihr ein: Ein Krug Öl gehört ihr noch. Elischa sagt zu der Frau: „Geh und erbitte Dir von allen Deinen Nachbarn leere Gefäße, aber nicht zu wenige! Dann geh heim, verschließ die Tür hinter Dir (…), gieß Öl in alle diese Gefäße und stell die gefüllten beiseite!“

Ein seltsamer Rat findet die Frau. Aber trotzdem macht sie sich auf und bittet ihre Nachbarinnen um leere Gefäße. Zuhause füllt sie aus ihrem verbliebenen Ölkrug ein Gefäß nach dem anderen. Und das Öl hört nicht auf zu fließen. Es ist mehr da, als in alle ausgeliehenen Gefäße passt. Es ist sogar so viel, dass sie einen Teil verkaufen und damit die Schulden begleichen kann. „Und vom Übrigen“, so sagt der Prophet zu ihr, „wirst Du mit Deinen Söhnen überleben können.“

„Sag mir, was hast Du im Haus?“ – Die Frage des Propheten Elischa möchte ich mir merken. Und in Zeiten, in denen ich denke, dass es zu wenig ist, was ich habe, möchte ich wie die Frau auf die Suche gehen: Was ist noch da? Was habe ich an Ressourcen? Immer ist doch noch irgendetwas da – die Erinnerung an das, was mir bereits gelungen ist. Oder ich lese ein paar liebevolle Worte in alten Geburtstagskarten. Vielleicht kann ich auch aus mir heraus gehen, nach draußen, andere bitten, mir zu helfen. Und hoffentlich kann dann aus dem Wenigen für mich und für andere mehr werden: mehr Kraft, mehr Hoffnung und mehr Zuversicht.

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05MRZ2024
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Vermutlich gehört es in die Kategorie Nerdwissen, also zu den Dingen, die außer ein paar Spezialisten nur wenige Menschen interessieren. Aber mich hat es nicht mehr losgelassen, und ich muss Ihnen davon erzählen.

Das Wort „Arche“ – also der große schwimmende Kasten von Noah, der seine Familie und die vielen Tiere gerettet hat – heißt im Hebräischen „tevah“.

Genau dieses Wort „tevah“ kommt auch bei der Geschichte von Mose vor. Da ist es das Schilfkästchen, in dem Mose gerettet wird. Man könnte sagen: Beide Kästen sind safe spaces, also Schutzräume gegen das Wasser. Kästen, die Leben retten.

Und spätestens jetzt kommt das Nerdwissen: Seltsamerweise heißt „tevah“ im Hebräischen nicht nur Kasten, sondern auch „Wort“. Also ein Begriff, der beides meint: Kasten und Wort. Das heißt doch: Nicht nur ein aus Brettern gebauter Kasten oder ein Schilfkästchen, sondern auch Worte können tragen. Können mich halten, wenn Alltagsstürme über mich hinwegbrausen. Wenn die Wellen des Lebens riesengroß und bedrohlich werden, und das Wasser mir bis zum Hals steht.

Ich habe mich auf die Suche nach solchen Halte- oder Trage-Worten gemacht.

Als Theologin sind mir zuerst biblische Verse eingefallen. Sätze, von denen ich weiß, dass sie auch anderen Menschen viel bedeuten. Wie: „Fürchte dich nicht. Ich bin bei dir.“ Oder die Segensworte „Der HERR segne und behüte dich…“. Auch alte Gebete können wie Kästen sein, in die ich hineinschlüpfen kann und die mich bergen. Wie das „Vater unser“ oder der Psalm 23, den viele Menschen in der Schule auswendig gelernt haben: „Der Herr ist mein Hirte. Nichts wird mir fehlen…“.

Und auch Liedzeilen gehören dazu. Dietrich Bonhoeffers Zeilen „Von guten Mächten wunderbar geborgen“ berühren mich jedes Mal, wenn ich sie singe. Aber auch die Sportfreunde Stiller gehören dazu, wenn es in ihrem Song heißt: „Ich wollte dir nur mal eben sagen, dass du das Größte für mich bist.“

Bibelworte und Gebete, Liedzeilen, Gedichte und Buchtitel… welch ein Schatz, dass es all diese Worte gibt. Und nicht zu unterschätzen, all die Worte, die nur mir gelten. Die andere mir ganz persönlich gesagt oder in Mails und Briefen geschrieben haben. Lob für gute Arbeit, Dank für gemeinsame Zeiten und zärtliche Worte voller Liebe und Zuneigung.

Worte können wie Kästen sein, die mich davor bewahren unterzugehen, und die mich eine Zeit lang halten und mich über die Wellen des Lebens tragen.

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04MRZ2024
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Gott als Müllmann oder als Eisglätter. Von diesen beiden ungewöhnlichen Bildern habe ich gehört, und ich finde sie richtig gut.

Über das erste Bild habe ich bei der Autorin Susanne Niemeyer gelesen. Sie schreibt: „Bei der Müllabfuhr zu sein, ist ja eigentlich kein schöner Beruf. Man räumt den Dreck anderer Leute weg, und meistens stinkt es. (…) Eine unappetitliche Sache, alles in allem.“ Doch „einer muss es ja machen, denn wenn es keiner täte, dann bliebe ja unser ganzer Müll auf der Erde, und es stänke zum Himmel.“ Und dann stellt Susanne Niemeyer sich vor, wie es wäre, wenn Gott riefe: „Bring den Müll runter, nur her mit dem ganzen Dreck, dem Frust, dem Abfall, allem, was stinkt und was auf deiner Seele liegt und sie schwer macht. Ich kümmere mich darum.“

Gott – der Dreckwegmacher in oranger Jacke. Ich mag das Bild. Und ich habe auch schon erfahren, wie gut es tut, wenn ich Gott all meinen Müll hinlegen kann. Wenn ich am Abend nach einem Tag, an dem gefühlt alles schiefgelaufen ist, zu Gott bete: „Heute hab ich mich oft geärgert – über mich. Über andere. Räume weg, was den Tag so schwer gemacht hat, sodass morgen Platz für Neues ist, und hilf mir, mich nur dann zu ärgern, wenn es sich lohnt.“

Vom anderen Bild für Gott hat mir eine Kollegin erzählt. Sie liebt das Eiskunstlaufen. Sie sagt: Gott ist wie der Fahrer einer Zamboni, einer Eisbearbeitungsmaschine. So eine, die beim Eiskunstlauf oder Eishockey die Eisfläche wieder glatt macht. Wenn eine Zamboni über die Eisfläche fährt, wird erst die oberste Schicht abgekratzt und dann kommt ein wenig warmes Wasser auf die Eisfläche. Durch die Wärme taut das darunterliegende Eis etwas an, sodass die neue Eisschicht fest mit dem alten Eis zusammenfriert. Auf der glänzenden Eisfläche sind neue Wege möglich. Keine Gefahr mehr, in die Spurrillen der anderen zu geraten. Und letztlich hinzufallen, weil sie für mich nicht taugen. Und auch meine eigenen Kratzspuren werden durch das warme Wasser geglättet.

Müllabfuhr und Zamboni – zwei ungewöhnliche Gottesbilder. Und wie jedes andere Gottesbild begrenzt. Keines trifft allein und 100-prozentig zu. Aber die Bilder helfen mir, nicht müde zu werden, über Gott nachzudenken. Und deshalb gefallen mir die beiden Vorstellungen, dass Gott mir aus dem Müllauto zuwinkt oder dass er auf der Eisfläche in einer Zamboni für mich hin- und herfährt.

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02MRZ2024
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Guten Morgen. An einem College in Oxford gehörte er zu einer recht humorlosen Gemeinschaft, die von Mitstudierenden den Spitznamen „Heiliger Club“ verpasst bekam. Später, nach seinem Theologiestudium ging jener junge anglikanische Priester namens John Wesley voll Idealismus nach Amerika. Eigentlich wollte er dort „die Indianer bekehren“. Im Lauf der Zeit jedoch stellt er verzweifelt fest: „Und wer bekehrt mich?“ Er wurde bescheidener und machte nach seiner Rückkehr nach England eine persönlich-tiefgreifende Erfahrung. Er entdeckte die machtvolle Liebe Gottes. Doch diese Erkenntnis konnte er nur schwer in den Gottesdiensten „seiner Kirche“ weitergeben. Darum begann er in England, Schottland und Irland unter freiem Himmel zu predigen. Seine Predigten unter freiem Himmel – auf Dorfplätzen und vor Fabriktoren – kamen an. Sie waren einfach, gefühlvoll, praktisch. Die neu erkannte und gewonnene Gute Nachricht macht ihn zu einem rastlosen Menschen. Dauernd war er unterwegs. 380.000  Kilometer legte er in seinem Leben zurück: zu Fuß, auf einem Pferderücken, in einer Kutsche. John Wesley förderte seine Bewegung dadurch, dass er sogar theologisch Unstudierte – unter ihnen auch Frauen – aus der Bibel vorlesen, predigen und Gemeinden leiten ließ. Seine Methodisten, auch das ein früher Spottname, sind heute eine weltweite Kirche mit knapp 50 Millionen Mitgliedern. Heute, am 2. März 1791, starb John Wesley im Alter von fast 88 Jahren.

Für Wesley war von allem Anfang an das soziale Engagement wichtig. Darum besuchte er mit den Mitgliedern seines „Heiligen Clubs“ Menschen in Krankenhäusern, Gefängnissen oder Armenvierteln. Dies soziale Tun war ihm ebenso wichtig wie dies, dass Menschen in seinen Kleingruppen miteinander beten, die Bibel lesen, über Bibeltexte sprechen oder am Abendmahl teilnehmen. Später verabschiedete die weltweite Methodistenkirche sogar ein Soziales Bekenntnis. Daraus zitiere ich nur zwei Aussagen: „Wir stehen ein für die Überwindung von Ungerechtigkeit und Not. … Wir sind bereit, mit den Benachteiligten unsere Lebensmöglichkeiten zu teilen.“ Solche Sätze fordern mich heraus. Dennoch fasziniert mich bis heute dies Ineinander von sozialer Wachheit und persönlicher Frömmigkeit – und darum gehöre ich gern zu dieser Kirche.

 

... Hartmut Hilke, Evangelisch-methodistische Kirche, Leonberg

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01MRZ2024
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Guten Morgen. Auf meinem Schreibtisch liegt es – ein kleines Büchlein mit blauem Einband. Es trägt den schlichten Titel „Die Losungen“. Im Untertitel heißt es: „Gottes Wort für jeden Tag“. Wer dies Büchlein herausgibt? Es ist die Herrnhuter Brüdergemeine, die als Brüder-Unität oder als Böhmische Brüder am 1. März 1457 gegründet wurden. Im Losungsbuch heißt es dazu: „Die Kirche, die seit fast 300 Jahren die Losungen herausgibt, hat ihre Wurzeln in der tschechischen Reformation. Um konsequent in der Nachfolge Jesu leben zu können, gründeten die Böhmischen Brüder 1457 ihre eigene christliche Gemeinschaft. Fast 200 Jahre lang lebte die Brüder-Unität als verfolgte Minderheit im Königreich Böhmen. Einer ihrer letzten Bischöfe war der bekannte Pädagoge Johann Amos Comenius (1592-1670). Anfang des 18. Jahrhunderts entstand die heutige Brüder-Unität im sächsischen Herrnhut. Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf gründete sie gemeinsam mit Nachfahren der Böhmischen Brüder.“

Zinzendorf war es auch, der seiner Gemeinde vor Ort jeden Abend einen neuen Bibelvers für den kommenden Tag mitgab. Dies wurde später „Losungswort“ genannt. Heute werden die Losungen aus einem Pool von Bibelworten ausgelost und veröffentlicht. Und – wie lautet die Losung für den heutigen Tag? Ich finde, sie passt gut zur Geschichte der Böhmischen Brüder: „Du, Gott, bist mein Helfer – und unter dem Schatten deiner Flügel frohlocke ich“ (Psalm 63,8). Ich finde das ist ein passendes Losungswort für die Gründung der Böhmischen Brüder. Denn die Gemeinschaft brauchte gerade in den von Verfolgung geprägten Anfangszeiten Gottes Hilfe sehr. Erst als Graf Zinzendorf ihnen auf seinen Ländereien ein politisch-religiöses Asyl gewährte, konnte sie sich relativ friedlich entwickeln. Dann freute sie sich „unter dem Schatten der Flügel Gottes“ ebenso wie unter dem „Schatten der Herrnhuter Bäume“. Die Gemeinschaft freute sich an Gottes Liebe zu ihnen und an der Gemeinschaft untereinander.

Diese Erfahrung mit Gott wünsche ich heute auch Ihnen. Ich wünsche Ihnen, dass Sie Gott „als Ihren Helfer“ entdecken und sich dann in Seinem Schatten oder Seinem Sonnenlicht des Lebens freuen.

 

... Hartmut Hilke, Evangelisch-methodistische Kirche, Leonberg

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29FEB2024
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Guten Morgen. Vertrauen ist zu einem kostbaren Gut geworden. Gegenwärtig scheint eher das Misstrauen zu einer gesellschaftlichen Grundhaltung geworden zu sein. Manche misstrauen den gegenwärtigen politischen Kräften. Andere misstrauen den Sachverständigen in der Wirtschaft. Sogar das Vertrauen in die sogenannten öffentlich-rechtlichen Medien ist angeschlagen. Stattdessen tauchen etliche in ihre eigenen Informations-Blasen ab. Dort finden sie ihr eigenes Denken bestätigt, denn hinterfragen und diskutieren scheint „out“ zu sein. Seriöse Tageszeitungen oder mit Steuermitteln finanzierte Medien werden sogenannter „fake news“ bezichtigt. Sie bilden angeblich die Wirklichkeit falsch oder verzerrt ab. Ich finde dies Misstrauen gegenüber nachdenklichen, gewachsenen, kritischen und selbst-kritischen Institutionen bedenklich. Es macht mich traurig, dass jenen Medien, die differenziert informieren, nicht mehr vertraut wird.

Auch andere Institutionen erleben einen Vertrauensschwund. Parteien gehören dazu – und seit einigen Jahren verstärkt auch die Kirchen. Ich erlebe, dass immer weniger Menschen bewusst zur Kirche gehören wollen. Menschen treten aus, weil ihnen das Personal nicht gefällt; weil die Botschaft veraltet rüberkommt; weil manche Aussagen wie aus der Zeit gefallen erscheinen; weil Skandale publik werden. Dennoch spüren viele Menschen, dass sie etwas Religiöses oder Spirituelles brauchen. Und so stehen kirchliche Angebote eher nicht oben auf der Liste der interessanten ‚Anbieter‘.

Dabei geht es beim Vertrauen in erster Linie gar nicht um die Kirche. Es geht vielmehr um Gott! Diesen Gott bekenne ich als glaubender Mensch als Schöpfer und Erhalter meines Lebens. Ein solches Gottvertrauen jedoch lerne ich nur durch meinen persönlichen Einsatz und mein Vertrauen-Wollen. Und dies Lernen dauert ein ganzes, langes Leben. So bekennt ein Mensch der Bibel: „In der Nähe des Herrn bin ich geborgen“. Ich muss also nicht andere Orte der Geborgenheit suchen. Denn, so endet der Text: „Der Herr ist treu. Er liebt es, wenn Menschen treu sind“. Das heißt im Klartext: Bin ich Gott treu, vertraue ich zugleich diesem schöpferischen Gott. Und dies Vertrauen lerne ich nur im lebenslangen Selbstversuch. Doch dieser Selbstversuch lohnt sich.

 

... Hartmut Hilke, Evangelisch-methodistische Kirche, Leonberg

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28FEB2024
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Guten Morgen. Sind Sie heute schon bereit für ein kleines Märchen? Dann hören Sie zu. Ein König hatte einen Minister, der bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit sagte: ‚Gott fügt alles wunderbar‘. Als der Minister und der König eines Tages bei der Jagd einen Hirsch schießen und die beiden, weil sie hungrig sind, einen Teil des Hirsches grillen, schneidet sich der König zu Beginn des Essens einen Finger ab. Der Minister sagt: ‚Gott fügt alles wunderbar‘. Der König wird über diese Reaktion wütend, schickt den Minister fort und schläft dann sehr satt am Feuer ein. In der Nacht überfallen einige Räuber den König, die ihn ihrer Göttin Kali opfern wollen. Doch im letzten Moment bemerkt einer der Räuber den fehlenden Finger und stellen fest: „Dieser Mann ist unvollkommen, ihm fehlt ein Körperteil. Doch unserer Göttin darf nur Vollkommenes geopfert werden.“ So lassen sie den König laufen.

Unterwegs erinnert sich der König an die Worte seines Ministers: „Gott fügt alles wunderbar“ – und begreift: Genau so ist es. Auch in diesem Fall. Er fühlt sich schuldig, weil er den Minister verbannt hat, und lässt ihn suchen. Nach einiger Zeit wird er gefunden. Der König entschuldigt sich beim Minister und bittet ihn, wieder in seine Dienste zu treten. Der Minister jedoch antwortet: „Du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Ich bin dankbar, dass du mich fortgeschickt hast. Mich hätten die Räuber sicherlich geopfert. Mir fehlt nämlich kein Finger. Gott fügt alles wunderbar.“ (gefunden bei Axel Kühner, Überlebensgeschichten, S. 66f).

„Gott fügt alles wunderbar“: Ich weiß nicht, ob Sie das so für Ihr Leben sagen können. Manchmal stelle ich ja auch erst viel später fest, dass sich eine Entwicklung gut gefügt hat. Entdecke ich in dieser guten Fügung dann auch noch, dass Gott am Wirken war, ist dies zudem eine schöne Erfahrung. Menschen der Bibel nahmen immer wieder ihr eigenes Leben so wahr und merkten: „Gott rettet, Er bewahrt“. David, der große König Israels, fasste es einst in folgende Worte: „Auf dich, Herr, mein Gott, traue ich. Hilf mir von allen meinen Verfolgern und errette mich.“ Wer so sprechen kann, weiß zumindest dies: Es gibt einen Ort, eine Instanz, die mein Leben hält und die letztlich alles wunderbar fügt. Diese Erfahrung wünsche ich Ihnen heute und morgen.

... Hartmut Hilke, Evangelisch-methodistische Kirche, Leonberg

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27FEB2024
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„Ja, die Welt ist dunkel. Nur ja die Ohren nicht hängen lassen! Nie! Denn es wird regiert, Nicht nur in Moskau oder in Washington oder in Peking, aber von ganz oben, vom Himmel her.“

Diese Worte hat Karl Barth 1968 am Vorabend seines Todes hinterlassen. Einer der bedeutendsten Theologen des 20. Jahrhunderts.

Ja in Moskau, Washington, Peking wird regiert bis heute. Und vor jedem dieser Machtzentren zittern jeweils die anderen.

Dabei zittern weltweit unzählige Menschen mit und leben zunehmend in Ängsten. Aber wo wird vom Himmel her regiert? Bei all der Grausamkeit und dem Elend auf der Welt stellt sich für viele die Frage: warum lässt Gott das zu? Und manche beschweren sich nicht nur über Gott, sie sind wütend auf ihn. Wo wird denn vom Himmel her regiert? Wenn Gott diese Welt in seinen Händen hält, warum rührt er dann scheinbar keinen Finger?

Ich habe darauf keine Antwort. Ich weiß nur, wenn Gott alles Böse auf dieser Welt verhindern sollte, müsste er auch mir in den Arm fallen, damit ich mich nicht irgendworan vergreife. Er müsste mir über den Mund fahren, wenn ich dabei bin, andere mit meinen Worten zu verletzen. Da wir freie Menschen sind, haben wir auch die Möglichkeit, unsere Freiheit zum Bösen zu missbrauchen. Das ist der Preis der Freiheit.

Und dennoch, Karl Barth war überzeugt, es wird nicht immer so bleiben. Bei allem, was wir Menschen anstellen, es gibt noch eine Stelle, die allem übergeordnet ist. Gott wird dem Bösen ein Ende setzen. Es kommt der Tag, wo seine Regierung vom Himmel her sich durchsetzt.

Deshalb das Vermächtnis von Karl Barth: Nur ja die Ohren nicht hängen lassen!

Auch wenn es einen langen Atem braucht.

Bereits Jesus hat angekündigt, dass sich gegen Ende der Zeit die Krisen häufen. Aber das soll uns nicht ängstigen oder uns resignieren lassen. Vielmehr hat Jesus aufgefordert:

Ihr sollt euch aufrichten und euren Kopf heben, wenn das alles beginnt: Eure Erlösung kommt bald!«

Also, statt die Ohren hängen zu lassen gilt es: Kopf hoch!

Dann kann sich die Wut gegen Gott verwandeln in Mut wegen Gott.

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26FEB2024
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Können Sie jemandem ein Kompliment machen, das ihr Gegenüber noch nie gehört hat?

Mit unserer erwachsenen Tochter habe ich in der Stadt den kürzesten Weg zur Parallelstraße gesucht. Gehen wir erst vor oder zurück? Ich habe einen älteren Herrn gefragt, etwa Ende 70. Er empfahl uns nach vorne weiter zu gehen. Dann könnten wir bei der Brücke den Übergang zur Parallelstraße nutzen. Ich habe mich bedankt und meine Tochter, die das Down-Syndrom hat sagte zu ihm: „Du bist ein toller Mann“. Daraufhin richtete der Mann sich auf, wurde ungefähr 10 cm größer und begann über das ganze Gesicht zu strahlen. „Das hat noch niemand zu mir gesagt“ war seine Antwort.

Wie viele Menschen warten auf ein Lob und wie viel kann es bewirken? Es war nicht das erste Mal, das unsere Tochter mit ihren Komplimenten andere überrascht und aufgemuntert hat.

Unglaublich wie Worte Menschen verändern können, sie aufrichten und zum Strahlen bringen. So dass dann der Tag in einem anderen Licht erscheint.

Anderen Gutes zu sagen bedeutet sie zu segnen, so die Wortbedeutung. Das ist gar nicht so schwer und tut beiden gut.

Ich hoffe, sie haben auch schon öfter gehört, dass sie ein toller Mensch sind. Wenn sie das noch zu selten erlebt haben, kann ich ihnen eines versichern. Auch Gott ist davon überzeugt, dass sie ein toller Mensch sind. In der Bibel vergewissert Gott es uns mit den Worten: „Du bist wertvoll in meinen Augen und ich habe dich lieb“. Was hat er nicht alles auch in sie hineingelegt und ihnen mitgegeben auf den Lebensweg? Unterschätzen sie sich nicht.

Bereits nach der Erschaffung des Menschen befand Gott, dass das Ergebnis sehr gut war. Danach ging allerdings vieles den Bach runter. Aber das konnte Gott nicht davon abhalten uns weiter zu lieben und wertzuschätzen. Darum hat er sich wieder eine vertraute Nähe zu uns gewünscht und seinen Sohn Jesus zu uns gesandt. Seitdem gilt: wer auf die Liebe Gottes eingeht, sich ihm anvertraut, der wird aufgerichtet. Und wer durch Wertschätzung aufgerichtet wurde, kann leichter anderen Wertschätzung zukommen lassen und sie damit ebenfalls aufrichten.

Wir können so einen Kreislauf anstoßen, der sich weiterdreht. Also, wem könnten wir heute ein herzliches Dankeschön, ein aufrichtiges Kompliment, ein ehrliches Lob sagen?

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