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SWR2 Wort zum Tag

30NOV2023
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Wir wurden ganz schön durchgeschüttelt. Und gewackelt hat es. Vor den schmalen Fenstern – ein undurchdringliches Grau. Ich saß im Flugzeug, und der Landeanflug auf Stuttgart war ganz schön turbulent. Richtige Flugangst habe ich nicht. Angenehm finde ich die Fliegerei aber auch nicht. Deshalb habe ich mich bei diesem Anflug wirklich unwohl gefühlt – und ein kurzes Stoßgebet in den Himmel geschickt: Ach lass uns doch sicher landen … und Gott sei Dank, es hat gewirkt. Wir sind sicher gelandet. Mein Gebet wurde erhört. Oder ist das in Wirklichkeit eine Augenwischerei?

Ich glaube nicht an eine direkte Gebetserhörung. Ich glaube nicht, dass ich mir eine Wunschwelt zusammen beten kann nach dem Motto: Was ich mir erbete, tritt ein, weil Gott dafür sorgt.

Mir hilft beten trotzdem. Zum Beispiel dann, wenn ich mich einsam fühle. Wenn mir niemand einfällt, der mir helfen könnte, kann ich mich an Gott wenden. Oder wenn ich Angst habe. Zum Beispiel, wenn ich eingequetscht in einem wackelnden Flugzeug sitze.

Beten hilft in diesem Sinne erst einmal mir selbst. Aber ich glaube, dass es noch mehr kann.

Ich denke zum Beispiel an die ganzen Friedensgebete, die gerade regelmäßig in vielen Kirchen und Städten stattfinden. Frieden für die Ukraine, im Nahen Osten – das wünschen sich viele. Wie gesagt: Leider geht das nicht auf Knopfdruck, wir beten und dann kommt der Frieden. Aber ich finde, wer für Frieden betet, hat die Hoffnung auf ihn noch nicht aufgegeben, der glaubt noch daran, dass sich Gottes Frieden irgendwann überall durchsetzt.

Ja, ich denke, erst, wenn der Letzte aufgehört hat, an die Möglichkeit eines Friedens zu glauben, dann gibt es wirklich keine Hoffnung mehr. Beten hält diese Hoffnung wach. Es lenkt die Aufmerksamkeit auf das, was um mich herum geschieht. Für wen oder was muss ich beten? Wer kann Hilfe brauchen? An wen sollte ich denken? Darüber nachzudenken, hält den Blick wach für andere; und für eine gerechte und friedliche Welt.

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SWR1 3vor8

12NOV2023
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Hätte ich das doch nicht so gemacht… Dann wäre mein Leben sicher anders verlaufen. Oder mir wären manche Probleme und Sorgen erspart geblieben. Aber, hätte, hätte, Fahrradkette. Es hilft nichts: Was war, kann ich nicht mehr ändern.

Ungefähr das schreibt auch der Apostel Paulus in einem Brief an die Gemeinde in Rom. Ein Abschnitt daraus dient heute in vielen evangelischen Kirche als Predigtgrundlage. Paulus beschreibt die Gegenwart seiner Zeit:
„Die ganze Schöpfung seufzt und stöhnt vor Schmerz. Und nicht nur sie. Uns geht es genauso.“ (Römer 8,22)

Paulus sieht Mensch und Natur leiden. Er sieht, dass es Krankheit und Schmerz gibt. Neid und Hass. Paulus nimmt wahr, dass in der Welt, in Gottes Schöpfung einiges im Argen liegt. Und diese Diagnose kann man heute sicher noch genauso stellen: Der Planet schwitzt, Naturkatastrophen entfalten zerstörerische Kraft. Menschen leiden, hungern, müssen fliehen.

Die Schöpfung stöhnt vor Schmerz. Und an dem, was wir Menschen selbst Schlimmes verursacht haben, könnte man verzweifeln. Aber - Paulus tut das nicht. Er schreibt weiter:
„Wir sind gerettet, aber noch ist alles erst Hoffnung.“ (Römer 8,24)

Obwohl Paulus die Vergangenheit nicht ändern kann. Obwohl er keine fertigen Lösungen für die Probleme seiner Zeit in der Schublade hat, glaubt er fest daran, dass es Rettung gibt. Gott hilft. Er erlöst seine Schöpfung von Krieg, Ungerechtigkeit und Gewalt. Diese Hoffnung auf eine gute Zukunft ist für Paulus eine Gewissheit!

Er lenkt den Blick von der Vergangenheit bzw. der Gegenwart, an der man verzweifeln könnte, hin auf eine gute Zukunft. Und ich finde, dieser Blick hilft. Sich über die Vergangenheit den Kopf zu zerbrechen, zu grübeln, was man hätte anders machen sollen – das bringt einen nicht weiter. Hätte, hätte Fahrradkette…

Aber daran glauben zu können, dass wir trotz aller Schwierigkeiten, trotz allen Leids, eine gute Zukunft haben, das hilft mir im Hier und Jetzt. Es lässt mich nicht verzweifeln. Befreit mich von lähmender Zukunftsangst. Wer noch hofft, glaubt auch noch an Veränderung. Und deshalb engagiere ich mich für eine gute Zukunft. Weil ich an sie glaube.

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SWR2 Wort zum Tag

18OKT2023
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Mangelnde Unterstützung. Das haben die Spieler der deutschen Fußball-Männernationalmannschaft bei der WM in Katar immer wieder beklagt. Ich habe mir die Dokumentation über die Deutschen bei der WM neulich angeschaut. Da ist das ein Dauerthema: die fehlende Unterstützung durch die Fans in Deutschland, durch „die Heimat“. Den Spielern fehle es an Vertrauen. Gleichzeitig sollen sie mit Selbstvertrauen und Glaube an sich selbst auftreten. Daran appellieren Trainer und Management immer wieder. Schaut man sich das Ergebnis an, hat das offensichtlich nicht so gut geklappt.

Ich weiß nicht, ob man nur gut Fußball spielen kann, wenn man die Unterstützung von 80 Millionen Deutschen spürt. Das erscheint mir dann doch etwas zu hoch gegriffen.

Aber dass das eigene Selbstvertrauen gestärkt wird, wenn jemand anderes an mich glaubt – da ist sicher was dran.

So erlebt das auch Mose. In der Bibel wird erzählt, wie er von Gott einen sehr wichtigen Auftrag bekommt. Er soll die Israeliten aus der Sklaverei befreien. Keine Kleinigkeit. Mose fühlt sich dem nicht gewachsen und erhebt Einwände: Zum Beispiel fühlt  er sich rhetorisch nicht begabt genug, um so eine Gruppe zu führen. Aber über mangelnde Unterstützung kann er sich nicht beklagen.

Gott setzt auf ihn. Er hält an ihm fest. Und er hilft ihm. Er stellt ihm seinen Bruder Aaron zur Seite. Der kann gut reden. Und fungiert fortan quasi als Moses Sprachrohr.

Und obwohl Mose immer wieder Unsicherheit ausstrahlt, glaubt Gott an ihn. Er stützt ihn und steigert dadurch auch sein Selbstvertrauen.

Das Ergebnis dürfte vielen bekannt sein… Es gelingt Mose mit der Unterstützung Gottes, Aarons und weiterer Mitstreiter, die Israeliten aus der Sklaverei zu befreien. Trotz der Selbstzweifel, die Mose anfangs hatte. Gott hat an ihn geglaubt. Das hat ihn gestärkt.

Ja, Gott traut den Menschen was zu. Er glaubt daran, dass sie auch schwierige Aufgaben meistern können. Glaube wird ja oft in erster Linie auf Gott bezogen. Wir – ich – glaube an Gott. Aber die Geschichte von Mose zeigt: Glaube gibt es auch andersherum: Gott glaubt an uns Menschen. Er unterstützt uns. Und ich glaube: Mit dieser Unterstützung kann ich vieles schaffen.

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SWR2 Wort zum Tag

17OKT2023
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In einem Buch eines AfD-Politikers habe ich Folgendes gelesen: „Menschenrechte sollen nicht mehr absolut, sondern im Kontext der Gesellschaft definiert werden. Die Verfassung soll sich im Zweifel dem Volkswillen beugen.“[1] .

Ich verstehe das so: Eine Mehrheit könnte für eine Minderheit die Menschenrechte außer Kraft setzen. Menschen, deren Leben, Liebe oder Gedanken nicht ins Weltbild passen, würden so zu Menschen zweiter Klasse degradiert.

In der Bibel wird von der Erschaffung des Menschen erzählt. Nachdem Gott alles andere gemacht hat, kommt zum Schluss der Mensch dran:
Und Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn.

Nach biblischer Vorstellung ist der Mensch das Ebenbild Gottes. Dass heißt nicht, dass er genauso ist oder genauso aussieht wie Gott. Aber er entspricht Gott. Der Mensch soll sich um das kümmern, was Gott geschaffen hat. Denn er trägt etwas von Gott in sich. Das gilt für alle Menschen. Alle Menschen stammen von Gott ab; alle sind sein Ebenbild. Sie haben deshalb eine unverletzliche Würde.

Wer das ernst nimmt, kann die Menschen nicht nach ihrer familiären oder biologischen Herkunft, nach ihrer Hautfarbe, ihrem Geschlecht oder ihrer Sexualität beurteilen oder kategorisieren. Alle Menschen gehören zu Gott und müssen mit Achtung behandelt werden. Ihre Würde darf nicht verletzt werden.  

Auch bei Jesus findet sich diese Haltung wieder. Kranke, Ausländer oder Geschiedene – viele Menschen galten zur Zeit Jesu als Menschen zweiter oder dritter Klasse. Viele hatten kaum oder überhaupt keine Rechte.

Jesus hat sich für sie eingesetzt. Er hat sie mit den gleichen Augen angesehen wie alle anderen. Er hat in ihnen das Ebenbild Gottes gesehen und sie als Geschöpfe Gottes behandelt.

Diese Vorstellung, dass alle Menschen eine unverletzliche Würde haben und dass diese nicht durch andere angetastet oder außer Kraft gesetzt werden darf, findet sich in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte wieder.

„Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren“, heißt es da.  
Das kann auch keine Mehrheit, kein angeblicher Volkswille anderen absprechen. Das gilt. Für alle. Und ich hoffe, dass eine Mehrheit das in Deutschland auch weiterhin so anerkennt. 

 

[1]https://www.zdf.de/politik/frontal/frontal-vom-19-september-2023-eu-migrationspolitik-cdu-brandmauer-afd-ukraine-minenopfer-kindergrundsicherung-100.html

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SWR2 Wort zum Tag

16OKT2023
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Welche Szene spielt sich ab in dem hell erleuchteten Zimmer, dessen Lichtschein ich durchs Fenster sehen kann? Wer verbirgt sich hinter den heruntergelassenen Fensterläden?  Was geschieht gerade in diesen Häusern?

Solche Fragen kommen mir manchmal, wenn ich abends im Dunkeln durch meine Straße an den ganzen Häusern vorbei nach Hause laufe.

Ich finde es interessant, dass ich so nahe an den Menschen vorbeilaufe, aber keine Ahnung davon habe, wer sie sind oder was sie machen. Natürlich geh ich nicht einfach auf ein Haus zu und schau dort mal durchs Fenster. Ich will ja auch nicht, dass jemand meine Privatsphäre stört. Und doch fände ich es oft spannend, mehr voneinander zu wissen. Wahrscheinlich sind die meisten Menschen glücklich und zufrieden, auch ohne mich. 

Aber vielleicht gibt es ganz in meiner Nähe jemanden, der einsam ist oder Hilfe brauchen könnte, aber niemanden hat. Das bleibt meinem Blick auch verborgen.

Du bist ein Gott, der mich sieht, heißt es in der Bibel. Hagar sagt diesen Satz. Sie ist die Magd von Abraham und Sarah. Abraham und Sarah wünschen sich ein Kind, aber es will einfach nicht klappen. Sarah schlägt deshalb vor, dass Abraham mit Hagar ein Kind zeugt. Hauptsache, es gibt einen Erben. Aber als Hagar schwanger ist, kommt Sarah nicht klar mit der Situation. Sie behandelt Hagar schlecht und demütigt sie. So schlimm spitzt sich die Lage zu, dass Hagar flieht.

Allein in der Wüste begegnet ihr ein Engel. Und Hagar, die als Dienerin so oft nicht gesehen und beachtet wurde, merkt:
Du bist ein Gott, der mich sieht. Das hat sie erfahren. Gott nimmt mich wahr.

Ich bin überzeugt: Gott schaut auch heute auf diejenigen, die einsam und verlassen sind; auf die sonst keiner schaut. Das befreit uns Menschen nicht davon, nacheinander zu sehen und aufeinander zu achten.

Aber ich finde es auch beruhigend zu wissen, dass Gott auf diejenigen schaut, die mir verborgen bleiben und auch sonst von niemandem gesehen werden. In den Häusern meiner Straße und überall.

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SWR1 3vor8

10SEP2023
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Wie sagt man? Eine Frage, die Kinder oft hören. Wie sagt man – wenn man eine Einladung oder beim Einkaufen einen Keks bekommen hat? Na klar, danke! So bekommen Kinder es beigebracht.

Vielleicht hat es bei den schwer kranken Menschen, die von Jesus geheilt werden, einfach an der guten Kinderstube gehapert. Über diese Erzählung in der Bibel wird heute in vielen evangelischen Kirchen gepredigt. Jesus kommt in ein Dorf. Schwer kranke Männer flehen ihn an: Jesus, lieber Meister, erbarme dich. Die Männer sind ausgeschlossen aus der Dorfgemeinschaft. Ansteckungsgefahr! Getrennt von Familie und Freunden. Es geht ihnen wirklich mies. Sie haben Hilfe bitter nötig!

Und Jesus hilft: Die Männer werden gesund. Sie laufen ohne ein weiteres Wort überglücklich in ihr Dorf zurück. Nur einer von ihnen bleibt plötzlich stehen, dreht um und kommt nochmal zu Jesus zurück. Er dankt ihm, dankt Gott für seine Heilung, für das Geschenk am Leben teilhaben zu können. Und die anderen?

Ich denke nicht, dass man ihnen mangelnde Erziehung unterstellen sollte. Wahrscheinlich konnten sie es einfach nicht mehr erwarten, ihre Familien wieder zu sehen, ihr Leben zurückzubekommen!
Aber ich glaube, der eine, der sich bedankt, bringt doch etwas Wichtiges zum Ausdruck: Es ist ein riesiges Geschenk, das die Männer da bekommen haben. Ein Wunder, das ihnen eine Tür öffnet, die für immer verschlossen schien. Die Tür zurück in ihren Alltag.

Sie haben das wieder, was ihnen vorher vielleicht selbstverständlich erschien: Gesundheit, Familie, in einer Gemeinschaft leben. Oft realisiert man bei diesen Dingen ja erst, wie wichtig sie sind, wenn etwas davon verloren gegangen ist. Schätzt sie vorher gar nicht richtig wert, weil sie eben so alltäglich scheinen. Vielleicht hilft es, sich ab und zu mal Zeit zu nehmen und nachzudenken – womöglich sogar aufzuschreiben – wofür man gerade dankbar sein kann.

Öfter auf das Gute zu schauen: in der Welt; in meinem persönlichen Leben. Was läuft super? Wo habe ich gute Erfahrungen gemacht? Ich denke, sich das ab und zu bewusst zu machen, kann zu einer positiven Sicht auf das eigene Leben beitragen.

Denn – wie sagt man? Ich finde, auch für Erwachsene ist Danke eine gute Antwort.

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SWR2 Wort zum Tag

09SEP2023
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Nehmen Sie mal ein Thema, das Ihnen wirklich wichtig ist; und dann suchen sie die relevantesten Argumente – nicht für ihre Meinung zu diesem Thema, sondern für die Gegenposition. Das schlägt der Journalist Dirk von Gehlen in einem Buch vor. Ein interessanter Gedanke: einfach mal die Perspektive wechseln.  

Das fände ich mal für eine Talkshow im Fernsehen interessant. Das meiste, was dort gesagt wird, ist erwartbar. Oft geht es scheinbar nur darum, „seinen“ Punkt zu machen; man will sich von den anderen Diskutanten abgrenzen und versucht gar nicht den anderen zu verstehen oder auf ihn einzugehen. Ein gemeinsames Ringen nach Lösungen findet so nicht statt. Wie interessant wäre es, wenn alle mal in vertauschten Rollen diskutieren müssten. Stellen Sie sich doch mal vor, wie das wäre, wenn Friedrich Merz die Positionen von Ricarda Lang verteidigen müsste und umgekehrt. Ich glaube, da kämen ganz neue Erkenntnis- und Verständigungsprozesse in Gang. Bei Diskutanten und Zuschauerinnen.

Polarisiert sei unsere Gesellschaft, höre ich immer wieder. Ich glaube, da könnte es helfen, sich stärker mit den Argumenten Andersdenkender auseinanderzusetzen und nicht immer auf denselben gedanklichen – manchmal vielleicht auch ausgetretenen Pfaden – zu laufen.

Das kann man überall ausprobieren, wo Menschen anderer Meinung sind als ich: im Freundeskreis oder am Arbeitsplatz. Vielleicht könnte das einer gespaltenen Gesellschaft helfen, wieder mehr zusammenzufinden.

Ich versuche das jetzt einfach gleich mal. Ich bin zum Beispiel ein großer Fan davon, dass möglichst wenig Autos in den Städten fahren.

Aber bequem ist das Autofahren in der Stadt halt schon. Man ist trotz des vielen Verkehrs oft meistens schneller am Ziel als mit anderen Verkehrsmitteln. Und wenn ich einkaufe, kann ich die Sachen entspannt nach Haus transportieren. Regen stört mich auch nicht. Anders als zu Beispiel auf dem Fahrrad. Der öffentliche Nahverkehr ist oft auch keine vernünftige Alternative. Da hakt es vielerorts doch ziemlich an der Zuverlässigkeit und Bequemlichkeit. Nein, unter diesen Bedingungen kann man die Menschen nicht ernsthaft dazu auffordern, weniger Auto zu fahren. Aber natürlich – es gibt auch gute Gegenargumente…   

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SWR2 Wort zum Tag

08SEP2023
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Geburten verändern so einiges. Sie stellen das Leben auf den Kopf. Wohl kaum ein Ereignis hat so einen spürbaren Einfluss auf das Leben der Eltern, der Familie, wie die Geburt eines Kindes. Und manche Geburten haben nicht nur das Leben der betroffenen Familie verändert, sondern die ganze Welt.

Wie zum Beispiel die Geburt Jesu. Viele Kirchen erinnern heute an seine Mutter Maria. Allgemein steht in der Bibel nicht viel über Jesu Familie. Aber wie euphorisch der Anfang war, davon berichtet Lukas in seinem Evangelium sehr ausführlich:

Maria besucht ihre Verwandte Elisabeth. Bei ihrer Ankunft stimmt Maria in einen Lobgesang ein, das sogenannte Magnificat:

Ich lobe Gott aus tiefstem Herzen
Alles in mir jubelt vor Freude

Diese Begeisterung können sicher viele Schwangere teilen. Aber dann ändert sich der Ton. Maria singt:

Gott stürzt die Machthaber vom Thron
Und hebt die Unbedeutenden hervor
Er füllt den Hungernden die Hände mit guten Gaben
Und schickt die Reichen mit leeren Händen fort
(Lukas 1,46ff in Auszügen) 

Maria lobt und dankt Gott und verbindet das gleichzeitig mit der Aussage: Gott ist da für die Unterdrückten und Hungernden, für die Schwachen in der Gesellschaft. Das finde ich bemerkenswert, weil hier schon vieles von dem vorweggenommen wird, das später auch Jesus einfordert und lebt. Was Maria hier sagt, konkretisiert sich später im Leben und Handeln Jesu. Hat Jesus diese Ideen von seiner Mutter übernommen? Es wäre doch naheliegend, dass ihn seine Familie, seine Mutter geprägt hat…

Dieses Magnificat der Maria spielt in der sogenannten Befreiungstheologie eine wichtige Rolle. Diese ist vor ungefähr 60 Jahren in Lateinamerika entstandene und setzt sich ein für gesellschaftlich Benachteiligte ein.

Wie Maria sind sie davon überzeugt: Wir haben Gott auf unsere Seite, er setzt sich für unsere Sache ein. Wir können uns auch gegen die Mächtigen auflehnen. Denn Gott ist in diesem Sinne nicht politisch neutral, sondern auf der Seite der Ausgebeuteten und Unterdrückten. Die Worte Marias haben Menschen weltweit immer wieder Mut und Hoffnung gegeben, sich gegen Unterdrücker und Ausbeuter aufzulehnen und für ein besseres Leben zu kämpfen. Sie tun es bis heute.

Maria hat nicht nur durch die Geburt ihres Sohnes, sie hat auch durch ihre eigenen Worte die Welt verändert.

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SWR2 Wort zum Tag

07SEP2023
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Hören kann sie ziemlich gut. Die Dirigentin Lydia Tár besitzt das absolute Gehör. Ohne Hilfsmittel erkennt sie jeden falschen Ton. Eine nützliche Gabe für eine Dirigentin. Anhand der fiktiven Figur Tar erzählt der gleichnamige Film die Geschichte einer Frau, die beruflich fast alles erreicht hat. Als erste Frau leitet sie ein großes deutsches Orchester. Sie ist ganz oben angekommen.

Privat hingegen läuft vieles schief. Ihre Beziehung kriselt. Menschen aus ihrem Umfeld behandelt sie oft kalt und abweisend. Sie will und kann die Probleme und Gefühle, die andere ihr gegenüber aussprechen, nicht verstehen. Lydia Tár kreist vor allem um sich selbst.

Der Film handelt von Macht und deren Missbrauch im klassischen Musikbetrieb. Es geht um eine Frau in einer männerdominierten Welt.

Besonders eindrücklich finde ich aber die klaffende Lücke zwischen dem, wie herausragend die Dirigentin in ihrem Beruf ist, auch dank ihres absoluten Gehörs. Und ihrer gleichzeitigen Unfähigkeit, anderen zuzuhören und auf sie einzugehen. Ja, hören kann die Dirigentin Tár fast alles. Aber zuhören fällt ihr schwer.

Wer Ohren hat, der höre – dieser Satz ist von Jesus überliefert.

Ich denke, was er damit sagen wollte: Wir sollen einander wirklich zuhören und aufeinander eingehen. Dafür muss ich das, was der andere sagt, auch wirklich verstehen und nachvollziehen wollen, versuchen, mich in ihn hineinzuversetzen. Ich muss mich selbst zurücknehmen und dem anderen Raum geben: Seiner Sicht, seiner Meinung, seinen Erfahrungen. Ein absolutes Gehör braucht es dafür nicht; eine aufgeschlossene Haltung dem anderen gegenüber schon. 

Das heißt ja nicht, dass ich dem anderen immer Recht geben muss oder dass es keine Rolle mehr spielt, was ich denke oder fühle. Aber als aufmerksamer Zuhörer kann ich dann selber auch darauf hoffen, dass mir der andere wirklich zuhört.

Und ich glaube, einfach mal zuhören und einander verstehen wollen, das ist die Basis für ein gutes Miteinander. So nehme ich andere Menschen ernst.  So beuge ich Missverständnissen vor. Und es tut mir auch selbst gut, wenn ich merke: da hört mir einer richtig zu.

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SWR1 3vor8

30JUL2023
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Auf so ein Frühstücksei am Sonntagmorgen gehört für mich ein bisschen Salz. Das schmeckt mir dann einfach besser. Wie so vieles. Ohne Salz geht’s nicht – hat sich auch Jesus gedacht. 

Ihr seid das Salz der Erde. Das hat er in einer Rede zu seinen Anhängern gesagt. Über diese Rede wird heute in vielen evangelischen Kirchen gepredigt. Ihr bringt Geschmack in die Welt hat sich Jesus wohl gedacht.

Salz hat ja eine recht interessante Eigenschaft. Für sich allein ist es mehr oder weniger unbrauchbar. Statt Ei mit Salz, nur ein Löffelchen Salz? Nein danke! Salz entfaltet seinen Geschmack erst in Verbindung mit anderen Lebensmitteln. Genauer: Es kitzelt den guten Geschmack bei anderen Lebensmitteln heraus, indem es eine Symbiose mit seiner Umgebung eingeht. Im Nudelwasser zum Beispiel löst es sich ja sogar komplett auf. Und dadurch entfaltet sich der gute Geschmack.

Ich meine, das ist es auch, was Jesus seinen Anhängern sagen wollte. Ihr seid Salz, es ist gut, dass ihr da seid; ihr bringt Würze in die Welt und könnt dran mithelfen, dass das Leben der Menschen gut schmeckt. Also verbindet euch mit der Welt und eurer Umwelt und bewirkt Gutes.

Für mich ist das heute eine Ermahnung an die Kirche, sich nicht allzu sehr mit sich selbst zu beschäftigen. Sie sollte nicht zu viele Kräfte für interne Prozesse verpulvern, sondern sich dabei auf das Notwendige beschränken. Wie schaffen wir es, dass wir für die Menschen und die Gesellschaft da sind?

Ich habe den Eindruck: Manche innerhalb der Kirche würden manchmal am liebsten unter sich bleiben.

Aber Salz braucht ein Gegenüber, wie gesagt, für sich alleine ist es relativ nutzlos. Und ich glaube, auch die Kirche schafft dann Gutes, wenn sie präsent ist im Leben der Menschen. Wenn sie vor Ort Gutes bewirkt, ein offenes Ohr hat für Familien, für Menschen, die trauern, für neu Zugezogene oder für Einsame. Sie sollte dahin schauen, wo Hilfe gebraucht wird und mit anderen gesellschaftlichen Gruppen zusammenarbeiten. Kirche erfüllt ihren Auftrag, wenn sie eine lebendige Verbindung mit der Welt eingeht und das Leben der Menschen schmackhafter, gerechter und besser macht. Ihr seid das Salz der Erde – das heißt für mich dabei mitzuhelfen, das Beste aus der Welt herauszukitzeln.     

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