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SWR4 Abendgedanken

02NOV2023
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„Und sie bewegt sich doch!“ Das soll Galileo Galilei vor fast 400 Jahren gesagt haben. Er hat damit unsere Erde gemeint. Galileo war fest davon überzeugt, dass die Erde sich um die Sonne bewegt, und nicht umgekehrt. Für die damals mächtige Institution Kirche ein Skandal! Denn die katholische Kirche lehrte noch im 17. Jahrhundert, dass die Erde im Mittelpunkt des Universums stehe und die Sonne sich um die Erde drehe. Doch Galileo hat damals schon erkannt, dass das nicht stimmt, aber seine Erkenntnis ist ihm nicht gut bekommen. Die Kirche hat ihn als Ketzer angeklagt und hat ihm den Prozess gemacht. Galileo musste damit rechnen, ins Gefängnis zu kommen oder sogar auf einem Scheiterhaufen verbrannt zu werden. Und so hat er schließlich seine Erkenntnis widerrufen. Galileo unterschrieb 1632 ein Dokument, in dem er erklärte, sich geirrt zu haben. Und als er dann aus dem Raum gegangen ist, soll er leise und trotzig gesagt haben: „Und sie bewegt sich doch!“

Es hat 360 lange Jahre gedauert, bis die Kirche öffentlich ihren Irrtum zugegeben und Galileo rehabilitiert hat. Das Urteil über ihn wurde 1992 aufgehoben. Am 2. November. Und ich denke mir: Das hat ganz schön lange gedauert. 360 Jahre -  Es ist offenbar gar nicht so leicht zuzugeben, dass man sich geirrt hat. Das fällt nicht nur Institutionen, sondern auch mir persönlich manchmal richtig schwer. Ich gebe meine Fehler nicht gerne zu. Manchmal verteidige ich so lange meine Taten oder Worte, bis ich gar nicht mehr anders kann als zuzugeben, dass ich falsch liege. Warum fällt mir das so schwer? Vielleicht liegt es daran, dass ich mir und anderen damit eingestehen muss, dass ich kein perfekter Mensch bin. Und irgendwie möchte ich vor anderen Menschen immer gut und möglichst fehlerlos dastehen. Aber natürlich weiß ich: Das ist Unsinn. Niemand ist irrtumslos und fehlerfrei. Ich als einzelner Mensch nicht und Institutionen wie die Kirche auch nicht. Aber ich bin auch dann ein wertvoller und von Gott geliebter Mensch, wenn ich Fehler mache und mich irre. Darum will ich lernen, meine Irrtümer und Fehler ehrlich zuzugeben und nicht 360 Jahre daran festhalten.

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SWR4 Abendgedanken

31OKT2023
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Manchmal kann aus etwas Schlechtem noch Gutes entstehen. Diese Erfahrung hat schon Martin Luther gemacht. Heute am 31. Oktober ist Reformationstag und wir erinnern uns als evangelische Christen an Martin Luther und an die Veränderungen, die er damals in seiner Kirche angestoßen hat. Im Jahr 1517 hatte alles begonnen. Martin Luther hatte 95 Thesen veröffentlicht, um auf die Missstände in seiner Kirche aufmerksam zu machen. Aber seine Kirche hatte nicht verstanden, was er eigentlich wollte und startete einen Ketzerprozess gegen ihn. Das ist dann für Martin Luther richtig gefährlich geworden. Lebensgefährlich. Und so musste er 1521 auf die Wartburg bei Eisenach fliehen und sich dort vor seinen Verfolgern verstecken. Er hat einen falschen Namen angenommen und musste jeden Tag fürchten, dass man ihn finden und töten würde. Aber die Hände in den Schoß legen, das wollte er auch nicht. Martin Luther hatte viel Zeit in seinem Versteck und so hat er begonnen, das griechische Neue Testament der Bibel in die deutsche Sprache zu übersetzen. Luther wollte, dass jeder Mensch in unserem Land selbst die Bibel lesen kann. Nach elf Wochen war er fertig. Rekordzeit! Martin Luther muss Tag und Nacht gearbeitet haben. Aber so ist aus etwas Schlechtem etwas Gutes entstanden. Weil Martin Luther sich aus Angst um sein Leben verstecken musste, entstand die Bibel in deutscher Sprache, ein Meisterwerk, das die weitere Geschichte unseres Landes und unsere Kultur tief geprägt hat.

Aus Schlechtem kann Gutes entstehen.

Ich finde das ermutigend. Denn auch in meinem Leben passieren immer wieder Dinge, die ich nur schwer annehmen kann. Es gibt Tage, da habe ich das Gefühl, ein Unglück kommt nach dem anderen und alles ist irgendwie gegen mich. Da macht mir die Geschichte von Martin Luther Hoffnung und Mut. Auch das, was in meinem Leben schlecht ist oder zerbrochen oder woran ich schwer trage, kann ich in Gottes Hände legen und darf dann hoffen, dass er auch in meinem Leben aus etwas Schlechtem noch Gutes machen wird. Gott kann aus Zerbrochenem Segen entstehen lassen. Das macht mir Mut.

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SWR4 Abendgedanken

30OKT2023
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Im Oktober vor zehn Jahren ist mein Vater gestorben. Und ich stelle fest: Ich habe gar nicht so viele Erinnerungen an ihn. Wenn ich an ihn zurückdenke, dann fällt mir auf, dass er selten da war. Als Kind habe ich meinen Vater nur am Abend oder am Wochenende gesehen, doch auch dann war er meistens beschäftigt. Er hat das Haus umgebaut, den Hof gepflastert, in seiner Werkstatt gebohrt und gesägt. Ich erinnere mich, dass er immer, wenn er von der Arbeit nach Hause kam, seinen blauen Arbeitsanzug angezogen hat – und dann war er wieder weg, um am Haus und Hof zu arbeiten. Auch später, als er unheilbar krank wurde, war er nicht wirklich da. Erst war er oft im Krankenhaus oder in einer Rehaklinik. Später dann war er zwar viel Zuhause und trotzdem seltsam abwesend. Seine Krankheit hat ihn so belastet, dass er sich tief in sich selbst zurückgezogen hat. Mit der Zeit wurde er immer schweigsamer und hat wenig geredet. Bis er vor zehn Jahren gestorben ist.

Viele Freunde und Bekannte in meinem Alter haben etwas Ähnliches erlebt: Die Väter waren selten für sie da. Wir sind eine Generation, die mit Vätern aufgewachsen ist, die oft abwesend waren.

Vielleicht spricht mich darum das „Vaterunser-Gebet“ ganz besonders an.

Als Jesus einmal gefragt wurde, wie wir Menschen zu Gott beten sollen, da hat Jesus seinen Begleitern das Vaterunser gegeben und gesagt: So sollt ihr beten: „Vater unser im Himmel“. Jesus hat gesagt: Wenn ihr zu Gott betet, dann sagt „Vater“ zu ihm. Ganz oft hat er dann erklärt, wie unser Vater im Himmel zu uns ist. Er liebt uns. Er sucht uns und läuft uns hinterher, weil er möchte, dass wir nahe bei ihm sind. Er hört uns und kümmert sich um unsere Sorgen. Er ist nicht anderweitig beschäftigt und abwesend, sondern in jedem Moment für mich da. Irdische Väter können das nicht – auch wenn sie es noch so sehr wollen. Ich bin dankbar für die guten Erinnerungen, die ich an meinen Vater habe, auch wenn es nicht so viele sind. Und ich bin dankbar, dass ich einen Vater im Himmel habe, der mehr als alle irdischen Väter ein Vater ist, der mich liebt und mir immer nahe ist.

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SWR4 Abendgedanken

08SEP2023
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Heute am 8.September ist „Mariä Geburt“. Für katholische und orthodoxe Christen ist das heute ein wichtiger Tag. Er erinnert sie an die Geburt von Maria, der Mutter von Jesus. Und auch wenn ich evangelisch bin, so will mich trotzdem heute gerne an Maria erinnern.

Sie war nämlich durchaus eine beeindruckende Person. Die Bibel erzählt von ihr und schildert sie als eine starke, mutige Frau und treue Mutter.

Maria hatte fünf Söhne und mehrere Töchter. Ihr ältester Sohn war Jesus. Und gerade dieser Erstgeborene hat Maria viel Sorgen und Kummer bereitet. Dabei sah alles am Anfang noch normal aus. Jesus ist in Nazareth aufgewachsen, hat dort die Schule besucht und eine Lehre zum Zimmermann absolviert. Aber dann wurde er für seine Mutter zum Sorgenkind. Statt eine junge hübsche Frau aus dem Dorf zu heiraten, wie das üblich war, verließ er seine Familie, gab seinen Beruf auf und zog mit einer Schar Männer und einigen Frauen durch das Land. Er predigte, heilte Menschen, legte sich mit den Religionsführern an und wurde am Ende von den Römern zum Tod verurteilt und gekreuzigt. Für Maria war es furchtbar, das mitansehen zu müssen. Und trotzdem hielt sie ihrem Sohn immer die Treue. Sie stand am Ende unter seinem Kreuz als er starb.

Mich beeindruckt diese Treue Marias zu ihrem Sohn. Auch wenn sie nicht verstanden hat, welche Wege er eingeschlagen hat, war sie immer für ihn da. Damit ist sie mir ein Vorbild. Ich habe auch Kinder und verstehe manchmal nicht, welche Wege sie gehen. Ich weiß, welche Sorgen sich Eltern manchmal um ihre Kinder machen und welchen Kummer Kinder den Eltern bereiten können. Wer Kinder oder Enkelkinder hat, der weiß, dass sie das Leben reicher machen, aber es auch viele Konflikte und Sorgen gibt. Dennoch will ich immer zu meinen Kinder stehen. Ich will sie nicht verurteilen, auch wenn ich sie nicht verstehe. Meine Kinder sollen sich auf mich verlassen können. Das lehrt mich Maria. Und darin ist die Mutter Jesu ein Vorbild für alle Väter und Mütter.

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SWR4 Abendgedanken

07SEP2023
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Ich war nie besonders sportlich, das gebe ich gerne zu. Beim Geräteturnen in der Schule ist es mir einmal passiert, dass ich über einen Kasten springen sollte und ihn dabei einfach umgerissen habe. Und als ich eine Weile in einem Fußballverein gespielt habe, habe ich mehr Zeit auf der Bank verbracht als auf dem Spielfeld. Sportlich waren die anderen. Schlimm war das für mich in der Schule aber nur im Sportunterricht, wenn zwei Schüler als Mannschaftsführer ausgesucht wurden, und die dann immer abwechselnd andere Schüler zu sich in ihr Team gerufen haben. Natürlich riefen die beiden immer zuerst die sportlichsten Klassenkameraden in ihre Mannschaft. Und erst ganz am Ende kam auch ich irgendwann an die Reihe. Dann rief einer der beiden Mannschaftsführer auch meinen Namen und holte mich zu sich in sein Team. Es blieb ihm ja nichts anderes übrig.

In der Bibel lese ich von Gott, dass er das Volk Israel auch bei seinem Namen gerufen hat. Beim Propheten Jesaja steht der Satz: Fürchte dich nicht, ich habe dich erlöst, ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein“ (Jes.43,1) Das sagt Gott zum Volk Israel. Das war damals ein kleines, völlig unbedeutendes Volk ohne großes Land, ohne berühmte Könige, ohne prächtige Bauwerke, ohne beeindruckende Kunst oder Literatur. Ein kleines Wüstenvolk am Rande der Welt. Genau dieses Volk ruft Gott beim Namen. Aber nicht, weil kein besseres, größeres oder mächtigeres Volk da gewesen wäre, sondern weil er dieses Volk geliebt hat. Israel war sein Volk.

So ist Gott. Die Bibel erzählt immer wieder davon, dass Gott Menschen liebt und ihnen nahe sein will, auch wenn sie nicht besonders klug, sportlich, geschickt, hübsch oder begabt sind. Ich finde das macht Mut. So kann ich daran glauben, dass Gott auch mich bei meinem Namen ruft. Auch ich bin ihm unendlich wertvoll, egal was ich bin und kann. Er liebt mich, will mir nahe sein, will mich durch mein Leben begleiten. Im Sportunterricht bin ich erstmal auf der Bank sitzen geblieben. Aber bei Gott werde ich bei meinem Namen gerufen. Das macht mich froh.

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06SEP2023
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In der Nacht ist vieles anders. Da existieren keine Farben und die Welt ist in Schwarz und Grau gehüllt. – In der Nacht ist vieles anders. Kranke Menschen berichten, dass ihre Schmerzen in der Nacht stärker werden und sie kaum schlafen lassen. Nachts kommen auch die Sorgen und die schweren Gedanken, die man den ganzen Tag unterdrücken konnte. Aber in der Nacht fallen sie über einen her und nehmen einen gefangen. - In der Nacht ist vieles anders. Eine gute Bekannte, 92 Jahre alt, liegt oft nachts lange wach, weil sie ihren geliebten Mann so sehr vermisst, der vor einigen Jahren gestorben ist. Jetzt redet sie mit ihm in der Nacht, als ob er noch neben ihr liegen würde und sie sehnt sich danach, ihn bald wieder zu sehen.

Viele Menschen haben Angst vor der Nacht. Doch es gibt auch Menschen, die arbeiten in der Nacht. Ich denke ganz besonders an die Pflegerinnen und Pfleger im Krankenhaus, im Pflegeheim oder im Hospiz. Ich bin dankbar, dass sie nachts ihren Dienst tun und Menschen betreuen die Schmerzen haben oder im Sterben liegen. Denn es tut gut, in der Nacht nicht allein zu sein. Es hilft so sehr, wenn nachts jemand da ist, der bei ihnen am Bett sitzen kann und ihre Hand hält, mit ihnen redet oder für sie betet. Auch wenn damit die schweren Gedanken und die Sorgen nicht alle vertrieben werden.

In der Bibel im Psalm 121 lese ich von Gott: „Siehe, der Hüter Israels schläft und schlummert nicht“ (Ps.121,4)  Da sagt mir also jemand: Gott schläft nicht. Auch in der Nacht ist Gott wach. Selbst dann, wenn ich allein in meinem Bett liege, allein mit meinen Sorgen und Ängsten, meinen Schmerzen und meiner Sehnsucht. Gott ist da, sitzt an meinem Bett. Er schläft nicht, sondern er wacht bei mir auch in dunkler Nacht. Und ich kann zu ihm reden und ihm im Gebet alles von der Seele reden, was mich beschwert. Er hört mich und versteht mich. Meine 92jährige Bekannte singt manchmal nachts Kirchenlieder. Dann spürt sie, dass Gott bei ihr ist. Das hilft. Ja, in der Nacht ist vieles anders. Nur Gott ist nicht anders. Er ist mir nahe in der Nacht genauso wie am Tag.

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SWR4 Abendgedanken

05SEP2023
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Ich habe heute noch die Worte meines früheren Deutschlehrers im Ohr. Er hat zu uns Schülern immer gesagt: „Im Leben wird einem nichts geschenkt, man muss sich alles verdienen“.

Heute denke ich: Er hatte Unrecht. Die Wahrheit ist: Im Leben wurde mir ganz viel geschenkt, ohne dass ich es verdient habe. Dass ich hier in Deutschland geboren wurde, zum Beispiel, und nicht in Bachmut in der Ukraine. Ich lebe in Sicherheit und Frieden, aber die Menschen aus Bachmut haben längst im Krieg gegen Russland ihre Häuser verloren und viele auch ihre Kinder oder Eltern oder das eigene Leben. 

Ich bin geborgen in einer Familie und durfte die Schule besuchen. Ich hätte ja auch in Kutupalong, in Bangladesh geboren werden können. Dort steht das größte Flüchtlingslager der Welt. In diesem Lager leben etwa 650.000 Menschen. Sie sind auf der Flucht vor Bürgerkrieg, heimatlos und ohne Zukunft. 

Ich musste auch nie Hunger leiden, ich hatte immer etwas auf dem Teller. Meisten viel mehr, als ich eigentlich gebraucht habe. Ich hätte auch im Tschad geboren sein können. Dann hätte ich zu den 20 Millionen Menschen weltweit gehört, die jeden Tag Hunger leiden müssen und zu den 2 Milliarden Menschen, die kein sauberes Trinkwasser haben.

Wenn mein Elternhaus in Afghanistan gestanden hätte, dann würde ich keine Demokratie und keine Freiheit kennen, weil die Taliban das Land regieren. Und wenn meine Wiege in Nordkorea gestanden wäre, dann dürfte ich keine Bibel besitzen, weil ich sonst in ein Arbeitslager kommen würde.

Je länger ich darüber nachdenke, umso klarer wird mir: Ich habe so viel Gutes im Leben erfahren, weil ich hier in diesem Land geboren wurde. Dafür kann ich nichts. Das habe ich mir nicht ausgesucht und nicht verdient. Alles ist mir geschenkt: Freiheit und Wohlstand. Ein Elternhaus und eine Familie. Kinder, Freunde, Liebe.  Alles habe ich schon so vorgefunden. Die Bibel kennt dafür ein Wort. Sie sagt: Das ist Gnade. Das würde ich meinem Lehrer heute gerne sagen. Kann ich leider nicht mehr. Aber ich kann Gott dafür danken. Und das tue ich jeden Tag.

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SWR4 Abendgedanken

04SEP2023
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Kein Denkmal ist für die Ewigkeit. Das kann man zur Zeit gut in den Ländern Osteuropas beobachten. Seit Russland gegen die Ukraine einen Angriffskrieg führt, werden an vielen Orten Denkmäler gesprengt, oder abgerissen, die an die Verbundenheit mit Russland erinnern. In Kiew zum Beispiel das große Denkmal der Völkerfreundschaft mit Russland. Diese Freundschaft hätte ewig dauern sollen, aber jetzt ist sie in den Herzen der Menschen gestorben. Kein Denkmal ist für die Ewigkeit. Auch früher schon: Nach dem Ende der DDR wurde 1991 in Berlin das Lenindenkmal demontiert. Und schon die Kaiser im alten Rom haben die Standbilder ihres Vorgängers entfernen und in den Tiber werfen lassen. Sie wollten jede Erinnerung auslöschen. Kein Denkmal ist für die Ewigkeit.

Das hat wohl auch Albert Schweitzer so gesehen. Vor 58 Jahren ist der Urwalddoktor und Pfarrer in seinem Krankenhaus in Lambarene gestorben. Er hat einmal gesagt: „Das schönste Denkmal, das ein Mensch bekommen kann, steht in den Herzen der Mitmenschen.“ - Dazu sind ja Denkmäler da: Sie wollen uns an außergewöhnliche und berühmte Menschen oder an wichtige Ereignisse erinnern. An Goethe, zum Beispiel. Oder an Johann Sebastian Bach. Sein Bronzedenkmal steht in Leipzig. Und wenn ich es sehe, dann höre ich im Herzen seine wunderbare Musik.

Albert Schweitzer hat gesagt: Die schönsten Denkmäler stehen nicht auf den Plätzen unserer Städte, sondern in den Herzen unserer Mitmenschen. Und so frage ich mich: Ob ich auch einmal ein Denkmal bekomme in den Herzen der Menschen, mit denen ich zusammen gelebt habe? Wie möchte ich bei ihnen in Erinnerung bleiben? Ich würde gerne in Erinnerung bleiben als ein guter Ehemann und ein liebevoller Vater, der Zeit für seine Kinder hatte. Ich würde gerne in Erinnerung bleiben als jemand, der anderen aufmerksam zugehört hat und ein treuer Freund war. Ich wünsche mir, dass sich später Menschen an mich erinnern als jemand, der voller Vertrauen auf Gott gelebt hat. So ein Denkmal hätte ich gerne. Das wäre auch nicht für die Ewigkeit, aber es könnte auch niemand niederreißen oder zerstören.

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SWR4 Abendgedanken

16JUN2023
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Herzlichen Glückwunsch, Jürgen Klopp. Heute wirst Du 56 Jahre alt. Und weil ich dir nicht persönlich gratulieren kann, mache ich das über das Radio. Ich habe dich schon immer ein wenig bewundert. Schon als Du Fußballtrainer in Dortmund warst. Heute trainierst Du den FC Liverpool. Ich finde, Du bist ein Trainer voller Leidenschaft. Vielleicht bist Du überhaupt der beste Fußballtrainer der Welt. Und weißt Du, was ich besonders an Dir bewundere: Du redest öffentlich über Deinen Glauben. Als Du einmal vom Tod Deines Vaters erzählt hast, den Du ganz besonders geliebt hast, da hast Du gesagt: „Ich bin Christ, ich glaube an Gott, den Himmel und daran, dass er (also Dein Vater) dort ist.“ Kloppo, Du sprichst so ganz selbstverständlich davon, dass Du an Jesus Christus glaubst und dass dieser Glaube Dir im Leben Halt gibt. Und Du sagst, dass Du glaubst, dass nach dem Leben der Himmel kommt. Du redest offen und hast keine Angst, dass andere Deinen Glauben lächerlich finden und Dich dafür verspotten oder gar verurteilen.

Auch darin bist Du ein Vorbild. Ich wünschte mir, wir wären alle mehr wie Du und würden offen über unseren Glauben sprechen. Christen und Muslime, Fromme und Zweifler, ja auch jene, die nur an das glauben, was sie sehen können. Niemand von uns kann ja mit Sicherheit sagen, dass sie oder er allein die Wahrheit hat. Aber wir könnten mehr miteinander darüber reden, was wir erkannt und verstanden haben und was der Glaube uns bedeutet. Wir reden ja sonst über alles: Über Fußball und Politik und Sport. Nur über das, was wirklich wichtig ist im Leben, reden wir wenig: Über Gott. Über die Hoffnung, die er uns gibt. Über die Kraft, die bei ihm zu finden ist und die wir brauchen, um die schweren Zeiten im Leben durchstehen zu können. Darüber sollten wir reden.

Darum: Herzlichen Glückwunsch, Jürgen Klopp. Glückwunsch, dass Du ein so erfolgreicher Trainer bist. Glückwunsch, dass Du an Gott glauben kannst und Christ bist. Glückwunsch uns allen, wenn auch wir einen Gottesglauben haben, der uns durchs Leben trägt. Lasst uns darüber reden.

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SWR4 Abendgedanken

15JUN2023
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Jeder Mensch braucht einen Ort, wo er sich geborgen fühlt. Ich auch. Für mich ist solch ein Ort der Geborgenheit ein Strandkorb auf der Insel Juist. Immer wenn ich auf Juist Urlaub mache, suche ich mir einen Strandkorb aus und setze mich hinein wie in eine Höhle. Ich schaue dann auf das Meer, beobachte die Wellen und höre auf das Kreischen der Möwen – und ich fühle mich geborgen. Selbst wenn es regnet oder stürmt, dort im Strandkorb bin geschützt und fühle mich sicher. Es ist wunderbar.

Haben Sie auch so einen Ort der Geborgenheit, wo Sie sich sicher und geschützt fühlen? Manche Meschen haben solche Orte. Einen Sessel im Wohnzimmer. Einen Platz im Garten. Eine Bank am Waldrand. Das sind Orte, wo Menschen gerne hingehen, wenn sie nachdenken oder beten möchten. An diesen Orten fühlen sie sich geboren und Gott ganz nahe. Für manche Menschen sind solche Orte der Geborgenheit auch offene Kirchen, in die sie sich hineinsetzen und eine Kerze anzünden können.

Ich fühle mich in einem Strandkorb geborgen. Aber ich weiß auch: Irgendwann muss ich den Strandkorb wieder verlassen. Abends wird er abgeschlossen. Und spätestens wenn der Urlaub vorbei ist, muss ich mir einen anderen Ort der Geborgenheit suchen.

In der Bibel wird erzählt, dass Menschen sich in der Gegenwart Gottes geborgen fühlen. Da lese ich in den Psalmen, wie jemand sagt: „Bei Gott fühle ich mich sicher und geborgen, er ist meine Burg, meine Zuflucht. Von allen Seiten umgibt er mich“ (vgl. Ps.62; Ps.139; u.a.) Es braucht also im Grund gar keine Hilfsmittel wie einen Strandkorb oder eine Bank. Auch die Nähe Gottes gibt Geborgenheit. Das erlebe ich auch. Wenn ich die Psalmen der Bibel lese oder mein Herz vor Gott ausschütte, dann bin ich geborgen. Wenn ich bete, oder Gottesdienst feiere, fühle ich mich Gott nahe. Ich darf mir jeden Tag bewusst machen, dass mein Leben in Gottes Hand liegt. Das lässt mich geborgen sein inmitten aller Stürme des Lebens. Jeder Mensch braucht einen Ort, wo er sich geborgen fühlt. Der beste Ort ist die Nähe Gottes.

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