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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

09MRZ2024
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Genau heute vor 502 Jahren ging es um die Wurst: im Beisein des Reformators Huldrych Zwingli wurde im Haus eines Druckers in Zürich demonstrativ Wurst gegessen. Und das am ersten Sonntag in der Fastenzeit. Es war ein bewusster Verstoß gegen das Gebot, in den 40 Tagen vor Ostern kein Fleisch zu essen. Als das bekannt wurde, ordnete der Staat, nicht die Kirche, eine Untersuchung an. Gegner und Befürworter prügelten sich. Zwingli sollte sogar entführt werden.

Mich erinnert dieses Geschehen an viele Nachrichten aus Ländern, in denen Menschen von den dortigen Machthabern auch heute noch in ihrer Religionsfreiheit eingeschränkt und verfolgt werden. Niemand darf gegen sein Gewissen zur Ausübung einer Religion gezwungen, und genauso wenig darf jemand angegriffen und verfolgt werden, weil er seine Religion praktiziert. Ich bin überzeugt davon: Beides ist von Gott nicht gewollt. Gott will nicht, dass wir anderen Menschen eine Überzeugung aufzwingen, die sie nicht teilen.

Meine Tochter etwa ist seit einigen Jahren Vegetarierin. Sie will keine Tiere essen. Ihre Gründe sind privat. Aber sie muss es ertragen, dass sich andere Familienmitglieder anders zu diesem Thema verhalten. Und umgekehrt. Das fällt nicht immer ganz leicht. Aber wir streiten uns nicht darüber, sondern respektieren einander.

Heute wird das Zürcher Wurstessen in Zürich in ökumenischer Eintracht gefeiert. Mit einem gemeinsamen Gottesdienst, und einem anschließenden Wurstessen. Mit Würsten aus echtem Fleisch, aber auch mit vegetarischen Würsten.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

08MRZ2024
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Ein Bekannter von mir ist vor einiger Zeit aus der Kirche ausgetreten. Er hat mir auch gesagt warum: Die Ursache seiner Entscheidung ist nicht, dass in der Kirche Fehler und sogar schlimme Verbrechen passiert sind. Die Ursache für seinen Kirchenaustritt ist sein persönlicher Eindruck: Die Kirche lernt nicht aus ihren Fehlern. Fehler werden seiner Wahrnehmung nach in der Kirche eher vertuscht als aufgedeckt. In dem großen Unternehmen, in dem er arbeitet, erlebt er dagegen eine ganz andere Fehlerkultur. In der wöchentlichen Teambesprechung gibt es den „Fehler der Woche“. Jemand gibt offen vor seinen Kollegen und Chefs zu: Ich habe den und den Fehler gemacht und daraus Folgendes gelernt. Ich finde diese Kultur großartig. Wer einen Fehler macht, kann und darf dazu stehen. Sie oder er fühlt sich dann nicht klein, sondern vielmehr unterstützt und wertgeschätzt. Und das Unternehmen oder die Organisation profitiert auch und kann sich dadurch weiter verbessern.

Ich finde, so eine Fehlerkultur ist nah dran an der Haltung, mit der Jesus Menschen begegnet ist. Wer ihm ehrlich und offen entgegengetreten ist. Wer zu seinen Fehlern gestanden und daran mitgearbeitet hat, sich zum Besseren zu verändern, dem hat er Mut gemacht, den hat er motiviert zu glauben: mit Gottes Hilfe und durch dein eigenes Zutun kannst du selbst etwas verbessern. Für dich und für andere.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

07MRZ2024
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Kaum ein Thema ist im Vergleich zu meiner Kindheit so kompliziert geworden wie die Frage: Was ist eine gesunde und nachhaltige Ernährung? Selbst wenn das theoretisch klar und eindeutig wäre, fällt es mir oft gar nicht leicht, meine Gewohnheiten umzustellen. Heute ist Tag der gesunden Ernährung. Ich glaube, ein erster Schritt zu einer gesünderen Ernährung wäre es, öfter mal langsamer und bewusster zu essen.

Ich erinnere mich an eine lustige Aktion in meiner Studienzeit. Es war in der Mensa der Katholischen Studierendengemeinde in Mainz. Ein paar Freundinnen und Freunde und ich gingen dort oft mittags zum Essen. Und wir kamen irgendwann auf die Idee: wie wäre es, wenn wir einen Mensatisch mit einer weißen Decke und einer Kerze eindecken und uns schick anziehen, und das Essen in dieser Atmosphäre quasi öffentlich zelebrieren. Wir trafen auf viele grinsende Gesichter, besonders das des damaligen Kochs, den wir vorher eingeweiht hatten. Und tatsächlich schmeckte das Essen, das wir schon durch die Wiederholung der Mensakarte kannten, viel köstlicher. Es zerging uns quasi vor Genuss auf der Zunge, einfach dadurch, dass wir uns für das Essen und füreinander viel mehr Zeit genommen hatten.

So eine Aktion ist natürlich einmalig und nicht in den Alltag übertragbar. Aber ich könnte gerade jetzt in der Fastenzeit vor dem Essen mal einen Moment innehalten, dankbar sein, vielleicht auch ein kleines Tischgebet sprechen. Zum Beispiel: „Komm, Herr Jesus, sei du unser Gast, und segne, was du uns bereitet hast.“ Und ich kann kurz an die Arbeit und Mühe der Menschen denken, durch die ich jetzt etwas zu Essen auf meinem Teller habe. Ich bin sicher: dann kann ich mein Essen noch besser genießen.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

16DEZ2023
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Manchmal frage ich mich, wann bei mir so richtige weihnachtliche Gefühle aufkommen. Kann man das planen? Stellen die sich vielleicht pünktlich ein, am 24. oder 25. Dezember, so wie ich einen Handywecker programmieren kann? Das Fest und die Rituale, all das kann hilfreich sein. Dass aber wirklich so etwas wie Weihnachtsstimmung aufkommt, dafür gibt es keine Garantie. Dabei passieren kleine Weihnachtswunder. Manchmal auch unvorhergesehen und außerhalb der eigentlichen Weihnachtszeit.

Vor ein paar Jahren fiel in einer Flüchtlingswohnung in einem Dorf im Westerwald die Zentralheizung aus. Der Pfarrer vor Ort erwähnte das im Gottesdienst. Er bat die versammelte Gemeinde darum, die Wartezeit auf die Reparatur durch einen Heizlüfter zu erleichtern und den frierenden Menschen ein solches Gerät vorbeizubringen. Einer der Flüchtlinge, ein bekennender Muslim, fasste seinen Dank später in folgende Worte zusammen: „Eine Menge guter Leute sind vorbeigekommen und haben uns Hilfe angeboten. Sie haben uns Heizlüfter vorbeigebracht und uns sogar zum Kaffee eingeladen. Wir sind überwältigt von dieser gütigen Hilfsbereitschaft! Es sieht so aus, als ob der Geist der Weihnacht schon früher an einem Sonntag im November gekommen ist!“ Diese wahre Geschichte ist jetzt sieben Jahre her.

Viele Menschen sehnen sich nach nichts mehr, als an Weihnachten zuhause in einer beheizten Stube ein Friedensfest zu feiern. Weihnachten beginnt für mich aber schon da, wo Menschen bereit sind zu helfen und ihre Hoffnung mit anderen zu teilen. Ich hoffe und bete dafür, dass dieser „Geist der Weihnacht“ auch heute für viele Menschen spürbar wird. Vielleicht erst am 24. Dezember, vielleicht aber auch ungeplant irgendwann mitten im Jahr.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

15DEZ2023
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„Von drauß‘, vom Walde komm ich her…“ An dieses Gedicht muss ich hin und wieder bei meiner Arbeit denken. Nein, ich bin nicht Knecht Ruprecht, sondern Seelsorger in Montabaur. Und die meisten Gottesdienste und Veranstaltungen finden auch bei uns jetzt in geschlossenen Räumen und nicht unter freiem Himmel statt. Doch in Zukunft will ich Menschen öfter im Wald seelsorgerlich begleiten – nicht um Geld zum Heizen zu sparen, sondern weil ich angesteckt wurde. Angesteckt von der Begeisterung der Kollegin Anke Jarzina aus Wiesbaden. Sie ist seit gut einem Jahr mit Einzelnen und Gruppen als Outdoor-Seelsorgerin im Wald unterwegs.

Angefangen hatte alles bei ihr mit einem Hörsturz, der sie gesundheitlich einige Zeit beansprucht hat. Seitdem verbringt sie regelmäßig privat viel Zeit in der freien Natur. Als sie vor der Frage stand, ob sie ihren Beruf als Seelsorgerin fortsetzen kann, war ihr eines klar: in Zukunft möglichst nicht mehr in geschlossenen Räumen. Und seitdem ist sie hauptsächlich Seelsorgerin unter freiem Himmel. Outdoor-Seelsorgerin.

Christinnen und Christen glauben daran, dass Gott diese Welt geschaffen hat. Gott begegnet mir nicht nur in der Kirche, sondern durch seine ganze Schöpfung, auch durch unsere Mitgeschöpfe, die Tiere und Pflanzen.

Ich bin vor kurzem zu meiner Kollegin gefahren.  Sie hat mich zweieinhalb Stunden im Wald als Outdoor-Seelsorgerin begleitet: durch Gespräche und bewusstes Wahrnehmen dessen, was ich sehen, hören, riechen und anfassen kann in der Natur. Und ich habe die Erfahrung gemacht: das ist nicht nur super entspannend, sondern auch spirituell. Am Ende des Spaziergangs durfte ich mich in eine Hängematte legen, die zwischen zwei Bäumen gespannt war. Ich habe mich erinnert: Das letzte Mal, als ich so staunend und bewusst die Bäume von unten betrachtet habe, war ich noch ein Kind

Outdoor-Seelsorge – diese Erfahrung war für mich so wertvoll und begeisternd, dass ich das auch in der Pfarrei St. Peter in Montabaur mit einzelnen Menschen und auch Gruppen ausprobieren will.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

14DEZ2023
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Für mich ist der Advent die stressigste Zeit des Jahres. So viel gibt es vorzubereiten und zu erledigen, und gefühlt vergeht die Zeit bis Weihnachten für Erwachsene viel schneller als für Kinder. Anstatt sich wie ein Kind zu freuen, zum Beispiel wenn es schneit, klage ich viel öfter darüber, was sonst noch zu tun ist.

Beim Schneeschippen fiel mir neulich Beppo Straßenkehrer ein. Er ist eine Figur aus meinem Lieblingsbuch „Momo“ von Michael Ende. Wie schon sein Name verrät, ist Beppo von Beruf bei der Straßenreinigung.

„Manchmal hat man eine sehr lange Straße vor sich. Man denkt, die ist so schrecklich lang; das kann man niemals schaffen“, erzählt Beppo einmal seiner Freundin Momo. Die hört ihm einfach nur zu. Und dann sagt er: „Man darf nie an die ganze Straße auf einmal denken. (…) Dann macht es Freude; das ist wichtig, dann macht man seine Sache gut. Und so soll es sein.”

Und irgendwann hat man dann tatsächlich die ganze Straße gefegt und anderen so den Weg frei gemacht.

Schon vor über 2000 Jahren rief der heilige Johannes, der später Jesus getauft hat, in der Wüste: „Bereitet dem Herrn den Weg, ebnet ihm die Straßen!“ Johannes war so ein Wegbereiter, indem er Menschen getauft hat und auf den hingewiesen hat, der nach ihm kommen würde .

Die Geschichten von Beppo Straßenkehrer und Johannes dem Täufer geben mir mit auf dem Weg: ich muss nicht immer das große Ganze überblicken. Wichtig ist, an den nächsten Schritt zu denken, der gerade ansteht, und den muss ich tun. Denn am Ende wird einmal hoffentlich alles gut. Ich vertraue darauf, dass Gott mir dabei hilft.

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09SEP2023
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Dass alles eine ganz bestimmte Zeit hat, daran erinnert schon die Bibel.
Seit einigen Jahren etwa begehen die Kirchen eine „Zeit der Schöpfung“. Vom 1. September bis zum 4. Oktober beten Christinnen und Christen verschiedener Konfessionen öfter gemeinsam. Sie bestärken sich darin, bewusst und nachhaltig zu leben, um die Schöpfung zu bewahren. In der Pfarrei St. Peter in Montabaur, in der ich als Seelsorger arbeite, treffen wir uns zum Beispiel auf dem höchsten Punkt in der Umgebung der Stadt. Dort gibt es eine Andachtsstätte für den Frieden, für Gerechtigkeit und die Bewahrung der Schöpfung. Vorher standen viele Fichten dort, die durch die Dürresommer und den Borkenkäferbefall gefällt werden mussten. Jetzt wächst dort langsam ein neuer Klima-Zukunftswald mit kleinen Bäumchen, den verschiedene Generationen als Hoffnungszeichen für eine gute Zukunft eingepflanzt haben.

Ich versuche inzwischen auch, die Jahreszeiten bewusster wahrzunehmen, um mich auf die entsprechenden Feste am Ende freuen zu können. Wenn ich zum Beispiel jetzt schon Lebkuchen kaufen würde, würde der mir an Weihnachten noch wirklich schmecken? Ich glaube eher, er wäre mir dann überdrüssig.

Jetzt zum Beispiel sehe ich im Wald die reifen Brombeeren und stecke mir schon mal ein paar davon in den Mund. Dieses Jahr will ich mir nun auch die Zeit nehmen, mit einer Schüssel einmal ohne unseren Hund dorthin zu gehen, um einige davon zu ernten. Dann gibt es selbstgemachte Brombeer-Marmelade. So lecker!

Etwas voller Hoffnung säen, es wachsen sehen, etwas selbst ernten und verarbeiten - das ist anders, als einfach ins Regal zu greifen und ein anonymes Produkt an der Supermarktkasse zu bezahlen. Wenn der Brombeerduft beim Marmelade-Einkochen in meine Nase steigt, dann wird mir neu bewusst, was ich schon als Kind in der Kirche gesungen habe: „Alles hat Gott gemacht!“

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08SEP2023
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Es gibt Nachrichten, bei denen ich das Gefühl bekomme: jetzt ist eine Ära, ein wichtiger Zeitabschnitt für mich zu Ende gegangen. Zuletzt war das bei mir genau heute vor einem Jahr, als ich las: die Queen ist tot. Persönlich bin ich ihr nie begegnet. Ich habe sie auch nicht verehrt oder bin zu ihr hingefahren, wenn sie Deutschland besucht hat. Jubelnd und ein Fähnchen schwingend. Aber irgendwie gehörte sie einfach dazu. Auch zu meinem Leben. Sie war für mich ein Symbol von Verlässlichkeit und Stabilität. Das habe ich schon als Kind gespürt.  Regelmäßig war sie auf der Titelseite vieler Zeitschriften. Meine Oma Thekla hat die gerne gelesen: beim Frisör und später dann auch auf ihrem Sofa zuhause.

Heute, genau ein Jahr später, denke ich aber gar nicht mehr so sehr an die Queen, sondern an meine Oma. In meiner Erinnerung sehe ich sie lebendig vor mir: wie sie jede Woche ihre Illustrierte aufschlägt, oft mit der Queen auf dem Titel.

Meine Oma war 90, als sie starb. Sie hat viele Gesichter kommen und gehen sehen. Ich meine nicht nur die Titelseiten von Zeitschriften, sondern auch die vielen Begegnungen mit Menschen in ihrem langen Leben. Manche Gesichter waren ihr ganz wichtig, manche Begegnungen dagegen nur kurz und im Nachhinein eher belanglos. So ist es bei vielen. In der heutigen digitalen Welt flackern viele Gesichter sogar nur ganz kurz auf, wie ein Blitzlicht.

An meine Oma denke ich noch oft, obwohl sie schon 22 Jahre tot ist.  Sie ist nicht bekannt oder mächtig gewesen. Darauf kommt es für mich auch gar nicht an. Aber als sie ging, war das für mich ein ganz tiefgehender Einschnitt. Für mich wird sie immer einen Platz in meinem Herzen haben. An viele andere denkt heute dagegen niemand mehr. Meine Hoffnung ist: Gott wird niemanden vergessen (Jesaja 49,15). Für ihn gilt dieses Versprechen immer – und für alle Zeiten.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

07SEP2023
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Heute vor 74 Jahren hat zum ersten Mal der Deutsche Bundestag getagt. Das ist lange her, aber alles andere als selbstverständlich. Immerhin gibt es genug Länder auf dieser Erde, die kein Parlament haben, das frei gewählt wird – ich denk da zum Beispiel an Weißrussland und die Proteste vor ein paar Jahren gegen Wahlmanipulationen.

Ich erinnere mich: Das allererste Mal habe ich durchs Fernsehen vom Bundestag erfahren. Ich war damals erst fünf. Ich hatte bei meiner Oma übernachtet. Die schlief relativ lange. Und da habe ich aus Langeweile ihren Fernseher angeschaltet, weil ich die Sesamstraße sehen wollte. Die kam aber nicht, sondern eine aktuelle Debatte des Deutschen Bundestags. Tatsächlich blieb ich davor sitzen. Ich fand es zwar total langweilig, weil ich nichts davon verstand, was die Erwachsenen da redeten. Da gingen Leute zu einem Rednerpult und schimpften, dann lobte ein anderer auf einmal das, was der Bundeskanzler macht. Aber irgendwas hat mich doch daran gefesselt. Ich weiß nicht genau, warum.

Nach den neuesten Meinungsumfragen fühlen sich viele Wählerinnen und Wähler bevormundet und nicht genügend beteiligt. Was hilft gegen dieses Gefühl? Sicher nicht, sich ins Private zurückzuziehen oder die Demokratie zu verachten, sondern die eigenen Ideen und Vorschläge einzubringen. Um das tun zu können, muss ich mich nicht in ein Parlament wählen lassen. Ich kann meinem gewählten Abgeordneten auch jederzeit eine Mail oder einen Brief schreiben. Da kann ich begreiflich machen, was mir gerade an den Entscheidungen gefällt, und auch das, was mich stört. Die Idee, sich einzubringen, ist nicht neu.

Schon der Prophet Jeremia in der Bibel riet seinen Landsleuten, die in die Fremde verbannt waren, in einem Brief: „Suchet der Stadt Bestes, und betet für sie! Denn wenn es ihr gut geht, geht es auch euch gut.“ (Jeremia 29,7). Ich finde es jedenfalls gut, dass es den Bundestag gibt, ein frei gewähltes Parlament, und das schon seit 74 Jahren.

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