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18MRZ2025
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„Der ist wohl so ein ‚Überkorrekter‘“, meinte mein Sitznachbar, als der Zugbegleiter neben dem Deutschland-Ticket auch den Personalausweis sehen will. Formal ist das völlig in Ordnung, kommt bloß nicht so oft vor. Aber über-korrekt? Was mein Nachbar wohl meinte war: Da nimmt‘s einer offenbar ganz genau. Für seinen Geschmack wohl: viel zu genau.

Nun finde ich es zwar auch nervig, wenn ich im Zug noch meinen Ausweis rauskramen muss. Aber ich mag es, wenn Menschen es genau nehmen. Genau in dem, was sie tun. Menschen eben wie dieser Schaffner. Wenn ich auf der Strecke unterwegs bin, begegne ich ihm öfter. Blaue Bahn-Uniform, dunkelrote Krawatte, immer freundlich und eben - korrekt. Einer, der seinen Job offensichtlich mag. Und der das, was er tut, ernst nimmt. Den Anspruch habe ich auch an mich selbst.

Und deshalb finde ich es auch klasse, wenn die Verkäuferin im Modeladen sich Zeit nimmt, um mich zu beraten. Wenn ich das Gefühl habe, dass es ihr selbst wichtig ist, dass mir ein Kleidungsstück gut steht. Wenn die Technikerin im Studio, die diesen Beitrag schneidet, ganz genau hinhört, damit der Ton wirklich sauber ist. Aber auch, wenn ich in einem Gottesdienst sitze und merke: Der Pfarrer da vorn hat sich echt Gedanken gemacht hat, wie er ansprechend predigen kann. Sowas freut mich. Weil all die Mühe, ja Liebe, die ein Mensch in seine Arbeit legt, sie so wertvoll macht. Und weil ich als Kunde, als Zuhörer oder eben Bahnfahrer genau das dann spüre.

Manch einer mag das pingelig nennen oder eben „überkorrekt“. Aber für mich ist es etwas, was die Philosophie wohl Ethos nennt. Der Ansporn, etwas, das ich für andere tue, wirklich gut zu machen. Ganz egal, was es ist. Ob jemand Wasserrohre montiert oder einen Bus fährt. Kunden berät oder Schüler unterrichtet. Es liegt in seiner Hand, etwas Wertvolles daraus zu machen.

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17MRZ2025
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Ein von Gott Erwählter. Ein Messias. Kleiner macht es US-Präsident Donald Trump ja nicht mehr. Eigentlich zum totlachen, wenn es seine Fans nicht auch so sehen würden und die Folgen nicht so schlimm wären.

Dabei hat es Leute wie ihn immer schon gegeben. Weil es auch immer Menschen gegeben hat, die sich einen Messias herbeigesehnt haben. Die Bibel etwa erzählt vom Bußprediger Johannes, der am Jordan stand und Leute taufte. Über ihn heißt es: „Das Volk war voll Erwartung und alle überlegten im Stillen, ob Johannes nicht selbst der Messias sei“. (Lk 3,15) Dabei wollte er gar keiner sein. Und so tauchten damals dauernd neue Messias-Anwärter auf. Und immer hofften die Leute, erlöst zu werden. Von den römischen Besatzern. Von Entbehrungen im Leben. Vom Unrecht und Elend um sie herum. Der ersehnte Messias würde es richten. Daran hat sich in 2000 Jahren offenbar nicht viel geändert. Historisch gesehen ist so ein Möchtegern-Messias also nichts Besonderes. Bloß das mit der Erlösung, das hat eben nie geklappt. Denn wann immer ein vermeintlicher Messias das Himmelreich auf Erden schaffen wollte, ist es furchtbar schiefgegangen.

Nun denken gläubige Christinnen und Christen beim Wort Messias natürlich an Jesus. Weil sie überzeugt sind, dass er dieser Messias war. Ganz anders allerdings, als die Leute ihn sich vorgestellt hatten. Einer, der kein König sein wollte. Auch kein Rächer der Enterbten, der ordentlich auf den Putz haut. Stattdessen einer, der den kleinen Leuten zugehört hat. Ruhig, einfühlsam und überlegt. Besonders denen, die am Boden lagen, weil sie das Leben aus der Bahn geworfen hat. Der gefordert hat, seine Feinde zu lieben und denen die Hand zu reichen, die einen hassen. Eine Witzfigur für alle Machtmenschen. Das Himmelreich auf Erden hat er damit nicht gebracht. Aber einen Weg aufgezeigt, wie es oft nur klein und unscheinbar, aber immer wieder zu erreichen wäre.

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15MRZ2025
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Na, die haben aber ganz schön Hunger, denke ich: Vier junge Männer sitzen im Regionalzug um einen Vierertisch. Draußen wird es dunkel. Auf dem Tischchen sind: Fladenbrot, Brotaufstriche, Datteln, große Wasserflaschen. Das ist mal was Anderes, als verschämt in eine Brezel zu beißen. Guten Appetit, sage ich im Vorbeigehen. Das ist unser Iftar, meint einer der vier. Richtig, es ist ja Ramadan. Die vier sind den Tag über nüchtern geblieben und haben nichts gegessen und getrunken. Sie haben sich an eines der Gebote des Islam gehalten, gefastet und Verzichten geübt. Jetzt, nach Sonnenuntergang, dürfen sie das Fasten brechen und wieder essen und trinken.

Im Ramadan geht es Musliminnen und Muslime außerdem um vier Wochen ohne Lügen und Beleidigungen. Natürlich ist das auch sonst so, aber es wird noch einmal besonders betont.

Durch den Mondkalender ändert sich jedes Jahr der Zeitpunkt des Ramadan. Jetzt im März fällt das Fasten nicht so schwer wie im Hochsommer. „Aber wir packen das auch im Sommer“, meint einer der vier fröhlich.

Die Zeiten, in denen wir leben, sind nicht einfach. Zusammenhalt und Vielfalt zugleich kommen nicht von selbst, man muss etwas dafür tun. Aber es gibt so viele Menschen guten Willens. Das müssen wir doch hinbekommen, dass Angehörigen verschiedener Religionen sich respektieren und am anderen freuen. Dass wir neugierig aufeinander sind und für Verständnis und Toleranz eintreten. Dieses Jahr findet der Ramadan größtenteils zur gleichen Zeit statt wie die Passions- und Fastenzeit vor Ostern. Wir könnten uns erzählen, was uns wichtig ist, was uns Halt gibt und was uns trägt.

Den vieren im Regionalzug wünsche ich: Ramadan Mubarak! Menschen muslimischen Glaubens wünsche ich: Ramadan Mubarak! Einen gesegneten Ramadan. Und uns allen: Dass wir uns besser kennenlernen. Und frei und offen und ohne Angst voreinander friedlich zusammenleben.

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14MRZ2025
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Mariann Edgar Budde ist eine US-amerikanische Bischöfin. Sie lebt und arbeitet seit fünfzehn Jahren in der Hauptstadt Washington. Weltweit berühmt geworden ist sie vor zwei Monaten, im Januar. Denn sie hielt die Predigt im Gottesdienst zur Amtseinführung des amerikanischen Präsidenten. In ihrer Rede bittet sie um Barmherzigkeit und Mitleid für geflüchtete Menschen und für Angehörige der queeren Gemeinschaft.

Dass sie „Bitte“ gesagt hat, darüber kann man lange nachdenken: Denn in einer Demokratie sind die Menschenrechte nicht verhandelbar. Sie gelten ungeteilt für alle. Doch Mariann Edgar Budde hat ja gar keine Rechte eingefordert und hat sich nicht darauf berufen, was jedem Menschen zusteht.

Stattdessen hat sie eine Bitte formuliert. Sie hat an das Mitgefühl appelliert und daran erinnert, dass es selbst in Ländern ohne Demokratie doch Mitleid und Barmherzigkeit gibt. Auch wenn man keine Rechte einklagt: um Milde kann man bitten. Für andere kann man bitten. Du bist der mächtige Präsident. Aber trotzdem will ich versuchen, frei heraus für andere zu sprechen und das zu tun, was die Nächstenliebe verlangt.

Manchmal braucht es selbst für eine bescheidene Bitte ganz schön viel Mut. Der Präsident der Vereinigten Staaten hat die Ansprache der Bischöfin zuerst langweilig und nicht aufregend genannt. Anschließend verlangte er von ihr, dass sie sich für ihre Predigt entschuldigt. Ein Kongressabgeordneter wollte die Bischöfin am liebsten aus den USA deportieren.

Mut lässt sich lernen! Mariann Edgar Budde sagt: Mut ist ein Weg, den man geht. Mut besteht aus vielen kleinen Schritten. Mut wächst überall dort, wo Menschen sich zusammenfinden. Mut wird stark, wo man sich füreinander einsetzt.

Im Englischen ist die höfliche Anrede für eine Bischöfin „Right Reverend“. Das bedeutet so viel wie „richtig würdig“. Mariann Edgar Budde ist richtig würdig, weil sie ihren Mut zusammengenommen und sich für die Menschenrechte eingesetzt hat.

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13MRZ2025
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Fritz Rosenthal ist Jude und flieht als junger Mann aus Nazideutschland nach Jerusalem. Wenn schon, denn schon, denkt er sich und nimmt einen neuen Namen an: Schalom Ben-Chorin. Schalom, das heißt Friede, Ben-Chorin bedeutet Sohn der Freiheit. Sein Vorname und sein Nachname sind bewusste Zeichen in einer Zeit der Diktaturen und des Kriegs: Zeichen, die er selbst setzt. Dabei braucht auch er selbst immer wieder Zeichen. Er braucht eine Ermutigung von außen, dass es mit dem Frieden und mit der Freiheit gut ausgehen soll. Wenigstens einen klitzekleinen Hinweis wünscht sich Ben-Chorin, dass er mit seinen Wünschen nach Heil für diese Welt nicht auf dem Holzweg ist. Dass nicht alles vergeblich ist. Wenn er dann am Übergang von Winter zum Frühjahr aus dem Fenster sieht, dann sind da Mandelbäume. Und wenn er genau hinschaut, kann er erste Blütenblätter erkennen.

Er ist verzagt und ohne Hoffnung, aber dass vor seiner Haustür, ohne sein Zutun, ganz unabhängig von ihm, etwas neu beginnt, neu aufblüht, das ist, wie er selbst sagt, eine „geflüsterte Botschaft“ für ihn. Ein Zeichen. Und er macht aus dem, was er sieht, ein Gedicht:

Freunde, dass der Mandelzweig
wieder blüht und treibt,
ist das nicht ein Fingerzeig,
dass die Liebe bleibt?

Dass das Leben nicht verging,
soviel Blut auch schreit,
achtet dieses nicht gering,
in der trübsten Zeit.

Tausende zerstampft der Krieg,
eine Welt vergeht.
Doch des Lebens Blütensieg
leicht im Winde weht.

Freunde, dass der Mandelzweig
sich in Blüten wiegt,
bleibe uns ein Fingerzeig,
wie das Leben siegt.

Wie schön! Das Gedicht des jüdischen Dichters ging um die Welt und wurde später vertont und ins evangelische Gesangbuch aufgenommen. Auch das ist ein Zeichen, ein Hinweis, dass Versöhnung kein leeres Wort ist. Draußen wird es Frühling. Es ist in einer verrückten Welt ein Fingerzeig, mehr nicht. Aber achtet das nicht gering, Freunde.

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12MRZ2025
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Menschen gibt es, weil Gott atmet. So sagt es die Bibel in einem Bild: Ganz am Anfang bläst Gott dem Menschen seinen Odem ein. Das ist Gottes Atem, der Leben bringt. Seit diesem Anfang sind wir damit beschäftigt zu atmen. Damit wir am Leben bleiben. Ein, aus, ein, aus. Über zwanzigtausend Mal pro Tag machen wir Atemzüge mit mehreren Kubikmetern Luft. Leider komme ich trotzdem nicht selten aus der Puste, bin außer Atem. Ich würde mir wünschen, das wäre nur dann so, wenn ich Sport treibe. Aber mit dem Atem geht es wie mit dem Herz: Er zeigt, wie es mir geht und was ich fühle. Schnell oder langsam, flach oder tief, regelmäßig oder stockend. Wie ich mit meinem Atem umgehe, wie ich mein Luftmanagement betreibe, das sagt gleichzeitig ziemlich viel über mein Leben. An den Atem Gottes, seinen Lebensodem, denke ich dabei nicht mehr. Dabei ist der doch von Anfang an in mir drin. Und mit ihm ein frischer Wind, ein laues Frühlingslüftchen, eine kräftige Brise, ein sanftes Säuseln. Ich atme, damit ich am Leben bleibe. Aber ich muss dem Leben nicht hinterherhecheln. Sondern mit jedem Atemzug kann ich das Leben auch gestalten. Das ist ein großartiges Geschenk. Da haben wir tatsächlich etwas mitbekommen vom Atem Gottes.

Jetzt, in der Passions- und Fastenzeit, lädt die evangelische Kirche deshalb ein, darüber nachzudenken: Und zwei Millionen Menschen hierzulande machen wieder mit. „Luft holen“ heißt die diesjährige Fastenaktion. Aus meinem Atem lässt sich etwas machen. Er hat Potential. Denn ich atme, weil Gott atmet. Und wo Gott hinatmet, wo er hineinbläst, da werden Menschen und Dinge neu und gut. Bis Ostern sind es sieben Wochen. Ich bin gespannt, was ich mit meinem Atem anfange. Vielleicht gibt es ja sogar atemberaubende Einsichten. Bevor ich selbstverständlich wieder Luft hole und weiter atme.

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11MRZ2025
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Heute wehen in Deutschland die Fahnen zum Zeichen der Trauer auf Halbmast. Denn heute ist der europäische und der nationale Gedenktag für die Opfer terroristischer Gewalt. Es ist schrecklich, dass es mittlerweile genügt, zum Beispiel Städtenamen zu nennen, um uns an Anschläge zu erinnern: Solingen, Magdeburg, Hanau, Mannheim.

Die gemeinsame Trauer und der tiefe Schrecken lassen uns kaum noch los. Viele Menschen fragen sich, wie wir darauf reagieren, dass unsere Gesellschaft insgesamt und unsere Städte verletzlich sind. Wir merken, dass wir, die wir so viel können, uns nicht vollständig vor Anschlägen schützen können. Wir planen gerne vor, wir schätzen es, wenn Dinge berechenbar sind – und erleben dann, dass Terror und Hass unberechenbar sind. Was kann man tun, um den Mut zum Leben und die Zuversicht nicht zu verlieren, wenn der Terror Angst und Schrecken verbreitet?

Als Christ denke ich an den Satz, den Paulus einmal geschrieben hat: Lass dich nicht vom Bösen besiegen, sondern besiege das Böse durch das Gute. Ob das so geht, wie Paulus meint? Aber manchmal gibt es tatsächlich nur ein Entweder-oder. Und Paulus schreibt das nicht ins Blaue, sondern damit wir innere Stärke gewinnen in einer Welt, in der leider kein Frieden herrscht. Wer ist stärker? Nein, die Kriegstreiber, die Attentäter, die Hassredner, die Machtgierigen, die Diktatoren, sie sollen mich nicht kriegen. Je länger ich darüber nachdenke: Ich will ihren Hass nicht mit Hass beantworten, sondern ich will es heute mit der Bibel halten und mich nicht vom Bösen besiegen lassen. Das heißt: Mach es dem Bösen nicht zu leicht. Sondern behalte einen klaren Kopf. Das schafft Raum zum Nachdenken. Und aus Nachdenken entsteht Zeit. Und aus Zeit entsteht Besonnenheit, die nicht einfach nur blind um sich schlägt, sondern verantwortlich handelt – denn nicht das Böse soll ja siegen, sondern der Mut zum Leben.

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10MRZ2025
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Eigentlich will Martin Luther in Ruhe auf der Wartburg weiter die Bibel übersetzen, im Jahr 1522. Aber dann hört er aus Wittenberg, dass dort in der Kirche alles ganz anders werden soll. Nicht freiwillig, sondern mit Gewalt. Den einen geht es nicht schnell genug mit den Veränderungen, die anderen sind zufrieden so, wie es ist. Die Stadt ist gespalten. Und es bleibt nicht friedlich. Gewalt kommt ins Spiel.

Martin Luther sieht seine Verantwortung. Schließlich hat er fünf Jahre vorher den Stein ins Rollen gebracht mit seiner Kritik an der Kirche. Deshalb verlässt er die Wartburg und reist nach Wittenberg. Und dort tut er, was er kann und gelernt hat: Er predigt. Jeden Tag, eine Woche lang. Immer wieder und wieder erklärt er, dass Gewalt keinen Platz hat, wenn es um den Glauben geht – und ich ergänze für heute: Auch sonst hat Gewalt keinen Platz, wenn man unterschiedlicher Meinung ist. Die Menschen sollen frei sein im Vertrauen auf Gott. Luther erklärt, was ihm im Glauben hilft, wie er ihn versteht. Aber ein Gesetz kann man daraus nicht machen.

Und was auch immer jede und jeder für sich glaubt: Die Nächstenliebe gehört dazu. Kein Glaube ohne Liebe. Immer wieder sagt er das. Und starke Bilder verwendet Luther da: „Lasst uns einer dem andern zu Füßen liegen, einander die Hände reichen, einer dem andern helfen.“ Denn „wir sollen nicht allein in den Himmel kommen, sondern unsere Geschwister, die jetzt noch nicht unsere Freunde sind, mitbringen.“

An diesen Worten haben die Wittenberger ganz schön zu knabbern. Es geht nicht mehr darum, welche Reformen nun wie schnell umgesetzt werden müssen und was der richtige oder falsche Weg ist. Es geht darum, wie wir einander begegnen und wie wir miteinander umgehen. Nach einer Woche Predigten haben es die Wittenberger kapiert und können wieder miteinander reden. Jedenfalls für eine Weile. Denn über unseren Umgang miteinander, da kann man gar nicht genug nachdenken.

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08MRZ2025
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In der Nacht des 8. März 1989, heute vor 36 Jahren, war es soweit: Winfried Freudenberg will mit seiner Frau Sabine aus Ost-Berlin fliehen. Der 32-jährige Ingenieur ist in der DDR aufgewachsen. Aber er will raus. Raus aus diesem System des Zwangs und der Bevormundung. Endlich frei sein. Sein Fluchtplan ist abenteuerlich. Er will mit einem selbstgebastelten Gasballon die Grenze nach West-Berlin überwinden. In wochenlanger Arbeit kleben Winfried und Sabine aus Gartenfolien einen Ballon zusammen: 13 Meter hoch, mit einem Durchmesser von 11 Metern.

Um an das notwendige Gas heranzukommen, arbeitet Freudenberg in der staatlichen Gasversorgung. So hat er Zugang zu einer Reglerstation. Hier füllt er den Ballon auf.

Ein Aushilfskellner, der gegen 1.30 Uhr auf dem Heimweg ist, sieht den Ballon. Er alarmiert die Volkspolizei. Als die Beamten ankommen, ist der Ballon erst zur Häfte gefüllt. Blitzschnell kappt Freudenberg die Halteseile. Seine Frau bleibt zurück. Zwei Personen wären jetzt zu schwer für den Korb.

Beim Aufstieg streift der Ballon eine Oberleitung. Ein greller Blitz erleuchtet die Nacht. Freudenberg überlebt den Unfall und fliegt weiter Richtung Westen. Aber er kann den Ballon nicht mehr steuern. Der steigt immer höher, auf rund 5000 m. Dort ist es eisig kalt: - 20 Grad.

Fünfeinhalb Stunden ist Freudenberg in der Luft. Beim Landeversuch über Zehlendorf in West-Berlin stürzt der Ballon gegen 7.30 Uhr ab. Winfried Freudenberg ist sofort tot, sein Körper völlig zerschmettert.

Nur acht Monate später fällt in Berlin die Mauer. So wird Winfried Freudenberg das letzte Opfer dieser menschenverachtenden Grenze. Geschichten wie diese erinnern an die Brutalität der SED-Diktatur. Sie zeigen aber auch, was Menschen alles auf sich nehmen, um frei und selbstbestimmt leben zu können.

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07MRZ2025
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„Christ sein heißt: Gegen den Strom schwimmen.“ So hat es Papst Franziskus immer wieder gesagt. In einer Welt, die von Egoismus, Unrecht und Gewalt geprägt ist, sollen Christen Zeugnis geben für die große Alternative, die sich aus der Botschaft Jesu ergibt. Das haben in 2000 Jahren Kirchengeschichte Christen immer wieder getan, sogar unter Einsatz ihres Lebens. So auch Perpetua und Felicitas. Die beiden jungen Frauen leben um das Jahr 200 in der römischen Stadt Karthago in Nordafrika. Perpetua, die aus einer vornehmen Familie stammt, und ihre Sklavin Felicitas begeistern sich für das Evangelium. Sie wollen Jesus nachfolgen und bereiten sich auf ihre Taufe vor. Da befiehlt der römische Kaiser, dass ihm alle Bewohner Karthagos ein Opfer darbringen sollen. Zwar ist der römische Staat in Sachen Religion grundsätzlich tolerant. Wer sich aber dem Kaiserkult verweigert, der gilt als Staatsfeind und muss mit der Todesstrafe rechnen. Perpetua und Felicitas lehnen das Opfer ab. Lieber wollen sie sterben als ihren Glauben verraten. Dabei sind nur wenige Christen so kompromisslos wie die beiden. Die Mehrheit besorgt sich gefälschte Opferbescheinigungen oder macht einfach mit, um der Verfolgung zu entgehen. Perpetua und Felicitas kommen in Haft. Perpetua, die gerade ein Kind geboren hat, hält ihre Erlebnisse in einem Tagebuch fest. Ihre Aufzeichnungen gehören zu den bewegendsten Zeugnissen, die sich aus der Zeit der damaligen Christenverfolgung erhalten haben.o beschreibt die junge Frau, wie ihr Vater sie im Gefängnis besucht. Er fleht sie an, dem Kaiser zu gehorchen, auch um ihres Kindes willen. Vergeblich. Perpetua will ihr Christsein nicht verleugnen. So endet ihr Leben und das ihrer Freundin in der Arena. Sie werden wilden Tieren vorgeworfen und schließlich erdolcht.

Heute erinnert die Kirche an den Mut und die Entschlossenheit der beiden Märtyrerinnen. Perpetua und Felicitas sind gegen den Strom geschwommen. Ihr Beispiel hat andere bestärkt. Ohne solche Blutzeugen wäre das Christentum eine Randerscheinung geblieben.

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