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23SEP2023
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Die Stimmung könnte besser sein. Glaubt man den Umfragen, dann war der Optimismus lange nicht mehr so gedämpft wie heute. Viele Menschen sind der Überzeugung, dass es in Zukunft eher bergab als bergauf geht. Sie fürchten sich nicht nur vor den Folgen des Klimawandels. Sie sehen insbesondere, dass das politische Klima sich auflädt und dass Wohlstand und Sicherheit nicht selbstverständlich sind. Ich kann gut nachvollziehen, welche Unsicherheiten und Ängste viele Menschen umtreiben. Mich und meine Familie betreffen sie genauso. Was mir am meisten Sorgen macht, ist die Meinung, dass wir keine gute Zukunft haben werden. Das ist fatal. Denn wir brauchen ein Bild von einer lebenswerten Zukunft. Wenn uns die Hoffnung fehlt, dann lohnt es auch nicht mehr, sich heute für eine bessere Zukunft einzubringen. Das Ergebnis: Rückzug ins Private, in den kleinen Kreis, in dem ich geschützt und sicher bin. Auch ich kenne das.

Auch mein christlicher Glaube hilft mir da zunächst nicht. Er sagt mir nicht, wie ich mich in welcher Situation am besten zu entscheiden habe. Es sagt mir auch nicht, dass es in Zukunft besser werden wird. Eines aber sagt er mir: Als Christ bin ich dazu berufen, in der Welt, so wie sie eben ist, Gott zu bezeugen. In der Bibel steht der unglaubliche Satz, dass Gott die Menschen als seine Ebenbilder geschaffen hat. Dieser Gott ist der Freund der Menschen; er will, dass das Leben jedes einzelnen Menschen gelingt und daran hat jeder von uns einen Anteil. Trotz der negativen Stimmung traut Gott mir zu, etwas bewirken zu können und sei es auch noch so wenig. Das ist für mich nicht nur belastend, es ist befreiend. Weil Gott mir etwas zutraut, liegt die Zukunft auch ein winziges Stück in meiner Hand. Die negative Stimmung hat nicht das letzte Wort, dafür können wir sorgen, auch ich. 

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22SEP2023
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Vor einer Woche war es endlich so weit. Mein Lieblingschor trat in der Nähe von Frankfurt auf. Englische Chormusik vom Feinsten! Alle Bänke waren bis auf den letzten Platz belegt. Um es vorwegzunehmen: es war fantastisch, es war außergewöhnlich – Gesang wie von einem anderen Stern.

Vor allem ein Lied hat es mir angetan. Es heißt: Let my love be heard – frei übersetzt mit: macht meine Liebe hörbar! Die entscheidende Liedzeile heißt: „Und wenn der Kummer noch einmal in den Himmel steigt, macht meine Liebe hörbar.“ Als die letzten Klänge dieses ruhigen und starken Liedes im Raum des Kirchengebäudes verhallt sind, dauerte es eine ganze Weile bis jemand anfängt zu applaudieren. Alle hielten inne. Diese Stille nach dem Ende war magisch.

Mich lässt dieses Lied seitdem nicht mehr los. Es bringt für mich in einfachen Worten zum Ausdruck, wofür die Kirche eigentlich da ist: „Macht meine Liebe hörbar“. Das schreibt der liebe Gott der Kirche ins Gewissen! Und dazu bin auch ich als Christ berufen, das ist mein Auftrag. Wo die Liebe hörbar wird, da sollten Menschen freier, glücklicher werden – da sollte es gerecht zugehen. Die Bibel nennt es das Leben in Fülle. Es geht um Begegnung auf Augenhöhe, Wertschätzung jeden Lebens, Zuspruch in schwierigen Zeiten und faire Strukturen. Dass vor allem die Kirche ständig daran scheitert, ändert nichts an dem Auftrag, den sie hat. Und allen negativen Schlagzeilen zum Trotz: es gibt im Raum der Kirche auch immer noch großartiges Engagement, Selbstlosigkeit und wirklichen Einsatz für eine bessere Welt.

Ich glaube, dass die Menschheit und vor allem die Kirche immer daran scheitern muss, das Leben in Fülle für alle zu verwirklichen. Ich glaube aber auch, dass es im Leben nichts Besseres geben kann, als dieser Liebe Gottes Gehör zu verschaffen. Es immer wieder zu versuchen - im Großen wie im Kleinen. „Macht meine Liebe hörbar.“

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21SEP2023
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Nach der heftigen Trockenperiode in diesem Jahr hat es fast drei Wochen lang geregnet. Es war toll zu sehen, wie sich die Natur vom Stress der wasserlosen Monate erholen konnte. Alles grünte und sprießte wieder. Solche Wetterbedingungen sind wie geschaffen für das Wachstum von Pilzen. Für Pilzesucher wie ich einer bin, heißt das: ab in den Wald! Ich liebe es, stundenlang durch die Wälder zu streifen und mich überraschen zu lassen.

In diesem Jahr bin ich zum ersten Mal mit meinem fünfjährigen Sohn unterwegs gewesen, um Steinpilze zu suchen. Er mag Pilze zwar überhaupt nicht, wenn sie auf dem Teller landen. Aber das Pilzesuchen – das macht ihm riesigen Spaß.

Mehrere Stunden streifen wir durch die Wälder und finden: nichts. Die Zuversicht schwindet von Waldstück zu Waldstück. Das wird heute nichts mehr, wir müssen uns damit abfinden, das gehört auch zum Pilzesuchen. Ich bin deprimiert und will wieder zurück zum Auto. Doch mein Sohn hält mich hartnäckig zurück. Immer noch hochmotiviert will er noch ein letztes Mal ein kleines Stück rechts vom Wegesrand nachsehen. Ihm zuliebe stapfe ich ihm nach. Wie aus dem Nichts taucht plötzlich ein von Pfifferlingen übersäter Waldboden vor unseren Füßen auf. Ich bin sprachlos! Fast Betäubt vor Freude, beginnen wir vorsichtig, einige der kleinen Delikatessen zu pflücken.

Auf der Rückfahrt können wir nicht aufhören, uns über diesen schönen Ausgang unserer Pilz-Tour zu freuen. Am meisten freut sich mein Sohn aber darüber, dass er nicht aufgegeben hat, obwohl sein Papa mit der Hoffnung schon am Ende war. Und dass er es geschafft hat, mich zum Weitersuchen zu bewegen. Für mich war das am Ende die größte Freude: dass mein Sohn sich darüber freuen konnte, dass er die Hoffnung nicht aufgegeben hat. Unsere kleine Pilztour ist mir so zu einer unerwarteten Lektion fürs Leben geworden: Nicht die Hoffnung verlieren und Durchhalten, auch wenn die Zeichen schlecht stehen!

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20SEP2023
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"Wenn Sie zur Tür rausgehen, weiß ich nicht mehr, dass Sie da waren", sagt ein älterer Herr zu mir und weint. Ich habe ihn an meiner neuen Stelle das erste Mal zuhause besucht, wie ich es regelmäßig bei den Alten und Kranken der Gemeinde mache.

Ich habe gespürt, dass der Mann an einem entscheidenden Wendepunkt steht. Die Demenz war da und sie wurde anscheinend von Tag zu Tag größer. Der alte Mann hat das in diesem Moment bewusst wahrgenommen. Er hat darum gewusst, dass er immer mehr in diesen Strudel des Vergessens geraten wird. Und gerade deshalb hat er so bitterlich geweint.

Ich war zuerst sehr betroffen und wusste nicht, wie ich mit der Situation umgehen soll. Ich hätte am liebsten mit ihm geweint. Dann habe ich einfach weitergeredet. Ganz normal mit dem Mann gesprochen. Habe mit ihm gebetet und auch alte Geschichten von der Kirche erzählt. Mir ist aufgefallen, dass der Mann in diesem Moment geistig voll dabei war. Er hat alles verstanden, was ich ihm gesagt habe. Konnte mir auch Antwort geben, wenn ich ihn etwas fragte. An seinen Augen ließ sich ablesen, dass er ganz bei der Sache war.

Dann habe ich zu ihm gesagt: "Auch, wenn Sie bald vergessen haben, dass ich da war, so sind Sie doch jetzt da! Jetzt, in diesem Moment, können wir zusammen beten, sprechen und uns freuen!". Da hat der Mann das erste Mal gelächelt.

Das Treffen mit dem dementen Mann und sein Satz über das Vergessen begleitet mich noch heute. Denn oft ist es ja auch bei mir so, dass ich mich an Menschen, Gespräche und Begegnungen nicht mehr erinnern kann. Ich vergesse sie einfach. Vielleicht auch, weil vieles zu flüchtig und zu schnell geht oder ich nicht bei der Sache bin.

Die Begegnung mit diesem Mann hat mir gezeigt, wie wichtig der konkrete Moment ist. Wenn ich ganz bei meinem Gegenüber bin, ist der Augenblick, das Hier und Jetzt, unglaublich wertvoll. Dann zählt nicht das, was gewesen ist oder das, was noch kommt. Dann ist der Moment entscheidend.

Ich glaube, dass Gott ganz nah ist, wenn wir uns ganz aufeinander einlassen. Dasein im Hier und Jetzt. Das ist entscheidend. Auch heute an diesem neuen Tag, der JETZT vor mir liegt.

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19SEP2023
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„Worüber freuen Sie sich? Was macht Ihnen Freude?“. Darüber komme ich mit Gottesdienstbesuchern ins Gespräch. Gerade haben wir einen Text aus der Bibel gehört. Mit Nachdruck heißt es da: „Freut euch im Herrn zu jeder Zeit! Noch einmal sage ich: Freut euch!“ (Phil 4,4). Zugegeben, Freude ist so ein Wort, das mir manchmal schwer über die Lippen kommt. Erst die Coronakrise, jetzt die reale Gegenwart vom Krieg in der Ukraine, steigende Preise und unsichere Zukunft.

„Ich freue mich über mein neugeborenes Enkelkind“, sagt plötzlich eine ältere Dame. „Ich freue mich, wenn ich was in der Schule geschafft habe“, meint ein Jugendlicher.  „Und ich, wenn ich meinem kleinen Bruder helfen konnte“, ergänzt ein Mädchen.

Auf einmal ist die Stimmung bei mir eine andere als vorher. Ich merke, ich kann mich mitfreuen an dem, was die Leute sage, sehe die ältere Dame in Gedanken mit ihrem neugeborenen Enkelkind. Ich bin stolz auf den Jugendlichen, der erfolgreich in der Schule ist. Ich freue mich daran, dass es den anderen gut geht. Gerade so, als hätte ich selbst dieses Erlebnis, von dem sie berichten.

Mir kommt das Sprichwort in den Sinn „Geteilte Freude ist doppelte Freude“. Das kann ich in diesem Augenblick konkret spüren. Denn auch in dieser Zeit gibt es ja genug Dinge, über die ich mich freuen kann. Trotz allem. Einfach mal die Perspektive zu wechseln tut manchmal gut.

Und ich verstehe auch besser was es bedeutet, sich im Herrn zu freuen. Ich bin sicher, dass Gott möchte, dass wir froh werden. Vielleicht ja dadurch, dass wir uns viel öfter davon erzählen, was uns froh macht und uns so untereinander verbinden.

Das habe ich im Gespräch mit den Menschen in der Kirche begriffen. Ein gutes Gefühl! Und, was macht Ihnen Freude?

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18SEP2023
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Es ist früh am Morgen. Der Tag liegt vor mir. Ich sitze am Frühstückstisch und lese nebenbei in der Zeitung. In Gedanken gehe ich schon die Termine durch, die mich den Tag über erwarten. Ich versuche, mir den Ablauf von Gesprächen vorzustellen. Wie werde ich reagieren, wenn mein Gesprächspartner dieses oder jenes Argument bringt?

Gedanklich bin ich gar nicht mehr beim Frühstück. Ich bin schon längst bei allem, was der Tag noch bringt. Dabei habe ich gar nicht bemerkt, wie gut das frische Brot schmeckt und die selbstgemachte Marmelade, die ich geschenkt bekommen habe. Wie herrlich der Kaffee duftet. All das ist unbemerkt an mir vorbeigezogen, und ich habe es nicht genießen können. Im Gegenteil: Jetzt bin ich innerlich unruhig und angespannt. Ich stehe unter Spannung wegen der bevorstehenden Termine.

Im Nachhinein erst fällt mir eine Geschichte ein. Vielleicht kennen Sie sie. Ein alter Mönch wurde von seinen Schülern gefragt, warum er immer so ruhig und gelassen ist trotz seiner vielen Aufgaben. Er antwortete: „Wenn ich stehe, dann stehe ich, wenn ich gehe, dann gehe ich, wenn ich sitze, dann sitze ich, wenn ich esse, dann esse ich“. „Das tun wir doch auch“, antworteten seine Schüler, „aber was machst Du darüber hinaus?”, fragten Sie erneut. Der alte Mönch erwiderte: „Wenn ich stehe, dann stehe ich, wenn ich gehe, dann gehe ich…“. Wieder sagten seine Schüler: „Aber das tun wir doch auch!”. „Nein“, antwortete er mit Nachdruck, „wenn ihr sitzt, dann steht ihr schon, wenn ihr steht, dann lauft ihr schon, wenn ihr lauft, dann seid ihr schon am Ziel.”

Genauso geht es mir oft leider auch. Wenn ich gedanklich schon beim nächsten Schritt bin, kann ich nicht präsent sein. Für die Dinge und die Menschen, die mir jetzt, in diesem Augenblick, begegnen. Nur wenn ich wach bin für den Augenblick, dann kann ich auch dem begegnen, der in Allem immer auch da ist. Der immer präsent ist. Dann kann ich Gott im Alltag begegnen. Das kann schon morgens beim Frühstück beginnen. Wenn ich den belebenden Kaffeeduft spüre und das frische Marmeladenbrot bewusst genieße.

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16SEP2023
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Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden. Diesen Satz habe ich schon oft bei Beerdigungen gesagt. Und auch für mich selber habe ich immer wieder zu ergründen versucht, was das wohl heißen kann. „Dass wir sterben müssen“ - eigentlich eine Banalität. Wir wissen es. Dass wir sterblich sind. Dass alles, was uns umgibt, endlich ist.

Dennoch ist der Tod eine meist verdrängte Wahrheit. In dem biblischen Vers wird er mit zwei Worten verbunden, die mit Bildung zu tun haben. Mit Lehre. Und mit Klugheit. Zwei Wörter, die viel mit dem Leben zu tun haben.

Ich erinnere mich an meine Geburtsvorbereitungskurse. Für mich war es hilfreich. Zu wissen, was auf mich zukommt. Und zu wissen, dass ich nicht über alles, was da passieren kann, beunruhigt sein muss.  Dass Manches ganz normal ist, auch wenn es für mich ungewöhnlich und beängstigend sein kann. Kann ich mich wie auf die Geburt meiner Kinder auch auf das Sterben vorbereiten?

Sich damit auseinanderzusetzen hat etwas Gutes: Angst kann durch Wissen kleiner werden. Inzwischen gibt es sogenannte Letzte-Hilfe-Kurse. Wie bei den Erste-Hilfe-Kursen wird da in wenigen Stunden viel Wissen vermittelt, und zwar über das, was in den letzten Lebenstagen helfen kann. Es wird erklärt, wie sich der Tod vielleicht zeigt. Und was wir tun können, um nicht hilflos, sondern vorbereitet zu sein, ein bisschen jedenfalls.

Das Psalmwort „Lehre uns bedenken,…“ - das ist auch ein Gebet, das zum Vertrauen führen kann.

Und im Vertrauen auf Gott sagt: Der Tod hat auch eine wichtige Funktion, die oft vergessen wird. Er zeigt mir nämlich, dass all unsere Zeit kostbar ist.  Ein Schatz, den ich nicht vergeuden sollte. Gutes zu tun oder zu genießen, bewusst zu leben und Zeit für meine Liebsten und für meine Werte zu haben, das könnte dieses Klugwerden heißen.

Carpe diem. Pflücke den Tag! Das Heute ist wichtig, morgen könnte es zu spät sein. Ein schöner Aufruf – und eine Einladung, jetzt zu leben!

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15SEP2023
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Einmal eine Nacht lang das Licht auslassen. Sobald es dunkel ist, überall auf elektrisches Licht verzichten: Was wäre das für eine Erfahrung? Bei der Earth Night, die nicht nur in Deutschland heute begangen wird, bleibt das Licht aus.

Nur einen Abend lang, eine Nacht lang. In Betrieben, auf der Straße, vielleicht auch im Nachbarhaus. Das ist vielleicht nur ein kleines Zeichen. Ein kleiner Beitrag, den wir leisten können, um Energie zu sparen, die nicht endlos zur Verfügung steht.
Manche sagen vielleicht: Das ist ja nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Oder: was soll das bringen angesichts der Weltbevölkerung, angesichts der Industrie und Wirtschaft, die pausenlos produzieren?

Ich kann diesen Einwand verstehen - oft genug lasse ich mich auch von Resignation anstecken. Aber ich will das nicht, weil ich auch die Hoffnung für die Welt nicht aufgebe - und nicht aufhöre zu hoffen, dass noch Veränderung möglich ist.

Wenn ich heute das Tageslicht nutze und abends kein künstliches Licht anmache und wenn auch Straßenbeleuchtungen ausbleiben, dann wird mir eines auf jeden Fall bewusst: all das Licht, all unser Komfort ist zum Teil auch Luxus und ist nicht selbstverständlich. Und wird es auch nie sein.

Die Erde ist uns geliehen. Anvertraut, um sie zu bebauen und zu bewahren. So steht es auf den ersten Seiten der Bibel. Alles, was wir brauchen und gebrauchen, ist nicht selbstverständlich – und ist daher mit Verstand und Maßhaltung zu nutzen, nicht mit Gier und Gleichgültigkeit.

Heute abend zünde ich eine Kerze an. Oder sehe vielleicht einen Stern oder den Mond. Um dann den Tag, der hinter mir liegt, noch mal auf mich wirken lassen und vielleicht zu spüren: In jedem Tag liegen viele Geschenke. Aber auch Aufgaben. Und eine Aufgabe ist ganz bestimmt: Pass auf - auf dich; auf deine Mitgeschöpfe, auf die Welt. Weniger Licht ist manchmal mehr, weil dann sichtbar wird, was wirklich wichtig ist.

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14SEP2023
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Wollen Sie sich heute mal ein bisschen Luxus gönnen? Das ist ganz leicht möglich – auch ohne Geld. Denn heute ist der Tag der Stille. Und Stille ist ein echter Luxus. International Quiet Day – den würde ich auch gerne begehen, aber wie ich mich kenne, klingelt nachher mein Handy oder bellt mein Hund, und schon ist es aus mit der Stille.

Ob Fluglärm oder Nachrichtentöne, Menschen oder Tiere, Autos oder andere Maschinen. Wer hört, der hört meist nicht wenig, sondern eine Vielzahl von Geräuschen. Lärm kann krank machen, das ist längst erforscht. Aber Stille wird noch nicht allzu oft verordnet, obwohl sie eine wirksame Medizin sein könnte.

Ein arabisches Sprichwort sagt: „Zehn Gebote hat die Weisheit. Neunmal ‚Schweig!' und einmal ‚Red‘ wenig!“ Ich habe das selbst erfahren. Ein paar Mal habe ich mir den Luxus gegönnt, mich ganz bewusst einer Zeit der Stille auszusetzen. Ich war in Klöstern für eine stille Zeit, sogenannte Schweige-Exerzitien.

Da schweigt man freiwillig für ein paar Tage, nimmt Mahlzeiten miteinander ein, aber in Stille, verzichtet auf Handy und anderes und singt und betet mit, aber eben als Gast.

Da habe ich etwas gefunden, was mir sonst fehlt: friedliche Stille, Verständigung auch ohne Worte. Eine Sehnsucht, die in mir ist und die von äußeren Dingen so oft zugedröhnt wird.

Wenn ich Zeiten der Stille finde, merke ich, wie ich auch wieder anderen Menschen besser zuhören kann, wie auch die Beziehung zu mir und zu meinen Mitmenschen positiv beeinflusst wird.

Unbedingt wegfahren muss ich dafür aber nicht. Diesen Luxus kann ich mir sogar zuhause gönnen. Mir einen kleinen Ort schaffen, wo es möglichst ruhig ist: Eine Auszeit am See, am Fluss oder irgendwo in einer ruhigen Kapelle. Oder Zuhause. Anselm Grün nennt diesen Ort den „Raum der Stille in mir, wo Gott wohnt“.

Heute ist ein guter Tag, ihn aufzusuchen. Und die Stille zu genießen, die heilsam ist.

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13SEP2023
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Du hast nicht aufgepasst. Oder: Du warst nicht schnell genug. Beim Training der Kinder oder bei Spielen habe ich so etwas oft gehört. Ein Fehler, und ein Spiel kann verloren sein. Und ich erinnere mich selber, dass früher im Sportunterricht manchmal diese Angst da war: Wenn ich einen Fehler mache, dann sind alle sauer.

Mir ist längst klar: Fehler passieren einfach.  Im Haushalt, bei der Arbeit, in der Schule, besonders auch beim Kommunizieren. Niemand kommt daran ganz vorbei. Warum ist es so schwer, sich Fehler einzugestehen? Leichter lässt sich sagen: Ich was nicht, an mir liegt es nicht!

Kindern versuchen wir es beizubringen: Entschuldige Dich. Gib Deine Fehler zu! –aber mache ich das immer? Wenn ich Fehler zugebe, dann könnte das schwach aussehen. Und Schwäche wirkt uncool.

Anders erlebt Paulus, was Gott zur Schwäche sagt: Lass dir an meiner Gnade genügen; denn meine Kraft ist in den Schwachen mächtig.

Da ist Gottes Kraft etwas, was gerade bei vermeintlich Schwachen zum Zuge kommt. Wo ich zugeben kann und nicht beschämt werde. Wo ich nicht perfekt sein muss, weil Gott mir eine andere Stärke schenkt – eine fehlerfreundliche.

Und in der Bibel, da sind ganz viele alles andere als perfekt: Noah war mal ziemlich betrunken und hat sich peinlich aufgeführt. Petrus hat Jesus verleugnet. Durch diese biblischen Personen wird mir klar: Menschen können Vorbilder sein und trotzdem Fehler haben. Über ihnen allen wird das große Thema von Einsicht, Umkehr und Vergebung aufgespannt.

Ja: Fehler sind menschlich. Aber sie müssen keine Katastrophe sein. Wenn Einsicht und Vergebung, Ehrlichkeit und Güte unser Miteinander bestimmen, dann werden Fehler nicht geleugnet.

Dann kann ich sagen: Es tut mir leid. Wo dieser Satz auf guten Boden fällt, hat Gottes Aufruf zu Versöhnung und Vergebung gute Mitspieler erfunden – nicht fehlerlos, aber menschlich und fair.

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