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05NOV2024
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Kennen Sie das Geräusch, wenn Kreide auf der Tafel quietscht? Es gibt ja Leute, denen macht das überhaupt nichts aus, wenn sie das hören. Andere halten sich schon vorher die Ohren zu. Obwohl man eigentlich nie genau weiß, wann die Kreide quietscht. Die Gesichter sehen dann aus als hätten die Leute Zahnschmerzen.

Menschen, die wir gut kennen, erkennen wir an der Stimme. Z.B. kenne ich sogar die meisten Tatort-Kommissarinnen und Kommissare aus dem Fernsehen an der Stimme.

Übrigens erkennen wir Stimmen von anderen leichter als dass wir die eigene Stimme erkennen. Ich wundere mich immer wieder, wenn ich mich selbst im Radio höre. Sie kennen das, wenn Sie sich selbst auf einem Anrufbeantworter hören, oder? Wir hören nach innen irgendwie anders als nach außen.

Manche Menschen sind ja in der Lage, gleichzeitig zu sprechen und zuzuhören, das bewundere ich. Und andere haben das, was man das absolute Gehör nennt. Das stelle ich mir nicht immer angenehm vor, denn es gibt ja so viele falsche Töne.

So oder so, Hören löst Gefühle aus und das hat dann auch Folgen: Ich höre Musik im Radio und ich kann nicht anders als mitzusummen. Oder die Musik bewirkt das Gegenteil und ich drehe das Radio leiser.

Ich höre, wie die Haustür geöffnet wird und entspanne, weil ich ein „Hallo“ von unten höre und weiß: Alle sind gut heimgekommen.

Salomo, ein Mann in der Bibel, wünscht sich ein „hörendes Herz“ von Gott. Er soll König werden und findet, dass er nicht der Richtige ist für diese ganze Verantwortung. Gott fragt ihn, was er ihm geben soll, damit er es sich zutraut: Ein hörendes Herz. Sagt Salomo. Nicht hörende Ohren oder ein absolutes Gehör für die ganzen falschen Töne. Wäre für einen König vermutlich auch nützlich.

Er möchte ein Herz haben, das hören kann, was andere Menschen zum Leben brauchen. Eins, das hört und das sich vor Schmerz zusammenzieht, wenn es in der Welt quietscht und kracht. Unsere Ohren als direkter Weg zum Herzen. Was für eine schöne Vorstellung.

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04NOV2024
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Über Gerüche lässt sich ja streiten. Was die eine gern riecht, ist für den anderen zum Davonlaufen. Ob ein Parfum aufdringlich oder markant ist, ist reine Geschmackssache, beim Geruch von Apfelkuchen oder Zimtschnecken, da wären wir schneller einig.

Sie mögen jetzt die Nase rümpfen und sich schütteln, aber ich mag den Geruch von Chlor, also Schwimmbadchlor. Schon wenn ich in den Eingangsbereich des Hallenbads komme, habe ich ein Gefühl von Nachhausekommen. Für andere Menschen ist der Chlorgeruch mit das Schlimmste am Schwimmbadbesuch.

Viele Stunden habe ich als Jugendliche in Schwimmbädern verbracht, beim Training, bei Wettkämpfen. Für mich ist das Schwimmbad ein Ort, an dem ich die Erfahrung gemacht habe, dass ich etwas gut kann und dass ich durch Training noch besser werde. Für mich ist es ein guter Ort und Chlor ein guter Geruch. Auch an manche Leute von damals erinnere ich mich gern, obwohl sich unsere Wege getrennt haben. Wenn ich Chlor rieche, sind sie wieder da.

Der Geruchssinn hilft uns – ebenso wie die anderen Sinne – unsere Umwelt wahrzunehmen, Dinge und Menschen einzuordnen. Unsere Nase warnt uns, wenn Essen verdorben ist. Sie vermag aber auch den Teenager, der genervt von der Schule nach Hause kommt, in gute Laune zu versetzen, wenn er schon an der Haustür Pizza riecht. Schlechte Laune beim Geruch von Linsensuppe oder Broccoli ist natürlich genauso möglich. Der Geruchssinn ist ein feiner Sinn und er hat Einfluss auch auf unser Gemüt.

Über-Sinnlich nennen wir oft den Glauben an Gott. Weil wir Gott weder sehen noch hören oder riechen können. Und weil wir ihn allzu oft gar nicht spüren.

Trotzdem glaube ich, dass Gott sich gerade durch unsere 5 Sinne seinen Weg in unsere Wahrnehmung bahnt. Unsere Sinne bringen uns Gefühle von Kraft und Gemeinschaft, sogar der Geruch von Schwimmbadchlor schafft das bei mir. Der von Apfelkuchen erst recht. Vielleicht wählt Gott den gleichen Weg, um uns zu erreichen.

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02NOV2024
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„Hier sieht es ja aus wie im Hürtgenwald“. Das war so ein Ausdruck bei uns daheim, wenn mal wieder Unordnung  und Chaos im Kinderzimmer herrschte. Das echte Chaos im echten Hürtgenwald begann heute vor 80 Jahren am 2. November 1944. In der so genannten Allerseelenschlacht versuchten amerikanische Truppen durch den dichten Wald südlich von Aachen in Nordrhein-Westfalen in Richtung Rhein vorzudringen. Eine fatale Fehlentscheidung der amerikanischen Generäle. Zu unwegsam war das Gelände und viel zu dicht der Wald. Am Ende waren 24.000 Amerikaner und Deutsche tot und noch viel mehr verwundet an Leib und Seele.  Bis heute, 80 Jahre später, ist es gefährlich in diesem Wald abseits der Wege zu spazieren. Denn immer noch liegen Munition und Minen herum, die noch nicht entdeckt sind. Der Geburtsort meines Vaters am Rand des Hürtgenwaldes ist damals komplett zerstört worden. Und  der Zufall wollte es, dass zwei meiner Onkels als junge deutsche Soldaten irgendwo dort im Schützengraben auf andere junge Männer schießen mussten. Beide haben zum Glück überlebt. Onkel Franz und Onkel Willi habe ich als sanfte, ruhige Männer kennen gelernt, die keiner Fliege etwas zuleide tun konnten. Im Krieg damals mussten sie durch die Hölle gehen. Vielleicht denken Sie ja jetzt: Warum erzählt der uns das heute Morgen? Kann man diese ganzen Kriegsthemen nicht einfach mal ruhen lassen?  Nein, das kann man nicht. Denn Menschen sind fürchterlich vergesslich. Deshalb muss man erinnern, was Kriege anrichten. Die aktuellen Kriege und Auseinandersetzungen zeigen das nur zu deutlich. Mir macht das Angst. Und ich bin ratlos, welche Politik heute die richtige sein könnte.  Kluge und besonnene Menschen sind da gefragt. Denn: Fehler in Politik und Gesellschaft, die zu Kriegen führen, die dürfen sich nicht wiederholen. Das sind wir den Millionen Toten der Kriege schuldig, und mehr noch uns,  den Lebenden. Denn uns allen sollte so ein Schicksal erspart bleiben.

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31OKT2024
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Ein Besuch auf dem Friedhof ist nicht jedermanns Sache. Es gibt Menschen, die haben damit richtig Probleme. Sie wollen nicht an Sterben und Tod erinnert werden. Ich persönlich gehe gerne auf Friedhöfe. Der bei uns zu Hause ist alt. Er ist fast wie ein Park, mit viel Grün und Bäumen. Es ist ruhig, Vögel zwitschern, manchmal sieht man Eichhörnchen.  An vielen Stellen stehen große alte Grabsteine aus vergangenen Jahrhunderten.

Eins fällt allerdings auf: die Begräbniskultur in Deutschland  wandelt sich rasant.  Man sieht mehr Urnengräber und Urnenwände. Es gibt anonyme Grabfelder. Viele Menschen lassen sich gar nicht mehr auf dem Friedhof sondern in Friedwäldern unter Bäumen beerdigen. Oder  wählen eine Seebestattung. Auf den Friedhöfen sieht man deshalb immer mehr freie Flächen. Früher herrschte auf Friedhöfen oft Platzmangel. Heute ist davon keine Rede mehr.  Es klingt irgendwie paradox, aber hier und da wird  überlegt, wie man den Friedhöfen wieder mehr Leben einhauchen kann. Früher trafen sich die Menschen hier, um ihre verstorbenen Angehörigen zu besuchen, um die Gräber zu pflegen, Blumen zu pflanzen und ausgiebige Schwätzchen zu halten mit den Menschen, die nebenan das Unkraut zupften.  Die Zeiten sind vorbei und oft genug gehe ich ganz alleine über die Wege auf unserem schönen alten Friedhof. Dann überlege ich: wie wär es denn mit einer Picknickwiese und einem Kiosk? Ob ein Kinderspielplatz und mehr Bänke denkbar wären?  Oder ab und zu ein Konzert auf einer Freifläche mit  „Knockin`on heavens door“ oder  „Tears in heaven“.   Das mag schräg klingen Aber ich fände es schön, wenn unsere Friedhöfe wieder mehr zum Begegnungsort für Lebende werden könnten.  Und da ist durchaus Kreativität gefragt. Dann wäre ich kein einsamer Spaziergänger mehr auf dem Friedhof. Und unsere Toten hätten trotzdem oder gerade deshalb  eine würdige letzte Ruhestätte.

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30OKT2024
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Mein Vater war Jahrgang 1921.

In seiner Familie gab es abends oft Brot mit Schiebewurst. Eine große Scheibe Brot mit einer kleinen Scheibe Wurst. Die konnte man dann entweder direkt als erstes verspeisen oder sie auf dem Brot immer weiter nach hinten schieben, bis dann beim letzten Bissen die ganze Scheibe Wurst auf dem Rest Brot wunderbar schmeckte – nach der langen Vorfreude.

In den 60ger Jahren war es schon anders: wenn die Scheibe Wurst größer war als das Brot, fand ich das prima. Aber die Eltern brachten mir bei, den Überhang abzuschneiden und für eine weitere Scheibe Brot zu verwenden. OK, so war es.

Heute geht es den meisten Leuten in Deutschland  wirtschaftlich besser als den Kindern in den 1930ger Jahren und den Kindern in den 1960ger Jahren.

Aber.

Dann lese ich, dass 2024 der deutsche Erdüberlastungstag auf den 2. Mai gefallen ist.

Mich hat diese Nachricht  wirklich schockiert. Seit dem 2. Mai kann die Erde nicht mehr das reproduzieren, was wir bis zum 31. Dezember noch nutzen werden.

Was wir an Wasser, Holz und Ackerland bis zum Ende des Jahres noch verbrauchen, kann die Erde nicht bereitstellen – wir nehmen es für uns in Anspruch aus dem, was anderen Menschen in der Welt zusteht.

Die Übernutzung ist hierzulande so groß, dass wir drei Erden bräuchten, wenn für alle Menschen auf der Welt eine solche Lebensweise möglich werden sollte wie für uns. Es gibt aber nur eine Erde, soweit ich weiß.

Für mich hat das was mit Gerechtigkeit zu tun. Und es wundert mich nicht, dass so viele Menschen aus den armen Ländern in der Welt bei uns leben wollen.

Es wäre gerecht, wenn sie so leben könnten wie wir.  Also müssen wir unseren Standard ein bißchen zurückschrauben. Gelegentlich mal Brot mit Schiebewurst, das reicht vermutlich nicht. Wir müssen mehr verändern.

Dann ist hoffentlich der Erdüberlastungstag 2025 erst am 10. Mai oder so und verschiebt sich jedes Jahr weiter nach hinten.

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29OKT2024
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Unglaublich. Es war nicht der Tag der Freundlichkeit, aber alle waren freundlich.

Ich hatte in einem Schmuck-Geschäft angerufen, ob sie meine Armbanduhr reparieren könnten. Wegwerfen ist doof, ich hab gern, wenn Sachen lange halten. Nee, konnten sie nicht, aber in Mayen gibt es noch einen richtigen Uhrmacher, sagten sie. Da ging ich dann hin. In einer Woche bekomme ich die Uhr wieder.

Die Hülle von meinem Handy bricht fast auseinander. Ich ging in einen Technikladen, die Beratung war freundlich, aber keine passende Hülle. Wir können Ihnen vielleicht eine bestellen. Der Mitarbeiter sucht 12 Minuten, dann muss er passen. Leider, nix zu finden. Muss ich also doch im Internet bestellen, aber er hatte es versucht und ich auch und es tat ihm leid, mir nicht helfen zu können.

Dann zum Metzger, die haben da einen köstlichen selbstgemachten Schinken. Der sah noch sehr hell aus. Die Verkäuferin stimmte mir zu: der soll ruhig noch 2 Wochen hängen. Ja, ich komme dann wieder, dieser Schinken schmeckt als hauchdünne Scheibe besonders gut auch ohne Brot, da waren wir uns einig. Ich ging also, ohne etwas zu kaufen, und sie war kein bisschen genervt, sondern ganz meiner Meinung.

War denn Tag der Freundlichkeit?

Nein, ein normaler Dienstag.

Freuten sich alle, weil die Sonne schien?

Nein, es war bedeckt.

Gab es eine Sonderzahlung für jeden?

Nein, natürlich nicht.

Es waren einfach alle freundlich.

Ich hatte gar nicht angefangen, aber die anderen haben mich angesteckt.

Vielleicht ist heute wieder so ein Tag.

Ich könnte jedenfalls heute mal damit anfangen, jedem, der mir begegnet, freundlich Hallo zu sagen und zu lächeln. Vielleicht wird es dann wieder ein Tag der Freundlichkeit.

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28OKT2024
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Mittagszeit, Suppe auf dem Herd, mir fehlt noch was Grünzeug, ich gehe in den Garten der Nachbarin und schneide etwas Petersilie und Schnittlauch ab.

Neidisch liegt ihre Katze auf der Fensterbank im Wohnzimmer und schaut mir zu. Sie will auch gern in den Garten, aber es ist eine Stubenkatze. Pech.

Erinnert mich an ein altes Lied von Reinhard Mey: „es gibt Tage, da wünscht ich ich wär mein Hund.“

Der Hund sieht faul auf dem Kissen frühmorgens dem hektischen Menschen zu, hat genau 2 Interessen: Schlafen und Fressen. Als Hund kann man Menschen, die einem stinken, in den Hintern beißen. Der Mensch kennt seinen zahnärztlichen Befund: besser nicht zubeißen, sonst Zahnverlust. Nur die Kühlschranktür bekommt der Hund nicht selbst auf, und Reinhard Mey vermutet:

„dann wünscht mein Hund, er wäre ich“.

Ich bin mir nicht sicher, ob Reinhard Mey so ganz genau weiß, was seinen Hund bewegt. Wann der Hund sich wünscht, Reinhard Mey zu sein und ob er dann  komplett tauschen wollte oder nur zum Teil.

Die Idee, mit jemand anderem das Leben zu tauschen, ist ja nett, aber dann eben nicht nur die Rosinen, sondern das ganze Paket.

Wenn ich tauschen könnte: will ich alles, was der andere hat?

Sein Auto, sein Boot, sein Haus ? Das klingt ja sehr verlockend, wenn ich so auf meine Bekannten schaue, was die sich so leisten können. Was man natürlich nicht sieht: den Herzschrittmacher, die schwierige Kindheit, den 12 Stunden-Tag im Beruf.

Will ich ihre schönen Klamotten, die süßen Kinder, das heile Familienleben? Auch den Spagat zwischen Job und Familie und die ständige Zeitnot und die Schwiegereltern?

Wenn ich alles genau überlege, will ich doch eher nur die Rosinen, nicht das ganze Paket. Und wenn ich noch weiter überlege und mir die Pakete der anderen vorstelle, dann bin ich mit meinem Paket und den Rosinen drin ganz zufrieden.

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26OKT2024
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Kann es sein, dass uns das Meiste nur geliehen ist? Jedenfalls gehört uns nichts für immer. Die Menschen nicht, die wir lieben. Hab und Gut sowieso nicht. Alles nur geliehen auf Zeit. Sogar das Leben. Das sowieso.

Geschenkt, geliehen, endlich, nicht ewig. Die ganze Welt, eine einzige Leihgabe. Für eine gewisse Zeit uns anvertraut. Von denen, die vor uns waren, an uns weitergegeben, bis wir selber wieder loslassen und sie der nächsten Generation überlassen. Die ganze Schöpfung auf göttlicher Leihbasis den Menschen anvertraut. Das macht schon Sinn, wenn wir so von diesem anvertrauten Planeten reden, wie von einem nur geliehenen hohen Wert, den es zu beschützen und zu bewahren gilt. Mit dem ganz Eigenen kann man womöglich machen, was man will. Mit dem Geliehenen aber nicht. Das gilt es, mit Samthandschuhen anzufassen und ständig dafür Sorge zu tragen, dass es möglichst unversehrt durch unsere Hände geht, bis es andere übernehmen.

Eigentlich eine gute Lösung für ein nachhaltiges und zukunftsträchtiges Umgehen mit allem, was lebt. Die Leihweise als Lebensweise im Verschon-Modus.  Gehören tut alles DEM, der uns allen das Leben gibt und zu dem es wieder zurückkehrt. Dem Einen und Einzigen Gott, der Himmel und Erde gemacht hat. Von Ihm kommt alles. Zu Ihm ist alles unterwegs. Und selbst das, was uns wohl am meisten fehlt, was wir offenbar nicht selber auf Dauer haben, sondern immer wieder durch Hass und Krieg verlieren, kann uns nur von IHM ausgeliehen werden. Hoffentlich. Der Friede nämlich. Der Friede, der uns immer wieder so sehr verloren geht.

Darum können wir nur bitten: „Verleih uns Frieden gnädiglich Herr Gott zu unseren Zeiten. Es ist ja doch kein anderer nicht, der für uns könnte streiten. Denn Du unser Gott alleine!“

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25OKT2024
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„Wiedersehn macht Freude!“, hat mein Vater immer zu den Nachbarn gesagt. Immer dann, wenn die sich bei ihm die Heckenschere oder die große Wasserwaage ausgeliehen haben. Ausleihen und wiederbringen gehören eben zusammen.

Zurückgeben ist doch selbstverständlich – und zwar: sobald wie möglich. Und bitte auch unbeschädigt. So sind die Regeln beim Verleihen nun mal. Ich habe bei unserem letzten Umzug ein Buch gefunden, das ich mir mal ausgeliehen habe. Es gehört Renate. Wir haben zusammen studiert. Das ist jetzt 45 Jahre her. Sie war damals mit Hans Gerd zusammen.

Das weiß ich noch. Was ich nicht mehr weiß, ist, warum ich das Buch nie zurückgegeben habe. Es handelt übrigens von der Körpersprache. Was es über uns aussagt, wie wir uns geben und bewegen. Was es über mich aussagt, dass ich das ausgeliehene Buch nicht -wie es sich gehört hätte-  der Besitzerin zurückgebracht habe, will ich gar nicht weiter wissen.

Ich schäme mich jedenfalls. „Wiedersehn macht Freude!“, hör ich meinen Vater sagen. Das „Zurückbekommen“ versteht sich einfach von selbst. Ich kenne eigentlich nur eine Sache, die Jesus einmal ausgeliehen wurde, bei der niemand davon ausgehen konnte, dass es da zu einer Rückgabe kommt. Ich meine das Grab. Das Felsengrab, in das Jesus gelegt wurde. Das hat ihm damals ein gewisser Josef von Arimathia ausgeliehen.  Es war ja seins. Er hatte es sich gerade frisch in den Felsen meißeln lassen. Und da ist Jesus gestorben. Und der Grabbesitzer hat es ihm kurz entschlossen ausgeliehen. Dass er es zurückgeben wird, ist nicht zu erwarten. Nur Gottes unfassbare Art und Weise, das Leben über das Grab hinaus wachsen zu lassen, bis in den Himmel hinein, hat dazu geführt, dass das geliehene Grab tatsächlich wieder zurückgegeben werden konnte. „Wiedersehn macht Freude!“

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24OKT2024
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Besondere Ereignisse brauchen besondere Orte. Eventlocation – heißt das heute. Einen guten Platz eben, etwas Besonderes allemal. Ein Fest feiert man in einem Festsaal.

Jesus macht das auch. Sein Abschiedsessen findet am Passahfest statt. Das braucht natürlich einen entsprechenden Rahmen. Also muss sich Jesus diesmal als Eventlocation keinen Stall, wie damals bei seiner Geburt, sondern einen Festsaal suchen. Und das gelingt ihm offenbar mühelos.

Die Jünger haben ihn offenbar gefragt, wo denn bitte sein großes Fest stattfinden soll. Daraufhin hat sie Jesus in die Stadt geschickt zu einem bestimmten Haus. Und dort hat er sie den Hausherrn fragen lassen, wo der Festsaal ist. Wörtlich heißt es, dass Jesus gesagt hat: „Der Hausherr wird euch einen großen Raum im Obergeschoss zeigen, der schon hergerichtet ist.“

Und genau so finden die Jünger alles vor. Sogar von Polstermöbeln ist da die Rede. Komfortabel also muss es auch noch gewesen sein. Jesus scheut sich nicht, auch einmal etwas Besonderes auszuleihen. Schließlich wird es ein unvergessliches Beisammensein mit Fußwaschung und Abendmahl, das wir bis heute in unseren Kirchen feiern zu „seinem Gedächtnis“. Mich beeindruckt dabei, dass Jesus seine Leihweise hier durchaus ein bisschen unverschämt zelebriert. Also ohne falsche Scham und Bescheidenheit. Er weiß seinem Abschied den angemessenen Rahmen und ein würdevolles Ambiente zu verleihen. Diese Leihgabe geht über alles hinaus, was Jesus sich während seines Lebens schon so alles ausgeliehen hat – von der Krippe im Stall über Fischerboote und Esel.

Ein wenig vom himmlischen Glanz leuchtet auf, wenn wir ihn mit seinen Leuten hereinkommen sehen in diesen Festsaal im Obergeschoss. Da möchte man doch gerne mit eingeladen sein.

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