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18JAN2025
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Meine kleine Nichte liebt Anna und Elsa, die beiden Prinzessinnen aus dem Disney-Film „Die Eisprinzessin“.

Besonders Elsa findet sie faszinierend. Elsa hat nämlich besondere Fähigkeiten: Sie kann allein mit ihren Händen Eis und Schnee entstehen lassen. Als Kind hat sie diese Gabe aber noch nicht richtig im Griff, und es kommt zu einem Unfall, der beinahe tödlich ist.

Seitdem verschließt Elsa sich. Sie unterdrückt ihre besondere Fähigkeit, weil sie ihr Angst macht. Sie wächst hinter verschlossenen Türen auf, um ihre unheimliche Gabe geheim zu halten. So entfernt sie sich von allen. Von ihrer Schwester und von den Menschen, deren Königin sie eigentlich einmal sein soll.

Als sich um sie herum eine Krise zuspitzt, flieht Elsa in die Wildnis und baut sich dort ein Schloss aus Eis, zu dem niemand Zugang haben soll. Dadurch wird aber in ihrem Königreich alles nur noch schlimmer.

Die Geschichte geht gut aus. Denn Elsas Schwester Anna gibt sie nicht auf. Sie sucht Elsa und findet sie in ihrem Schloss aus Eis. Durch die Liebe ihrer Schwester lässt Elsa sich schließlich dazu anleiten, ihre Gabe zum Guten für alle Menschen im Königreich einzusetzen. Und so wird sie auch endlich ganz sie selbst.

Vielleicht ist es gar nicht so selten, dass Menschen besondere Gaben haben, die sie aber nicht offen zeigen. Ich meine jetzt natürlich nicht, Eis oder Schnee zu zaubern.

Aber wenn jemand zum Beispiel besonders schön singen kann, wäre es doch für alle toll, er würde das nicht verstecken, sondern alle hören lassen. Oder wenn jemand andere zum Lachen bringen kann. Oder ein Händchen dafür hat, sich besonders und farbenfroh anzuziehen.

Aber manchmal müssen Menschen erstmal erfahren, dass sie geliebt werden, so wie sie sind. Damit sie sich dann auch trauen, ihre wunderbaren Fähigkeiten zu zeigen und ganz sie selbst zu werden.

Ich glaube, Gott schaut jeden Menschen mit ganz viel Liebe an. Und sieht oft vielmehr Gaben als man selbst. Und ich glaube, Gott freut sich, wenn jemand zeigt, was er oder sie kann und es mit anderen teilt. Und wenn ein Mensch dann ganz er selber wird.

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17JAN2025
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Einer meiner liebsten Familienfilme, „Findet Nemo“, spielt im Pazifischen Ozean. Die Hauptfiguren sind zwei Clownfische: Der körperlich beeinträchtigte Junge Nemo und sein überbehütender alleinerziehender Vater Marlin.

Nemo geht bei einer Mutprobe im Pazifik verloren – so fängt die Geschichte an. Eine spannende Suche beginnt, auf der Marlin nicht nur den weiten und gefährlichen Weg vom heimischen, sicheren Korallenriff bis in den Hafen von Sydney zurücklegen muss. Der ängstliche Papa muss vor allem auch innerlich immer wieder seine Komfortzone verlassen. Er muss lernen, seine Angst vor dem Unbekannten zu überwinden. Er muss lernen, sich auf Fremde einzulassen. Und er muss lernen, anderen etwas zuzutrauen. Nicht zuletzt seinem Sohn, den er vor dem Leben nicht beschützen kann.

Im Laufe der Geschichte überwindet Marlin seine Ängste – und gewinnt einen ganz neuen Zugang zu seiner Welt, dem weiten Ozean mit all seinen kuriosen Kreaturen. Er entwickelt eine neue Sicht auf das Leben, das zwar voller Gefahren ist, aber auch voller Glück. Und es entsteht eine leichtere Beziehung zu seinem Sohn: Er lernt, ihn zu lieben ohne ihn einzusperren.

Das alles gelingt ihm nur deshalb, weil seine Suche ein Ziel hat, das ihm wichtiger ist als er selbst: Nämlich seinen Sohn wiederzufinden, den er über alles liebt.

Vom Suchen und Finden handelt auch ein Satz aus der Bibel. Da heißt es: „Gott sagt: Wenn ihr mich von ganzem Herzen sucht, will ich mich von euch finden lassen.“ (Jer 29,13).

Gott von ganzem Herzen suchen, das heißt vielleicht, ihn so zu suchen wie Marlin seinen Nemo sucht. Ich glaube nämlich, dass ich Gott nicht in meiner Komfortzone finde, in der  ich mich so schön und sicher eingerichtet habe. Ich glaube, Gott muss ich draußen suchen, in der Welt, so unbequem sie auch ist. Um Gott zu suchen, muss ich mich auf Fremde einlassen und von ihnen lernen. Um Gott zu suchen, muss ich üben, ihm etwas zuzutrauen.

Und wenn ich Gott dann finde, dann kann ich ihn vielleicht sogar lieben, ohne ihn einzusperren.

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16JAN2025
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Phileas Fogg, ein reicher englischer Gentleman, reist um die Welt. Er riskiert Kopf und Kragen, nur um an einem bestimmten Tag zu einer bestimmten Uhrzeit wieder am Ausgangspunkt seiner Reise einzutreffen. So in etwa lässt sich der Roman „In 80 Tagen um die Welt“ von Jules Verne zusammenfassen. Die Geschichte hält allerlei Verwicklungen bereit und ist ein spannendes Abenteuer. Im 19. Jahrhundert, zur Zeit des Gentlemans Phileas Fogg, war eine Weltreise nämlich noch komplizierter als heute. Damals konnte man nicht einfach in ein Flugzeug steigen. Phileas Fogg war auf alle möglichen anderen Transportmittel angewiesen und musste sich wahnsinnig anstrengen auf seiner Reise.

Die Geschichte wurde mehrfach verfilmt und ist immer noch unterhaltsam. Man fiebert richtig mit, ob Phileas Fogg es schafft, seine Weltumrundung rechtzeitig zu beenden.

Denn das ist sein einziges Ziel, und der Grund, aus dem er sich überhaupt erst auf den Weg gemacht hat: Er hat mit anderen darum gewettet, dass er das in 80 Tagen schaffen kann. Auf so eine Idee käme ich nie. So viel Energie aufzuwenden, nur um eine Wette zu gewinnen!

Obwohl: Manchmal macht es ja schon Spaß, sich selbst und andere herauszufordern. Im Kleinen mache ich das manchmal mit meinen Kindern. Wetten, dass ich es länger aushalte, mein Handy nicht anzufassen?

Mit anderen solche Wetten abzuschließen ist ja eigentlich nichts anderes, als sich selbst herauszufordern. Sich selber aus der Komfortzone zu locken, um über sich hinauszuwachsen. Das geht mit einer Wette besser, als wenn man sich nur für sich alleine etwas vornimmt.

Sowas ähnliches wird auch in der Bibel einmal vorgeschlagen: „Lasst uns gegenseitig zur Liebe und zu guten Taten anspornen.“ (Hebr 10,24)

Vielleicht wäre das ja doch was für mich. Mal überlegen, was ich eigentlich gut finde, wozu ich mich aber oft nicht aufraffen kann. Und dann eine Wette abschließen. Zum Beispiel mit meinem Mann: Wetten, dass ich es dieses Jahr länger durchhalte, einmal die Woche Sport zu machen, als Du?
Oder mit den Nachbarn: Wetten, dass wir es diesen Sommer wirklich schaffen, ein Straßenfest zu organisieren und die Neuen aus unserer Straße einzuladen?

Top, die Wette gilt!

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15JAN2025
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Ich bewundere Leute, die einen guten Orientierungssinn haben. Die nicht nur anderen den Weg gut beschreiben können, sondern selber auch immer ungefähr wissen, in welcher Himmelsrichtung ihr Ziel liegt. Mein Orientierungssinn ist eine Katastrophe. Ohne Navi würde ich mich andauernd verlaufen.

Es gibt eine Geschichte von einem Mann, der seinen Weg im Leben auf eine sehr merkwürdige Art und Weise gefunden hat, ganz ohne Navigationssystem: Forrest Gump. In einem Film aus den 90er Jahren wird seine Lebensgeschichte erzählt.

Forrest Gump hat keine guten Startbedingungen für seinen Weg ins Leben. Er ist sehr viel weniger intelligent als der Durchschnitt und total naiv. Als Kind wird er von den anderen gemobbt, nur seine beste Freundin Jenny hält zu ihm. Als die anderen ihn verprügeln wollen, stellt Forrest fest, dass er eine Sache gut kann: Laufen.

Seit diesem Zeitpunkt läuft Forrest Gump weite Strecken. Er läuft einfach los, ohne Navi. Und sein Weg nimmt immer wieder überraschende Wendungen. Dabei verfolgt er keinen besonderen Plan, er hat kein bestimmtes Lebensziel. Es geht ihm zum Beispiel nicht darum, Karriere zu machen oder einen bestimmten Status zu erreichen.

Er findet seinen Weg einzig und allein, indem er auf sein Herz hört. Sein Herz ist sein Kompass. Sein Herz weist ihm immer wieder den richtigen Weg. Seine Himmelsrichtungen sind Freundschaft, Liebe, Ehrlichkeit und Freundlichkeit. Forrest meistert sein Leben und wird in seiner Geschichte zum Helden, weil er sich radikal an dieses innere Navigationssystem hält. Und damit hat der naive Tor am Ende den klugen Leuten so einiges voraus.

Ein solcher innerer Kompass hilft mir natürlich nicht, wenn ich mich in einer fremden Stadt verlaufe. Und die radikale Naivität, mit der Forrest Gump durchs Leben geht, ist auch nicht für meine Wirklichkeit gemacht. Aber für den Lebensweg, der vor mir liegt, ist ein gutes Herz ja vielleicht trotzdem der beste Kompass.

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14JAN2025
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Wenn man einen längeren Weg vor sich hat, sollte man sich vorher überlegen, was man unterwegs alles benötigt.  Für einen kleinen Spaziergang reicht der Hausschlüssel. Für eine lange Wanderung benötigt man Proviant. Und bei einer richtig langen Reise muss man gut abwägen, was unbedingt ins Gepäck muss und was eigentlich überflüssig ist.

Dieses Problem hat Hermine nicht. Hermine ist die Freundin von Harry Potter aus der gleichnamigen Geschichte von J.K. Rowling. Sie kann zaubern und besitzt eine Tasche, die wahrscheinlich jede gerne hätte. Von außen ist sie so groß wie eine ganz normale Handtasche. Aber im Innenraum ist durch einen Raumvergrößerungszauber unendlich viel Platz. Und so ist Hermine in jeder Situation gut ausgerüstet. Ihre Freunde staunen nicht schlecht, als sie mitten in der Wildnis ein Zelt, Kleidung für jeden, eine Reiseapotheke und ihre wichtigsten Bücher aus der Tasche hervorzaubert. Praktisch!

Ich habe mich auch gerade auf den Weg gemacht. Nicht in die Wildnis, aber in ein neues Jahr. Und ich habe überlegt, was ich wohl auf diesen Weg mitnehmen würde, wenn ich so eine Zauberhandtasche hätte wie Hermine.

Wahrscheinlich wäre allerlei Alltagskram drin. Und das ist schon bei meiner normalen Handtasche zu viel. Da muss ich jetzt schon manchmal lange suchen, bis ich meinen Schlüssel finde unter Taschentüchern, Handy, Stiften, Bonbons und Handcreme. Wenn ich jetzt noch mehr Krempel einpacke, wird die Tasche mir zu schwer.

Also sollte ich wohl besser mit richtig leichtem Gepäck reisen. Und mich auf meinem Weg ins neue Jahr auf drei Dinge beschränken, die mir auf jeden Fall weiterhelfen:

Zuversicht, dass das Jahr mir Gutes bringt und dass ich genügend Kraft finden werde, auch für die anstrengenden Etappen.

Humor, damit ich mich selbst nicht zu ernst nehme und das, was mir begegnet, nicht zu schwer.

Und Vertrauen, in mich selbst und meine Fähigkeiten, aber vor allem auch in die, die mit mir unterwegs sind. In Gott und die Menschen.

Das ist leichtes Gepäck. Damit komme ich hoffentlich ziemlich weit. Und kann vielleicht unterwegs sogar anderen aushelfen, die davon zu wenig dabei haben.

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13JAN2025
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Die berühmte Erzählung „Der Herr der Ringe“ handelt davon, wie ein kleiner Hobbit namens Frodo mit einer großen Aufgabe betraut wird. Um die Schreckensherrschaft einer finsteren Macht zu verhindern, muss er sich auf eine lange Reise in ferne, unbekannte Länder machen und einen bestimmten Ring vernichten. Niemand weiß zu Beginn seines Weges, was Frodo erwartet. Aber dass es gefährlich wird, ist klar. Darum soll er sich nicht alleine auf den Weg machen. Der Autor der Geschichte, John Tolkien, stellt Frodo eine besondere Weggemeinschaft zur Seite: drei weitere Hobbits, die genau so klein und arglos sind wie Frodo selbst, einen sturen, ruppigen Zwerg, einen scharfsichtigen und etwas unterkühlten Elben, einen Zauberer, der in Rätseln spricht, und zwei Menschen – der eine argwöhnisch, der andere von rätselhafter Herkunft.

Keiner dieser Gefährten ist perfekt. Sie haben alle ihre Fehler, Schwächen und Schattenseiten. Aber ein jeder trägt zum Lauf der Geschichte bei, jeder ist auf seine Weise unersetzlich und jeder wird mit seinen Eigenschaften gebraucht, damit es ein Happy End geben kann. Am Ende sind alle Helden.

Unsere eigenen Lebensgeschichten sind natürlich nicht so spektakulär. Aber auch wir sind gerade noch am Anfang eines Weges. Denn was uns in diesem Jahr alles noch erwartet, das weiß keiner. Wem wir begegnen, was wir erleben, welche Aufgaben wir bewältigen müssen, kann niemand vorhersehen.

Und auch wir haben Weggefährtinnen und Begleiter an unserer Seite: unsere Familien, Freundinnen, Kollegen. Wir sind alle sehr unterschiedlich, haben alle unsere Schwächen und Fehler.

Unser Ziel ist nicht so klar definiert wie in Tolkiens Geschichte. Es gibt nicht die eine Aufgabe, die wir schaffen müssen, um ein für allemal das Böse zu besiegen.

Aber wenn wir es uns zum Ziel setzen könnten, unsere Welt dieses Jahr zu einem freundlicheren, helleren Ort zu machen, dann könnte doch jeder von uns unperfekten Weggefährten mit seinen Eigenschaften dazu beitragen. Dann wäre jede von uns auf ihre eigene Weise unersetzlich. Und wenn es uns gelingt, sind wir am Ende alle Helden.

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11JAN2025
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„Ich bin vergnügt, erlöst, befreit, Gott nahm in seine Hände meine Zeit …

Was macht, dass ich so furchtlos bin an vielen dunklen Tagen?

Es kommt ein Geist in meinen Sinn, will mich durchs Leben tragen“*

Ich liebe diese Zeilen, sprechen sie doch von einem großen Gottvertrauen. Sie stammen von Hanns Dieter Hüsch, dem Poeten unter den Kabarettisten. 
„Ich bin vergnügt, erlöst, befreit, Gott nahm in seine Hände meine Zeit.“ Auch wenn ich diesen Satz liebe, so muss ich doch zugeben, dass ich ihn nicht immer und zu jeder Zeit voll unterschreiben kann. Oft plagen mich Zweifel, ob er denn wirklich „meine Zeit in seinen Händen hält“. Dann wird aus freudiger Zuversicht eher ein banges Hoffen, von dem am Ende manchmal nur eine große Sehnsucht übrigbleibt. Aber die gebe ich nicht auf.

Der Satz stammt aus einem Gedicht von Hüsch, dem er den Titel „Psalm“ gegeben hat. Die Psalmen sind eine Sammlung von Gebeten, die die Menschen zu ganz unterschiedlichen geschichtlichen und persönlichen Situationen gebetet haben. Es gibt Psalmen der Zuversicht und der Nähe zu Gott. „Der Herr ist mein Hirte, nichts wird mir fehlen. “ (Ps 23) Auch jubiliert und gelobt wird in den Psalmen: „Lobe den Herrn meine Seele, und was in mir ist, seinen heiligen Namen.“ (Ps 103). Aber auch der Zweifel und die Gottesferne kommen vor: „Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?“ (Ps 22)

Die Psalmen sagen mir, dass es ein Auf und Ab im Glauben gibt. Und meine Erfahrung lehrt mich: Aus meiner Sehnsucht kann auch wieder Hoffnung und Zuversicht werden. Und das lässt mich dann mit Hüsch sagen:

Ich bin vergnügt, erlöst, befreit, Gott nahm in seine Hände meine Zeit …

Was macht, dass ich so furchtlos bin an vielen dunklen Tagen?

Es kommt ein Geist in meinen Sinn, will mich durchs Leben tragen“*

 

* Psalm. in: Hanns Dieter Hüsch. Das Schwere leicht gesagt. Herder 1994, S.45

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10JAN2025
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„Es ist dem Menschen beigegeben ein kleines Stück von einem großen Leben, ob Bettler oder hohes Tier, von einer Handvoll Erde sind wir alle hier.“ Mit diesen Versen beginnt Hanns Dieter Hüsch, der Poet unter den deutschen Kabarettisten, eines seiner Gedichte. Der Mensch ist ein Teil von etwas ganz Großem. Hüsch bezieht sich hier auf die Erzählung von der Erschaffung des Menschen in der Bibel.

Da gibt es ja zwei Geschichten. Zum einen die, in der Gott die Welt in sieben Tagen erschafft. Das ist natürlich nur ein Bild, eine Erzählung. Sie macht deutlich, dass die Erde sich entwickelt hat und der Mensch relativ spät in dieser Entwicklung entstanden ist. Und die zweite Geschichte, auf die sich Hüsch hier bezieht, ist die, in der Gott den Menschen aus einem Klumpen Erde formt wie ein Künstler eine Figur schafft. Und zum Schluss haucht Gott diese Figur an, und damit wird der Mensch lebendig. Natürlich ist dies auch wieder nur ein Bild, ein Bild dafür, dass in jedem Menschen der Atem, der Geist Gottes steckt. „Es ist dem Menschen beigegeben ein kleines Stück von einem großen Leben.“ Ich gebe zu, bei einigen Mitmenschen fällt es mir schwer, diesen Funken Göttlichkeit in ihnen zu entdecken. Aber ich weiß, auch bei mir ist dieser Funke oft nicht spürbar. Im nächsten Vers zieht Hüsch eine wichtige Konsequenz aus diesem Schöpfungsglauben: „Ob Bettler oder hohes Tier, von einer Handvoll Erde sind wir alle hier.“ Eindrücklicher kann man den Satz: „Alle Menschen sind gleich, alle haben die gleichen Rechte und Pflichten“ nicht ins Bild setzen. Keiner darf sich über den anderen erheben, auch kein Volk darf sich über ein anderes erheben.

Bald sind Wahlen, der Kampf um unsere Stimmen hat ja bereits begonnen. Ich habe mir vorgenommen dies zu meinem Wahlprüfstein zu machen: Wer sich über den andern erhebt, den andern herabwürdigt und beleidigt, wird meine Stimme nicht bekommen.

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09JAN2025
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„Gesegnete Weihnachten und ein gutes neues Jahr“, das war auf so einigen Weihnachtskarten der vergangenen Wochen zu lesen. Bei Weihnachten, einem immer noch irgendwie christlichen Fest, da bedient man sich schon mal des frommen Wortes „gesegnet“. Bei dem profanen Ereignis des Jahreswechsels bleibt man lieber etwas nüchterner und wünscht sich ganz einfach nur ein „gutes“ neues Jahr. Dabei liegen segnen und Gutes wünschen ganz nahe beieinander. Das lateinische Wort für gesegnet -„benedictus“ -  bedeutet übersetzt nichts anderes als „dem wird Gutes zugesagt“.

Aber trotzdem ist ein Segen mehr als nur ein guter Wunsch. Denn segnen bleibt nicht im zwischenmenschlichen Bereich, sondern segnen bringt Gott mit ins Spiel.

Wenn ich segne, stelle ich eine Beziehung her zwischen dem, was ich segne, und Gott. Segne ich ein Brot, so ist es für mich nicht nur ein Nahrungsmittel, sondern eine von Gott geschenkte Gabe. Segne ich ein Tier, so sehe ich darin einen Teil der guten Schöpfung Gottes. Und segne ich ein Kind, sage ich ihm, du bist ein von Gott geliebter Mensch. Segnen lässt mich das, was mich umgibt mit Respekt und Ehrfurcht betrachten. Segnen heiligt den Alltag. Und so möchte ich uns mit einem Segenswort von Hanns Dieter Hüsch, dessen 100. Geburtstag wir dieses Jahr feiern werden, ein gesegnetes Jahr 2025 wünschen. Das hat ja auch gerade erst begonnen.

 

Gott der Herr möge unser Glück und unser Leid

Unsere Trauer und unsere Freude

Mit seiner grenzenlosen Güte begleiten…

 

Uns ein großes Gefühl dafür geben

Dass einer des anderen Last mittrage

 

Und nachsichtig möge er mit uns sein

Wenn alles nicht von heute auf morgen geschehen kann

Weil

Wir sind seine Kinder von ganzem Herzen

Aber oft noch von halbem Verstand*

 

* Michael Blum und Hanns Dieter Hüsch: Das kleine Buch vom Segen. Düsseldorf. 4. Auflage 2000, S. 28

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08JAN2025
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Heute vor sieben Jahren wurde der „Immerather Dom“ abgerissen. Die Pfarrkirche St. Lambertus in Nordrhein-Westfalen musste dem Braunkohle-Tagebau weichen. Viele Menschen haben damals dagegen protestiert. Trotzdem wurde die Kirche zerstört.

Solche Geschichten gibt es inzwischen öfter. Immer mehr Kirchen werden geschlossen oder verkauft. Manchmal sind die Gebäude einsturzgefährdet, wie zum Beispiel die Kirche in Elgendorf bei Montabaur. Dort finden die Gottesdienste jetzt in einem kleinen Nebenraum statt.

Das alles ist traurig. Denn eine Kirche ist nicht nur ein Bauwerk. Wer glaubt, für den bedeutet das mehr. Wo eine Kirche abgerissen wird, bleibt oft ein Gefühl der Leere. Nicht nur bei denen, die sie regelmäßig besucht haben.

Doch die Kirchen-Krise hat auch eine gute Seite. Sie zwingt die Gläubigen, darüber nachzudenken: Was ist Kirche? Gehört sie nur den Gläubigen, die sie besuchen? Oder tragen vielleicht noch viel mehr Menschen Verantwortung für sie?

Der heilige Franziskus hörte vor 800 Jahren in San Damiano die Stimme Gottes: „Franziskus, bau meine Kirche wieder auf!“ Zuerst dachte er, es geht um das baufällige Gebäude. Später erkannte er: Es geht um die Menschen.

Vielleicht ist das auch heute wieder eine Aufgabe: Die Kirchen, die Gotteshäuser so zu verändern, dass Gemeinschaft, Glauben und Hoffnung neu spürbar wird. Denn ich bin mir sicher: das ist der eigentliche Zweck, für den die Kirchen einmal mit viel Mühe und Geld gebaut worden sind.

 

 

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