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Ja, auch ich werde mich heute in die Geschäfte werfen und das eine oder andere Weihnachtsgeschenk kaufen. Aber eigentlich mag ich diese Großkampf-Einkaufstage vor Weihnachten nicht. Und ich bin froh, wenn ich sie ein bisschen reduzieren kann.
Mein Rezept lautet da mittlerweile: Spenden verschenken statt Einkaufsstress. Vor etlichen Jahren schon haben wir in der Familie beschlossen: Wir schenken uns unter den Erwachsenen nichts mehr zu Weihnachten, es gibt nur noch was für die Nichten und Neffen. Stattdessen überlegen wir, für welchen guten Zweck wir etwas spenden könnten. Und da gibt es ja viele Möglichkeiten. Es gibt so großartige Hilfswerke, die Menschen in bitterarmen Regionen dieser Welt unterstützen und ihnen Hoffnung geben. Vor allem den Kindern und Jugendlichen.
Adveniat zum Beispiel, das katholische Hilfswerk für Lateinamerika. Jetzt im Advent hat es seine besondere Aktionszeit. Adveniat klingt ja auch ein bisschen wie Advent, beides bedeutet: Ankunft, die Ankunft des Jesuskindes und die Ankunft des Reiches der Gerechtigkeit, das dieser Jesus schaffen will.
Adveniat unterstützt zum Beispiel Jugendliche im Südwesten Kolumbiens, die Angst haben vor der Gewalt auf der Straße. Es hat für sie ein Jugendzentrum geschaffen, in dem sich die jungen Leute sicher fühlen, einen Zufluchtsort finden. Ich will etwas spenden für die Jugendlichen in Kolumbien – und es meinen Geschwistern zu Weihnachten schenken (vgl. https://adveniat.de/spendenaufruf-zukunft-fuer-die-jugend-in-lateinamerika/).
Ich finde es einfach gut, im Advent nicht nur an den eigenen Konsum und die eigenen Wünsche zu denken. Sondern auch an Gerechtigkeit weltweit. Das ist ja auch die eigentliche Weihnachtsbotschaft: Ein Reich des Friedens und der Gerechtigkeit soll kommen. Und wir Menschen können dazu beitragen. Spenden, das geht heutzutage ja ganz leicht im Internet, von zuhause aus. Ich muss mich also, wenn ich eine Spende verschenke, auch nicht in die vollen Geschäfte werfen. Meinen Vorweihnachtsstress kann ich so ein bisschen reduzieren. Aber Gerechtigkeit und Frieden auf der Welt: die können dafür wachsen.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=41178Die Dunkelheit macht mir in diesen Tagen wirklich zu schaffen. Immer noch kürzer und kürzer werden die Tage – manchmal scheint es Mitte Dezember überhaupt nicht mehr hell werden zu wollen. Und deshalb passt die Heilige, die heute im Kalender steht, besonders gut: die heilige Lucia. Licht steckt schon in ihrem Namen. Man erzählt sich: Lucia hat während der Christenverfolgung ihren Glaubensgenossen Essen in die Verstecke gebracht. Damit sie beide Hände frei hatte zum Tragen, hat sie sich einen Lichterkranz auf den Kopf gesetzt, um so den Weg durch die Dunkelheit zu finden. Vor allem in Skandinavien knüpft man mit Bräuchen an diese Legende an: In Schweden zum Beispiel bringen Mädchen mit einem Lichterkranz im Haar der Familie das Frühstück ans Bett.
Tja, ich fürchte, Frühstück ans Bett bekommen bei uns heute wohl die Wenigsten, schon gar nicht mit Lichterkranz. Aber Licht und Frühstück besonders genießen, das ginge vielleicht heute am Tag der heiligen Lucia doch. Ich jedenfalls will mir heute Morgen ein paar Minuten an meinem Adventskranz gönnen. Kerzen anzünden, das Licht genießen, vielleicht Lieblingsmusik einschalten. Auch ein paar Sätze lesen will ich dabei: aus meinen Lieblings-Adventskalender mit den schönen Texten oder vielleicht aus der Bibel. Über das Licht ist dort einiges zu finden. Es heißt da zum Beispiel: „Das Licht bringt lauter Güte, Gerechtigkeit und Wahrheit hervor“ (Epheser 5,9).
Ja, da hat die Bibel wohl recht: Auch ich starte irgendwie gütiger und gerechter in den Tag, wenn ich Licht getankt habe. Wenn ich selbst Licht genieße – durch eine Kerze, durch die Sonne oder auch durch einen freundlich strahlenden Menschen: Dann kann ich es selbst wieder weitergeben. Kann freundlicher und gütiger sein gegenüber anderen Menschen. Auch das möchte ich heute besonders versuchen, am Tag der heiligen Lucia, der Lichtträgerin.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=41177Die Stadt Mainz hat sich dieses Jahr im Advent etwas Neues ausgedacht: Zusätzlich zur üblichen Weihnachtsbeleuchtung hat sie in der Innenstadt Sterne aufgehängt. So genannte Herrnhuter Sterne sind das, dreidimensional mit 25 Zacken, in Mainz leuchten sie in wunderbarem Goldgelb. In der Augustinerstraße oder der Ludwigsstraße zum Beispiel.
Ich merke: Gerade in diesen dunklen Zeiten kann ich die warm leuchtenden Sterne gut gebrauchen. In Zeiten, in denen die Nachrichten voller Krisen und Kriege sind. Sterne geben mir Hoffnung. Und sie passen auch wunderbar in den Advent. Einer der bekanntesten Sterne der Geschichte ist ja der Stern von Bethlehem. Er soll über der Krippe geleuchtet haben, in der Jesus geboren wurde. Und er hat den drei Weisen aus dem Morgenland, den so genannten drei Königen, den Weg zur Krippe geleuchtet. Der Stern von Bethlehem steht für eine ganz und gar gute Nachricht: Hier, wo der Stern leuchtet, gibt es Rettung, hier kommt einer zur Welt, der Frieden und Leben bringen will für alle Menschen. Eine große Hoffnung für die ganze Welt, bis heute!
Auf diese gute Nachricht von Weihnachten bereiten sich viele Menschen jetzt im Advent vor. Und damals, vor über 2000 Jahren haben sich die drei Weisen aus dem Morgenland auf ihre Weise vorbereitet: Sie haben sich auf den langen Weg nach Betlehem gemacht und sind dem Stern gefolgt. An Weihnachten schließlich haben sie in der Krippe das Jesuskind bestaunt und die ersten Geschenke gebracht.
Die Sterne in Mainz und in anderen Städten, sie stehen auch für diesen Stern von Bethlehem. Sie leuchten warm in die winterdunklen Straßen und bringen damit Licht und Hoffnung. Hoffnung, dass es eben nicht nur die schlechten Nachrichten gibt, sondern auch eine wichtige gute. Die Nachricht von dem Kind, in dem Gott geboren wird. Und von der Welt, die noch zu retten ist.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=41176Die Fernsehmoderatorin Sandra Maischberger hat vor kurzem erzählt, dass sie einen Aschenbecher aufbewahrt, in dem ein paar alte Zigarettenkippen liegen. Es sind die Reste der Zigaretten, die der frühere Bundeskanzler Helmut Schmidt bei seinem letzten Fernsehinterview mit ihr geraucht hat. Schmidt starb vor neun Jahren.
Für Manchen mag sowas vielleicht seltsam klingen. Ich kann das aber ganz gut verstehen. In einer Schublade verwahre ich nämlich in einer kleinen Schachtel auch einen Schatz. Die Armbanduhr meines Vaters. Vor ein paar Jahren ist er gestorben. Es ist keine wertvolle Uhr. Kein teures Sammlerstück. Sowas besaß mein Vater nicht. Nichts also, was für Andere sonderlich interessant wäre. Aber für mich. Weil diese unscheinbare Armbanduhr verbunden ist mit ganz vielen Erinnerungen. Mein Vater hat sie getragen, als meine Tochter ihren Schulabschluss mit uns gefeiert hat. Er hat sie getragen, als er zum letzten Mal bei uns war. Ein paar Monate vor seinem Tod. Er hatte sie auch am Handgelenk, als man ihn ins Krankenhaus brachte. Auf dem Nachttisch neben seinem Krankenhausbett hat sie gelegen bis zum Schluss. Wenn ich die Uhr heute in die Hand nehme, dann sehe ich meinen Vater wieder vor mir. Erinnere mich an ihn. An so Vieles, das wir zusammen erlebt haben. Die unscheinbare Uhr lässt Momente lebendig werden, die längst vergangen sind. Holt sie für kurze Zeit zurück in meine Gegenwart.
Der brasilianische Theologe Leonardo Boff hat solche Dinge mal Sakramente genannt. Dinge also, die Menschen heilig sind. Weil sie eine Brücke bauen zu etwas, das für ihr Leben wichtig war und ist. Von außen betrachtet vielleicht nur wertloses Zeug, so wie die Zigarettenkippen. Für Eingeweihte hingegen ein Schatz, den sie sorgsam hüten. Ich bin überzeugt: Die Welt dürfte voll sein von solchen Sakramenten des Alltags. Wahrscheinlich so vielen, wie es Menschen gibt.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=41175In Ostwestfalen gibt es eine ungewöhnliche Schafherde. Sie besteht aus rund zwei Dutzend Schafböcken, die alle eines gemeinsam haben: Sie sind schwul. Die Böcke interessieren sich also für ihre männlichen Artgenossen, nicht aber für die weiblichen Schafe einer Herde. In der Tierwelt ist sowas durchaus verbreitet und auch gar nicht mal so selten. Für professionelle Schafzüchter, die ja von ihrer Arbeit leben müssen, sind solche Tiere allerdings kaum zu gebrauchen. Sie kosten Geld, zeugen aber keinen Nachwuchs und landen darum in der Regel ziemlich schnell beim Schlachter.
Ein Schäfer aus dem Ort Löhne versucht da einen anderen Weg. Er hat schwulen Schafen eine Heimat auf seinem Hof gegeben und sie so vor dem Schlachthof bewahrt. Dort hält er sie nun als eigene Herde. Bei ihm dürfen sie solange leben, wie sie können und lieben, wen sie wollen. Und aus ihrer Wolle entsteht dann die „Rainbow Wool“, die Regenbogenwolle. Natürlich ist die Wolle dieser Schafböcke nicht bunt, sondern wollweiß wie bei den anderen Schafen. Sie heißt aber so, weil sie von dieser besonderen Herde kommt und an das Symbol der queeren Gemeinschaft erinnern soll: den Regenbogen. Mit dem Verkauf der Produkte, die aus dieser Wolle entstehen, werden dann übrigens Projekte für queere Menschen unterstützt. Menschen, die es als Minderheit in der Gesellschaft oft schwer haben. Und die auch in unseren Kirchen viel zu lange ausgegrenzt worden sind.
Insofern ist es eine tolle Geschichte, finde ich. Weil sie zeigt, dass bunte Vielfalt funktionieren kann, wenn man ihr mit Offenheit, Phantasie und Mut begegnet. Bei Schafen, aber natürlich auch unter uns Menschen. Und dass es „gute Hirten“ braucht, so, wie sie auch die Bibel beschreibt. Solche, die das Wohl aller im Blick haben. Egal, wer und wie sie sind und wen sie lieben.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=41174Was macht Ihnen Hoffnung? Ein paar meiner Kolleginnen und Kollegen im Bistum Mainz planen gerade ein Projekt für das Jahr 2025. Und deshalb möchten sie von anderen Menschen wissen, was denen so Hoffnung macht. Die Antworten wollen sie sammeln und dann veröffentlichen. Als Anregung für andere, die gerade vielleicht ein bisschen Zuversicht brauchen. Im Moment dürften das einige sein.
Das Tolle am Hoffen ist ja, dass man dafür gar nicht viel braucht. Schon die Ahnung, dass etwas auch ganz anders sein könnte, reicht. Ja, hoffen kann ich sogar dann, wenn etwas im Moment total unwahrscheinlich erscheint. Zum Beispiel, dass der furchtbare Krieg in der Ukraine noch dieses Jahr zu Ende geht. Oder dass wir gemeinsam doch die Kurve kriegen und den Klimawandel stoppen, bevor es zu spät ist. Allzu wahrscheinlich klingt das leider nicht. Aber immerhin, es ist nicht unmöglich und deshalb kann ich trotzdem darauf hoffen.
Leben ohne zu hoffen kann ich mir gar nicht vorstellen. Ich glaube, wir brauchen Hoffnung fast so dringend wie die Luft zum Atmen. Um nicht zu resignieren. Und deshalb ist jeder Lichtblick im Alltag, jeder kleine Hoffnungsfunke auch so wichtig. Für die Zuversicht, dass es am Ende doch gut werden kann, allem Schweren zum Trotz, und dass Gott diese Welt nicht aufgegeben hat.
Mir zum Beispiel macht jeder Hoffnung, der selbstlos etwas für Andere macht. Einfach so, ohne Aufhebens und ohne Gegenleistung. Aber auch der Brombeerstrauch in meinem Garten lässt mich hoffen, der sich trotz Hitze und Dürre im Sommer jedes Jahr wieder aufs Neue berappelt.
Ich glaube, es gibt eigentlich unendlich Vieles, was ein bisschen Hoffnung machen könnte. Fast jeden Tag. Wenn es mir nur gelingt, mit offenen Augen und Sinnen durch den Tag zu gehen.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=41173Ich gebe zu, so wahnsinnig kreativ klingt es für Sie wahrscheinlich nicht, wenn ich Ihnen sage, dass ich heute über „Licht“ sprechen werde – aber bleiben Sie und lassen Sie sich ein.
Licht in der Adventszeit, Adventskranz, dicke roten Kerzen, Straßenbeleuchtung, Weihnachtsbäume – eben Licht. Aber „Licht“ hat mehr zu bieten. „Es werde Licht“ - die erste Schöpfungshandlung Gottes in der Bibel. Ganz am Anfang schuf Gott das Licht.
Gerade in der dunklen Jahreszeit erleben wir, wie wertvoll „Licht“ ist. Früher waren die Menschen auf den Rhythmus des Lichts angewiesen, da waren zu dieser Jahreszeit die Nächte wirklich lang und dunkel und die Tage sehr kurz.
Wenn ich mich in diese Zeit zurückversetze, verstehe ich die Sehnsucht nach der Wintersonnenwende sehr gut, den Wunsch, dass es wieder anders wird, dass die Tage wieder länger und die Nächte wieder kürzer werden mögen.
Genau dieses Gefühl, der Wunsch, dass die Dunkelheit kürzer und die Helligkeit wieder länger dauert, hat Sarah mir beschrieben.
Sarah hat versucht, mir zu beschreiben, wie es ist, wenn die Depression sie umfängt. Wie es ist, wenn alles grau und dunkel ist. Sarah hat mir auch den Weg aus der Depression beschrieben. Und sie hat diesen Weg, wenn es gelingt, verglichen mit Advent, damit, dass es mit der Zeit dann doch wieder heller wird. Entgegen aller Erwartung.
Die Depression als Dunkelheit, in der zunächst nur ein kleines Licht aufleuchtet. Und wenn es gut läuft ein zweites und ein drittes und so weiter. Bis dann die Welt ganz langsam wieder heller und farbiger wird.
Seit diesem Gespräch mit Sarah, denke ich im Advent besonders an sie – und dadurch hat das Licht in der Adventszeit für mich eine neue, eine weitere starke Bedeutung bekommen.
Allen, die sich gefangen fühlen in der Dunkelheit, wünsche ich Licht, wünsche ich adventliche Momente. Licht lässt Farben erscheinen, die das Leben bereichern.
Sarah hat mir gezeigt: Füreinander Licht sein in dunkler und schwerer Zeit, wenn es unübersichtlich und depressiv zu sein scheint– das ist die zentrale Botschaft des Advents.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=41137Sicherlich erwarten Sie, dass ich heute über Nikolaus spreche. Entweder über den Bischof, oder den Gedenktag oder das erste „Süßigkeitenfest“ auf dem Weg zu Weihnachten. Und versprochen, ich werde dies irgendwie tun – auch wenn es sich zunächst nicht gleich so anhört.
Der Advent und erst recht der Nikolaustag wecken eine Sehnsucht in mir, eine Sehnsucht nach Wärme, Nähe und Licht. Danach, dass ich geborgen bin und dass alles irgendwie gut wird.
„Sehnsucht“, das ist ein seltsames Wort, trifft aber genau das was ich fühle. Ich sehne mich nach etwas und wenn es nicht erfüllt wird, dann löst das bei mir starkes Drängen nach Erfüllung, noch stärkere Sehnsucht aus.
Sehnsucht, das ist ein starkes Gefühl. Und es macht Sinn, dass in der Sehnsucht das Wort „Sucht" steckt: Sie ist nicht zu sättigen. Nähe, Liebe, Zuwendung, Aufmerksamkeit und auch der Wunsch nach einer heilen Welt scheinen fast unersättlich vorhanden.
Ich bin dann immer ganz froh, dass dieses Gefühl „Sehnsucht“ für mich im Advent seinen Platz gefunden hat. Das Kirchenjahr ist schon ziemlich genial den unterschiedlichsten Gefühlen, die wir Menschen haben können, Raum zu geben: Hoffnung, Dankbarkeit, Trauer und Liebe und vieles mehr findet seinen Platz im Kirchenjahr an Ostern, Erntedank, Ewigkeitssonntag, im Advent oder an Weihnachten.
Sehnsucht hat ihren Platz für mich im Advent und besonders am Nikolaustag. Der steht nämlich für mich für Wärme und Nächstenliebe. Und nicht nur, weil es Schokolade gibt – was ich natürlich auch nicht schlecht finde.
Der Nikolaustag ist für mich mehr als der gefüllte Teller oder die Süßigkeiten im Schuh. Er ist für mich DER Meilenstein im Advent auf dem Weg zu Weihnachten. Wenn der Nikolaustag da ist, ist für mich die traurige Zeit des Novembers endgültig vorbei. Mein Blick geht vom November Richtung Heilig Abend. Voller Vorfreude und Sehnsucht:
Von der Dunkelheit der Trauer hin zu Wärme und Licht und Liebe. Zu Weihnachten, der unglaublichen Geburt Gottes in einem ärmlichen Stall. Mein Blick geht zu dem Fest, das alles möglich erscheinen lässt, das Hoffnung gibt und Liebe schenkt.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=41136Der November ist vorbei, die Adventszeit hat begonnen, aber die Melancholie begleitet mich. Ok im November gehört das vielleicht auch noch ein bisschen dazu. Da sind all die Trauer- und Erinnerungstage, das Laub fällt und der Nebel hüllt die Welt ein.
Aber jetzt? Jetzt hat doch der Advent begonnen. Wohlfühlzeit. Zeit der Lichter. Es wird heller – auf dem Original Adventskranz von Johann Hinrich Wichern wäre heute die fünfte Kerze entzündet worden, für jeden Dezembertag gibt es eine.
Und trotzdem ist sie da – die Melancholie. Ich kenne sie gut, wie eine alte Freundin, schon lange begleitet sie mich, schenkt mir Gemeinschaft und widmet mir ihre Aufmerksamkeit.
Und eigentlich finde ich das nicht schlimm. Ich mag die Phasen des Rückblicks, des Nachspürens. Sie sind wertvoll und können so manches ins rechte Licht rücken – Aktuelles einordnen und relativieren.
Ja es ist klug, wie es in der Bibel heißt, zu bedenken, dass man sterblich ist.Und es ist gut, sich bewusst zu machen, dass auch andere sterben, zu trauern um die, die schon gegangen sind. Es ist klug, die Endlichkeit von allem zu bedenken und dadurch den Wert des Moments, des Augenblicks, der erlebten Gemeinschaft neu zu schätzen.
So manche Treffen mit Familie und Freunden, im Verein oder der Kirche werden für mich wertvoller, wenn ich mir vorstelle, es gäbe sie nicht mehr. Dann wird so manches, was mir zuerst wie ein belangloses Dahinplätschern erscheint, für mich zu einem Moment der Nähe, gefüllt mit Dankbarkeit.
Ja, ich mag meine Melancholie - auch wenn ich sie manchmal gerne schneller abstreifen und loswerden würde - wenn ich mir manchmal wieder etwas mehr Leichtigkeit wünschen würde.
Sie erinnert mich doch immer wieder daran, mal nachzudenken und zu überlegen, ob ich auf dem richtigen Weg bin. Die mir wichtigen Ziele verfolge, genug Gemeinschaft lebe und auch mal das Leben einfach nur genieße?
Wenn Sie sich jetzt fragen, warum redet er heute über Melancholie – es ist Advent, das Leben ist schön und ich bin dankbar dafür – dann freue ich mich für Sie!
Wenn es Ihnen aber manchmal ähnlich geht wie mir – umarmen sie in Gedanken Ihre Melancholie – machen Sie sich bewusst, was Ihnen wirklich wichtig ist. Und freuen Sie sich mit mir auf den Nikolaustag!
https://www.kirche-im-swr.de/?m=41135Im vergangenen Jahr standen zwei gute Freudinnen am 4. Dezember vor meiner Haustür. Die eine hatte einen Korb mit Kuchen und Plätzchen und einer Kerze dabei. Die andere hielt ein paar kahle Kirschbaumzweige im Arm.
Ich habe mich selten so über die kahlen Zweige gefreut wie im vergangenen Jahr. Es war für mich eine kahle Zeit. Mir lagen einige Themen schwer auf der Seele und manchmal ist es mir in dieser Zeit schwergefallen, die Hoffnung nicht zu verlieren. Und jetzt stand die Hoffnung mit meinen Freundinnen gewissermaßen vor der Tür.
Heute ist wieder der 4. Dezember. Es ist Barbaratag. Und jedes Jahr denke ich an diesem Tag an die Geschichte der Heiligen Barbara: Der Legende nach lebte sie im 3. Jahrhundert in der heutigen Türkei. Ihr Vater war sehr wohlhabend und ihm lag die Bildung seiner Tochter sehr am Herzen. Dadurch kam Barbara auch mit dem Christentum in Kontakt und sie ließ sich taufen. Das gefiel ihrem Vater gar nicht und außerdem wollte er sie verheiraten. Aber Barbara wollte nicht heiraten, sondern weiter lernen und sich noch mehr in ihren Glauben vertiefen. Darüber war ihr Vater so zornig, dass er sie in einen Turm einsperrte. Auf dem Weg in den Turm verfing sich ein kahler Zweig eines Kirschbaumes in ihrem Gewand. Im Turm stellte Barbara den Zweig in eine Vase. Trotz der Todesdrohungen ihres Vaters blieb sie bei ihrem Glauben und weigerte sich weiterhin zu heiraten. Am Tag ihrer Hinrichtung erblühte der kahle Kirschzweig in voller Pracht.
Seitdem schneiden am 4. Dezember viele Menschen Zweige von den kahlen Obstbäumen und stellen sie in eine Vase, damit sie an Weihnachten blühen. Sie erinnern nicht nur an die wirklich traurig-grausame Geschichte der heiligen Barbara. Sie erinnern vor allem daran, dass der Glaube uns in kahlen und bedrohten Zeiten des Lebens Kraft schenken kann. Und schon heute kündigen uns die kahlen Zweige die Geburt Jesu an und sein Versprechen, dass uns das Leben blüht durch alle kahlen Zeiten hindurch.
Im vergangenen Jahr hatte mein Zweig nur zwei kleine, ganz zarte Blüten zu Weihnachten aber gerade diese winzigen, zaghaften Blüten haben mich an Gottes Versprechen erinnert und meine Hoffnung blühen lassen
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