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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

16MRZ2023
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„Meine Kinder machen mich glücklich! Sie geben mir so viel zurück. Mehr brauche ich gar nicht.“ Immer wieder höre ich das Eltern sagen, so oder so ähnlich. Ich spüre dann ganz viel Freude in ihren Erzählungen. Und klar, als Vater kann ich das nachvollziehen, wie man so empfinden kann. Ich selbst kenne auch Momente, in denen ich das Gefühl habe: Die drei kleinen Wunderwerke unter unserem Dach – allein für die schon ergibt mein Leben Sinn, jede Anstrengung lohnt sich dafür.

Und zugleich denke ich: Es darf nicht von vornherein die Aufgabe von Kindern sein, ihre Eltern glücklich zu machen. Sie sollen in ihr eigenes Leben hineinfinden, ihren Weg in Freiheit gehen. Das geht aber nicht, wenn sie gleichzeitig Erwartungen ihrer Eltern erfüllen sollen. Auch wenn sich das nur unbewusst abspielt. Kinder spüren das ja trotzdem, haben eine feine Antenne dafür.

Besonders schwierig wird es, wenn Kinder persönliche Krisen ihrer Eltern ausgleichen sollen. Sie sozusagen aufmuntern müssen, weil doch sonst vieles so schwer ist im Leben. Dieser Auftrag überfordert Kinder in jedem Fall. Daran können sie schwer leiden, auch später noch als Erwachsene.

„Kinder sind eine Gabe des Herrn“, heißt es mal in der Bibel [Psalm 127,3]. Für mich heißt das: Kinder anvertraut zu bekommen, das ist ein Geschenk Gottes. Und ein Geschenk kann ich niemals einfordern oder als selbstverständlich voraussetzen. Es kommt sozusagen als Extra noch obendrauf, aus purer Liebe. Und daran kann und soll ich mich freuen.

Für mein Lebensglück jedoch sind meine Kinder nicht verantwortlich. Und auch kein anderer noch so wichtiger Mensch. Dazu muss ich schon selbst finden, anstatt andere mit meinen Vorstellungen und Erwartungen zu überfordern.

Dieser Weg ist vielleicht länger und schwieriger. Aber wenn er mir gelingt, bin ich ja auch selbst viel freier. Dann habe ich ein festes Fundament – und kann um so fröhlicher mit anderen das Leben teilen. Zum Beispiel mit meinen Kindern.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

15MRZ2023
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Nochmal was ganz Neues kennenlernen, das kann sehr erfüllend sein. Auch oder gerade wenn man nochmal ganz von vorne anfängt.
Vor ein paar Monaten habe ich angefangen, einmal die Woche Briefe und Pakete zuzustellen. Als kleine berufliche Nebentätigkeit. Postbote sein – das war schon immer ein kleiner Traum von mir. Jetzt hatte ich die Gelegenheit, ihn mir zu erfüllen.

Was mir daran so gefallen hat? Zum einen die Aufgaben an sich. Den Überblick behalten, an der frischen Luft unterwegs sein, mit Menschen in Kontakt kommen – das macht mir Spaß und liegt mir auch. Aber – da war noch etwas: Ich habe jetzt etwas ganz anderes gemacht als sonst, etwas vollkommen Neues. Als Pfarrer kann ich auf mein Studium zurückgreifen, auf meine Berufserfahrung, auf so manche Routine. Das alles hatte jetzt kaum noch Bedeutung. Mit einem Mal war ich wieder blutiger Anfänger. So viele Dinge waren neu zu lernen, so viele ungewohnte Handgriffe einzuüben. Natürlich habe ich viel zu lange gebraucht zu Beginn, war mit Abstand als Letzter zurück von meiner Runde im Bezirk. Aber – genau das habe ich genossen. Nämlich nochmal bei Null beginnen zu dürfen und was ganz Neues mitzubekommen. Nicht schon immer alles wissen zu müssen. Auch zu erleben, wie gekonnt meine routinierten Kollegen ihre Arbeit machen. Sie haben meinen großen Respekt.

Gleichzeitig bin ich ganz toll aufgenommen worden in die Runde. Viele haben sich gefreut über meine Mithilfe, mich ermutigt, mir praktische Tipps gegeben. So bin ich mit der Zeit tatsächlich hineingewachsen in die neue Aufgabe, immer sicherer und schneller geworden.

Und auch als Christ habe ich dabei etwas dazugelernt. Denn die Bibel ist randvoll mit Geschichten von Menschen, die Neuland betreten. Manche haben gleich ihr ganzes Leben auf den Kopf gestellt, haben alle Zelte abgebrochen, komplett nochmal von vorne angefangen. Und genau wie sie habe jetzt auch ich als Postbote die Erfahrung gemacht: Gott geht mit. Auch die ungewohnten Wege begleitet er – und Neues entsteht.

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

15MRZ2023
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Nochmal was ganz Neues kennenlernen, das kann sehr erfüllend sein. Auch oder gerade wenn man nochmal ganz von vorne anfängt.
Vor ein paar Monaten habe ich angefangen, einmal die Woche Briefe und Pakete zuzustellen. Als kleine berufliche Nebentätigkeit. Postbote sein – das war schon immer ein kleiner Traum von mir. Jetzt hatte ich die Gelegenheit, ihn mir zu erfüllen.

Was mir daran so gefallen hat? Zum einen die Aufgaben an sich. Den Überblick behalten, an der frischen Luft unterwegs sein, mit Menschen in Kontakt kommen – das macht mir Spaß und liegt mir auch. Aber – da war noch etwas: Ich habe jetzt etwas ganz anderes gemacht als sonst, etwas vollkommen Neues. Als Pfarrer kann ich auf mein Studium zurückgreifen, auf meine Berufserfahrung, auf so manche Routine. Das alles hatte jetzt kaum noch Bedeutung. Mit einem Mal war ich wieder blutiger Anfänger. So viele Dinge waren neu zu lernen, so viele ungewohnte Handgriffe einzuüben. Natürlich habe ich viel zu lange gebraucht zu Beginn, war mit Abstand als Letzter zurück von meiner Runde im Bezirk. Aber – genau das habe ich genossen. Nämlich nochmal bei Null beginnen zu dürfen und was ganz Neues mitzubekommen. Nicht schon immer alles wissen zu müssen. Auch zu erleben, wie gekonnt meine routinierten Kollegen ihre Arbeit machen. Sie haben meinen großen Respekt.

Gleichzeitig bin ich ganz toll aufgenommen worden in die Runde. Viele haben sich gefreut über meine Mithilfe, mich ermutigt, mir praktische Tipps gegeben. So bin ich mit der Zeit tatsächlich hineingewachsen in die neue Aufgabe, immer sicherer und schneller geworden.

Und auch als Christ habe ich dabei etwas dazugelernt. Denn die Bibel ist randvoll mit Geschichten von Menschen, die Neuland betreten. Manche haben gleich ihr ganzes Leben auf den Kopf gestellt, haben alle Zelte abgebrochen, komplett nochmal von vorne angefangen. Und genau wie sie habe jetzt auch ich als Postbote die Erfahrung gemacht: Gott geht mit. Auch die ungewohnten Wege begleitet er – und Neues entsteht.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

14MRZ2023
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„Warum ist Jesus eigentlich am Kreuz gestorben? Warum ist das so wichtig für den christlichen Glauben?“ Viele Menschen fragen sich das – und manchmal haben sie auch den Mut, die Frage offen zu stellen. Als Pfarrer weiß ich natürlich, was dazu im Katechismus steht: Jesus hat für uns gelitten. Das ist die richtige Antwort, wie sie in den Glaubenssätzen und Bekenntnissen der Kirche zu finden ist. Aber – hilft diese Antwort allein wirklich weiter? Wohl eher nicht. Denn sie ist vielleicht richtig, – aber nicht greifbar. „Jesus hat für uns gelitten“ – was genau heißt das denn, für mich und für andere Menschen? Was verändert sich dadurch? Wie kann man es spüren – im Alltag oder im Krankenhaus oder in Kiew in einem Luftschutzbunker? Erst mit solchen Nachfragen wird Glaube lebendig – und dann vielleicht auch bedeutsam für das eigene Leben. Weil sich durch Fragen Räume öffnen, in denen ganz verschiedene Menschen mit ihren Geschichten Platz finden oder miteinander ins Gespräch kommen.

„Das Wichtigste ist, dass man nicht aufhört, zu fragen.“ Albert Einstein soll das gesagt haben. Heute, am 14. März, ist sein Geburtstag. Und in Erinnerung an ihn und seine Lebenseinstellung wird jährlich am selben Datum auch der „Internationale Stell’-eine-Frage-Tag“ begangen.

„Das Wichtigste ist, dass man nicht aufhört zu fragen.“ Ich finde es bemerkenswert, dass ausgerechnet Albert Einstein das so gesehen hat. Denn er ist ja in erster Linie für seine vielen guten Antworten berühmt geworden. Aber – dorthin hat ihn eben erst seine Neugier gebracht. Sein Mut, sich mit den aktuellen Gegebenheiten nicht zufriedenzugeben. Und die unbändige Lust, immer wieder neue Fragen zu stellen.

Fragen stellen. Und nicht einfach nur fertige Antworten herunterbeten. Auch als Pfarrer versuche ich das mehr und mehr. Und ich wünsche es mir auch insgesamt für meine christliche Kirche. Da gibt es so viele Antworten, Glaubenssätze, Bekenntnisse. Und die sind gut und wichtig. Aber – für sich allein, losgelöst vom Leben, bleiben sie meistens nur bloße Richtigkeiten, hohle Floskeln. Greifbar wird Glaube durch die Fragen.

Welche Frage stellen Sie heute? Der 14. März ist ein guter Tag dafür.

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

14MRZ2023
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„Warum ist Jesus eigentlich am Kreuz gestorben? Warum ist das so wichtig für den christlichen Glauben?“ Viele Menschen fragen sich das – und manchmal haben sie auch den Mut, die Frage offen zu stellen. Als Pfarrer weiß ich natürlich, was dazu im Katechismus steht: Jesus hat für uns gelitten. Das ist die richtige Antwort, wie sie in den Glaubenssätzen und Bekenntnissen der Kirche zu finden ist. Aber – hilft diese Antwort allein wirklich weiter? Wohl eher nicht. Denn sie ist vielleicht richtig, – aber nicht greifbar. „Jesus hat für uns gelitten“ – was genau heißt das denn, für mich und für andere Menschen? Was verändert sich dadurch? Wie kann man es spüren – im Alltag oder im Krankenhaus oder in Kiew in einem Luftschutzbunker? Erst mit solchen Nachfragen wird Glaube lebendig – und dann vielleicht auch bedeutsam für das eigene Leben. Weil sich durch Fragen Räume öffnen, in denen ganz verschiedene Menschen mit ihren Geschichten Platz finden oder miteinander ins Gespräch kommen.

„Das Wichtigste ist, dass man nicht aufhört, zu fragen.“ Albert Einstein soll das gesagt haben. Heute, am 14. März, ist sein Geburtstag. Und in Erinnerung an ihn und seine Lebenseinstellung wird jährlich am selben Datum auch der „Internationale Stell’-eine-Frage-Tag“ begangen.

„Das Wichtigste ist, dass man nicht aufhört zu fragen.“ Ich finde es bemerkenswert, dass ausgerechnet Albert Einstein das so gesehen hat. Denn er ist ja in erster Linie für seine vielen guten Antworten berühmt geworden. Aber – dorthin hat ihn eben erst seine Neugier gebracht. Sein Mut, sich mit den aktuellen Gegebenheiten nicht zufriedenzugeben. Und die unbändige Lust, immer wieder neue Fragen zu stellen.

Fragen stellen. Und nicht einfach nur fertige Antworten herunterbeten. Auch als Pfarrer versuche ich das mehr und mehr. Und ich wünsche es mir auch insgesamt für meine christliche Kirche. Da gibt es so viele Antworten, Glaubenssätze, Bekenntnisse. Und die sind gut und wichtig. Aber – für sich allein, losgelöst vom Leben, bleiben sie meistens nur bloße Richtigkeiten, hohle Floskeln. Greifbar wird Glaube durch die Fragen.

Welche Frage stellen Sie heute? Der 14. März ist ein guter Tag dafür.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

13MRZ2023
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„Ich habe beschlossen: Ich rege mich nur noch über Dinge auf, die ich ändern kann.“ Eine Kollegin hat mir das gesagt. Ich finde diese Einstellung gut: Was ich eh nicht ändern kann, etwas gelassener nehmen. Und mich nicht vom Ärger gefangen nehmen lassen.

Im Lauf einer Woche passieren ja ziemlich viele Dinge, auf die ich tatsächlich keinen Einfluss habe. Der verspätete Bus kommt gerade an, als die S-Bahn schon losfährt. Die neue SIM-Karte im Smartphone wird stundenlang nicht freigeschaltet. Ein Kind wird krank, und ich muss schon wieder einen Termin verschieben. Klar ist das ärgerlich. Und für den Moment tut es auch mal gut, Frust darüber abzulassen. An der eigentlichen Sache ändert das aber nichts. Und deshalb sollte ich mich nicht vom Ärger gefangen nehmen lassen. Sonst gerate ich am Ende in eine Art Opferrolle. Wenn ich in dem Gedanken stecken bleibe, dann prägt mich das. Oft ganz nebenbei, ohne dass mir das klar wird.

Meine Kollegin macht es mit ihrem Entschluss ganz anders. Gleich dreimal sagt sie klar und entschieden „Ich“. „Ich habe beschlossen“. „Ich rege mich … auf“ – oder eben nicht. „… ich [kann] ändern“. Damit macht sie schon durch ihre Worte deutlich: Ich nehme die Dinge in die Hand. Ich entscheide, was ich aus der Situation mache. Ich bin handlungsfähig.

Und das ist das Zweite, was mir an der Einstellung der Kollegin so gut gefällt: Sie spart sich ihre Kraft für die Dinge, die sie ändern kann. Das Gespräch damals hat zu Corona-Zeiten in der Schule stattgefunden. An der Pandemie konnte meine Kollegin nichts ändern. Aber was sie ändern konnte, das war die Situation mancher ihrer Schüler. Für die hat sie sich eingesetzt, um guten Fernunterricht zu machen.

Auch am Krieg in der Ukraine oder an der Energiekrise kann ich als einzelner Mensch nichts ändern. Aber kleine Schritte bleiben eben trotzdem möglich. Und es macht einen Unterschied, zu spüren: Ich kann etwas anders machen.

Das Gefühl der Hilflosigkeit ablegen und handlungsfähig bleiben. In der Bibel wird das mal so formuliert: „Was immer deine Hand zu tun bekommt, das tu mit deiner ganzen Kraft!“ [Prediger 9,10a; BasisBibel]

Worüber haben Sie sich heute schon aufgeregt? Und – was davon können Sie ändern?

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

13MRZ2023
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„Ich habe beschlossen: Ich rege mich nur noch über Dinge auf, die ich ändern kann.“ Eine Kollegin hat mir das gesagt. Ich finde diese Einstellung gut: Was ich eh nicht ändern kann, etwas gelassener nehmen. Und mich nicht vom Ärger gefangen nehmen lassen.

Im Lauf einer Woche passieren ja ziemlich viele Dinge, auf die ich tatsächlich keinen Einfluss habe. Der verspätete Bus kommt gerade an, als die S-Bahn schon losfährt. Die neue SIM-Karte im Smartphone wird stundenlang nicht freigeschaltet. Ein Kind wird krank, und ich muss schon wieder einen Termin verschieben. Klar ist das ärgerlich. Und für den Moment tut es auch mal gut, Frust darüber abzulassen. An der eigentlichen Sache ändert das aber nichts. Und deshalb sollte ich mich nicht vom Ärger gefangen nehmen lassen. Sonst gerate ich am Ende in eine Art Opferrolle. Wenn ich in dem Gedanken stecken bleibe, dann prägt mich das. Oft ganz nebenbei, ohne dass mir das klar wird.

Meine Kollegin macht es mit ihrem Entschluss ganz anders. Gleich dreimal sagt sie klar und entschieden „Ich“. „Ich habe beschlossen“. „Ich rege mich … auf“ – oder eben nicht. „… ich [kann] ändern“. Damit macht sie schon durch ihre Worte deutlich: Ich nehme die Dinge in die Hand. Ich entscheide, was ich aus der Situation mache. Ich bin handlungsfähig.

Und das ist das Zweite, was mir an der Einstellung der Kollegin so gut gefällt: Sie spart sich ihre Kraft für die Dinge, die sie ändern kann. Das Gespräch damals hat zu Corona-Zeiten in der Schule stattgefunden. An der Pandemie konnte meine Kollegin nichts ändern. Aber was sie ändern konnte, das war die Situation mancher ihrer Schüler. Für die hat sie sich eingesetzt, um guten Fernunterricht zu machen.

Auch am Krieg in der Ukraine oder an der Energiekrise kann ich als einzelner Mensch nichts ändern. Aber kleine Schritte bleiben eben trotzdem möglich. Und es macht einen Unterschied, zu spüren: Ich kann etwas anders machen.

Das Gefühl der Hilflosigkeit ablegen und handlungsfähig bleiben. In der Bibel wird das mal so formuliert: „Was immer deine Hand zu tun bekommt, das tu mit deiner ganzen Kraft!“ [Prediger 9,10a; BasisBibel]

Worüber haben Sie sich heute schon aufgeregt? Und – was davon können Sie ändern?

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Anstöße sonn- und feiertags

12MRZ2023
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Loslassen kann sehr schwer sein. Einen geliebten Menschen nicht mehr um sich haben, eine langjährige Aufgabe abgeben, einen prägenden Lebensabschnitt beenden – das geht eben nicht mal so nebenbei. Und kostet ganz viel Kraft. Weil man plötzlich auf ganz neue Weise weiterlebt, da erst mal Orientierung finden muss.

… und – weil da plötzlich eine Lücke ist. Mit der muss man irgendwie umgehen. Das, was war, ist ja nicht plötzlich ausgelöscht, als wäre es nie dagewesen. Der Mensch, den ich vermisse, ist mir weiter im Bewusstsein. Die frühere Tätigkeit bleibt ein bedeutsamer Teil meiner Lebensgeschichte. Und die vergangene Zeit hat mich entscheidend geprägt. Ganz komplett loslassen kann und will ich deshalb gar nicht. Aber was denn dann?

„Vielleicht musst du auch gar nicht los-lassen“, hat neulich jemand zu mir gemeint. „Sondern über-lassen. Also – einen Ort finden, an dem alles Geschehene gut aufgehoben ist. Einen Ort, wo alles sein und bleiben darf.“

Das hat mir spontan eingeleuchtet. Etwas über-lassen, an einem neuen Ort wissen – das klingt schon viel machbarer. Weil das Vergangene dann nicht einfach abbricht, sondern immer noch da ist, Bedeutung behält und weiter wirkt.

Und ich glaube – für mich als Christ ist Gott dieser Ort. Gott kann ich anvertrauen, was war. Mit einem Gebet zum Beispiel, einmal und immer wieder. Da hat dann meine Dankbarkeit genauso Platz wie mein Schmerz und meine Bitte für die Zukunft. Es sind ja ganz verschiedene Gefühle, manchmal alle auf einmal und durcheinander.

Was ich Gott überlasse, liegt dann in seiner Hand. Er übernimmt die Verantwortung, kümmert sich darum. Und ich habe die Hände frei für das, was jetzt vor mir liegt.

Ab und zu, in manchen Momenten, kann ich das Vergangene aber auch anschauen. Mich zurückerinnern. Daraus Kraft schöpfen. Freude spüren. Dann kann die Lücke mit der Zeit zu einem kostbaren Geschenk werden – so hat es Dietrich Bonhoeffer mal gesagt [vgl. „Widerstand und Ergebung“, DBW 8, 255f.].

Und – vielleicht bin ich ja eines Tages ganz überrascht, wie Gott das Vergangene noch weitergehen lässt.

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

10DEZ2022
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Muss ich mit allen Menschen auskommen? Jedem Kontakt noch etwas abgewinnen? Früher war das meine innere Einstellung, glaube ich. Vielleicht gerade als Christ – oder auch als Pfarrer. Ja, vielleicht ist mir jemand unsympathisch. Oder es ist schwierig zwischen uns. Aber zumindest in die Augen sehen können muss man sich doch noch! Die persönliche Verbindung beibehalten. So habe ich gedacht – und zu leben versucht.

So manche Bibelstelle habe ich dabei auf meiner Seite gewusst. Diese Verse hier aus einem Brief an eine christliche Gemeinde zum Beispiel: „Liebt einander von Herzen als Brüder und Schwestern.“ – „Seid alle miteinander auf Einigkeit aus.“ – „Habt anderen Menschen gegenüber nur Gutes im Sinn.“ [Römer 12,10a.16a.17b; BasisBibel] Das klingt eindeutig – und ja auch irgendwie erstrebenswert, so eine Haltung. Aber ich bin immer wieder an Grenzen gestoßen damit. Und manchmal hatte ich das Gefühl, in einer Sackgasse zu stecken, einfach nicht weiterzukommen. Weil zum Beispiel keine klare Kommunikation möglich war. Oder sich ständig persönliche Empfindlichkeiten in den Vordergrund geschoben haben. Wenn mir jemand so gar nicht grün ist, wird jede Begegnung eine Last. Wahrscheinlich für alle Beteiligten.

Heute ist mir wichtig, dass der genannte Abschnitt aus der Bibel noch weitergeht. Nämlich so: „Lebt mit allen Menschen in Frieden – soweit das möglich ist und es an euch liegt.“ [Römer 12,18; BasisBibel] Da gibt’s also doch noch eine Einschränkung. Es hängt zum Glück nicht nur an mir. Weil zum Frieden immer zwei gehören …

Das hat auch der Apostel Paulus gewusst, der diesen Brief geschrieben hat. Auch er hat in seinem Leben die Erfahrung gemacht: Manchmal geht es miteinander einfach nicht mehr weiter. Und dann muss man sich abgrenzen, vielleicht auch ganz radikal. Weil ich spüre: Dieser Mensch tut mir nicht gut! Und ich kann meine Kräfte viel sinnvoller einsetzen.

Wenn ich einem Menschen deshalb aus dem Weg gehe, mache ich ihn damit nicht schlecht. Und ich schreibe ihn auch nicht komplett ab. Vielleicht harmoniert er ja mit anderen besser als mit mir. Aber das ist nicht mehr meine Sache. Auch davon schreibt Paulus noch in seinem Brief in der Bibel: Das endgültige Urteil über andere Menschen sollen wir Gott überlassen. [Vgl. Römer 12,19] Und wer weiß? Vielleicht begegnet man sich ja irgendwann nochmal wieder – und findet doch einen Draht zueinander.

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

09DEZ2022
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Was wir als Kinder erleben, prägt uns ein Leben lang. Schon die ersten Wochen und Monate passiert da ganz viel. Das weiß ich schon länger – und immer wieder hilft es mir, mich besser zu verstehen. Auch im Umgang mit unseren Kindern wird mir oft nochmal mehr bewusst, wenn ich mir überlege, was sie als Säugling so wahrgenommen haben. So manche Angst zum Beispiel wird dann ein Stück weit erklärbar – und dann kann ich besser damit umgehen oder auch etwas ändern.

Was ich erst jetzt so richtig erfahren und mir klargemacht habe: Bereits die Zeit vor der Geburt, also im Mutterleib, hat Bedeutung für die eigene Persönlichkeit. Denn alles, was meine Mutter in ihrer Schwangerschaft erlebt und gefühlt hat, habe ich ja hautnah mitbekommen. Unbewusst zwar, aber dadurch nicht weniger stark. Und es ist genauso Teil meiner Lebensgeschichte, wie alles andere, was ich im Lauf meines Lebens mit auf den Weg bekomme.

Ich finde das faszinierend. Was für ein Wunderwerk sind wir – dass unser Körper schon den allerersten Erfahrungen dauerhaft in sich Platz gibt! Wir sind eben von Anfang an schon mehr als ein Zellhaufen oder eine komplexe Maschine. In jeder Lebensgeschichte gibt es unfassbar viel zu entdecken.

Und genauso macht es mich unsicher. Schon die Erfahrungen während meiner Kindheit kann ich ja gar nicht ganz überblicken. Mit der Zeit im Mutterleib ist es erst recht so. Ja, ich kann mit meinen Eltern sprechen, mir von damals erzählen lassen. Aber ich habe keinen unmittelbaren Zugang, weiß nie vollkommen Bescheid. Das gilt auch für die schweren Erfahrungen. Und trotzdem trage ich die mit mir herum! Und unsere Kinder ganz genauso.

Was mir als Christ hilft: Ich glaube, dass ich schon vor meiner Geburt mit Gott in Verbindung war. „[D]u hast meine Nieren geschaffen, mich im Bauch meiner Mutter gebildet“ [Psalm 139,13; BasisBibel], heißt es in einem Gebet in der Bibel. Und: „Ich hatte noch keine Gestalt gewonnen, da sahen deine Augen schon mein Wesen.“ [Psalm 139,16a; BasisBibel]. Auch das gehört von Anfang an zu meiner Lebensgeschichte. Bei allem Schweren, das da vielleicht gewesen sein mag, – Gott hat mich begleitet, mir beigestanden. Das macht es mir leichter. Das hilft mir, meine bisherige Lebensgeschichte offen anzuschauen. Und ich vertraue darauf, dass ich auch bei allen weiteren Erlebnissen und Erfahrungen begleitet bin.

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