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SWR4 Abendgedanken

„Zum Glück muss ich nicht alles, was jemals falsch lief, wiedergutmachen, jede Suppe auslöffeln, die ich mir selbst eingebrockt habe. Zum Glück muss ich nicht in jedem Regen stehen bleiben, bis mir tropfnass und zitternd vor Angst jedes Lachen vergeht.

Zum Glück muss ich nicht immer nur versprechen, dass ich morgen alles viel besser machen will und ganz bestimmt die alten Fehler vermeiden und nicht wiederholen werde.“

Hermann Traub hat diese Verse geschrieben. Ich bin ihm sehr dankbar dafür. Jede Suppe auslöffeln, die ich mir selbst eingebrockt habe? Wenn ich das müsste, wäre mir schon lange schlecht. Oder im Regen stehen bleiben, bis ich tropfnass bin? Nein Danke, da wäre ich längst krank. Und wie oft habe ich schon versprochen, dass ich mich bessern will oder die alten Fehler bestimmt nicht wiederholen werde – und habe es doch nicht gehalten.

Aber ist es denn egal, wie ich bin und was ich tue? Die Fehler, die ich mache? Die Sorgen, die mir das Herz schwer machen? Nein. Darum hat Hermann Traub noch einen Vers angefügt:

„Zum Glück gibt es einen, der vergibt. Zum Glück gibt es einen der beschützt. Zum Glück gibt es einen, der vertraut. Zum Glück gibt es Jesus.“

Zum Glück gibt es einen, der mir vergibt auch wenn die andere das nicht tun. Dann kann ich wieder neu anfangen und versuchen, es besser zu machen: Ohne die Last der Vergangenheit. Und weil ich weiß, dass Gott mir vergeben hat, kann ich auch mit anderen barmherziger umgehen. Weil ich weiß, dass ich viele Fehler habe und immer wieder mache, sehe ich auch die Fehler der anderen mit barmherzigen Augen. Meine vielen Gedanken und Sorgen – ich kann sie loslassen, weil ich weiß das da einer ist, der mich beschützt, der mir neues Vertrauen schenkt. Das tut gut, oder wie Herrmann Traub es sagt: „Zum Glück gibt es einen, der vertraut. Zum Glück gibt es Jesus.“

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SWR4 Abendgedanken

„Ach wissen Sie, junger Mann, Probleme sind immer nur so groß, wie man sie macht“. Ich muss die alte Dame mir gegenüber angrinsen. „Ich habe in meinem Leben so viele Probleme gehabt“, erzählt sie weiter, „unser Haus ist abgebrannt, mitten in der Nacht und ich konnte meine Kinder nur noch im Schlafanzug retten, stand ohne alles da. Damals dachte ich, es kann nicht mehr schlimmer kommen. Bis dann mein Mann mit Ende fünfzig einen Schlaganfall bekam und ich ihn pflegen musste.“

„Dann haben sie wirklich viel Schweres in ihrem Leben erlebt“, sage ich, „wie haben sie das durchgestanden? Hat ihnen jemanden dabei geholfen?“ „Meine Schwester. Trotzdem muss man seinen Weg alleine gehen.“

Ein Moment schweigt sie. „Wollen Sie wissen, was mir wirklich geholfen hat?“, fragt sie, nimmt mich mit in ihre alte Küche und zeigt mir ein altes Kalenderblatt, dass an der Schrankwand klebt. „Immer, wenn ich das Gefühl hatte, es geht nicht mehr weiter, habe ich hier auf der Bank gesessen. Dann fiel dann mein Blick auf diesen Zettel: „Erzähle Gott nicht, dass du große Probleme hast, sondern sage deinen Problemen, dass du einen großen Gott hast.“

„Wissen Sie“, erzählt sie, „wir denken immer, dass unsere Probleme viel zu groß für uns sind. Und das sind sie wirklich oft. Aber Gott ist größer. Ich habe dann meine Hände gefaltet und sie alle Gott übergeben.“

„Sie haben ihre Probleme Gott übergeben?“ will ich wissen. Und dann erzählt sie, wie sie manchmal ganze Nächste auf der Bank saß, bis sie dann gesagt hat: „So lieber Gott, jetzt kennst du meine ganze Not. Aber du bist größer als meine Not. Nimm meine Probleme in deine Hand. Hilf mir. Zeig mir einen Weg, den ich gehen kann“.

Als ich mich spät am Nachmittag von der alten Dame verabschiede, sieht sie nicht verbittert aus, eher gelassen und irgendwie getragen.

Diese Begegnung liegt schon lange zurück. Aber ich immer noch diese dunkle Küche mit der Eckbank vor mir und den Schrank mit dem vergilbten Zettel: „Erzähle Gott nicht, dass du große Probleme hast, sondern sage deinen Problemen, dass du einen großen Gott hast.“

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SWR4 Abendgedanken

„Hat noch jemand eine Frage?“ Nach so einer Frage herrscht meistens Schweigen. Keiner will dumm dastehen. Es ist wie in der Schule: Der Lehrer hat gerade etwas Kompliziertes erklärt und fragt: “Habt noch jemand eine Frage?” Natürlich traut sich niemand, bis Peter die Hand habt: „Ich habe es nicht verstanden...“ Der Lehrer atmet tief durch und erklärt es nochmals und jetzt verstehen es auch die anderen. Jetzt müssten eigentlich alle Peter dankbar sein für seine Frage. Aber auf keinen Fall! Der wird eher gehänselt, weil er ja immer so dumme Fragen stellt.

Auch in der Bibel gibt es einen solchen dummen Peter, nur heißt er dort “der ungläubige Thomas”. Auch Thomas traut sich, was die anderen sich nicht trauen. Als Jesus Abschied von seinen Freunden nehmen muss, kurz bevor er festgenommen wird, sagt Jesus: “Ihr wisst ja, wo ich hingehe”. Damit meint er nicht nur das Gefängnis, sondern auch seinen Tod.

Alle schweigen. Sie wollen nicht verstehen, was er meint. Nur Thomas – der später der „ungläubiger Thomas“ genannt wird, spricht aus, was allen auf dem Herzen liegt: „Wir wissen nicht, wo du hingehst…“

Und jetzt passiert das gleiche wie in der Schule: Weil Thomas sich getraut hat, nachzufragen, erklärt es Jesus nochmals, mit Worten, die tief beeindrucken: „Ich bin der Weg die Wahrheit und das Leben“. Damit wirbt er darum, dass wir uns mit ihm auf den Weg machen. Er kennt den Weg – oder besser: er ist der Weg. Ich muss mir keine Sorgen machen was Morgen sein wird. Ich muss keine schlaflosen Nächte haben, weil meine Probleme zu groß sind, denn meine Probleme sind nicht mein Leben.

„Danke, Thomas“, möchte ich sagen, „danke, dass du dich getraut, auch meine Frage zu stellen.“ Auch wenn ich oft so sicher tue – ich bin es ja gar nicht. Auch wenn ich den Eindruck vermittele, dass ich den Weg kenne – ich kenne ihn oft nicht.

Thomas hatte den Mut, das offen auszusprechen – und Jesus ist ihm nicht böse oder lacht ihn aus. Das tut gut. Das macht mir Mut, mehr Ehrlichkeit und Offenheit zu wagen – dazu lädt Jesus uns ein, wenn er sagt: „Ich bin der Weg die Wahrheit und das Leben“.

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SWR4 Abendgedanken

"Feiere dein Leben. Feiere nicht nur deinen Geburtstag!“, stand auf der Karte für einen runden Geburtstags am Samstag. „Feiere dein Leben. Feiere nicht nur deinen Geburtstag! Feiere, wenn du über eine Brücke gegangen bist, dem Strom entronnen! Feiere mit denen, die bei dir bleiben! Feiere Gott, der dich nicht allein lässt! Feiere dein Leben. Es gibt nur dieses eine.“

Mich hat dieser Spruch auf der Karte sehr beeindruckt. Ich sehe nämlich viel her all die Dinge, die schiefgehen in meinem Leben. Damit mache ich mir das Lebe oft schwer. Gibt es nicht mindestens genauso viele Dinge, die wunderschön sind? Ursula Palm-Simonsen, die diesen Text geschrieben hat, lenkt den Blick auf die kleinen Dinge, die gelungen sind: „Feiere, wenn du über eine Brücke gegangen bist, dem Strom entronnen!“ Über eine Brücke zu gehen, ist ein Bild für all das, was scheinbar ganz einfach ist. Aber wie oft gehen Dinge schief, die scheinbar ganz einfach sind!

Weiter heißt es: „Feiere mit denen, die bei dir bleiben.“ Aber wie oft zerbrechen Beziehungen, von denen ich dachte: „um die muss ich mich nicht groß kümmern, die sind mir sicher?“ Aber es geht nicht darum, dass ich mich nur im Stillen freue, wie gut es mir geht, weil ich gute Freunde habe. Sondern ich soll den anderen zeigen, wie wertvoll sie mir sind: „FEIERE mit denen, die bei dir bleiben!“ Kümmere dich um die Freunde in deinem Leben, denn sie sind sehr wichtig. Und genauso wichtig: Sei dir bewusst, auch Gott ist mit dir: „Feiere Gott, der dich nicht allein lässt!“

Feiern kann ich nicht alleine, sondern nur mit anderen zusammen. So wie eben an einem Geburtstag. Aber auch an jedem anderen Tag kann ich Menschen um mich herum zeigen, wie wichtig sie mir sind - manchmal reicht schon ein Lob an der richtigen Stelle. Das ist auch eine Art von Feier, über die sich der andere freut und auch ich, denn Schenken macht auch mir Freude.

Deshalb also: „Feiere dein Leben. Feiere nicht nur deinen Geburtstag! Feiere, wenn du über eine Brücke gegangen bist, dem Strom entronnen! Feiere mit denen, die bei dir bleiben! Feiere Gott, der dich nicht allein lässt! Feiere dein Leben. Es gibt nur dieses eine.“

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SWR4 Abendgedanken

"Kein schöner Land in dieser Zeit, als hier das unsre weit und breit, wo wir uns finden wohl unter Linden zur Abendzeit.“ Am Samstagabend, auf dem Geburtstag meiner Schwester, haben wir dieses alte Volkslied gesungen – ich kann mich gar nicht daran erinnern, wann ich es zuletzt gesungen habe. Ich musste dabei sofort an die Wahlen gestern denken: „Kein schöner Land das das unsere weit und breit“ – und doch haben so viele Menschen Angst, dass das nicht so bleiben könnte, ja, dass man jetzt schnell handeln etwas tun muss, damit es unsere Heimat bleibt, unser christliches Abendland.

Jetzt ist das Lied schon satte 175 Jahre alt und schon damals machten sich die Menschen viele Gedanken, wie es denn weitergehen sollte in Deutschland. Es ist weitergegangen, mal weniger gut, mal richtig gut. Aber wie wird Deutschland wohl in den nächsten 175 Jahren aussehen? Wir meinen ja oft, dass die Welt untergeht, wenn wir nicht ganz schnell etwas verändern – zum Beispiel in der Politik.

Dieses alte Volkslied strahlt dagegen eine Gelassenheit und Geborgenheit aus, die mich beeindruckt. Da heißt es: „Das wir uns hier in diesem Tal noch treffen so viel hundertmal, Gott mag es schenken, Gott mag es lenken, er hat die Gnad'.“

Diese Gelassenheit wünsche ich mir auch – für mich, aber auch für all die, die unser Land lenken, vor allem für unsere Politiker. Unser Leben ist doch nicht so einfach, dass einfache Lösungen wirklich funktionieren. Eigentlich wissen wir, dass die Dinge meist kompliziert sind und wir Menschen uns nicht so schnell ändern. Daher braucht es einen langen, ja oftmals sehr langen Atem, bis sich etwas wirklich ändert, eben auch mal „viel hundertmal“ – wie es im Lied heißt.

Der Liederdichter ist der Meinung, dass wir uns die Zeit zum ruhigen Handeln nehmen können, denn sogar Gott ist mit uns, er wacht über uns – schon wieder ist diese tiefe Geborgenheit spürbar: „Nun, Brüder“ – und sicherlich auch Schwestern- „eine gute Nacht. Der Herr im hohen Himmel wacht! In seiner Güte uns zu behüten, ist er bedacht.“

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Kinder können einem manchmal ganz schön auf die Nerven gehen. Benny zum Beispiel. Er war 12 als er zum ersten Mal in unsere Jugendgruppe kam und er benahm sich von Anfang an unmöglich. Er legte sich mit allen an. Klar, dass niemand neben ihm sitzen oder etwas mit ihm zu tun haben wollte.

Eines Tages ist er dann mal wieder ausgerastet, sprang mit seinen dreckigen Schuhen von Stuhl zu Stuhl, brachte alles durcheinander. Ich habe ihn erst mal nach draußen befördert, war dabei auf Hundertachtzig und zu allem bereit. Er hätte nur ein Wort sagen müssen, dann hätte ich ihm mal so richtig die Leviten gelesen. Aber Benny hat gar nichts gesagt, war ganz ruhig. Da habe ich auf einmal verstanden: Genau das war er von zuhause gewohnt. Was jetzt kommen würde, war sein Alltag. Auf einmal sah ich Benny mit anderen Augen – und dann habe ich ihn einfach in den Arm genommen. Das war er nicht gewohnt.

Ich weiß nicht, wie lange wir da draußen vor der Tür gestanden haben. Aber da ist etwas zwischen uns beiden passiert. Ich habe auf einmal angefangen, in Benny einen Jungen zu entdecken, der meine Liebe und Zuwendung wie ein trockener Schwamm aufgesaugt hat. Später hat mir noch von seinen drei kleinen Geschwistern erzählt, für die er oft alleine sorgen musste – mit gerade mal 12 Jahren! Seine raue Art war wie so eine Art Panzer für ihn. Vielleicht wollte er auch einfach erreichen, dass man sich mit ihm beschäftigen musste?

Albert Schweizer hat einmal gesagt: „Viel Kälte ist zwischen den Menschen, weil wir es nicht wagen, uns so herzlich zu geben, wie wir sind.“ Bei Benny war es nicht nur Kälte, es war geradezu ein Eispanzer, mit dem hat er sich geschützt hat – auch, weil er Angst hatte, verletzt zu werden.

Ich hatte hinter seinen Panzer gesehen und den liebenswerten Jungen dahinter entdeckt. Wenn er jetzt mal wieder auf „starker Kerl“ machte, dann konnte ich gar nicht mehr so sauer sein. Immer öfters habe ich ihm dann eine Aufgabe geben, zum Beispiel den anderen in der Gruppe zu helfen, wenn er es besser konnten. Und je öfters ich ihn so wertgeschätzt habe, umso mehr veränderte sich Benny. Im Laufe der nächsten zwei Jahre habe ich erlebt, wie aus einem nervenraubenden Quertreiber ein echt freundlicher und sympathischer Junge wurde. Für mich ist das ein echtes Wunder.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=21406
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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Da kommt man morgens an einer Parkbank vorbei und es liegt überall Müll rum: Bierflaschen und Chipstüten. Klar, dass waren wieder Jugendliche - da kann man sich schon drüber ärgern. Oder aber, man macht es wir eine Initiative aus unserem Nachbarort. Sie nennen sich die „Nachtwanderer“[1] und laufen an den Wochenenden in kleinen Gruppen durch die Stadt. Aber nicht als Hilfsscheriffs, diese Nachtwanderer tragen sogar besondere Jacken, damit man gleich erkennt, dass sie keine Polizisten sind. Ihnen geht es darum, Vertrauen zu schaffen und mit den jungen Leuten ins Gespräch zu kommen. Nachtwanderer wollen für Jugendliche da sein, ihnen helfen und damit zeigen, dass man auch mit Erwachsenen gut sprechen kann.

Bei uns im Ort gibt es solche „Nachtwanderer“ leider nicht, aber das Anliegen dieser Menschen ist auch mir wichtig: Miteinander reden schafft Verständnis auf beiden Seiten. So laufe auch ich immer wieder nachts durch den Park hier im Ort – aber nicht alleine: Unsere Hündin Leika ist dabei, mit Blinklicht auf dem Rücken. Wenn Sie dann so eine Gruppe Jugendlicher an einer Parkbank entdeckt, dann läuft sie gleich freudig darauf zu.

Klar, erschrecken die Jugendlichen, wenn da ein Hund aus dem Dunkel zwischen ihnen auftaucht. Aber das Blinklicht und ihre Schnuppernase haben noch immer das Eis gebrochen. Es ist dann ganz einfach, mit ihnen ins Gespräch zu kommen und oft bin ich dann schon lange bei ihnen stehen geblieben, auch wenn mir das im Winter eigentlich viel zu kalt ist.

Der große Albert Schweizer hat schon recht, wenn er sagte: „Viel Kälte ist zwischen den Menschen, weil wir es nicht wagen, uns so herzlich zu geben, wie wir sind.“ Und ich möchte ergänzen: Weil wir es nicht einmal wagen, aufeinander zuzugehen und miteinander zu sprechen.

Meine Hündin und ich sind schon oft von solchen Gesprächen mitten in der Nacht zufrieden nach Hause gegangen. Sie, weil sie einen Keks abgestaubt hat und ich, weil ich eine ganze Menge Wärme erleben konnte zwischen den jungen Leuten und mir. Und wenn ich ihnen dann sage, sie sollen ihre Flaschen nachher wieder mitnehmen, nehmen Sie mir das gar nicht mal krumm.


 

[1] http://nachtwanderer-calmbach.de

https://www.kirche-im-swr.de/?m=21405
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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

„Ich liebe die alten Lieder in der Kirche“. Wir standen vor der Kirche und ich sah das Mädchen vor mir etwas ungläubig an - sie war vielleicht 16 Jahre alt. „Doch“, wiederholte sie, „ich mag die alten Lieder in der Kirche wirklich. Klar, nicht alle, aber einige sind echt cool.“ „Welches denn zum Beispiel“, wollte ich wissen. „Das mit dem Frieden. Wie ging das noch? Ich glaub: Herr, mache mich zu einem Werkzeug deines Friedens, dass ich Liebe übe, wo man sich hasst, dass ich verzeihe, wo man sich beleidigt."

Und dann erzählte sie mir von ihrer Angst, dass es immer mehr Streit, ja Hass gibt. Vor ein paar Tagen hatte sie etwas über Flüchtlinge auf Facebook geschrieben und so viele verletzende Antworten erhalten. „Wissen Sie, das wird immer schlimmer und manchmal denke ich, ich halte besser meinen Mund. Aber man muss doch dem Hass entgegentreten, sonst wird es immer schlimmer. Manchmal bekomme ich dann selbst einen richtigen Hass auf diese Leute. „Dann bist du aber nicht besser als sie“, habe ich ihr geantwortet. „Genau“, meinte sie, „und deshalb fand ich dieses Lied heute so klasse: „Herr, mache mich zu einem Werkzeug deines Friedens, dass ich Liebe übe, wo man sich hasst, dass ich verzeihe, wo man sich beleidigt“, das macht doch Mut, dem Hass entgegen zu treten.“

„Und“, wollte ich wissen, „hast du das schon mal ausprobiert?“. „Letztens habe ich mich mit meiner Freundin gezofft. Sie hatte einen richtig blöden Kommentar auf Facebook geschrieben. So etwas geht ja gar nicht: Und dann wurde es richtig laut zwischen uns – am Ende bin ich dann einfach gegangen.“ Hm. Wenn du das Lied auch so gut findest, habe ich gesagt, dann würde ich an deiner Stelle zu meiner Freundin gehen und mit ihr sprechen. Zuvor würde ich Gott darum bitten, dass ich ihr überhaupt verzeihen kann – gerade, wenn ich der Meinung bin, dass ich eigentlich Recht habe. „Meinen Sie, das funktioniert?“, hat das Mädchen mich gefragt. „Es ist doch deine Freundin. In dem Lied heißt es: „dass ich Liebe übe, wo man sich hasst.“ Ich würde es auf jeden Fall versuchen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=21404
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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

„Als Hund ist mein Hund eine Katastrophe, aber als Mensch ist er einfach unersetzlich“, vom ehemaligen Ministerpräsident Johannes Rau stammt dieser Spruch – ich wusste gar nicht, dass er einen Hund hatte. „Als Hund ist mein Hund eine Katastrophe“, das könnte ich voll unterschreiben. Auch unser Hund hat im Urlaub den Einbrecher wahrscheinlich noch freundlich begrüßt – als Wachhund eine echte Katastrophe.

Aber interessant ist vor allem der zweite Teil: „als Mensch ist mein Hund einfach unersetzlich.“ Hunde können zwar nicht sprechen und verstehen auch nur, was sie wollen. Aber ich habe schon erlebt, dass mein Hund meine Gefühle spürt: Wenn ich traurig bin, legt sich mein Hund dicht an meine Füße. Das tut einfach gut. Muss man dabei viele Worte machen? Nein. Oftmals reicht das stille Zuhören und Mitfühlen völlig aus. Viele Menschen sprechen mit ihren Hunden, erzählen, was ihnen so auf dem Herzen liegt. Verrückt? Nein, denn es tut gut, sich Dinge vom Herzen zu reden und dabei jemanden zu haben, der zuhört, den Mund hält und vor allem Zeit hat.

„Als Hund ist mein Hund eine Katastrophe, aber als Mensch ist er unersetzlich“. Hat Johannes Rau damit nicht auch den Wunsch ausgedrückt, dass mehr Menschen Zeit haben für andere? Ich mache immer wieder Besuche bei anderen Menschen. Dabei habe ich mir früher immer überlegt, was ich da so sagen sollte. Heute weiß ich: es ist wichtig, dass ich Zeit habe, Zeit zum Zuhören und wenn es nur eine Stunde ist. Die Länge ist gar nicht entscheidend, sondern dass ich ganz da bin – auch mal ohne mein Handy, das dazwischen dreimal klingelt. Manchmal brauchen wir einfach jemand, mit dem wir wirklich reden können, der uns auch antwortet – der aber gar nicht alle Antworten haben muss. Oft helfen mir auch gute Fragen, selbst die Antwort zu finden.

Am Ende eines solches Gespräches frage ich meistens, ob ich noch mit uns beten darf. Für mich ist ein solches Gebet dann eine große Hilfe, denn ich kann mit all meinen Fragen, Sorgen und Nöten zu Gott kommen. Das tut mir wirklich gut. Und dann steht auf einmal mein Hund neben mir und zeigt mir mit seinen großen Augen: Jetzt ist es mal wieder Zeit rauszugehen, an die frische Luft, denn auch das ist wichtig.

 

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Mögen Sie irische Segensworte? Ich finde die so herrlich „erdbezogen“: Da geht es um weite Wege, Regen, Sonne, einfach viel Natur - so wie bei diesem irischen Segen: „Möge nach jedem Gewitter ein Regenbogen über deinem Haus stehen.“ Das kann ich mir direkt vorstellen: Nach einem heftigen Gewitter sieht man auf einmal einen wunderbaren Regenbogen. Das hat mich schon oft fasziniert.
Aber natürlich geht es bei einem solchen Segenswort nicht nur um ein tolles Naturphänomen. Ich kenne noch ganz andere Gewitter. Die haben mir schon so richtig Angst gemacht - wenn es zwischen zwei Menschen so richtig kracht. Manchmal kündigt sich ein solches Gewitter rechtzeitig an und man kann sich in Sicherheit bringen. Aber ein andermal kracht es auf einmal aus heiterem Himmel und ich weiß gar nicht, wie mir passiert: Habe ich was Falsches gesagt, oder was Verbotenes gemacht? Ist mein Gegenüber vielleicht nur mit dem falschen Fuß aufgestanden? Auf jedenfalls knallt es dann so richtig. Solche Gewitter machen mir Angst.
Kann ich so etwas nicht verhindern? Ich glaube: Das geht genau so wenig wie bei einem Unwetter. Man kann ert einmal gar nichts machen.
Daher gefällt mir diese Segenswort, denn hier geht es um die Zeit „nach dem Gewitter“. „Möge nach jedem Gewitter ein Regenbogen über deinem Haus stehen.“ Der Regenbogen ist mehr als ein Naturschauspiel. In der Bibel jedenfalls wird er seit dreitausend Jahren als Zeichen der Versöhnung verstanden: zwischen Gott und Mensch und zwischen Menschen.
Für mich bedeutet das: ich muss keine Angst vor solchen Gewittern haben. Natürlich will ich nicht, dass es zwischen Menschen kracht. Aber ich will mehr darauf  achten, was nach dem Gewitter geschieht: Der Regenbogen über dem Haus – könnte das nicht die Hand sein, die ich zur Versöhnung ausstrecke? Könnte das nicht der vorsichtige Satz sein: „Du, das tut mir leid“?
Ich wünsche es Ihnen und mir, dass  wir den Regenbogen nach dem Gewitter zu entdecken können. Vielleicht können wir ihn ja selbst aufleuchten zu lassen und Schritte zur Versöhnung zu gehen. In diesem Sinne wünsche ich ihnen: „Möge nach jedem Gewitter ein Regenbogen über deinem Haus stehen.“

https://www.kirche-im-swr.de/?m=20138
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