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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

90 Jahre ist sie – die Frau, die ich besucht habe. Man sieht ihr das Alter an: ganz mit Fältchen ist ihr Gesicht durchzogen und das Laufen fällt ihr schwer. Aber ihre Augen sind jung und wach. Sie hat mir von ihrem Mann erzählt, mit dem sie 50 Jahre verheiratet war. Und von ihrem Leben. Vom Krieg, von der Flucht, vom Neuanfang mit nichts als dem, was sie auf dem Leib hatte. Kein einfaches Leben. Nichts ist ihr in den Schoß gefallen. Aber ein glückliches Leben, hat sie betont und ihre Augen haben dabei geleuchtet.

Ich musste an die Schauspielerin Marilyn Monroe denken, als ich der alten Dame zugehört habe. Über sie hatte ich gerade einen Bericht gesehen. Marilyn hätte in zwei Wochen auch ihren 90. Geburtstag gefeiert. Aber sie ist einsam und allein mit nur 36 Jahren an einer Überdosis Schlaftabletten gestorben.

Marilyn hatte vieles, was die alte Dame nicht hatte: Sie war erfolgreich, umschwärmt und reich. Aber sie war nicht glücklich! In ihr Tagebuch hat sie geschrieben: „Ich bin allein - ich bin immer allein.“ Als man die tote Marilyn in ihrer Wohnung gefunden hat, hielt sie den Telefonhörer in der Hand. Aus dem ertönte der immer gleiche Satz: "Kein Anschluss unter dieser Nummer. Kein Anschluss unter dieser Nummer." Wen sie wohl anrufen wollte, habe ich mich gefragt?

„Was nützt es einem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, dabei aber Schaden nimmt an seiner Seele.“ hat Jesus gesagt (Markus 8,36). Was nützt es einem Menschen, wenn er alles hat, aber keinen Menschen, der ihn hält, musste ich denken.

Die alte Dame, die ich besucht habe, ist auch allein. Ihr Mann ist vor 18 Jahren gestorben. Und Kinder haben sie leider keine bekommen können, hat sie mir erzählt. Aber sie hatte immer Freunde und gute Bekannte – in der Nachbarschaft, in der Kirchengemeinde. Und sie hatte immer ihren Glauben, hatte immer Gott.

„Und der hält, was er verspricht!“, sagt die Frau mit einem kleinen Lächeln. Und sie zeigt mir ihren Konfirmationsspruch, der schön gerahmt auf dem Sideboard liegt. Ich muss auch lächeln, als ich den Spruch lese. „Hab keine Angst“, lautet er „ich, Gott, bin bei dir. Ich stärke dich, ich helfe dir auch. Ich halte dich durch meine Hand!“ (Jesaja 41,13).

Da musste ich wieder an Marilyn Monroe denken. Sie hat einmal gesagt: „Eine Karriere ist nichts, woran man sich wärmen könnte in einer kalten Nacht.“ Sie hat immer Wärme gesucht und Halt – ihr Leben lang bis zum Tag ihres Todes. Aber dieser Wunsch hat niemanden erreicht. Der alten Dame in meiner Gemeinde wäre das nicht passiert, glaube ich.

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Was zählt im Leben? Auf diese Frage gibt es viele Antworten. Eine eindrückliche habe ich in einer Geschichte über eine Taxifahrt gefunden: Ich erzählte sie Ihnen:

Der Taxifahrer hupte, als er spätabends an die genannte Adresse kam. Niemand erschien. Ärger­lich stieg er aus und klingelte. Durch die Tür hörte er eine alte Stimme sagen: „Einen Augenblick noch!“  5 Minuten später stand eine zerbrechlich wirkende Dame vor ihm, be­stimmt 90 Jahre alt. In der Hand hielt sie einen kleinen Kof­fer. Durch die Tür konnte er in die Wohnung sehen. Die Möbel waren mit Tüchern bedeckt, die Wände und Regale leer, in der Ecke ein Karton.

Als die Frau im Wagen Platz genommen hatte, gab sie ihm die Zieladresse und fragte, ob sie durch die Innenstadt fahren könnten. „Das ist ein ziemlicher Um­weg!“, mein­te der Fahrer. „Ich bin nicht in Eile“, sagte die Frau. „Ich bin auf dem Weg ins Hospiz.“ „Ins Hospiz?“. Der Fahrer begriff: „Dahin, wo Menschen sterben?“ Er schaltete das Taxameter aus.

In den nächsten Stunden fuhr er die Frau zu den unter­schiedlichsten Orten. Bei manchen erzählte sie aus ihrem Leben. An anderen bat sie ihn  nur, langsam zu fahren und schien mit ihren Gedan­ken auf eine Reise zu gehen. Endlich sagte die alte Dame: „Ich bin müde. Jetzt können wir zu meinem Ziel fahren.“

Das Hospiz wirkte wie ein freundliches Ferienhaus. „Wie viel bekommen Sie von mir?“ fragte die Frau. „Nichts“, antwortete der Taxifahrer. „Sie haben einer alten Frau auf ihren letzten Metern noch ein bisschen Freude und Glück geschenkt.“ sagte die Dame lächelnd, „Danke!“

Der Taxifahrer geleitete sie zum Eingang, wo eine Mitarbeiterin sie in Empfang nahm. Er drückte der Frau fest die Hand und ging zurück. Hinter sich hörte er die Tür zufal­len. Es klang wie der Abschluss eines Lebens.

Seine Schicht war noch nicht zu Ende, aber der Taxifahrer nahm keine Fahrgäste an. Stattdessen fuhr er ziellos durch die Straßen. Traurig – und nachdenklich. „Was zählt eigentlich im Leben?“, fragte er sich. Hecheln nach Erfolg ist es nicht, das hatten ihm die Stunden mit der alten Dame gezeigt. Viel wichtiger ist, dass man einem Menschen Zeit schenkt. Und die Erinnerungen würdigt, die ein Leben ausmachen. Ein tiefes Gefühl von Dankbarkeit erfüllte den Fahrer. Dankbarkeit für die Zeit, die er der Frau schenken durfte. Dankbarkeit für ihr Leben. Dankbarkeit für das Leben, das vor ihm lag. Am Horizont ging langsam die Sonne auf.



Nacherzählt nach: https://netzfrauen.org/2014/11/30/zum-nachdenken-dies-schrieb-ein-new-yorker-taxifahrer-nyc-taxi-driver-wrote/

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Udo Lindenberg wird heute 70 Jahre alt. Der Rocker und Eierlikörmaler. Man erkennt ihn sofort an seiner merkwürdigen, nuscheligen Jugendsprache. Bei jedem anderen würde sie peinlich wirken, aber nicht bei diesem junggebliebenen Panik-Rocker.

In seinem neuesten Lied schlägt er nachdenkliche Töne an: „Ich trag dich durch die schweren Zeiten. So wie ein Schatten werd‘ ich dich begleiten. Denn es ist nie zu spät, um nochmal durchzustarten, wo hinter all den schwarzen Wolken wieder gute Zeiten warten.

„Durch die schweren Zeiten“ ist ein Lied über eine Freundschaft. Freunde feiern nicht nur zusam­men. Freunde stützen und tragen sich auch gegenseitig: auch und vor allem in schlechten Zeiten.

Udo Lindenberg hat solche Freunde. Freunde, die er anrufen, mit denen er reden, zu denen er kommen kann, selbst wenn es nachts um vier ist. Seine Freunde sind für ihn wie ein kühlender Schatten. Zu ihnen kann er sich an einem viel zu heißen Tag flüchten.

Lindenberg erzählt in dem Lied von einem Freund in der Sackgasse – oder erzählt er von sich selbst? Denn Sackgassen und Irrwege hat er in seinem Leben ja einige erlebt: „Es geht nicht immer geradeaus. Manchmal geht es auch nach unten … Deine Träume aufgebraucht und du glaubst nicht mehr an Wunder. Mit Vollgas knapp am Glück vorbeigerauscht!“, heißt es in dem Lied.

Das kennt Lindenberg selber auch: Alkoholexzesse, Marathonpartys, berufliche Niederlagen. Rockstar und Millionär mit 29 Jahren, Herzinfarkt mit 43, Alkoholiker mit 50 Jahren. Aber er hat sich aufge­rappelt.. Seit acht Jahren ist er wieder auf der Überholspur, ohne Alkoholexzesse, mit gesundem Leben und Sport und wieder erfolgreich als Musiker.

Wie er das geschafft hat? Mit viel Power und eben mit guten Freunden an seiner Seite. Vielleicht haben die zu ihm das gesagt, was Udo in seinem Lied besingt:  „Lass  uns zusammenhalten, dann kommt die Sonne durch. Wir sind doch Lichtgestalten. Das weißt du doch!

Gut, wenn man so jemanden an seiner Seite hat. Einen Menschen, der zu einem hält. Jemanden, der einen aufbaut, wenn man es am allernötigsten hat.

Manche Menschen erleben das genauso mit Gott. Dass er da ist zu jeder Tages- und Nachtzeit. Wie der beste Freund. Und dass Gott sagt: „Ich trag dich durch die schweren Zeiten. So wie ein Schatten werd‘ ich dich begleiten!“.

Die Psalmen, die Gebete und Lieder der Bibel, sprechen genauso von Gott: „Gott schläft nicht. Er wacht über dich. Er ist dein Schutz. Er spendet Schatten an deiner Seite.“ (Psalm 121,4f).

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Ich hoffe, Sie können mich überhaupt noch hören! Für heute hat ja Ricardo Salazar, ein Pfarrer aus Tokio, den Weltuntergang angekündigt! Schon wieder einer! Ich kann mich gar nicht mehr erinnern, wie viele Weltuntergangs­drohungen ich in meinem Leben schon gehört habe. Und falls heute doch alles gut geht – die nächste Ankündigung kommt bestimmt.

Denn immerhin können sich die Weltuntergangs-Propheten ja auf die Bibel berufen! Die spricht tatsächlich an mehreren Stellen davon, dass es irgendwann einen Tag geben wird, an dem Schluss sein wird mit dem Leben, wie wir es kennen.  Die ersten Christen und der Apostel Paulus haben geglaubt, dass das Ende der Welt noch zu ihren Lebzeiten kommt. Und auch Martin Luther hat das Weltende ganz nah erwartet.

Wie ist das wohl – im Angesicht des nahen Weltuntergangs zu leben, frage ich mich. Wird einem dann alles egal? Oder lebt man in ständiger Angst, etwas zu versäumen?

Mir ist aufgefallen: Der Apostel Paulus und der Reformator Martin Luther malen keine Schreckens­bilder vom Ende der Welt. Im Gegenteil: Sie blicken voller Hoffnung auf diesen Tag – sie sehnen sich sogar danach. Denn sie vertrauen darauf, dass Gott am Ende der Tage eine neue Erde und einen neuen Himmel schaffen wird. Dann wird Gott dann sein Friedensreich vollenden und alles Leiden, alle Schrecken, alle Not auf der Erde werden dann ein Ende haben.

Für mich ist das ein tröstlicher Gedanke: dass es einmal keine Kriege mehr geben wird, keine Tränen, kein Leid, keine Opfer und keine Täter. Dass Gottes Liebe das letzte Wort haben wird. Einen solchen Tag kann ich wirklich erhoffen und ersehnen. Und bis dahin lebe ich gern – im Hier und Jetzt!

„Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen.“ Martin Luther wird dieser Satz zugeschrieben. Und selbst wenn er ihn nicht gesagt haben sollte, er passt zu ihm. Auch wenn irgendwann die Welt vergeht, ich setze auf die Zukunft, heißt dieser Satz für mich.

Genau das will ich auch. Nicht unbedingt Apfelbäume pflan­zen, aber mich zum Beispiel für Menschen stark machen, für die Umwelt, mich dafür einsetzen, dass unsere Welt jetzt schon besser wird, gerechter, liebevoller – zumindest ein bisschen.

Ich denke, dass das Ende der Welt heute nicht kommt. Aber selbst wenn: auch dann bin ich in Gottes Hand – und unsere Welt auch. Und dann kommt etwas Neues, Besseres. Bis es soweit ist, ist es an uns, für die Zukunft zu sorgen. Ich versuche das auf jeden Fall, so gut ich kann.

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Heute ist Pfingsten. Umfragen sagen: Alle Deutschen wissen, dass Pfingstsonntag und Pfingst­montag Feiertage sind. Aber die Hälfte weiß nicht, warum. Dabei ist Pfingsten eines der wichtigsten christlichen Feste.

Ich glaube, das Pfingstfest ist so unbekannt, weil das, was damals passiert ist, so unbegreiflich ist. Die Bibel erzählt, wie Gott seinen Geist in die Welt sendet und ihn in einem gewaltigen Sturm in die Herzen der Menschen gießt. Das klingt tatsächlich wunderlich. Und das sah wohl auch wunderlich aus. Die Menschen, die damals von Gottes Geist ergriffen worden sind, wurden anders. Aber wieso? Den Geist Gottes selbst kann ja niemand sehen. Das ist wahrscheinlich das Problem dieses unbekanntesten christlichen Festes.

Dabei kann man Pfingsten durchaus greifbar machen – und das auf wunderschöne Weise! Ich habe das in Rom erlebt. Im Pantheon, einer der schönsten Kirchen der Welt. Sie hat eine riesige Kuppel mit einer 9 Meter breiten Öffnung zum Himmel. Und genau durch diese Öffnung fallen jedes Jahr beim Pfingstgottesdienst Millionen von Rosenblättern herunter. Alle Blicke der Gottesdienstbesucher sind zum offenen Himmel gerichtet. Hände greifen nach den Rosenblättern, pflücken sie vom Boden, von Haaren und Schultern. Die Rosenblätter stehen für den Geist, den Gott in Feuerzungen vom Himmel herab­ ge­sendet hat. Und die Aufre­gung der Besucher erinnern an die Jünger, die von Gottes Geist  begeistert wurden. All das hat tatsächlich etwas vom Pfingstgeschehen, von dem die Bibel berichtet.

Ich finde es großartig, wie diese römische Zeremonie Pfingsten lebendig werden lässt. Und ich frage mich, ob wir nicht davon lernen können. Denn schließlich gab es den Rosenregen schon in den ersten Jahrhunderten in vielen Kirchen. Das ist nur vergessen worden.

Schade eigentlich. Denn gerade weil der Geist eine unsichtbare Macht ist, die Gott uns Menschen schenkt, ist es wichtig, ihn „begreifbar“ zu machen. So wie beim Rosenregen. Da merke ich: Gottes Geist ist nichts Unbegreifliches. Gott berührt mich tatsächlich durch seinen Geist. So wie die Rosenblätter meine Haut berühren. Und er wirkt, unsichtbar zwar, aber durchaus spürbar: er tröstet mich, wenn ich ängstlich bin, er stärkt mich, wenn ich mich schwach fühle, er rüttelt mich auf, wenn ich mich verrannt habe.

Vielleicht pflücken Sie sich heute auch ein Rosenblatt ab: damit sie sich immer daran erinnern, dass diese unsichtbare Macht Gottes da ist – auch in Ihrem Leben.

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Schenken kann so viel Freude machen, das merke ich jedes Jahr am Wunschbaum in der Reutlinger Citykirche. Da hängen ab Mitte November Wünsche von Kindern aus, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen. Kinder aus Familien, die sehr wenig Geld haben: Hartz IV-Kinder, Flüchtlingskinder, Kinder von Geringverdienern.
Wir machen das schon seit ein paar Jahren. „Sternenfunkeln in Kinderaugen“ heißt unsere Weihnachtsaktion und deshalb hängen auch Sterne mit den Wünschen am Wunschbaum aus. „Mädchen, 8 Jahre wünscht sich eine Barbiepuppe“, steht auf einem. „Junge, 6 Monate wünscht sich eine Spieluhr“, „Mädchen 12 Jahre wünscht sich einen Schminkkoffer“. Und alle Wünsche werden erfüllt!
Von netten Menschen, von Kindergartengruppen oder Schulklassen, die gemeinsam für 1 oder 2 Geschenke sammeln, von Kindern, die dafür extra etwas von ihrem Taschengeld abzwacken, von Firmenbelegschaften und Einzelpersonen von jung bis alt. Manche nehmen einen Stern mit, manche gleich mehrere. Manche überweisen Geld, damit zum Schluss auch wirklich alle 1.500 Kinderwünsche erfüllen werden.
„Sternenfunkeln in Kinderaugen“[1] – bei der Geschenkeausgabe kurz vor Weihnachten sehen wir hunderte Paare strahlender Kinderaugen, wenn die Kinder mit ihren Eltern die verpackten Geschenke abholen. Und wir sehen hunderte Paare strahlender Augen schon ab Mitte November – wenn die Schenker vor dem Baum stehen! Die suchen nämlich mit leuchtenden Augen und langem Abwägen den Kinder-Wunsch aus, der sie besonders anspricht und gehen dann mit großer Begeisterung einkaufen! Und wenn sie das Geschenk zu uns zurückbringen, dann ist es fast immer wunderschön verpackt, oft liegen noch eine Karte dabei und Süßigkeiten und liebevoller Deko. So wird selbst aus einem Gutschein-Geschenk ein wunderschönes, großes Paket, das beim Abholen die Augen der Kinder in Vorfreude strahlen lässt.
„Danke, dass Sie das machen!“, sagen viele Schenker, wenn wir uns bei ihnen für ihre Unter­stützung bedanken. Mich berührt das immer und ich merke: Die Menschen fühlen sich beschenkt, weil sie schenken dürfen. Es ist also tatsächlich etwas dran an dem Spruch „Geben ist seliger als Nehmen“. Schenken macht einfach Freude! Vielleicht probieren Sie es aus – Gelegenheiten zum Schenken gibt es schließlich viele, nicht nur zu Nikolaus oder zu Weihnachten!
Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Advent!


[1]Nähere Informationen unter www.sterntaler-sternenfunkeln.de.

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Täglich stand sie im letzten Jahr auf dem Weihnachtsmarkt: Maria aus Nazareth – als Schaufensterpuppe in Witten. Ein evangelischer Pfarrer hatte die Idee und hat die Krippenszene aufgebaut. Mit Heu, einer Futterkrippe und einer Schaufensterpuppe mit blauem Mantel – Maria. Und nicht nur das – der Pfarrer hat für Maria sogar eine Facebookseite angelegt.[1] „Maria Nazareth“ nennt sie sich dort, „Person des öffentlichen Lebens“.
Maria Nazareth war die Attraktion auf dem Weihnachtsmarkt 2014. Und auch auf Facebook hat sie viele Freunde gefunden. Einige davon haben Maria Nazareth abends sogar zu sich geholt. Um solche Einladungen hatte sie auf ihrer Facebook-Seite gebeten. Und so war Maria Nazareth in Schulen und Gemeindehäusern, in Geschäften und Kirchen, bei Konzerten und Veranstaltungen und in einigen Wittener Privatwohnungen.
Jetzt könnte man fragen: Was soll das bringen? Eine Schaufensterpuppe bei sich zu Hause? Aber merkwürdiger Weise hat es sehr viel gebracht! Denn diese Schaufensterfigur ist nicht einfach eine Puppe. Diese Figur steht für etwas – für die Mutter von Jesus und damit für die Weihnachtsbotschaft! Dafür dass Gott selbst in unsere Welt gekommen ist vor 2.000 Jahren. Und genau darüber haben die Menschen geredet, sobald Maria bei ihnen war. Sie haben diskutiert, ob sich die Welt verändert hat, wo Gottes Liebe spürbar ist und wo sie fehlt.
Maria Nazareth bei uns zu Hause. Ich finde diese Wittener Aktion großartig – quasi die Weihnachtsbotschaft zum Anfassen, zum Diskutieren, zum „Begreifen“.
Auch in diesem Jahr hat der Pfarrer auf dem Weihnachtsmarkt Schaufensterfiguren aufgebaut. Diesmal als Engelsfiguren. Auch eine Weihnachtsbotschaft zum Anfassen. Denn in diesem Jahr sollen die Menschen miteinander ins Gespräch kommen über die Frage: „Ob es noch Frieden gibt auf der Welt?“
Ich fände es schön, wenn das Wittener Beispiel Schule machen würde, wenn immer wieder Menschen die Weihnachtsbotschaft neu diskutieren. Wenn auf jedem Weihnachtsmarkt, in jedem Kriegsgebiet, bei jeder Regierungskonferenz und in allen Wohnzimmern darüber diskutiert würde, wie die Liebe und der Frieden sich durchsetzen können in unserer Welt. In Witten haben sie einen guten Anfang gemacht mit ihrer Weihnachtsbotschaft zum Anfassen, finde ich, in unseren eigenen Wohnzimmern könnten wir weitermachen. Vielleicht finden wir gemeinsam Antworten, die die Welt tatsächlich besser machen.



[1]https://www.facebook.com/Maria-Nazareth-738537769573393/

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Der fünfjährige Ben aus Solingen hat im vergangenen Jahr einen Engel erlebt. Wirklich! Ich habe seine Geschichte in der Zeitung gelesen. Bens Oma war gestorben. 3 Jahre hatte sie gekämpft – aber der Krebs war stärker. Ben war traurig. Und er hatte seiner Oma noch etwas zu sagen. Deshalb hat er einen Drachen gebastelt und bemalt. „Der soll zu Oma in den Himmel fliegen“, erzählt er seiner Mutter. Nach der Beerdigung lassen die beiden Bens Drachen steigen. An einem Helium-Ballon und mit einem Brief: „Hallo Oma! Kannst Du mir den Drachen zurückschicken, wenn er bei Dir im Himmel angekommen ist? Dann weiß ich, dass es Dir gut geht. Ich hab dich lieb. Ben.“
Und wirklich: Eine Woche später ist der Drache zurückgekommen – mit einem Brief: „Lieber Ben!“ stand da drin. „Dein Drache ist tatsächlich bei mir angekommen! Du brauchst dir keine Sorgen machen, es geht mir gut hier oben, obwohl ich dich und noch ganz viele andere Menschen vermisse. So oft es geht, schaue ich auf die Erde, was du so machst und freue mich, wenn du lächelst. Und wenn du doch mal traurig bist, dann nimm die Mama in den Arm und lass dir durch sie von mir einen Kuss geben. P.S. Ich hab dich auch lieb. Deine Oma.“
Ben war einfach nur glücklich über die Himmelsbotschaft seiner Oma, stand in der Zeitung, und beruhigt, denn jetzt wusste er ja, dass es ihr im Himmel gut geht. Auch Bens Mutter war tief berührt. Sie hat beschlossen, Ben erst einmal in dem Glauben zu lassen, dass der Brief aus dem Himmel kommt. Aber sie selbst möchte den unbekannten Briefschreiber kennenlernen und sich bei ihm bedanken. Und so hat sie über die örtliche Zeitung einen Suchaufruf gestartet.[1]
Ob sie Erfolg hatte? Ehrlich gesagt: Ich hoffe nicht. Denn ich finde es einen schönen Gedanken, dass ein Engel diese Himmelsbotschaft geschickt hat. Und Engel brauchen keinen Namen und keine Adresse. Sie brauchen auch kein Dankeschön. Engel sind einfach für Menschen da, die Hilfe brauchen.
Ich glaube, dass Gott tatsächlich solche Boten schickt – nicht aus dem Himmel und nicht mit Flügeln – ganz normale Menschen! So wie die Person, die Ben den Brief geschrieben hat. Oder wie ein Mensch, der mir begegnet. Jemand, der sich für mich interessiert. Jemand, der mir zeigt: Ich bin an deiner Seite, ich stärke dir den Rücken, ich gehe ein Stück mit dir.
Ich glaube: solch einen Engel braucht jeder mal. Und jeder kann selbst solch ein Engel sein.
Vielleicht begegnet ihnen heute ja ein Mensch, für den Sie zum Engel werden können!


[1]Der Aufruf der Mutter und der Brief an Ben ist abgedruckt in: Westfalenpost „Himmelsgeschichte“ vom 17.11.2014 http://www.derwesten.de/wp/staedte/hagen/wer-hat-diese-himmelsbotschaft-geschrieben-id10045095.html.

 

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Vor ein paar Tagen hatte ich noch gar keine Lust auf Weihnachten. Aber das ändert sich immer, wenn ich am 1. Advent die Kisten mit der Adventsdeko vom Dachboden hole und die Wohnung schmücke. Krippenfiguren, Lichter, Sterne. Dann zieht Weihnachtsstimmung bei mir ein. Alle Jahre wieder. Und ich merke: Traditionen sind wohltuend und berühren das Herz.
Ich frage mich: Wie empfinden wohl die Flüchtlinge, die ihre erste Adventszeit bei uns verbringen, unsere adventlichen Traditionen? Was denken die muslimischen Menschen? Und was die christlichen? Unter den 150.000 Syrern, die in diesem Jahr zu uns gekommen sind, sind ja geschätzt ein Drittel Christen.
In ihrem muslimischen Heimatland konnten die christlichen Syrer lange relativ gut ihre Religion und ihre Tradition leben. Zum Beispiel ihre Sprache. Denn zu Hause und in den Gottesdiensten sprechen viele syrische Christen Aramäisch. Und erhalten so eine der ältesten Sprachen der Welt am Leben: Aramäisch – die Sprache Jesu! Oder die syrischen Weihnachtstraditionen: An Heiligabend versammeln sich die Familie vor einem Lagerfeuer. Ein Kind liest die Weihnachtsgeschichte; dann wird das Feuer entzündet, Psalmen werden gesungen. Und am 1. Weihnachtstag gibt es einen feierlichen Gottesdienst und dann ein festliches Essen.
Traditionen sind wohltuend und wärmen das Herz. Das geht wahrscheinlich besonders den Menschen so, die fern der Heimat leben müssen. Deshalb finde ich es wichtig, dass sie auch hier ihre Traditionen leben können – gerade in der Fremde. Die Christen genauso wie die Muslime. Vielleicht können wir Einheimische ja dabei noch etwas von unseren neuen Nachbarn lernen. Im Syrien vor dem Krieg war es nämlich in vielen Dörfern üblich, dass die Moslems ihre christlichen Nachbarn an Weihnachten besuchen und ihnen gratulieren zu ihrem hohen Fest. Und umgekehrt sind die Christen an den muslimischen Feiertagen zum Gratulieren gekommen.
Alle Jahre wieder Advent und Weihnachten und schöne Traditionen: Kekse und Kerzen, Engel und Sterne – das alles ist gut. Aber das, was Advent und Weihnachten bedeuten, das ist mehr. Das heißt: Gott ist in unsere Welt gekommen; Gott zeigt uns damit: er ist für uns da, er nimmt Anteil an unserem Leben. Gott ist für alle Menschen in die Welt gekommen – für uns und für Flüchtlinge und Ausländer. Ihnen mit einem liebevollen Blick begegnen, Anteil an ihrem Leben nehmen, weil Gott auch für sie Mensch geworden ist – vielleicht können wir das als Tradition in der Adventszeit neu beleben!

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

„Ich steh nicht auf! Das hier ist mein Sitzplatz und ich steh nicht auf!“ Mit diesem Satz hat eine Frau ihr Land verändert.
Vor 60 Jahren war das. Am 1. Dezember 1955 in Alabama. Eine Frau hat im Bus einen Sitzplatz gefunden, aber der Fahrer will sie zwingen nach hinten zu gehen zu den Plätzen für farbige Menschen. Denn da gehört sie schließlich hin – farbig wie sie ist. Das war Gesetz in Alabama.
„Rassentrennung“ hieß das und wurde im Amerika der 50er Jahre sehr ernst genommen. Weiße und Farbige dürfen nicht dieselben Schule besuchen, nicht in denselben Aufzügen fahren, nicht auf denselben Parkbänken sitzen: „Nur für Weiße“ – „Nur für Farbige“ – darauf machten überall große Schilder aufmerksam.
Rassentrennung auch in Bussen. Da gab es vordere Reihen nur für Weiße, häufig leer. Wenige Sitzreihen hinten für farbige Menschen – meist überfüllt. Und in der Mitte wenige Sitzreihen, wo Farbige auch sitzen durften, aber nur wenn kein Weißer den Platz beansprucht hat. Dann musste der Sitz sofort geräumt werden. Und nicht nur der eine – die ganze Reihe musste freigemacht werden! Keine Vermischung der Rassen – noch nicht mal in einer Sitzreihe!
In eine mittlere Reihe hat sich am 1. Dezember vor 60 Jahren Rosa Parks gesetzt. Als ein Weißer kommt, machen alle anderen Farbigen Platz – nur Rosa bleibt sitzen. Sie ist müde von der Arbeit und es gibt doch genug freie Plätze für Weiße. Der Busfahrer damals hat die Polizei gerufen, Rosa wurde festgenommen und verurteilt. Genau wie andere, die sich immer wieder einmal gegen die Rassendiskriminierung aufgelehnt haben. Es waren ja nur wenige, die hat man schnell stumm gekriegt. Aber nicht dieses Mal. Das Maß an Ungerechtigkeiten war voll. Die Nachricht von der Verhaftung von Rosa Parks hat sich wie ein Lauffeuer verbreitet. Der damals noch wenig bekannte Martin Luther King rieft zum Streik auf. Fast alle schwarzen Menschen im Land haben mitgemacht und sich geweigert, Bus zu fahren. Lieber sind sie stundenlang zu Fuß gelaufen. Die Busunternehmen haben in wenigen Tagen riesige Verluste gemacht. Die Medien wurden aufmerksam, der Druck auf die Regierung immer größer. Die Bürgerrechtsbewegung kämpft mit Nachdruck für die Rechte der Farbigen – und das mit Erfolg. 1 Jahr später, im November 1956 musste Alabama die Rassentrennung in den Bussen aufheben.
„Ich allein, was ich kann ich schon machen gegen das Unrecht in der Welt!“, denke ich manchmal. Aber wenn ich an Rosa Parks denke, dann merke ich: Wenn eine Person einfach anfängt, ganz klein – dann kann ein einzelner Mensch ganz viel verändern.

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