Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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„Ich steh nicht auf! Das hier ist mein Sitzplatz und ich steh nicht auf!“ Mit diesem Satz hat eine Frau ihr Land verändert.
Vor 60 Jahren war das. Am 1. Dezember 1955 in Alabama. Eine Frau hat im Bus einen Sitzplatz gefunden, aber der Fahrer will sie zwingen nach hinten zu gehen zu den Plätzen für farbige Menschen. Denn da gehört sie schließlich hin – farbig wie sie ist. Das war Gesetz in Alabama.
„Rassentrennung“ hieß das und wurde im Amerika der 50er Jahre sehr ernst genommen. Weiße und Farbige dürfen nicht dieselben Schule besuchen, nicht in denselben Aufzügen fahren, nicht auf denselben Parkbänken sitzen: „Nur für Weiße“ – „Nur für Farbige“ – darauf machten überall große Schilder aufmerksam.
Rassentrennung auch in Bussen. Da gab es vordere Reihen nur für Weiße, häufig leer. Wenige Sitzreihen hinten für farbige Menschen – meist überfüllt. Und in der Mitte wenige Sitzreihen, wo Farbige auch sitzen durften, aber nur wenn kein Weißer den Platz beansprucht hat. Dann musste der Sitz sofort geräumt werden. Und nicht nur der eine – die ganze Reihe musste freigemacht werden! Keine Vermischung der Rassen – noch nicht mal in einer Sitzreihe!
In eine mittlere Reihe hat sich am 1. Dezember vor 60 Jahren Rosa Parks gesetzt. Als ein Weißer kommt, machen alle anderen Farbigen Platz – nur Rosa bleibt sitzen. Sie ist müde von der Arbeit und es gibt doch genug freie Plätze für Weiße. Der Busfahrer damals hat die Polizei gerufen, Rosa wurde festgenommen und verurteilt. Genau wie andere, die sich immer wieder einmal gegen die Rassendiskriminierung aufgelehnt haben. Es waren ja nur wenige, die hat man schnell stumm gekriegt. Aber nicht dieses Mal. Das Maß an Ungerechtigkeiten war voll. Die Nachricht von der Verhaftung von Rosa Parks hat sich wie ein Lauffeuer verbreitet. Der damals noch wenig bekannte Martin Luther King rieft zum Streik auf. Fast alle schwarzen Menschen im Land haben mitgemacht und sich geweigert, Bus zu fahren. Lieber sind sie stundenlang zu Fuß gelaufen. Die Busunternehmen haben in wenigen Tagen riesige Verluste gemacht. Die Medien wurden aufmerksam, der Druck auf die Regierung immer größer. Die Bürgerrechtsbewegung kämpft mit Nachdruck für die Rechte der Farbigen – und das mit Erfolg. 1 Jahr später, im November 1956 musste Alabama die Rassentrennung in den Bussen aufheben.
„Ich allein, was ich kann ich schon machen gegen das Unrecht in der Welt!“, denke ich manchmal. Aber wenn ich an Rosa Parks denke, dann merke ich: Wenn eine Person einfach anfängt, ganz klein – dann kann ein einzelner Mensch ganz viel verändern.

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