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SWR3 Gedanken

06JUL2022
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Nina Arisandi ist 15 Jahre alt und sie kämpft. Und zwar mit einem Müllsack oder einem Megafon in der Hand. Sie kommt aus Indonesien und sie engagiert sich bei den „River Warriors“, also „Fluss Kämpfern“. Nina organisiert Demonstrationen und spricht auf Kundgebungen. Die Umweltaktivistin versucht außerdem Flüsse, Wälder und Strände von angeschwemmtem Plastik zu befreien. Ich habe Nina in einer Doku im Fernsehen gesehen. Und eine Szene geht mir nicht mehr aus dem Kopf. Nina kniet in einem Wald an der Küste von Indonesien. Um sie herum liegen überall Chipspackungen, Einwegbecher und Kunststofftüten. Sie versucht gerade einen riesigen Knäuel Plastik von den Wurzeln eines Baumes loszuschneiden. Dann sagt Nina: „Wenn dieser Baum sprechen könnte, würde er mit Sicherheit weinen.“

Mich hat das total berührt, wie sich Nina in diesen Baum einfühlt und ihm eine Stimme gibt. Ich muss jetzt immer an diesen Satz denken, wenn ich den Gelben Sack rausbringe. Denn das hat mir die Doku gezeigt: es ist auch mein Müll, der da in Indonesien am Strand landet. Plastik wird leider nur zu einem kleinen Teil recycelt. Der größte Teil wird verbrannt, oder einfach in andere Länder geschickt. Oftmals landet der Müll auf dem Weg dorthin schon irgendwo im Meer.

Nina kämpft mit ihren 15 Jahren dagegen an. Anstatt daran zu verzweifeln, dass jede Flut wieder Zentner an Plastik anschwemmt, tut sie etwas dagegen. Mich motiviert das, auch meinen Teil dazu beizutragen und mitzukämpfen für eine gesündere Welt.

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SWR3 Gedanken

05JUL2022
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Es ist krass, was wir Menschen schon alles zustande gebracht haben. Wir können Organe transplantieren, wir schießen Sonden zum Mars und schicken in Sekundenbruchteilen Terabytes von Daten um den Erdball. Martin Luther King hat dazu gesagt: „Wir haben gelernt, wie die Vögel zu fliegen und wie die Fische zu schwimmen; aber die einfachste Kunst, haben wir noch nicht gelernt: wie Geschwister zusammenzuleben.“

Hört sich für mich erstmal pessimistisch an. Aber ich denke, Martin Luther King hat schon Recht mit seinem Satz. Wir haben es immer noch nicht auf die Kette gebracht, dass alle auf diesem Planeten in Frieden leben können. Und „wie Geschwister zusammenleben“ bedeutet nicht unbedingt Friede Freude Eierkuchen. Mit meiner Schwester habe ich mich öfters mal gezofft, besonders als wir beide Teenies waren. Aber am Ende war klar, wenn’s hart auf hart kommt, halten wir doch zusammen.

So eine Mentalität wünsche ich mir auch im Großen. Martin Luther King meint: „Wir haben es noch nicht gelernt, wie Geschwister zusammenzuleben.“ Das „noch“ da drin macht mir Hoffnung. Ich wünsche mir, dass wir Menschen überall auf der Welt diese einfache Kunst noch besser lernen. An Schulen, in Kindergärten, in Familien und in Religionen. Ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass da noch was geht in Sachen Geschwisterlichkeit unter uns Menschen. Und gerade weil es im Moment so hart auf hart kommt, heißt es jetzt umso mehr: Zusammenhalten! – über Grenzen hinweg.

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SWR3 Gedanken

04JUL2022
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„Wenn du was tun must, was dir schwerfällt, dann mach ein Spiel draus und – schwubs – du willst nichts Anderes mehr machen!“ Das ist das Prinzip von „Gamification“. Gamification bedeutet, alles Mögliche als Spiel zu verpacken. Zum Beispiel wenn es darum geht eine neue Sprache zu lernen. Vokabeln lernen ist dann nicht mehr langweiliges Büffeln, sondern läuft fast wie von alleine, weil es in ein Spiel eingebaut ist.

Klar, es muss nicht alles im Leben Spaß machen. Aber schwierige Dinge leicht und spielerisch anzugehen, das gefällt mir an diesem Gamification-Trend und das passt auch gut zu meinem Glauben.

Gott schaut nicht mit bierernster Miene auf mein Leben, davon bin ich überzeugt. Wenn was schiefgeht, dann muss das kein Weltuntergang bedeuten. Ich habe das Vertrauen, dass mich Gott dabei spielerisch führt. Und das kann den Druck rausnehmen, bei den großen Entscheidungen im Leben. Die Challenge ist nicht, dass ich es in meinem Leben möglichst weit hoch schaffe auf der Punkteskala. Ich glaube es geht eher darum, dass ich mich ausprobiere, mit anderen zusammenspiele und versuche, mir den Humor nicht nehmen zu lassen. Und wenn ich irgendwann mal ganz Game Over bin, kann ich zwar nicht mehr ganz von vorne anfangen, aber ich glaube mit Gott geht es auf einem anderen Level nochmal weiter.

Alles, was mit Gamification zu tun hat, erinnert mich daran, dass ich vieles im Leben spielerisch angehen kann. Das ist nicht immer einfach, schon klar. Aber so eine spielerische Perspektive auf mein Leben, die tut gut und macht so manches leichter.

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SWR3 Gedanken

03JUL2022
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Stuttgart, Mainz und Freiburg träumen von einer neuen Welt. Und zwar von einer Welt ohne Atombomben. Sie haben einen Apell unterzeichnet, dass Atomwaffen verboten werden sollen. Städte wie sie sind nämlich besonders gefährdet, Ziel von einem nuklearen Angriff zu werden. Es hört sich zynisch an: militärisch lohnt es sich da eher so eine Bombe zu zünden, einfach, weil da viele Menschen auf einem Fleck wohnen.  

In den letzten Jahren haben mehr als hundert deutsche Kommunen den Appell zum Verbot von Atomwaffen unterzeichnet. Landkreise und ganze Bundesländer wie Rheinland-Pfalz haben sich auch angeschlossen. Sie sagen alle: „Wir sind besorgt […] und wir sind fest überzeugt, dass unsere Einwohnerinnen und Einwohner das Recht auf ein Leben frei von dieser Bedrohung haben.“

Ich wohne in Karlsruhe und ich fühle mich hier eigentlich sicher. Aber seit Putin die Ukraine angegriffen hat, stehen sich wieder Weltmächte gegenüber, die bis an die Zähne mit Atomwaffen aufgerüstet sind. Und das macht mir doch Sorgen. Diese Waffen machen die Welt nicht sicherer, im Gegenteil, sie sind eine Riesen-Gefahr.

Je mehr Städte und Landkreise unterschreiben, desto lauter wird dieser Weckruf: Niemand auf der Welt möchte so eine Katastrophe erleben. Karlsruhe hat den Appell auch schon unterschrieben und als Karlsruher macht es mich ein bisschen stolz, dass meine Stadt da klare Kante zeigt. Atomwaffen müssen endlich verboten werden!

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SWR3 Gedanken

30APR2022
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„Der Mensch ist kein Gewohnheitstier“, das würde ich gerne sagen, aber leider ist es so: Ich kann mich an fast an alles gewöhnen. An den Lärm von der Baustelle bei mir gegenüber, zum Beispiel, oder dass wir alle seit gut zwei Jahren in der S-Bahn Maske tragen.

An was ich mich aber auf keinen Fall gewöhnen möchte, sind die aktuellen Bilder aus der Ukraine.

In den ersten Tagen war ich total geschockt. Zuerst darüber, dass da Panzer in die Städte reingerollt sind, dann über die kaputten Schulen und ausgebrannten Kliniken. Und jetzt die noch schlimmeren Bilder.

Ich habe so langsam den Eindruck, als müsste ich mich an diesen Krieg und dieses Aufrüsten in Europa gewöhnen. Ich befürchte, dass ich das schon getan habe. Das will ich aber auf keinen Fall. Ich habe das Gefühl, dass ich das den Menschen dort schulde. Klar, ich muss mich auch schützen – und es hilft den Leuten in der Ukraine auch nicht, wenn ich nachts wegen der ganzen Horrormeldungen nicht mehr schlafen kann. Viel wichtiger ist, dass ich wach und kritisch bleibe.

Und wenn mir noch so viele Kriegsbilder am Tag begegnen: Ich will mich daran nicht gewöhnen. Ich sehne mich danach, dass dieser Krieg aufhört. Komme was wolle, ich wünsche mir Frieden und diesen Wunsch gewöhne ich mir nicht ab!

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29APR2022
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„Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf“ das hat der englische Philosoph Thomas Hobbes mal gesagt. Fast vierhundert Jahre ist das her, und wenn man sich anschaut, was in der Welt grade so abgeht, dann hat er damit immer noch recht. Wir Menschen können ziemlich bestialisch zueinander sein.

Mein Kumpel Philipp ist ein Philosophie-Freak. Mit ihm habe ich mich über den Satz „Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf“ unterhalten. Er hat mir erklärt, dass man da Hobbes aber nicht falsch verstehen darf. Philipp meint: „Hobbes bezieht das nicht auf Max Müller und Co, sondern das gilt nur im großen Maßstab, also zwischen Staaten zum Beispiel.“ Und dann sagt er weiter: „Wenn zwei Leute zusammensitzen und sich ehrlich in die Augen schauen können, dann ist das Wolfs-Gehabe schnell vom Tisch, dann sind Menschen keine Bestien. Dann können sie Mitgefühl füreinander entwickeln, gastfreundlich sein und im besten Fall sogar Freunde werden.“

Philipp und ich quatschen noch eine Weile über die Sache. Unser Fazit: Die Kunst ist nicht zu vergessen, dass ich mich überall auf der Welt mit Leuten in Ruhe zusammensetzen kann. Dass wir uns mit Händen und Füßen verständigen können und gemeinsam Witze machen. Auch wenn mein Gegenüber von der anderen Seite der Erde kommt: Ich verstehe: Mein Gegenüber ist keine Bestie. Er ist wie ich. Und wir alle wünschen uns das Gleiche: dass wir gut und in Frieden leben können.

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SWR3 Gedanken

28APR2022
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Es geht nur um ein bisschen Geld und ein paar Plastikkärtchen, aber es fühlt sich so fies an: wenn der Geldbeutel plötzlich weg ist. Vor zwei Wochen ist mir das passiert. Ich komm die Wohnungstür rein und merke, mein Geldbeutel ist weg. Und in der Bahn hatte ich ihn noch.

Eine geschlagene Stunde lang suche ich meine Wohnung ab. In den Jacken, hinterm Sofa und sogar im Abfalleimer. Ich gehe nochmal den Weg zur Bahnhaltestelle ab, aber keine Spur von meinem Geldbeutel.

Also gebe ich mich geschlagen, lasse meine Bankkarte sperren und hoffe, dass in der Zwischenzeit niemand mein Konto geplündert hat.

Je länger ich darüber nachdenke, desto sicherer bin ich mir: jemand muss mich beklaut haben. In meiner Verzweiflung gehe ich in Gedanken die Leute im Zug durch. Wem würde ich es zutrauen, dass er oder sie mein Portemonnaie zockt? Der neben mir im Zug gesessen ist, der war‘s vielleicht…  Ich fange an Gott und die Welt zu verdächtigen. In meiner Phantasie male ich mir aus, was irgendwelche Gauner gerade mit meinen Daten anstellen. Dabei krieg ich schlechte Laune und denke: boa ist das ungerecht.

Zwei Tage hat sich die ganze Sache hingezogen. Dann habe ich eine Mail in meinem Postfach und ich kapiere: Wie unnötig war das? Die Bahn hat geschrieben: „Herr Reiß, ein Reisender hat Ihren Geldbeutel im Zug gefunden und bei uns abgegeben. Wo dürfen wir ihn hinschicken?“

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27APR2022
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„Hi Benny, und wie geht´s?“ - „Danke, gut. Und dir?“ Gefühlt tausendmal habe ich schon so geantwortet.

Professor Tobias Renner ist Psychiater. Er meint, die unscheinbare Frage „Wie geht’s dir?“ ist viel mehr als Smalltalk. Sie kann richtig viel verändern. Wenn sie ernst gemeint ist, wird klar: „Mich interessiert, wie du dich fühlst. Und wenn du möchtest, erzähl’s mir.“ Eine Einladung zum Ehrlich sein also. Tobias Renner ist Leiter der Kinder- und Jugendpsychiatrie in Tübingen. Zu ihm kommen Kinder und Jugendliche, denen es überhaupt nicht gut geht. Ihnen steckt die Pandemie noch ganz schön in den Knochen. Homeschooling, Lockdown, Kontaktbeschränkungen... Das hat junge Menschen besonders hart getroffen. Und jetzt kommt bei vielen auch noch die Angst wegen des Krieges dazu. Wenn da jemand in Ruhe fragt, wie es eigentlich geht, kann von jungen Leuten eine Menge kommen.

Ich denke an zwei Jugendliche, die ich kenne. Sara ist die Tochter meiner Nachbarin, sie steht gerade kurz vor dem Abi und hat richtig Druck. Oder Jakob, ein Sohn von einer Freundin. Er sitzt in der Familie gerade immer nur zwischen allen Stühlen. Wie gut, wenn die beiden jemanden um sich haben, der einfach da ist. Und der immer mal wieder fragt: „Hey, wie geht´s dir eigentlich?“

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SWR3 Gedanken

26APR2022
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Wenn in Deutschland Krieg wäre, würde ich kämpfen?
Mit meinen 34 Jahren bin ich genau im gleichen Alter wie viele Frauen und Männer, die in der Ukraine gerade ihr Land verteidigen. Ich sehe sie in den Nachrichten: junge Lehrerinnen oder Familienväter in Kriegsmontur. Viele von ihnen haben mal eben gelernt, wie man mit einer Waffe umgeht. Diese Frauen und Männer wirken tapfer und mutig auf mich.

Ich weiß nicht, wie das ist, in so einer Situation zu sein. Ich habe mich zwar auch mal entscheiden müssen, ob ich lernen will, wie man mit Waffen umgeht. Das war vor 15 Jahren, als ich meinen Wehrdienst verweigert habe. Das war damals aber eine freie Entscheidung, da war kein Druck. Für die Menschen heute in der Ukraine ist die Lage völlig anders.

Trotzdem gibt es auch in der Ukraine und in Russland Männer und Frauen, die ganz entschieden nicht kämpfen wollen. Weil Krieg nie gerecht sein kann. Auch wenn ich von ihnen nicht viel mitbekomme, für mich sind sie auch Heldinnen und Helden. Ich habe Respekt davor, wenn jemand klipp und klar sagt: „Nein, ich kämpfe nicht. Ich mache im Krieg nicht mit.“

Ich wünschte es wäre für sie so einfach, wie für mich damals und jeder könnte sich wirklich frei entscheiden: will ich eine Waffe in die Hand nehmen oder nicht? Ich wünschte, es bräuchte gar keine Heldinnen und Helden. Kurz: ich wünschte es wäre Frieden.

https://worldbeyondwar.org/statement-by-the-ukrainian-pacifist-movement/

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SWR3 Gedanken

25APR2022
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Vor ein paar Wochen habe ich eine große Entscheidung gefällt: Ich habe meinen Job gekündigt und fange im Sommer eine Ausbildung zum Schreiner an. Mit dem Gedanken was Handwerkliches zu machen habe ich schon einige Jahre gespielt, aber ich habe die Entscheidung immer wieder vor mir hergeschoben. Anfang des Jahres war mir klar, jetzt oder nie. Ich mach’s!

Dass ich mich endlich entschieden habe, hat mich total gepusht. Ich habe Gespräche mit meiner Chefin geführt, Bewerbungen geschrieben und Probe gearbeitet. Auf einmal war Power da, das alles anzugehen. Erst im Nachhinein ist mir klargeworden, wie viel Energie mich das Hin- und Herüberlegen die ganze Zeit gekostet hat. Mein ständiges „Ich weiß nicht so recht“ und das „ja, aber“.

Jesus hat mal gesagt: „Euer Ja sei ein Ja, euer Nein sei ein Nein.“ Ich verstehe das so: ewiges Rumgedruckse bringt niemanden weiter, sondern sich klar entscheiden, darin liegt die Kraft. Irgendwann ist da ein Punkt, da heißt es Hü oder Hott. Da braucht es von mir ein Ja oder ein Nein.

Ob das am Ende die richtige Entscheidung ist, ist mir im Moment gar nicht so wichtig. Da vertraue ich jetzt einfach drauf. Mein klares „Ja, ich mache das jetzt“ fühlt sich jedenfalls gut an. Lang genug im Kreis gedreht, jetzt geht es einen Schritt weiter.

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