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SWR3 Gedanken

06DEZ2023
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Heute feiern wir eine der schönsten Traditionen des Jahres: den Nikolaustag. Ich kann mir gut vorstellen, dass der Tag für manche viel zu konsumbeladen und abgedroschen ist – immerhin stehen uns die Schokonikoläuse schon seit drei Monaten im Supermarktgang im Weg. Trotzdem – mir ist dieser Tag wichtig.

Ich mag’s, meinen Töchtern von diesem Heiligen zu erzählen, der mit den Armen geteilt hat und dem der eigene Reichtum so gar nicht wichtig war.

Aber ein bisschen schade finde ich es, dass es keine Frau gibt, die so zelebriert wird. Ich weiß, Maria wird groß gefeiert, da kann der Nikolaus gar nicht mithalten. Als Mutter eben, und nur im inner Circle der katholischen Kirche. Aber eine christliche Frau, die es auch in die Supermarktregale geschafft hat und von all den Freundinnen meiner Töchter freudig erwartet wird, die fehlt mir. Vermutlich wird es diese Frau in unserer Kirche auch nicht so schnell geben - deshalb sammle ich dieses Jahr bewusst mit meinen Töchtern Frauen, die ihrer Meinung nach etwas mit Nikolaus zu tun haben: Ihre Oma, die ihnen heimlich Süßigkeiten zusteckt, um ihnen eine Freude zu machen und die sich mit und für andere Frauen engagiert; ihre Erzieherin, weil sie die Kinder dabei unterstützt, Streits zu lösen; oder die Gemeindereferentin, die ein Talent dafür hat, zu sehen, wenn jemand in der Nachbarschaft Unterstützung braucht.

Auch wenn es den weiblichen Superstar heute nicht in den Supermarktregalen zu kaufen gibt, so gibt’s doch umso mehr Frauen in unserem Umfeld, die uns Vorbild sind.

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SWR3 Gedanken

05DEZ2023
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Heute Abend ist es wieder soweit: Ich spiele Nikolaus – stelle den Teller mit Mandarinen und Nüssen vor unsere Haustür, fülle die Stiefel meiner Kinder mit Süßkram und freue mich dann morgen früh riesig über ihre strahlenden Augen. Ich bin selbst schon ganz aufgeregt.

Aber warum wir an Nikolausabend kleine Überraschungen vor die Tür legen, das wissen nur die Wenigsten.

Nikolaus hatte – so die Legende – drei jungen Frauen Goldstücke vor die Tür gelegt – denn die drei sind zu arm gewesen, um zu heiraten. Damit hat er sie nicht vor einem langweiligen Leben als Single bewahren wollen, sondern vielmehr vor einem Leben in Armut gerettet. Diese drei Frauen sind so arm gewesen, dass sie sich ohne Hochzeit, ohne Ehemann hätten prostituieren müssen. Zwangsprostituierte – genau so nennt man Frauen, die gezwungen sind, ihren Körper zu verkaufen – ohne freien Willen, aus der Not heraus. Weil sie – wie die drei jungen Frauen – nicht anders überleben können oder mit Gewalt dazu gedrängt werden.

Deshalb ist es mir wichtig, dass ich heute auf die Arbeit des FIZ – des Fraueninformationszentrums Stuttgart aufmerksam mache. Denn die kümmern sich um Frauen, die zur Prostitution gezwungen werden. Sie helfen ihnen und ihren Angehörigen, ganz egal, woher sie kommen.
Denn viele Zwangsprostituierte brauchen ein sicheres Zuhause, psychologische und finanzielle Unterstützung und oft auch Rechtsberatung. Und das alles anonym und vor allem sicher.

Ich bin froh, dass das FIZ einen sicheren Ort für diese Frauen bietet – denn dazu braucht es viel mehr, als nur ein paar Goldstücke vor der Tür.

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SWR3 Gedanken

04DEZ2023
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„Frau Leser, was halten Sie eigentlich von Verhütung?“ Das fragt mich meine fünfzehnjährige Schülerin Karla im Unterricht. Ganz schön neugierig – aber mir ist schon klar, warum sie gerade mich fragt. Ich bin ihre katholische Religionslehrerin. Und insgeheim will sie natürlich von mir wissen, wie ich das als Relilehrerin finde, dass die katholische Kirche sich gegen die Empfängnisverhütung ausspricht.

Pille, Kondom, Kupferspirale...da gibt’s ja so viele Möglichkeiten – wie stehe ich denn dazu?

Ich gebe meiner Schülerin Karla keine Antwort. Ganz bewusst. Nicht, weil ich dazu keine Antwort hätte. Für mich habe ich längst eine. Aber die ist hier gar nicht so wichtig.

Was viel wichtiger ist: Dass sie die Frage überhaupt stellt, an mich, an viele andere Gleichaltrige im Klassenraum und im Religionsunterricht; denn ich bin davon überzeugt, dass das ein guter Ort dafür ist.

Ich glaube, dass der Körper ein Geschenk Gottes ist. Und diesen Körper habe ich nicht ohne Grund von Gott bekommen: ich darf ihn entdecken, ihn spüren – und dazu gehören natürlich auch Lust und Sexualität; und weil das so ein besonderes Geschenk ist, will ich auch besonders drauf aufpassen: herausfinden, wo meine Grenzen liegen – wie intensiv ich zum Beispiel meinen Körper mit anderen Menschen teile. Und überlegen, welche Konsequenzen ich mit solch einer Entscheidung auch trage.

Diese Frage sollen sich junge Menschen nicht alleine stellen, sondern an einem sicheren Ort. Darüber ins Gespräch kommen, ohne verurteilt oder abgewertet zu werden. Mit dem Grundgefühl, dass Sexualität etwas Gutes, Schönes, von Gott Geschenktes ist. Und so unterschiedlich auch unsere sexuellen Bedürfnisse sind, so unterschiedlich sind auch die Wege, gut damit umzugehen. Nur wenn junge Menschen sich darüber Gedanken machen, können sie eine gute Entscheidung für sich treffen. Und darum geht es für mich: Dass Gott uns zutraut, unsere Sexualität verantwortungsvoll zu leben.

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SWR3 Gedanken

03DEZ2023
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„Gott kommt auch in den größten Misthaufen.“

Mit diesem Spruch hat mich mein Chef in der Ausbildung oft versucht zu trösten, wenn wieder irgendwas gewaltig schief gegangen ist. Wir mussten dann lachen und tatsächlich hat mich das getröstet: Dass Gott nicht erst dann in Erscheinung tritt, wenn alles nahtlos und perfekt läuft, sondern gerade dann, wenn Fehler passieren oder Situationen mal eskalieren.

„Gott kommt auch in den größten Misthaufen.“ Genau unter diesem Vorzeichen ist Gott zu uns in diese Welt gekommen: Maria hat Jesus nicht in einem glänzenden Schloss geboren, sondern unterwegs, in einem fremden Stall, zwischen Stroh und Misthaufen: wo es chaotisch und dreckig ist. Und auch später zieht es Jesus immer dorthin, wo die Not am größten ist: Zu den Armen, den Kranken…

„Gott kommt auch in den größten Misthaufen.“ Davon merke ich aber nicht wirklich was, wenn ich die Bilder aus dem Gazastreifen sehe. Denn die sind voll von furchtbaren Ungerechtigkeiten: unschuldige Menschen sterben und die Brutalität der Hamas ist so menschenverachtend. Dieser Krieg ist grausam. Und ich denke mir: Gerade dort, wo so viele unschuldige Menschen leiden, mit Füßen getreten werden und sterben, dort müsste er doch hinkommen. Ich frage mich: Wo bleibst du denn, Gott?

Das ist mein Adventsgefühl an diesem ersten Advent: Schon lange war meine Sehnsucht nach Gott nicht mehr so groß wie jetzt. Schon lange war ich nicht mehr so ungeduldig wie heute, dass doch endlich Gott kommt, in diesen furchtbaren Krieg und endlich, endlich für Frieden sorgt.

Selten war ich so bereit wie jetzt für die Ankunft des Herrn.

Es ist Advent! Ich warte. Ich hoffe. Ich rufe: Gott, komm bitte in dieses Elend, in diesen Misthaufen!

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SWR3 Gedanken

05AUG2023
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Ich wohne seit zehn Jahren in Stuttgart und fühle mich richtig wohl. Aber ich habe auch Glück: Ich lebe in einer tollen Wohnung, die ich mir leisten kann. Dort fühle ich mich richtig Zuhause.

So geht es nicht allen Menschen hier. Denn die Wohnungsnot in Stuttgart spitzt sich immer mehr zu. Alte Menschen können sich mit ihrer Rente die Miete nicht mehr leisten. Familien können mit ihrem Monatsgehalt kaum mehr Kinder und Wohnung bezahlen, auch wenn Mutter und Vater Vollzeit arbeiten. Und da gibt es Jugendliche und junge Erwachsene, die sich keine herkömmliche Miete leisten können – weil sie nur ein kleines Ausbildungsgehalt beziehen oder von zu Hause keine Unterstützung bekommen.

Sie alle haben es nicht so einfach wie ich, sich hier in Stuttgart wohl und Zuhause zu fühlen. Deshalb bin ich froh, dass es so Einrichtungen wie das Hildegardisheim in Stuttgart gibt. Ein Wohnheim der katholischen Kirche, das jungen Frauen in ihrer Ausbildungsphase die Möglichkeit gibt, mitten in der Stadt zu leben. Pädagoginnen vor Ort unterstützen die Mädchen und jungen Frauen nicht nur mit einem Dach über dem Kopf, sondern auch dabei, ihren Alltag zu gestalten und schwierige, persönliche Lebenslagen zu überstehen. Die Frauen können dort an vielen Freizeitangeboten teilnehmen und erfahren so Gemeinschaft und vielleicht sogar ein bisschen Zuhause.

Das Hildegardisheim macht mich erst darauf aufmerksam, dass es diese Mädchen und Frauen in Stuttgart gibt, die es nicht so einfach haben wie ich. Die Unterstützung brauchen, weil sie die nicht von zu Hause bekommen. Sie zeigen mir, dass Wohlstand und Bildung nicht selbstverständlich sind, obwohl es das sein sollte. Denn alle Menschen sollen doch die Chance haben, sich mitten in der Stadt Zuhause fühlen zu können – so wie ich.

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SWR3 Gedanken

04AUG2023
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In letzter Zeit war ganz schön viel los. Da blieb nicht viel Zeit für uns vier als Familie. Deshalb beschließen wir, endlich mal wieder was gemeinsam zu unternehmen. Weil unsere Töchter sich was mit Action wünschen, verbringen wir unseren Freitagabend in der Sprungbude. Das ist eine große Halle voll mit Trampolinen und Sprungtürmen, von denen man sich in große Schaumstoffmatratzen fallen lässt.

Angekommen in der Sprungbude legen meine Töchter und mein Mann sofort los; springen hinein ins Trampolinmeer; Probieren sich aus mit kleinen und großen Saltos und gucken, wer am höchsten springen kann. Es vergehen keine zwei Minuten und die drei lachen und schreien laut vor Spaß und Freude.

Ich genieße diesen Anblick. Diese drei Menschen so glücklich und ausgelassen zu sehen. Ich kann mein Glück kaum fassen, dass ich da dazu gehöre. Die letzten Wochen waren so anstrengend, beruflich und privat. Oft habe ich mich total angespannt und unausgeglichen gefühlt. Nachts habe ich schlecht geschlafen. Und jetzt stehe ich da und darf zuschauen, wie ausgelassen und glücklich meine Familie umherspringt. Was für ein Glück! Ich versuche, diesen Moment ganz bewusst einzusaugen wie ein trockener Schwamm.

Und dann ruft meine kleine Tochter schon: „Mama, jetzt komm endlich dazu!“

Ich muss mir kurz ein Tränchen wegwischen vor lauter Dankbarkeit.

Und lasse mich nicht nur in die Schaumstoffmatratze fallen, sondern auch ins Glück meiner Familie.

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SWR3 Gedanken

03AUG2023
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Meine fünfzehnjährige Schülerin Lara erzählt mir: „Ich muss abends immer voll früh zu Hause sein – mein Bruder durfte in meinem Alter viel länger draußen bleiben…!

Das ist ja unfair, denke ich mir. Aber Lara sagt, dass sie ihre Eltern gut verstehen kann – immerhin ist es als Mädchen abends einfach zu unsicher, draußen in Stuttgart. Da muss man schon aufpassen…

Die anderen Mädchen geben Lara recht und erzählen von ihren Erfahrungen: Hinterherpfeifen, seltsame Anmachsprüche, manche sind auch schon nach Hause gerannt, weil ihnen ein Mann zu nahe gekommen ist und sie Angst bekommen haben.

„Gut, dass ihr euch schützt!“ sage ich meinen Schülerinnen. Und gut, dass Ihr offen darüber sprecht! Als die Mädchen sich weiter austauschen, wird mir klar, wie viel Frust und Angst sich da angesammelt hat.

Als Lehrerin dieser Mädchen und als Mutter von zwei Töchtern verstehe ich, dass man Mädchen besonders gut schützen muss. Dass wir ihnen beibringen, vorsichtig zu sein. Denn schon allein statistisch gesehen werden wir Frauen häufiger Opfer von Gewalt und sexuellen Übergriffen.

Als Frau zu lernen, vorsichtig zu sein, ist wichtig. Aber dabei können wir es nicht belassen. Das wäre nicht nur ungerecht, sondern auch falsch. Denn das Problem sind nicht wir Frauen, das Problem sind nicht die Opfer. Sondern die, von denen Gewalt ausgeht. Und die Stadt, die offensichtlich nicht sicher genug für uns ist.

Was deshalb genauso wichtig ist: Dass die männlichen Mitschüler ihnen zuhören und mit überlegen, wie sie Mädchen und Frauen unterstützen können, damit sie sich sicherer fühlen. Und letztlich sind sich alle einig: Gewalt gegen Frauen und Mädchen muss gestoppt werden!

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SWR3 Gedanken

02AUG2023
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„Stell dir vor, Gott würde dich genau jetzt freundlich ansehen. Bewege dich den ganzen Tag lang unter diesem Blick.“

Das stammt aus dem Buch „100 Experimente mit Gott“ von Susanne Niemeyer. Daraus lass ich mir immer wieder mal eine Tagesaufgabe stellen. Und diesmal soll ich also den ganzen Tag daran denken, dass Gott mich ansieht, freundlich.

Die Idee finde ich erstmal absurd – sich den ganzen Tag bewusst ansehen lassen von Gott – à la „Big Brother is watching you“. Aber es soll ja auch ein Experiment sein, und deshalb probiere ich es aus.

Ich nehme also den Blick Gottes mit auf meine Reise durch den Tag. In der Schule klappt das anfangs ganz gut. Wenn ich meine siebte Klasse unterrichte, müssen wir immer viel lachen – da fällt es mir leicht, mich freundlich anblicken zu lassen. Schwieriger wird es, als ich die Klasse zur Ruhe bringen muss und ziemlich genervt bin. Dabei finde ich mich unsympathisch und eigentlich will ich weder von meiner Klasse, noch von Gott angesehen werden. Aber ich lasse es zu, zeige Gott meine Genervtheit – und bin froh, mich jetzt nicht alleine zu fühlen; bin erleichtert, dass jetzt wenigstens einer nicht genervt ist von mir.

Abends liege ich im Bett und merke: Dieses Experiment tut mir gut. Ich fühle mich den ganzen Tag von Gott gesehen. Nie bin ich allein.
Und genau das brauche ich als Mensch doch: Dass ich gesehen werde. Dass mich jemand in seinem oder ihrem Blick wahrnimmt und wertschätzt – ganz egal was für eine Figur ich gerade mache.

Mir wird bewusst, wie wichtig es ist, dass Gott mich sieht – so dass auch ich Andere sehen und annehmen kann.

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SWR3 Gedanken

01AUG2023
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Meine Schülerin Laura fragt mich: „Was würde Ihr achtzehnjähriges Ich denn zu ihnen heute sagen?“ Ich brauche ganz schön lange, um diese Frage zu beantworten.

Immerhin muss ich mich gedanklich 20 Jahre zurückversetzen.

Aber nach einer Weile kann ich meiner Schülerin eine Antwort geben: Erstens: Die Katharina von damals wäre überrascht, wie lange ich schon verheiratet und Mutter bin, aber meinen Mann und meine Kids fände sie ganz sicher ziemlich gut. Zweitens: Die achtzehnjährige Katharina würde den Kopf darüber schütteln, wie viele Sorgen ich mir heutzutage mache. Sie würde zu mir sagen „Ist das dein Ernst? Dass du alles so wahnsinnig ernst nimmst?“

Zwanzig Jahre älter, als Mutter von zwei Töchtern und mit einem festen Job, da geht das ganz schnell, dass man sich viel mehr Gedanken machen muss. Ich habe heute mehr Verantwortung, nicht nur für mich, sondern auch für meine Kinder, für meinen Mann und in meinem Job. Aber mein achtzehnjähriges Ich hat da schon recht – ich mache mir viel zu viele Sorgen.

Ich durchdenke so Vieles im Voraus. „Was ist, wenn die Kinder krank werden?“, „Soll ich wirklich noch abends weggehen – was ist, wenn ich am nächsten Tag voll in den Seilen hänge?“ oder „Soll ich den Job wirklich wechseln – was ist, wenn alles anders wird?“ Denken statt einfach mal machen – das passiert mir immer öfter. Dadurch werde ich unflexibel und starr. Und das würde der achtzehnjährigen Katharina so überhaupt nicht gefallen. Denn die Leichtigkeit, die wollte ich eigentlich nie aufgeben. Deshalb übe ich mich nun auch darin, weniger nachzudenken und mehr auszuprobieren.

Mir grummelt schon der Magen, wenn ich daran denke, was wohl meine achtzehnjährige Tochter mal zu mir sagen wird...aber bis dahin habe ich ja noch zehn Jahre Zeit, um mich in Leichtigkeit zu üben...

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SWR3 Gedanken

31JUL2023
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Meine Bekannte Dodo ist in Stuttgart als Sängerin aufgetreten. Auf der „Offenen Bühne“ – und ich war dabei. In ihrem Berufsalltag ist sie eigentlich keine Sängerin, sondern Lehrerin. Aber genau darum geht es bei der offenen Bühne: Dass DIE Menschen ihr Talent unter Beweis stellen, die sonst in ihrem Alltag nicht auf der Bühne stehen. Ganz unter dem Motto „Jeder Mensch ist ein Künstler oder eine Künstlerin“.

Dodo haut mich an dem Abend echt um – ihre Stimme, überhaupt ihre Bühnenpräsenz ist großartig. Aber was mich ebenso umhaut: Das Publikum der offenen Bühne. Denn egal, wer da oben auf der Bühne steht – ein Zauberer, eine Band, eine Kabarettistin oder eine Rednerin – das Publikum bleibt voll interessiert. Ist offen für alles, was geboten wird – immerhin weiß niemand vorher, was auf der Bühne passieren wird.

Und so geht es auch mir, als eine Künstlerin mit der Stahltrommel auftritt. Das Instrument sieht aus wie ein Wok, in dem man asiatische Gerichte kocht – ich kenne das sonst nur aus der Fußgängerzone. Und wenn ich es dort entdecke, laufe ich ehrlich gesagt so schnell wie möglich daran vorbei. Aber hier – auf der offenen Bühne – ist es ganz anders: Ich bin offen für das, was mir diese Künstlerin auf dem Instrument zeigen möchte; ich erwische mich sogar dabei, wie ich zu den Klängen rhythmisch mitwippe und mich voll in den Bann ihrer Musik ziehen lasse. Das Publikum ist so offen und wertschätzend, da kann ich gar nicht anders…

 

Als Dodo auf der Bühne steht, bekommt sie tosenden Applaus – klar, bei dem Publikum – aber auch klar bei dem, was Dodo da oben macht: Ihr Herz öffnen und ihre Gefühle in Musik verwandeln. Und uns zeigen: Jede kann eine Künstlerin sein.

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