SWR3 Gedanken

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02AUG2023
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„Stell dir vor, Gott würde dich genau jetzt freundlich ansehen. Bewege dich den ganzen Tag lang unter diesem Blick.“

Das stammt aus dem Buch „100 Experimente mit Gott“ von Susanne Niemeyer. Daraus lass ich mir immer wieder mal eine Tagesaufgabe stellen. Und diesmal soll ich also den ganzen Tag daran denken, dass Gott mich ansieht, freundlich.

Die Idee finde ich erstmal absurd – sich den ganzen Tag bewusst ansehen lassen von Gott – à la „Big Brother is watching you“. Aber es soll ja auch ein Experiment sein, und deshalb probiere ich es aus.

Ich nehme also den Blick Gottes mit auf meine Reise durch den Tag. In der Schule klappt das anfangs ganz gut. Wenn ich meine siebte Klasse unterrichte, müssen wir immer viel lachen – da fällt es mir leicht, mich freundlich anblicken zu lassen. Schwieriger wird es, als ich die Klasse zur Ruhe bringen muss und ziemlich genervt bin. Dabei finde ich mich unsympathisch und eigentlich will ich weder von meiner Klasse, noch von Gott angesehen werden. Aber ich lasse es zu, zeige Gott meine Genervtheit – und bin froh, mich jetzt nicht alleine zu fühlen; bin erleichtert, dass jetzt wenigstens einer nicht genervt ist von mir.

Abends liege ich im Bett und merke: Dieses Experiment tut mir gut. Ich fühle mich den ganzen Tag von Gott gesehen. Nie bin ich allein.
Und genau das brauche ich als Mensch doch: Dass ich gesehen werde. Dass mich jemand in seinem oder ihrem Blick wahrnimmt und wertschätzt – ganz egal was für eine Figur ich gerade mache.

Mir wird bewusst, wie wichtig es ist, dass Gott mich sieht – so dass auch ich Andere sehen und annehmen kann.

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