SWR3 Gedanken

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03AUG2023
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Meine fünfzehnjährige Schülerin Lara erzählt mir: „Ich muss abends immer voll früh zu Hause sein – mein Bruder durfte in meinem Alter viel länger draußen bleiben…!

Das ist ja unfair, denke ich mir. Aber Lara sagt, dass sie ihre Eltern gut verstehen kann – immerhin ist es als Mädchen abends einfach zu unsicher, draußen in Stuttgart. Da muss man schon aufpassen…

Die anderen Mädchen geben Lara recht und erzählen von ihren Erfahrungen: Hinterherpfeifen, seltsame Anmachsprüche, manche sind auch schon nach Hause gerannt, weil ihnen ein Mann zu nahe gekommen ist und sie Angst bekommen haben.

„Gut, dass ihr euch schützt!“ sage ich meinen Schülerinnen. Und gut, dass Ihr offen darüber sprecht! Als die Mädchen sich weiter austauschen, wird mir klar, wie viel Frust und Angst sich da angesammelt hat.

Als Lehrerin dieser Mädchen und als Mutter von zwei Töchtern verstehe ich, dass man Mädchen besonders gut schützen muss. Dass wir ihnen beibringen, vorsichtig zu sein. Denn schon allein statistisch gesehen werden wir Frauen häufiger Opfer von Gewalt und sexuellen Übergriffen.

Als Frau zu lernen, vorsichtig zu sein, ist wichtig. Aber dabei können wir es nicht belassen. Das wäre nicht nur ungerecht, sondern auch falsch. Denn das Problem sind nicht wir Frauen, das Problem sind nicht die Opfer. Sondern die, von denen Gewalt ausgeht. Und die Stadt, die offensichtlich nicht sicher genug für uns ist.

Was deshalb genauso wichtig ist: Dass die männlichen Mitschüler ihnen zuhören und mit überlegen, wie sie Mädchen und Frauen unterstützen können, damit sie sich sicherer fühlen. Und letztlich sind sich alle einig: Gewalt gegen Frauen und Mädchen muss gestoppt werden!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=38119
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